Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Winkler, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Abstimmung zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Prof. Wöller hat noch einmal deutlich gemacht – man kann das nicht oft genug sagen, denn es ist immer noch nicht allen klar –, worum es in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht. Es ist aber wichtig, dass wir die Dinge nicht vermischen. Die Beratungen in den Ausschüssen und die Anhörung haben gezeigt, dass dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag – anders als einige der vorhergehenden – hinsichtlich seines Regelungsgehaltes keine nennenswerten Kontroversen ausgelöst hat.
Ich sage es noch einmal: Es geht in diesem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eben nicht um die PCGebühr und auch nicht um die Gebührensystematik, sondern es geht um begonnene Strukturveränderungen, die wichtig und richtig sind und weitergeführt werden müssen.
Wir haben heute und an den nächsten beiden Tagen ein umfangreiches Programm, aber einige Kollegen wie Herr Hilker und Herr Herbst haben wahrscheinlich die falschen Reden herausgesucht. Das waren die Reden zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, oder – was ich Ihnen gar nicht zutraue – Sie sind so schnell und das waren bereits die Reden zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, bei dem es dann um die Gebührendebatte geht.
Im Übrigen finde ich es nicht richtig, wenn Sie einem Gesetz zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag nur deshalb nicht zustimmen, weil bestimmte Dinge, die nicht hineingehören, aus Ihrer Sicht nicht enthalten sind. So können wir nicht miteinander umgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Neunte Rundfunkänderungsstaatsvertrag dient in seinem Kern – das habe ich bereits gesagt – der Reform des Medienrechts, soweit das Gesetzgebungsverhältnis zwischen Bund und Ländern im Bereich der Kommunikationsdienste betroffen ist. In Umsetzung der Vorgaben entsprechender Bund-Länder-Vereinbarungen werden Tele- und Mediendienste unter dem einheitlichen Begriff „Telemedien“ zusammengefasst. Die Vorschriften werden in einem neuen Telemediengesetz des Bundes und dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien der Länder zusammengeführt und sollen am 1. März 2007 in Kraft treten.
Alle inhaltlich ausgerichteten Regelungen, insbesondere alle journalistisch-redaktionellen Bestimmungen, verbleiben in Landesrecht. Trotz dieser Umstellung bleibt der materielle Regelungsgehalt weitgehend unverändert.
Hervorheben möchte ich die Änderungen des ARDStaatsvertrages. Die Konferenz der Gremienvorsitzenden, die die Gremienkontrolle der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten regelt, ist staatsvertraglich verankert. Damit werden die Kontrollrechte gegenüber der ARD gestärkt. Das war unser aller Wunsch.
Weitere Punkte des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages betreffen die Vielfaltsicherung bei den Bewerbern für die Sendezeit für unabhängige Dritte, die Schließung einer Regelungslücke bei den Befreiungstatbeständen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag, die Zulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht, um eine einheitliche Anwendung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages sicherzustellen, sowie eine Bestimmung, die die Fusion von Landesmedienanstalten finanziell erleichtert. Ich bin Kollegen Wöller für die von ihm vorgenommene Klarstellung dankbar.
Nach den Beratungen in den vergangenen Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass diese Änderungen auf breite Akzeptanz stoßen, und ich muss sagen, dass zumindest in den Ländern, in denen die FDP und die Linksfraktion.PDS mit in der Regierungsverantwortung stehen, diese auch dem Staatsvertrag ihre Zustimmung gegeben haben. So rechne ich hier ebenfalls mit einer breiten Zustimmung. Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Gesetz Ihre Zustimmung zu erteilen, damit der Neunte Rundfunkänderungsstaatsvertrag planmäßig in Kraft treten kann.
Meine Damen und Herren! Wird weiterhin das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall. Deshalb kommen wir nun zu den Einzelberatungen. Ich schlage Ihnen entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung vor, über den Gesetzentwurf artikelweise abzustimmen. Wird dem widersprochen? – Dies ist nicht der Fall, dann werden wir so verfahren.
Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien, Drucksache 4/7561.
Zunächst stimmen wir über die Überschrift ab. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist sie bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen dennoch mit Mehrheit beschlossen worden.
Ich lasse über Artikel 1, Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abstimmen. Wer diesem Artikel die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Anzahl von Gegenstimmen ist dem Artikel 1 trotzdem mehrheitlich zugestimmt worden.
Ich lasse über Artikel 2, Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes, abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen wurde dem Artikel 2 mehrheitlich zugestimmt.
Ich lasse über Artikel 3, Inkrafttreten und Außerkrafttreten, abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dagegen ist dem Artikel 3 mehrheitlich zugestimmt worden. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen.
Da in der 2. Beratung keine Änderungen beschlossen worden sind, eröffne ich die 3. Beratung. Es liegt kein Wunsch nach einer allgemeinen Aussprache vor. Ich stelle deshalb den Entwurf Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes in der in der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Gegenstimmen ist dem Gesetzentwurf als Ganzes zugestimmt worden. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen.
Meine Damen und Herren! Mir liegt ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vor. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 50 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Ich frage Sie, ob es Widerspruch dagegen gibt, dass eine Eilausfertigung stattfindet. – Dies ist nicht der Fall, dann ist das beschlossen und wird so erledigt. Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 1 abgeschlossen.
Gesetz zur Regelung der Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen in Sachsen
Den Fraktionen wird das Wort zu einer allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die Fraktion der FDP, es folgen die CDU, die Linksfraktion.PDS, die SPD, die NPD, die GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion der FDP, das Wort zu nehmen; Herr Fraktionsvorsitzender Zastrow.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über die ja so „jugendfreundliche“ Politik unserer Staatsregierung habe ich hier schon oft ganz tolle Worte bzw. Vorträge gehört. Mit unserem Gesetzentwurf haben Sie heute – dies geht vor allem an die Kollegen der CDU und der SPD, also der Koalition – zum ersten Mal die Chance, Ihren Worten
Taten folgen zu lassen. Mit Ihrer Zustimmung zu der von uns geforderten Absenkung des aktiven Wahlrechtes auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen zeigen Sie, dass Sie es ernst meinen, wenn Sie von besseren Mitsprachemöglichkeiten für unsere Jugend in Sachsen sprechen, meine Damen und Herren.
Außerdem setzen wir mit der von uns geforderten Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre genau das um, was Frau Staatsministerin Orosz – leider ist sie im Moment nicht anwesend –
in der großen Studie des Sächsischen Sozialministeriums mit dem Titel „Jugend 2005 in Sachsen“ selbst gefordert hat. Ich zitiere Frau Orosz: „Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit sich und ihrer Zukunft. Wenn sich 2005 die Meinungen hinsichtlich der politischen Einflussmöglichkeiten des Einzelnen in Sachsen insgesamt positiv verändert haben, so gilt es, Jugendliche in Zukunft noch stärker in politische Entscheidungen einzubeziehen und am politischen und gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen.“ Das beste Mittel, genau diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es, den 16- und 17Jährigen in Sachsen ein aktives Wahlrecht für Kommunalwahlen einzuräumen, meine Damen und Herren.
Das gesellschaftliche Engagement unserer Jugendlichen ist in sehr vielen Bereichen – dies wissen Sie selbst – sehr groß. Viele tragen bereits in sehr jungen Jahren enorme Verantwortung. Das tun sie an ihren Schulen, in ihren Sportvereinen, im ländlichen Bereich vor allem auch in der Freiwilligen Feuerwehr, im Naturschutz, bei Kunst- und Kulturprojekten sowie in politischen Jugendverbänden. Unsere Staatsministerin hat wiederum recht, wenn sie im Ergebnis der Jugendstudie davon spricht, dass das oft zitierte gesellschaftliche Bild von einer desinteressierten und teilnahmslosen Jugend in Sachsen nicht der Realität entspricht.
Wenn wir uns jedoch die Studie, die übrigens vom Leipziger Institut für Marktforschung erarbeitet wurde und repräsentativ ist, genau anschauen, sehen wir ganz genau, wo die Defizite in der sächsischen Jugendpolitik liegen. Denn auch wenn sich die Situation gegenüber vorherigen Untersuchungen leicht verbessert hat, halten gerade einmal 24 % der sächsischen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren ihre politischen Einflussmöglichkeiten in Sachsen für insgesamt ausreichend. Die große Mehrheit unserer Jugendlichen beantwortet die Frage nach der politischen Einflussnahme kritisch bzw. hält die derzeitigen Rahmenbedingungen für absolut unzureichend – und dies, obwohl sich in unserer Jugend ein erstaunliches Interesse an politischen Geschehnissen offenbart.
Vielleicht kann ich Sie dazu mit ein paar Zahlen „verwöhnen“. 67 % der Jugendlichen sagen beispielsweise, sie würden auf jeden Fall an Wahlen teilnehmen.
Dies ist ein fantastischer Wert, wenn ich beispielsweise – wir sprechen einmal über die kommunale Ebene – an die letzten Bürgermeisterwahlen in Sachsen und dabei an Leipzig denke. Zur Erinnerung: Im ersten Wahlgang gingen dort gerade einmal 34,9 % zur Wahl, und im zweiten Wahlgang waren es noch 31,7 %. In Chemnitz war das Bild im Endeffekt nicht besser. 38,5 % der Chemnitzer haben sich am ersten Wahlgang beteiligt; im zweiten Wahlgang – dies ist, denke ich, Negativrekord – waren es noch 30,8 %. 18 % der Jugendlichen – Herr Kupfer, es ist eine repräsentative Studie des Sozialministeriums; den Zahlen würde ich schon glauben wollen – können sich vorstellen, in einer Bürgerinitiative mitzuarbeiten – ein ganz ungeheurer Aktivitätsgrad. Wenn ich dann sehe, dass sich sogar 15 % der Jugendlichen vorstellen können, in einer Partei mitzuarbeiten, so wird die Zahl übrigens noch interessanter; und es wird Sie freuen – mich ärgert es ein wenig –, dass die meisten in der CDU oder der PDS mitarbeiten wollen. So schlimm ist das also für Sie gar nicht.
Herr Zastrow, wie können Sie uns dann erklären, dass die Beteiligung an Jugendstadtratswahlen zum Beispiel in Oschatz bei 2 % liegt? In Oschatz ist es so, dass der Jugendstadtrat nicht irgendein Gremium ist, sondern wirklich etwas zu sagen hat. Dort wäre also der Einfluss der Jugendlichen auf die Kommunalpolitik direkt gegeben – und trotzdem nur 2 % Wahlbeteiligung.