Das ist eine historische Tatsache, an der Sie auch mit noch so viel Polemik nicht vorbeikommen werden.
Statt nun sachlich zu versuchen, mit dem Haus Wettin einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten und dafür vernünftige Vorschläge anzubringen, machen Sie auf primitive Art Stimmung gegen eine Familie, deren Vorfahren dieses Land über 900 Jahre regiert und der wir Sachsen – bei aller Kritik im Detail – viel zu verdanken haben.
Wir Nationaldemokraten sind bekanntermaßen nicht die Interessenvertreter des Adels allgemein oder der Wettiner speziell. So sehen wir zum Beispiel die Beratertätigkeit des Prinzen Alexander von Sachsen für die Staatsregierung sehr kritisch, weil für uns nicht nachvollziehbar ist, was der Prinz bei seinen hohen Bezügen auf Kosten des Steuerzahlers bisher abrechenbar für Sachsen geleistet hat. Selbstverständlich ist genau zu klären, ob der Rückgabeanspruch zu Recht besteht. Wir haben insofern auch nichts gegen Vorschläge, den Staatlichen Kunstsammlungen auch mehr Personal und Sachmittel bereitzustellen, damit die umstrittene Forderungsliste schneller und genauer abgearbeitet werden kann. Ich kann dem Wissenschaftler Dr. Lupfer nur zustimmen, der in dieser Sache tätig ist. Dr. Lupfer sagte gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ vom 24.11.2006 – Zitat –: „Wir recherchieren nicht gegen das Haus Wettin, aber wir prüfen die Plausibilität der Ansprüche. Es darf nicht sein, auf eine bloße Behauptung hin Kunstwerke aus den Museen herauszugeben.“
Genau diese Meinung teilen wir und wünschen uns, dass sie auch für die neuerdings wieder massiv vorgetragenen Ansprüche vermeintlicher jüdischer Alteigentümer gelten würde. Ich erinnere nur an das Gemälde „Tuileriengarten“ von Adolph von Menzel. Wo blieb und bleibt eigentlich da Ihr Einsatz für das sächsische Kulturgut, meine Damen und Herren von der Linksfraktion?
Für diesen Bereich der Rückforderung ist laut Norman Finkelstein eine global tätige Anwaltslobby tätig! Aber Sie kommen plötzlich lediglich bei den Wettinern auf die Idee, die fraglichen Kunstwerke allesamt in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes aufnehmen zu lassen, um es so einem Verkauf ins Ausland zu entziehen.
Meine Damen und Herren, was uns stört, sind der Ton und der Geist, welche hinter dem heutigen Thema der Aktuellen Debatte der Linksfraktion.PDS, aber leider auch hinter dem Antrag der FDP stehen. Sie zeigen damit, dass Sie es sind, die ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat und zum Eigentum haben.
Ich kann nur hoffen, dass die Staatsregierung diesem Unfug, der von der angeblichen Rechtsstaatspartei FDP am heutigen Abend auch noch durch einen eigenen Antrag unterstützt wird, nicht Folge leistet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. In der heutigen Debatte tritt die Linksfraktion.PDS als Retter der sächsischen Hochkultur auf. Bis vor 16 Jahren hat sie die Kunst nicht schnell genug gegen Devisen ins Ausland verschieben können.
Nun aber zum eigentlichen Thema. Sehr geehrte Damen und Herren! Meißner Porzellan aus dem königlichen Hause Sachsens: Vase 22 000 Euro, Bildnis „Fuchs mit Huhn“ 0,5 Millionen Euro, „Löwenpaar“ 7,5 Millionen Euro. Meine Damen und Herren! – So oder ähnlich wird es am kommenden Montag bei Christie’s in London zugehen. Am 18. Dezember 2006 versteigern die heutigen Nachfahren Augusts des Starken Teile der Porzellansammlung. Kunstexperten schätzen, dass die vier Objekte, die die Wettiner Erbengemeinschaft gerade erst im Oktober zurückerhalten hatte, an die 10 Millionen Euro bringen werden.
Bereits im Jahr 1999 waren 500 Objekte aus dem Wettiner Erbe unter dem Hammer. Sie haben damals einen Wert von über 4 Millionen Euro erzielt. Gleichzeitig hatten die Wettiner Erben Ausgleichszahlungen in Höhe von 12 Millionen Euro erhalten, ganz zu schweigen von der Fürstenabfindung 1924 und von sicherlich geflossenen Entschädigungszahlungen in der alten Bundesrepublik. Trotzdem kommen immer neue Forderungen nach Entschädigung/Rückerstattung von den heutigen Erben – und das alles mit dem Hinweis auf die bedrückenden, gar ärmlichen Verhältnisse, in denen die Familie lebt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Mir scheint es fast, dass die Wettiner Erben mit den bisher ersteigerten Millionen nicht haushalten können. Rund 3 000 Kunstschätze stehen nun auf der neuen Wunschliste. Geht es nach den Wettiner Erben, müssen die sächsischen Bürger befürchten, dass sich demnächst zehn bis 15 % des Inventars der Porzellansammlung auf den Auktionslisten von Sotheby’s und Christie’s wiederfinden.
Meine Damen und Herren! Wenn August der Starke sehen würde, wie seine Nachfahren reihenweise Erbstücke im Ausland verhökern,
August der Starke war es, der das Grüne Gewölbe um 1723 zu einem öffentlich zugänglichen Schatzkammermuseum ausbauen ließ. Auch seine unmittelbaren Nachfahren wussten Kunst und Kultur zu schätzen. Sie bewahrten, sie sammelten und erweiterten so die prachtvollen Schausammlungen der Wettiner. Selbst zu Zeiten des Siebenjährigen und des napoleonischen Krieges, in denen Sachsen jeweils an den Rand des Staatsbankrotts geriet, gelang es den Wettinern, ihre Kostbarkeiten weitgehend zu erhalten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Anstatt diese über Jahrhunderte gesammelten und bewahrten Familienschätze in Ehren zu halten und die Öffentlichkeit daran teilhaben zu lassen, haben die Nachfahren der einstigen Kunstliebhaber derzeit nicht viel mehr im Sinn, als diese gewinnbringend zu verscherbeln. Hier wird persönlicher Reichtum über das kulturelle Erbe Sachsens gestellt.
Meine Damen und Herren, selbst 1831 verbot die Verfassung für das Königreich Sachsen ein solches Vorgehen. Dort liest man, eigens von Anton Friedrich August unterzeichnet, dass das königliche Fideicommiss – ich zitiere – „von dem Land untrennbar und unveräußerlich ist“. Nun zitiere ich weiter: „Nur in außerordentlichen Notfällen und vor allem nur zu Staatszwecken“, so legte es die Verfassung fest, durften die Wettiner Kunstgegenstände verpfändet werden.
In der Sächsischen Verfassung Artikel 11 Abs. 3 heißt es: „Denkmale und andere Kulturgüter stehen unter dem Schutz und der Pflege des Landes. Für ihr Verbleiben in Sachsen setzt sich das Land ein.“
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren von der Staatsregierung: Finden Sie eine endgültige Lösung, eine Lösung ohne Hintertüren! Sachsens Kunst- und Kulturschätze sind für alle da, sie sind ein Teil sächsischer Identität und keine Verpfändungsmasse.
Meine Damen, meine Herren! Die FDP-Fraktion möchte dies in ihrem Antrag mit dem Titel „Kein Ausverkauf von sächsischem Kulturgut!“, der heute noch auf der Tagesordnung steht, sicherstellen. Verehrte Damen und Herren von der Staatsregierung, Sie haben einen Verfassungsauftrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bisher eine Debatte erlebt, die höchst kontrovers war. Sie schwankte zwischen einer revolutionären Kampfrede gegen den Adel von Herrn Külow und den untertänigsten Bitten an das Haus Wettin von Herrn Heitmann.
Was ich bisher aber vermisst habe, sind wirklich gute Ansätze für Problemlösungen, und da machte nur Herr Hatzsch eine Ausnahme.
Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Wäre ich nicht aus tiefster Überzeugung Demokrat, dann wäre ich fast versucht, den Wettinern folgende Problemlösung anzubieten. Wir gestehen Seiner Königlichen Hoheit: Die Revolution war ein Fehler, sie tut uns leid. Ungeschehen können wir sie nicht mehr machen, aber wir überreichen unserer beleidigten Königsfamilie ein fast fertig saniertes Schloss, eine Schatzkammer, die auf der Welt ihresgleichen sucht, und eine Porzellansammlung, in der alles wunderbar eingerichtet ist.
Vielleicht nehmen die Wettiner dieses Angebot an. So sparen sie das Geld für ihre Juristen und die Versicherungsunsummen, die für die Kunsttransporte zu den gewinnbringenden Versteigerungen in aller Welt aufzubringen sind. Die Mitglieder der Königsfamilie hätten keine Mietkosten mehr, die angeblich schuld an ihren leeren Kassen sind, die jetzt unbedingt durch PorzellanGeld wieder aufgefüllt werden sollen. Da die Sammlungen schon zu Augusts Zeiten von der Öffentlichkeit zu bewundern waren, gilt es auch weiterhin, Reichtum und Kunstgeschmack der Herrscherfamilie auf diese Weise öffentlich zu huldigen. Die Wiedereinführung der konsti
wie des Königs Geburtstag oder Thronjubiläen. Sachsen würde also noch attraktiver und vor allem hätten wir endlich ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber allen anderen Bundesländern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ernst: Der Schutz des Privateigentums ist ein hohes Gut in unserem Land, Gesetz und Rechtsprechung sind darauf ausgerichtet. Doch Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen, ist in der Verfassung zu lesen.
Muss man den Wettinern jetzt wirklich noch einmal aufdröseln, wie ihre Ahnen an diese unglaublichen Schätze gekommen sind? Soll man sie daran erinnern, dass zum Beispiel die Dragonervasen in der Porzellansammlung so heißen, weil August der Starke sie für 500 sächsische Reiter bekommen hat, die er dem Soldatenkönig dafür verkaufte?
Müssen wir ihnen deutlich machen, warum wir mit Fug und Recht sagen können: Diese Sammlung ist mit großem moralischem Recht unser aller kulturelles Erbe hier in Sachsen?
Heute verbinden wir den Namen Wettin nicht mehr so sehr mit einem Herrschergeschlecht, das seinen Reichtum auf Kosten des Volkes schuf, das sich mit traumwandlerischer Sicherheit immer auf die Seite der Verlierer schlug
und dessen Volk wieder und wieder mit großer Not und Armut fertig werden musste. Das kollektive Gedächtnis ehrt die Wettiner heute vielmehr für ihr Streben nach kulturellen Werten und für ihre Gabe, Prunk und Reichtum so zu inszenieren, dass wir heute noch etwas davon haben.
Jüngst gab es die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Jubiläum des Sächsischen Königreichs, eine wenig rühmliche Veranstaltung. Zwar dankte man den Wettinern für ihren Einsatz für Sachsen. Ministerpräsident Milbradt gehörte zu den Festrednern. Er sprach von der Sammelleidenschaft und betonte – Zitat –, „dass die jahrhundertelange monarchische Herrschaft in Sachsen segensreich für unser Land war und in mancherlei Hinsicht bis heute nachwirkt“.