Protocol of the Session on December 14, 2006

Möchte ein Abgeordneter noch dazu sprechen? – Das ist nicht der Fall. Herr Ministerpräsident, bitte.

Herr Hahn, auch durch lautes Schreien wird der Sachverhalt nicht anders, als er ist. In dem Vertrag ist über Seiten – nicht nur in einer kleinen Klausel, die man übersehen kann – die Frage geregelt, was mit den Gegenständen geschieht, die man noch nicht kannte. Es ist doch klar: Man kann einen Vergleich über Ansprüche der Wettiner nur für den Bereich schließen, der ihnen bekannt war. Über diese Frage hat man einen Vergleich geschlossen.

Im Übrigen war der Grund des Vergleiches etwas, was Sie möglicherweise gar nicht mehr in Erinnerung haben, nämlich der Fund von Kunstschätzen im Wald von Moritzburg. Bezüglich dieser Gegenstände war klar, dass sie den Wettinern gehörten, weil sie gar nicht enteignet worden waren. Wir wollten diese Kunstschätze im Land behalten. Sie waren bis dahin in keinem Museum gewesen. Weil wir sie für so wertvoll hielten, haben wir das zum Anlass genommen, für die damals bekannten Forderungen der Wettiner, die sich auf die damals bekannten Eigentumsansprüche der Wettiner bezogen, eine Regelung zu finden, und zwar nur bezogen auf diese Kunstschätze.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Warum nicht auf Dauer?)

Es geht nicht; die Wettiner hätten das nicht mitgemacht. Weswegen sollen sie auf etwas verzichten, worüber sie noch gar keine Informationen haben?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das haben wir gegenüber der Treuhand gemacht!)

Das kann ja durchaus sein. Wenn Sie so etwas nur bezogen auf die Kunstgegenstände machen, galt dennoch das Gesetz weiter, dass sie auf mehrere Gegenstände einen Anspruch hatten, wir aber die Möglichkeit bekamen, wenn sie in Museen gebraucht würden, sie für eine gewisse Übergangszeit bei uns zu behalten und erst nach einer Frist zurückzugeben. Deswegen war doch ganz klar, dass, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, erneut über die dann vorhandenen Ansprüche der Wettiner, natürlich auch mit neuen Summen, verhandelt werden würde. Die bisherigen Summen bezogen sich mitnichten – sonst wären sie gar nicht in dieser Größenordnung erfolgt – auf alle möglichen Ansprüche.

Im Übrigen möchte ich noch auf eines hinweisen, Herr Kollege Porsch, weil Sie das heute wieder so schön verdreht haben: Es handelt sich nicht um irgendwelche Ergebnisse aus der Revolution von 1918/1919, die rückgängig gemacht worden sind. Es handelt sich ausschließlich um Kunstgegenstände, die im Privatvermögen der Wettiner nach dem Vergleich der Zwanzigerjahre gewesen sind, Kunstgegenstände, die in ihren privaten Immobilien waren, zum Beispiel im Haus Wachwitz, in dem ein Teil der Familie gelebt hat. Darum ging es.

Es ist auch nicht so, dass die Wettiner nicht schon vorher Kunstgegenstände auf dem Kunstmarkt verkauft haben. Es sind sehr wohl einige der in der Fürstenabfindung der Zwanzigerjahre den Wettinern übergebenen Kunstschätze verkauft worden. Allerdings hatte niemand veranlasst,

diese Kunstgegenstände zu erwerben, weil man sehr wohl abgewogen hat, was für die sächsische Kunstlandschaft essenziell und was nicht ganz so wichtig war – also eine Frage von Aufwand und Ertrag. Ich weiß, wovon ich spreche, denn der Fall kam Anfang der Neunzigerjahre wieder hoch.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Durch den Einigungsvertrag sind die Fragen von 1945 geklärt worden: Die Immobilien verbleiben beim Staat und die Mobilien werden zurückgegeben. Das ist die Grundsatzentscheidung, die getroffen worden ist. Man kann lange diskutieren, ob sie richtig ist. Gemäß der Rechtslage werden wir jedem Restitutionsanspruch der Wettiner auf Immobilien weiter entgegentreten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wachwitz!)

Das haben wir getan. Bisher hat die Familie auch hier nicht recht bekommen. Es macht aber keinen Sinn, wenn unbestrittenes Eigentum vor 1945 an Mobilien existiert hat, den Rechtsweg zu beschreiten, weil wir hier verlieren; sondern es bietet sich an, vernünftig zu verhandeln.

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass die Art und Weise, wie wir hier diese Frage diskutieren, auch einen Einfluss darauf hat, a) ob wir zu einem Vergleich kommen und b) zu welchen Preisen. Deswegen bitte ich, auch in der Art der Diskussion nicht die Staatsregierung anzugreifen, sondern sie bei ihrem Bemühen zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ergibt sich daraufhin noch einmal Redebedarf seitens der Fraktionen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort des Einreichers. Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, wenn Sie sich den Antrag der FDP und die vier Punkte, die wir fordern, richtig durchgelesen haben, so unterstützen wir mit unserem Antrag die Bemühungen der Staatsregierung.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrter Kollege Heitmann, Sie sind 1944 in Dresden geboren. Ihre heutige Argumentation hat mich sehr verwundert. An dieser Stelle sind keine rhetorischen Arabesken gefragt, sondern ein klares Bekenntnis zu Dresden und zu seinen Kunstschätzen. Sie haben in Ihren Redebeiträgen am heutigen Tag nicht einmal eine inhaltliche Äußerung zur Sache beigetragen. Wenn Sie sich den Antrag der FDP-Fraktion durchgelesen haben – vielleicht haben Sie es nicht getan –, steht an keiner Stelle, dass die FDP eine Enteignung fordert. Wir sind der Auffassung,

dass Eigentum verpflichtet, und auch die Wettiner sollten sich dieser Tatsache bewusst sein.

(Prof. Dr. Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber Herr Milbradt hat gerade auf alles verzichtet!)

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, auf die vier Punkte des Antrages der FDP-Fraktion zu sprechen kommen. Wir fordern übrigens im Plenum eine Einzelabstimmung über die Punkte.

Erster Punkt: Wir fordern, dass die Kunst- und Kulturgegenstände weiterhin in Sachsen öffentlich zugänglich bleiben. Die Staatsregierung hat einen Verfassungsauftrag, dies umzusetzen.

Der zweite Punkt ist, gegebenenfalls die Objekte in das Verzeichnis der national wertvollen Kulturgüter aufzunehmen. Das ist ein vernünftiger Vorschlag. Jeder in diesem Haus kann diesen ersten beiden Punkten zustimmen.

Der dritte Punkt – darüber kann man sich vielleicht streiten –: dass die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen, um auf gleicher Augenhöhe mit den Wettinern zu verhandeln.

Der vierte Punkt: das Vertragswerk zur Verfügung zu stellen. Die FDP war 1999 nicht im Sächsischen Landtag vertreten. An dieser Stelle muss man sich die Frage stellen: War denn zum damaligen Zeitpunkt allen Beteiligten bewusst, dass diese Öffnungsklausel des Vertrages möglicherweise – und es ist ja jetzt Tatsache – enorme, massive Forderungen der Wettiner nach sich zieht? War das damals ein vernünftiges Verhandeln? War das ein vernünftiges Verhandlungsgeschick? Ich für meine Fraktion kann sagen: Wir wollen, dass uns das Vertragswerk über den zuständigen Ausschuss des Sächsischen Landtages zur Verfügung gestellt wird.

Meine Damen, meine Herren, im Interesse des Verbleibs der Kunstgegenstände im Freistaat Sachsen bitte ich Sie, dem Antrag der FDP-Landtagsfraktion zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Danke. – Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Die einreichende Fraktion hat um punktweise Abstimmung gebeten. Wir haben vier Punkte. Ich lasse jetzt abstimmen über die Drucksache 4/7055, Antrag der FDP-Fraktion, Punkt 1. Wer dem folgen möchte, der melde sich bitte jetzt. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Mit Enthaltungen und einer größeren Anzahl von Jastimmen ist der Punkt 1 dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Punkt 2 auf. Wer folgt dem Punkt 2? – Wer ist gegen diesen Punkt 2? – Wer enthält sich? – Diesmal keine Enthaltungen, aber im Wesentlichen gleiches Abstimmungsverhalten, damit ist der Punkt 2 mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Punkt 3 auf. Wer folgt dem Punkt 3 des Antrages? – Wer folgt ihm nicht? – Wer enthält sich? – Die Zusammensetzungen haben sich etwas geändert, dennoch ist der Punkt 3 mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Punkt 4 auf. Wer folgt dem Punkt 4? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei einer Enthaltung ist der Punkt 4 ebenfalls mehrheitlich abgelehnt worden.

Da alle vier Einzelpunkte abgelehnt wurden, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Bleiberecht für Flüchtlinge in Sachsen

Drucksache 4/7149, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Staatsminister der Justiz, Herr Mackenroth, hat gebeten, als Erster zu sprechen. Dann darf er das auch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthält eine Vielzahl von Forderungen und Wünschen zur Nachbesserung des Bleiberechtskompromisses. Ein Kompromiss ist aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass alle Verhandlungspartner Zugeständnisse machen und nicht das in langen Diskussionen erreichte Ergebnis in Gänze danach wieder infrage stellen.

Die Zielrichtung Ihres Antrages ist ein weiter gehendes Bleiberecht, faktisch nahezu ein Bleiberecht für alle. Wenn Sie das wollen, so bitte ich darum, dass Sie das ehrlich sagen. Ich glaube, dass der Souverän, das Volk, genau dies nicht will. Das war auch nicht die Intention der Innenministerkonferenz.

Es widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden, illegale Einwanderung überwiegend ohne jeden Verfolgungsaspekt in erster Linie mit dem Argument des langjährigen Aufenthalts in Deutschland zu legalisieren. Darüber hinaus sind sich die Innenminister und Senatoren der Bundesländer darin einig, dass es eben gerade keine Einwanderung in die Sozialsysteme geben darf.

Ich möchte Ihnen – und das ist der Grund dafür, dass ich hier in Vertretung meines Kollegen Innenministers als Erster ans Pult trete – kurz die wesentlichen Regelungen des IMK-Beschlusses darstellen, damit wir wissen, worüber wir debattieren.

Von der Bleiberechtsregelung sind zunächst die ausländischen Staatsangehörigen betroffen, die mindestens ein minderjähriges Kind haben, das den Kindergarten oder die Schule besucht, und die sich mindestens sechs Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten.

Weiterhin gilt die Regelung für solche Ausländer ohne Kinder, die sich seit mindestens acht Jahren im Bundesgebiet aufhalten. Bei beiden ist zusätzlich Voraussetzung, dass sie die im Beschluss näher bestimmten Integrationsvoraussetzungen erfüllen und dass keine Ausschlussgründe wie zum Beispiel die Verurteilung zu einer Strafe von 50 Tagessätzen Geldstrafe oder mehr vorliegen.

Kann der ausländische Staatsangehörige seinen Lebensunterhalt – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – aus eigener Arbeit bestreiten, so erhält er eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst zwei Jahre. Dieser Antrag kann bis zum 16. Mai 2007 gestellt werden. Kann der ausländische Staatsangehörige keine dauerhafte Beschäftigung nachweisen, aus der er den Lebensunterhalt bestreiten kann, so erhält er eine Duldung bis spätestens zum 30. September 2007. In dieser Zeit, bis zum 30. September nächsten Jahres also, soll ihm ermöglicht werden, einen Arbeitsplatz zu suchen. Auch das ist, wie ich finde, ein ordentlicher Kompromiss.

Wenn ein verbindliches Arbeitsplatzangebot nachgewiesen wird, mit dem dauerhaft ein Einkommen erzielt werden kann, das den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen ermöglicht, so erhält der ausländische Staatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis. Er kann dann die Arbeit ohne Prüfung eines Vorrangs aufnehmen. Dass ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis gefordert wird, dürfte selbstverständlich sein. Ein nur vorübergehendes Beschäftigungsverhältnis ist nämlich nicht geeignet, einen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu sichern.

Noch mal: Eine Zuwanderung in die Sozialsysteme ist gerade nicht gewollt gewesen.