Von Artikel 15 GG ist bislang nicht Gebrauch gemacht worden. Mir sind auch keine Forderungen bekannt, Verstaatlichungen vorzunehmen – der Trend geht vielmehr in die entgegengesetzte Richtung, hin zur Privatisie
rung. Im Übrigen verlangt Artikel 15 GG eine Entschädigung, die sich am Verkehrswert orientiert. Schon dies verhindert ein Gebrauchmachen von der Bestimmung im größeren Umfang. Wir könnten uns dies gar nicht leisten.
Warum ist auch der Antrag der Linksfraktion.PDS hier im Sächsischen Landtag überflüssig? Er ist schon deshalb überflüssig, weil der Antrag der FDP, auf den er sich bezieht, überflüssig ist. Überflüssige Gesetzentwürfe auf Bundesebene sollten nicht noch dadurch aufgewertet werden, dass der Sächsische Landtag hierzu Entschließungsanträge abfasst – und das auch noch außerhalb des vorgesehenen Verfahrens.
Das von der FDP-Fraktion vorgelegte Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Artikel 79 Abs. 2 GG). Zunächst muss deshalb der Bundestag entscheiden. Stimmt er dem Entwurf nicht mit Zweidrittelmehrheit zu, erübrigt sich eine Befassung des Bundesrates, des Sächsischen Landtages und der Staatsregierung. Eine Zweidrittelmehrheit in Berlin ist weit und breit nicht in Sicht.
Bericht der Staatsregierung über die Bedrohung des erzgebirgischen Kunsthandwerks durch ausländische Billigkonkurrenz. Schutz des sächsischen gestaltungsorientierten Handwerks vor Verletzungen des Urheberrechts und sonstigem illegalem Wettbewerb
Die Fraktionen können dazu in der gewohnten Reihenfolge Stellung nehmen. Es beginnt die NPD, danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Baier wird noch mit eingeordnet. – Herr Delle, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag geht es uns um den Schutz eines wichtigen sächsischen Wirtschafts- und Kulturgutes vor einem Verdrängungswettbewerb durch die Kräfte der Globalisierung, dem nach meiner Einschätzung kein bodenständiges Traditionsgewerbe in Deutschland auf die Dauer aus eigener Kraft gewachsen sein wird. Die Rede ist hier vom traditionellen
Kunsthandwerk im Erzgebirge, einem Wirtschaftszweig, der für die mit Arbeitsplätzen nicht gerade gesegnete Region eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Sollte es diesem Wirtschaftszweig aufgrund der hemmungslosen Globalisierung mittelfristig ähnlich ergehen wie der Textilindustrie in der Oberlausitz, so würden zunächst natürlich die Unternehmen und die Inhaber und Beschäftigten die Betroffenen sein. Darunter sind viele kleine Familienbetriebe in teilweise dritter oder vierter Generation und einige mittlere Betriebe mit starker Exportausrichtung.
Aber nicht nur die Inhaber und Mitarbeiter der Kunsthandwerksbetriebe selbst, sondern die ganze Region wäre
betroffen; denn zusammen mit der gewachsenen Kultur des Erzgebirges gehört die Volkskunst zum tragenden Fundament des Fremdenverkehrs, und beides bildet mit weiteren Traditionen aus Handwerk, Industrie und Dienstleistung die potenzielle Grundlage für eine überfällige Revitalisierung und Reorganisation des gesamten gewerblichen und sozioökonomischen Lebens in der Region.
Wie Sie der vorliegenden Drucksache sowie verschiedenen Pressemeldungen der letzten Tage entnehmen können, hat unser Antrag einen brandaktuellen Hintergrund, nämlich den aktuellen Konflikt zwischen den einheimischen Vertretern des erzgebirgischen Kunsthandwerks und einem deutschen Importeur fernöstlicher Plagiate und Nachahmungen.
Diese Situation sollte natürlich angesprochen werden, aber sie ist nur der Auslöser, nicht der eigentliche Grund für unseren Antrag. Denn erstens gibt es das grundsätzliche Problem und die damit verbundenen Existenzängste der Betroffenen schon seit vielen Jahren und zweitens – und das ist von grundlegender wirtschaftspolitischer Bedeutung – ist der Zusammenhang zwischen kultureller und sozioökonomischer Tradition im Erzgebirge und den dortigen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten geradezu beispielhaft für die allgemeine enge Verbindung, die zwischen Wirtschaft, Sozialgefüge und Kulturgemeinschaft bestehen sollte.
Wirtschaftliche Unternehmungen, Leistungsgemeinschaften, die auf absehbare Zeit für Identität und Stabilität unseres Gemeinwesens unentbehrlich sind und andererseits selbst ihren unverwechselbaren Wert aus der regionalen und nationalen Identität schöpfen, dürfen niemals allein infolge komparativer Kosten in sozial und ökonomisch von Deutschland völlig unterschiedlichen Teilen der Welt zur Disposition gestellt oder gar aus unserer Gesellschaft verdrängt werden. Das wäre im wahrsten Sinne des Wortes suboptimal, auch im engeren ökonomischen Sinne.
Denn was nützt es, wenn die erzgebirgischen Holzfiguren bzw. deren Nachahmungen in China hergestellt werden, und zwar zu meinetwegen einem Fünftel des deutschen Herstellerpreises, und gleichzeitig der Marktwert der Figuren zum Beispiel auf ein Zehntel fällt? Dadurch wird den erzgebirgischen Kunsthandwerksbetrieben die Existenzgrundlage entzogen, sodass die für den ideellen Wert der Produkte und damit auch für den Umsatz letztendlich maßgebliche erzgebirgische Handwerkstradition zunehmend zerstört wird.
Dadurch würde auf lange Sicht auch dem Geschäft mit den Plagiaten die Grundlage entzogen werden. Der Wert, insbesondere auch der Geldwert, der Volkskunsterzeugnisse aus dem Erzgebirge und damit auch der Nachahmungen hängt eben davon ab, dass die Produkte aus dem traditionellen kulturellen Umfeld stammen oder zumindest stammen könnten, weil dieses im öffentlichen Bewusstsein noch zumindest ansatzweise als real und authentisch empfunden wird.
Aber dieser Wert, der eben durch die kulturelle und wirtschaftliche Prägung des Erzgebirges und durch das damit verbundene Identitäts- und Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen bestimmt ist, hat bedauerlicherweise keinerlei Einfluss auf die komparative Kostenverteilung in einer globalisierten Wirtschaft und damit praktisch auch nicht auf die Wahl des Produktionsstandorts. Überlässt man die sogenannten freien Marktkräfte ohne jegliche Gegensteuerung sich selbst, so werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit erleben, dass sich auch für das erzgebirgische Kunsthandwerk der deutsche Produktionsstandort über kurz oder lang als nicht wettbewerbsfähig erweisen wird. Schließlich betragen die komparativen Kosten der Chinesen bei Produkten dieser Art nur einen Bruchteil von denen der Deutschen.
Wir als Nationaldemokraten sind für die Marktwirtschaft, aber die Märkte müssen einen gewissen Grad an Kongruenz zwischen den kulturellen und geografischen Lebensräumen der Menschen aufweisen. Der gesamte Globus darf eben kein Einheitsmarkt werden, weil wir keine einheitliche Weltgesellschaft und keinen Weltstaat haben und diese auch nicht wollen,
denn darin würde die gesamte Macht bei den internationalen Großkonzernen und den Bürokraten liegen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker wäre nur noch eine leere Phrase.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass ich Ihnen deutlich gemacht habe, warum wir in unserem Antrag von der Staatsregierung wissen wollen, welchen selbstständigen Wert für Sachsen sie dem traditionellen erzgebirgischen Kunsthandwerk beimisst und mit welcher Prioritätensetzung sie gedenkt, sich für die Bewahrung dieses Wertes einzusetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Jahr 1168 war ein für das Erzgebirge einschneidendes Datum. In diesem Jahr kamen die ersten Funde von Silbererz innerhalb der Waldhufenflur von Christiansdorf, dem späteren Freiberg, ans Tageslicht. Auf das zweite oder auch, Herr Kollege Hatzsch, große „Berggeschrey“ hin – das war im Oktober 1491 – zogen dann wieder viele Menschen, zunächst aus der Gegend von Goslar im Harz, in diese reiche und schöne Region. Die Silberfunde gaben dem Erzgebirge seinen Namen.
Aus der anfänglichen Bergbauregion hat sich über Jahrhunderte hinweg historisch eine Wirtschaftsregion entwickelt. Schauen Sie in die schönen Täler von Flöha und Zschopau und Sie wissen, was ich meine. Hinzu kommen
auch Werte, wie ich meine, unermesslicher kultureller und historischer Natur. Das Spitzenklöppeln, das Posamentieren oder auch die Holzschnitzerei, das Drechseln mit Holz waren und sind für den Broterwerb seit jeher notwendig. Heute sind sie wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil unserer erzgebirgischen Wirtschaftskraft, die nach wie vor wettbewerbsfähig ist und auch bleiben wird, und sie sind Ausdruck historisch gewachsener Traditionen.
Meine Damen und Herren! Die im Verband Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller organisierten Kunsthandwerker und jeder einzelne Kunsthandwerker, der sich der Tradition verpflichtet weiß, sehen das genauso. Qualität ist das entscheidende Alleinstellungsmerkmal.
Der Schutz von Markenzeichen, die Zertifizierung von Produkten, Schauvorführungen in Produktionsprozessen – ich frage Sie, Herr Kollege: Waren Sie schon einmal in solch einem Betrieb? –, auch die Arbeit an der Produktpalette, das sind einige Beispiele, die für eines entscheidend sind: Sie grenzen die erstklassige und erstklassig bleibende erzgebirgische Holzkunstqualität von Billiganbietern ebenso wie von Trittbrettfahrern ab.
Es kommt aber bei allem noch eines hinzu, meine Damen und Herren, und damit kann nun wirklich kein Billiganbieter mithalten: die Freude, die Sorgfalt und der Einfallsreichtum bei der Schaffung der erzgebirgischen Volkskunst. Meine Damen und Herren, wer sieht, wie viel Liebe und Hinwendung die Erzgebirger auf ihre Holzkunst verwenden, der weiß, wovon ich spreche.
Ich möchte Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Tipp geben, wenn Sie erlauben. Schauen Sie sich am ersten Weihnachtsfeiertag um 19:00 Uhr den Film „Die weltberühmten Engel aus Grünhainichen von Wendt & Kühn“ im Mitteldeutschen Rundfunk an. In dem Beitrag kommt unter anderem eine Frau zu Wort, die in dem Film sagen wird, dass die Holzkunst ihren Lebensinhalt ausmacht.
Herr Kollege Hahn, ich habe den Film tatsächlich schon bei der Uraufführung gesehen und ich bin, muss ich sagen, wirklich nach wie vor sehr beeindruckt davon.
Meine Damen und Herren, in dem Film sehen Sie die Seele und die hohe Identifikation des Erzgebirges und seiner Holzkunst in wunderbarer Weise. Es geht um ein Kulturgut ersten Ranges, um ein unverzichtbares Alleinstellungsmerkmal im Land, ein Merkmal, das den Freistaat überall in der Welt mit repräsentiert.
einzelnen Anbieter von drittklassiger Billigware hat damit nichts zu tun. Der Antrag liegt völlig neben der Sache. Haben Sie mit dem Holzkunstverband gesprochen? – Mir hat der Holzkunstverband erklärt: Eine Ansiedlung von Herstellern lässt sich nicht vermeiden. Die Einflussmöglichkeiten des Freistaates bei dieser Frage sind beim besten Willen gleich null. – Das ist auch meine eigene Bewertung.
Wer freiheitlich denkt, weiß, dass weder ein Minister noch ein Parlamentarier Einfluss auf einzelne Verfahren nehmen kann. Freiheitliches Denken verbietet sich damit. Schauen Sie sich Ihren Antrag an! Was Sie nicht bedenken und was ich bei Ihrem Antrag wirklich katastrophal finde, ist Folgendes: Ihr Antrag zielt auf ein einzelnes Unternehmen, das Sie namentlich nennen und hervorheben. Sie werben gewissermaßen, ohne es zu wollen, ungewollt für einen Hersteller, der abgekupferte Produkte hier in den Vertrieb bringt.
Den richtigen Weg zeigt die in Seiffen Ende November gegründete Kampagne „Original statt Plagiat – deutsche Handwerkskunst“, von der Sie wahrscheinlich auch nichts wissen. Die Kampagne steht unter der Federführung des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller. Dabei sind die DREGENO Seiffen, die Gemeinde Seiffen und ihr Tourismusverein.
Meine Damen und Herren, diese Initiative „Original statt Plagiat“, auf einer Web-Seite zu sehen, bekennt sich zur Handwerksarbeit in Deutschland und informiert äußerst anschaulich über Qualität und Qualitätsarbeit. Zugleich wird die Öffentlichkeit auf dem richtigen Weg positiv über Qualität und deren Vorteile informiert. Für die Kampagne „Original statt Plagiat – deutsche Handwerkskunst“ danke ich dem Verband und allen Beteiligten an dieser Stelle auf das Herzlichste
und ich versichere für die CDU-Fraktion, für die Koalition insgesamt, für die ich heute sprechen darf: Jeder erzgebirgische Kunsthandwerker, der sich der erzgebirgischen Tradition „echt Erzgebirge“ verpflichtet sieht, hat unsere volle Unterstützung.