Protocol of the Session on December 12, 2006

Können Sie mir bestätigen, dass die Steuerschätzer vom Arbeitskreis Steuerschätzung auf Bundesebene in der Mai-Schätzung schon die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung veranschlagt hatten und diese Bestandteil des Entwurfs waren? Ist das richtig?

Nach meinem Kenntnisstand ja.

Danke. Dann sagen Sie nicht so etwas.

Was ich sagen darf, entscheide immer noch ich, Herr Weckesser.

Ich wollte deutlich machen, dass in diesem Haushaltsentwurf die Abfinanzierung von Zukunftslasten als einmalige Finanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro erfolgte. Dann kam die Steuerschätzung. Aus den Steuermehreinnahmen 2006, als die Neuverschuldung schon zurückgefahren wurde, wurden noch einmal die bekannten Rückstellungen für den Pensionsfonds, die FAG-Rücklage, das Wohngeld und die Beteiligungsfinanzierung gemacht. Das waren 650 Millionen Euro. Mit den Steuereinnahmen 2007 und 2008 wurden zusätzliche Mittel für den kommunalen Mehrbelastungsausgleich, das FAG und die Erhöhung der laufenden Zahlungen für den Pensionsfonds bereitgestellt, in Summe 700 Millionen Euro. Warum ist das so enorm und aus meiner Sicht so wichtig?

Damit komme ich zum Punkt vier, Schaffung von Freiräumen für einen geschmeidigen Übergang in die SoBEZAbschmelzung ab 2009. Herr Weckesser, Sie haben es angesprochen. Es ist bekannt, dass ab 2009 die Degressi

on der SoBEZ-Mittel einsetzt, zum Beispiel bereinigt um Länderfinanzausgleich und kommunalen Anteil, Rückgang für das Land in 2009/2010 circa 415 Millionen Euro, 2011/2012 in Summe 950 Millionen Euro, 2013/2014 in Summe 1,4 Milliarden Euro usw.

Deswegen ist es richtig, wenn man weiß, dass diese Zahlen kommen, jetzt, da man noch Unterstützung durch Bundesmittel hat und einem noch jemand unter die Achseln greift und beim Laufen hilft, diesen einmaligen Abfinanzierungsbetrag als Ballast abzuwerfen, damit man ab 2018/2019 auf eigenen Füßen stehen kann und in dieser Gesellschaft, in dieser Bundesrepublik Deutschland, als Land Sachsen finanziell überleben kann. Ich glaube, dass es richtig ist, was wir gemacht haben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall des Staatsministers Dr. Horst Metz)

Nun sehen wir uns die Forderungen der Linksfraktion.PDS an. Allein im Kultusbereich wurden 2 500 neue Stellen mit einem Wertvolumen von 170 Millionen Euro beantragt. Im Sozialbereich sind es rund 250 Millionen Euro. Die anderen habe ich mir gar nicht mehr angesehen. Gegenfinanzierung und globale Minderausgaben im Einzelplan 15 betragen 1,3 Milliarden Euro. Was Sie da eingebracht haben, ist eigentlich eine Haushaltssperre. Im Kapitel 15 01 Sächliche Verwaltungsausgaben wollen Sie 2 500 Stellen aufbauen und bringen diese Gegenfinanzierung. Herr Weckesser, Sie haben selbst gesagt: Wir wissen nicht, ob diese Mehreinnahmen so weiter kommen. Wovon wollen Sie perspektivisch das Personal bezahlen, wenn wieder weniger Mittel zur Verfügung stehen?

Das heißt im Klartext, dass uns dieses Geld, so die konjunkturelle Entwicklung so weitergeht und wir keine neuen Kredite aufnehmen und wir die strikte Einhaltung der ehrgeizigen Stellenplanziele realisieren können, zur Verfügung steht, um die SoBEZ-Abschmelzung aufzufangen. Mit diesem Haushalt sichert sich Sachsen die finanzielle Handlungsfähigkeit für die nächsten zwölf bis 14 Jahre. Das ist eine Tatsache.

Abschließend: Wenn man sich das Ganze betrachtet und der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion.PDS von einer roten Null spricht, dann kann ich nur annehmen, dass er sich damit selbst gemeint hat.

Danke, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall des Staatsministers Dr. Horst Metz)

Die NPDFraktion; Herr Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aufgrund der Kürze der Redezeit, die meiner Fraktion verblieben ist, kann ich leider nur auf die drei Hauptanträge der NPD-Fraktion zum Einzelplan 15, nämlich zur finanziellen Ausstattung der kreisangehörigen Gemeinden, der Landkreise und der kreisfreien Städte, eingehen.

Im Gegensatz zur Vernebelungstaktik der Staatsregierung, die den Kommunen eine vermeintliche Finanzwohltat vorgaukelt, während in Wahrheit nur eine aufgrund des vertikalen Gleichmäßigkeitsgrundsatzes notwendige routinemäßige Korrektur des Landeshaushaltes entsprechend einer veränderten Steuerschätzung stattgefunden hat, will meine Fraktion wirklich mehr Geld für die Kommunen außerhalb der Verteilungsmechanismen des FAG zur Verfügung stellen. Meine Fraktion hat sich deshalb ganz bewusst dafür entschieden, die allgemeinen Schlüsselzuweisungen für kreisangehörige Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise um jeweils 100 Millionen Euro in den Jahren 2007 und 2008 zu erhöhen, da die kommunale Ebene in ihrer derzeitigen Situation wirklich die volle und uneingeschränkte Verfügungsmacht über ihre finanziellen Mittel braucht und nicht durch Zweckbindung in der Verwendung ihrer Gelder behindert werden darf.

Was nutzt einer völlig überschuldeten Gemeinde eine Finanzspritze, die an kostspielige Investitionen gebunden ist, wenn die später anfallenden Fix- und Erhaltungskosten für diese Gemeinde nicht mehr bezahlbar sind?

Im Gespräch haben uns einige Bürgermeister gesagt, dass gerade investive Schlüsselzuweisungen kein Mittel sind, um die Gemeinde in ihrer Selbstständigkeit zu erhalten, da sie mit diversen Folgekosten verbunden sind.

Die derzeitige Situation, in der wir uns über eine Neuverschuldung des Landes von null unterhalten, zeigt, es besteht eine geradezu absurde Schieflage in Bezug auf die finanzielle Belastung des Landes einerseits und der finanziellen Belastung der Kommunen, kreisfreien Städte und Landkreise andererseits. Die Kommunen sind der große Verlierer der derzeit geltenden Regelungen und größtenteils außerstande, das grundgesetzlich verankerte Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung auch mit Leben zu erfüllen. Die Stärkung der Kommunen muss also eine unserer wichtigsten Aufgaben sein, wenn wir die soziale Basis des Freistaates stärken wollen. Stimmen Sie deshalb bitte für unsere Änderungsanträge.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP bitte, Herr Zastrow.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Landtagsabgeordneter in Sachsen ist man ja einiges gewöhnt, zum Beispiel, dass der Regierung immer dann so ein bisschen der sprichwörtliche Kamm schwillt, wenn ein kleiner Abgeordneter, zumal von einer Oppositionspartei, einmal genau das tut, was er tun muss, wenn er nachfragt und genau hinsieht, wenn er natürlich die ansonsten meist „fantastischen Vorschläge“ der Staatsregierung einmal richtig erläutert haben will. Sehr unangenehm, so ein Parlament? Das kann einem die Stimmung versauen. Das stört ja nur die kreativen Kreise des einen oder anderen Ministers oder auch der Verwal

tung. Weil das alles so unangenehm ist, hat sich die Staatsregierung wieder etwas einfallen lassen. Sie stellt einfach Titel ohne besondere Inhalte in den Haushalt ein, stattet diese Titel mit Unsummen aus und verwendet dann das Geld völlig nach eigenem Gusto, ohne in irgendeiner Weise den Landtag wieder einmal fragen zu müssen. Beispiele kennen wir alle auch aus der Vergangenheit.

Beispielsweise hat der Freistaat im Juli 2005 entschieden, eine Kapitalerhöhung der Sachsen LB in Höhe von 300 Millionen Euro vorzunehmen. 210 Millionen Euro kamen aus dem Grundstock. Eine Beteiligung des Landtages an der Kapitalentnahme aus dem Grundstock war trotz der Größenordnung nicht erforderlich. Wir haben als Parlamentarier nur zugesehen.

Denken wir an das Paunsdorfcenter zurück. Das SMF hat im Juli 2005 mehrere Optionen zum Verbleib des Paunsdorfcenters geprüft und gewertet. Ein Ankauf wurde zwar im Ergebnis abgelehnt, die Entscheidung erfolgte aber ohne jegliche Beteiligung des Parlaments, und das, obwohl es beim Kaufpreis um eine dreistellige Millionenhöhe gegangen wäre. Der HFA wurde lediglich darüber in Kenntnis gesetzt. Bei all diesen Punkten, meine Damen und Herren, durften wir als Landtagsabgeordnete nicht mitreden. Wenn es allerdings manchmal um einen ziemlichen Pipifax geht, beispielsweise die Anschaffung von Dienstfahrrädern für das Justizministerium für die sensationelle Summe von 600 Euro, dürfen wir mitreden; da werden wir gefragt.

Ich erinnere auch an einen anderen „Höhepunkt“ unserer Tätigkeit im Haushalts- und Finanzausschuss, nämlich an den „Anteil Sachsens an den Mehrkosten für die 35. Auflage der bundeseinheitlichen Informationsschrift ‚Studien- und Berufsauswahl’“ in der unbeschreiblichen Höhe von 69,34 Euro. Auch das war Thema im Haushalts- und Finanzausschuss. Über 69,34 Euro dürfen wir mitbestimmen, aber über 300 Millionen Euro bei der Sachsen LB dürfen wir es nicht. Hier, meine Damen und Herren, ist sprichwörtlich etwas „faul im Staate Sachsen“.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Das neueste Ergebnis finden Sie nun im Einzelplan 15, und zwar im Titel 15 03, 88316. 2007 und 2006 werden hier sagenhafte 260 Millionen Euro veranschlagt. Aber ich frage Sie: Was verbirgt sich hinter diesem Titel? Er heißt: „Zuschüsse zur Förderung von Strukturreformen“, ziemlich nebulös. Vielleicht hätte man von vornherein eine klare Sprache wählen können und sagt einfach „Zuschüsse zur Förderung des Fusionswillens“ oder nennt es einfach „Landkreisschweigegeld“. Nichts anderes ist das. Wenn man es so gesagt hätte, wäre es wenigstens ehrlich gewesen, meine Damen und Herren.

Es geht in diesem Titel um die Gelder, die den 22 Landkreisen und vier kreisfreien Städten im Rahmen der kommenden Kreisgebietsreform gegeben werden sollen. Wofür genau das Geld sein soll, weiß aber keiner. Wir wissen nicht, ob das Geld für Bleistifte in der Kreisverwaltung verwendet wird oder ob dafür vielleicht in den

benachteiligten Orten Schwimmbäder gebaut werden. Wir wissen nicht, ob es unter Umständen sogar für die Schaffung neuer Personalstellen für demnächst landkreislose CDU-Landräte gedacht ist. Werden davon Abfindungen gezahlt? Keiner weiß es, nichts davon steht im Titel.

Ganz klar, wir haben ja hier im Sächsischen Landtag über die Kreisgebietsreform und über die Verwaltungsreform überhaupt noch nicht entschieden. Es gibt noch nicht einmal einen Gesetzentwurf.

Aber es geht noch weiter. Auf meine Anfrage im letzten Haushalts- und Finanzausschuss haben wir erfahren, dass die Staatsregierung diese 260 Millionen Euro auch schon ab 1. Januar 2007 ausgeben kann, also weit bevor in diesem Parlament über eine neue Kreisgebietsreform entschieden wird. Ich frage Sie, ob es uns als Abgeordnete tatsächlich nicht zu interessieren hat, was die Staatsregierung mit diesem Geld macht, wie viel sie an wen gibt. Ich denke, dass hier ein Grundsatz des demokratischen Parlamentarismus verletzt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Bei so viel Misstrauen der Staatsregierung gegenüber dem Landtag kann ich mir nur vorstellen, dass es sich bei den 260 Millionen Euro um nichts anderes handelt als um eine Art Bakschisch für besondere linientreue CDU-Landräte. Die Staatsregierung schafft sich hier einen Fonds, um mit finanziellen Mitteln bestimmte ihr angenehme Verhaltensweisen in den Kreisen zu fördern. Das kann beim besten Willen nicht sein.

Im Fall der SPD-Landrätin wird man es vielleicht so machen, dass man kein Geld gibt, sondern dass man für sie den Kreissitz in Borna bar jeder Vernunft erhält. Meine Damen und Herren, so geht das nicht! Eine solche Missachtung des Parlaments dürfen wir uns und dürfen auch Sie sich von der SPD und der CDU von der Regierung nicht gefallen lassen, wenn wir nicht unsere Tätigkeit hier im Sächsischen Landtag völlig ad absurdum führen wollen. Deshalb wollen wir als FDP mit unserem Änderungsantrag wenigstens eine Sperre im Haushalt vermerkt wissen. Das Geld, das in diesem Titel vorgesehen ist, darf erst dann ausgegeben werden, wenn wir hier im Sächsischen Landtag über die künftige Verwaltungsreform und den Zuschnitt der Kreise entschieden haben. Ohne einen Beschluss zur Verwaltungs- und Funktionalreform darf von den 260 Millionen Euro kein Cent ausgegeben werden. Darum bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Die Fraktion GRÜNE; Herr Abg. Weichert, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Berechnungen der TU Dresden werden die verfügbaren Einnahmen des Freistaates bis

zum Jahr 2020 auf 11,9 Milliarden Euro sinken. Bezogen auf das derzeitige Haushaltsvolumen sind das etwa 25 % weniger als die jetzt verfügbaren Einnahmen. Das beträfe also jeden vierten Euro, gemessen an unserem Haushalt.

Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat in der gestrigen Rede von seiner Vision des Jahres 2020 gesprochen. Danach solle Sachsen im Jahr 2020 weitgehend schuldenfrei sein.

Meine Damen und Herren! Derzeit haben wir in Sachsen Staatsschulden von rund 12 Milliarden Euro. Ich frage Sie: Wann, wenn nicht jetzt, und wie, wenn wir nicht jetzt beginnen, wollen wir es denn schaffen, bis 2020 diese 12 Milliarden Euro Staatsverschuldung abzubauen, wenn im gleichen Zeitraum die verfügbaren Einnahmen um fast 25 % zurückgehen werden? 2007 und 2008 nutzen bedauerlicherweise weder Koalition noch Staatsregierung die vielleicht einmalige Chance, die Steuermehreinnahmen für die Jahre 2006 bis 2008 vollständig für den Schuldenabbau zu nutzen. Damit müssen in den verbleibenden Jahren 2009 bis 2020 jedes Jahr mindestens 1 Milliarde Euro an Schulden abgebaut werden – wie gesagt, bei gleichzeitigem Rückgang der Einnahmen, wenn die Vision des Ministerpräsidenten Realität werden soll.

Wir fragen uns ernsthaft: Wie soll, wie kann das funktionieren? In welchen Bereichen will denn die Staatsregierung ab 2009 eine Milliarde Euro pro Jahr einsparen?

Meine Damen und Herren! Entgegen der Sektlaune der Staatsregierung bei den Geberkonferenzen des Frühsommers und des Spätherbstes herrscht angesichts dieses Szenarios bei uns schon heute eher Katerstimmung. Weitsichtiger wäre es aus unserer Sicht, die Gunst der Stunde zu nutzen und bereits heute die Steuermehreinnahmen für den beherzten Schuldenabbau zu verwenden. Das ist wirklich nachhaltig, Herr Dr. Rößler, und Sie hätten die Chance gehabt, mit unseren Anträgen noch viel nachhaltiger zu sein, als Sie es vorhin hier vorgetragen haben.

Da hilft es auch nicht, wenn Koalition und Staatsregierung beteuern, auch sie entlasteten ja die künftigen Haushalte. Für einige Bereiche stimmen wir Ihnen durchaus zu, beispielsweise für den Finanzierungsfonds. Dennoch lassen Sie Konsolidierungspotenziale ungenutzt.

Was hat die Kapitalzuführung an das Weingut Wackerbarth mit Haushaltskonsolidierung zu tun? Wieso können der Flughafen Leipzig/Halle und die Leipziger Messe sich ihre Darlehen nicht bei den Banken besorgen? Wieso schafft es die Koalition nicht, ihre Änderungsanträge durch Umschichtungen zu finanzieren? Wieso müssen hier die Steuermehreinnahmen herhalten, obwohl der Regierungsentwurf der Staatsregierung bereits prall gefüllt war?

Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion beantragt, einen wesentlichen Teil der Steuermehreinnahmen der Jahre 2006 bis 2008 für den Abbau der Staatsschulden einzusetzen. Das sind insgesamt rund 680 Millionen Euro. Damit allein lassen sich dauerhaft Zinsersparnisse von

rund 27 Millionen Euro pro Jahr erzielen. Angesichts der drastisch knapper werdenden Zuschüsse ab 2009 wollen wir so Haushaltsspielräume für die Zukunft erhalten und harte finanzielle Einschnitte vermeiden.