Protocol of the Session on November 15, 2006

Sie behält das alte Quotenmodell bei, das die Stadtstaaten eindeutig bevorteilt. Was haben Sie getan, Herr Minister

präsident und Freund regelgebundener Verfahren, damit dieser Irrsinn ein Ende findet? Meinen Sie im Ernst, mit der vorgeschlagenen Gleitklausel werde dem Theater um die Bundesbeteiligung ein Ende gesetzt? Auch das ist doch wieder nur eine Übergangslösung.

Mittlerweile kann ich nicht mehr lachen, wenn so getan wird, als würde diese Gleitklausel einen Anreizmechanismus für die Kommunen bieten. Das ist reine Augenwischerei. Die Krux liegt doch darin, dass es keine direkten Finanzbeziehungen zwischen den Kommunen und dem Bund gibt. Die Wirkungen dieses MöchtegernAnreizmechanismus sind so indirekt, dass sie keinen Sinn machen. Die Gleitklausel sagt: 1 % mehr oder weniger Bedarfsgemeinschaften bedeuten 0,7 % mehr oder weniger Bundesbeteiligung. Mit jedem Prozent mehr an Bedarfsgemeinschaften zieht sich damit der Bund mit 0,3 % aus seiner Beteiligung und damit aus seiner Verantwortung zurück! Das ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Bundesbeteiligung.

Damit sind wir direkt in der Landesverantwortung. Die Regelungen des Freistaates zur Verteilung der Hartz-IVUnterkunftskosten haben wir von Beginn an kritisiert. Wer ist denn nur auf die Wahnsinnsidee gekommen, allein die durchschnittlichen Unterkunftskosten zur Berechnungsgrundlage zu nehmen? Das kann doch nur aus einem Bürokratenschreibtisch stammen. Dass dabei die Kommunen mit höheren Mieten klar benachteiligt werden, ist doch klar.

Die Nachbesserung, die nun erfolgt ist, zeigt Einsicht, aber keinesfalls die nötige Konsequenz. Dazu gleich mehr.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die CDU-Fraktion erhält das Wort. Herr Dr. Rößler, bitte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Was hat denn das mit Patriotismus zu tun? – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Jetzt ist er auch für Finanzen zuständig!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Scheel, ich erinnere daran, worüber wir uns unterhalten wollten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Kosten der Unterkunft!)

Am 20. Juli 2006 hat die Koalition hier im Hohen Haus einen Landtagsbeschluss zu den Kosten der Unterkunft erwirkt, um die Interessen von Freistaat und Kommunen zu wahren. Die Staatsregierung wurde aufgefordert, durch Verhandlungen drohende finanzielle Nachteile abzuwenden. Kollege Scheel, das ist durch den Finanzkompromiss vom 03.11.2006 gelungen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wer sagt denn so etwas?)

An dieser Stelle muss man auch einmal anerkennen, dass die Staatsregierung gut verhandelt hat und dass die sächsischen Kommunen erst einmal aufatmen können.

Herr Dr. Rößler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Kollege Scheel.

Vielen Dank, Herr Rößler. – Ich lese in Ihrem Antrag als Begründung und komme auch gleich zu der Frage: „Es muss sichergestellt werden, dass die im Gesetz garantierte Entlastung der Kommunen dauerhaft erreicht wird und dem Freistaat bei der anstehenden Überprüfung keine Nachteile entstehen.“ Sind Sie der Auffassung, dass mit der jetzt bestehenden Regelung die versprochene Entlastung erreicht ist, ja oder nein?

Die Finanzausstattung der Kommunen ist erst einmal mittelfristig gesichert. Das Dauerhafte in unserer Zeit ist eine Schwierigkeit. Welches Damoklesschwert – ich erinnere einfach daran – hing denn im Juli über unserem Haupt? Da gab es einen Konsens über eine Gesamtentlastung der Kommunen durch Hartz IV in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Das war klar. Aber die Höhe der Bundesbeteiligung von 29 % – man erinnere sich – war nur bis Ende 2006 festgelegt. Es war keine Anschlussregelung für 2007 vorhanden. Es gab eine Regelung über die Festlegung eines Sonderlastenausgleiches für die neuen Länder bis 2009 immerhin in der Höhe von einer Milliarde Euro. Davon flossen etwa 268 Millionen Euro nach Sachsen. Aber es gab keine Festlegung über 2009 hinaus.

Das bisherige Angebot des Bundes – damals von 2 Milliarden Euro – hätte unsere Kommunen und Landkreise in eine ganz schwierige Situation gebracht.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Das war kein Angebot – es war eine Frechheit!)

Das war eine Frechheit!

Im Landkreis Meißen hätte das bedeutet, dass wir unsere 9 Millionen Euro, die wir im Kreishaushalt einstellen wollten, halbiert bekommen hätten und wir die Kreisumlage um sage und schreibe 5,2 % erhöhen müssten.

Die Kommunen forderten 5,8 Milliarden Euro. Keiner hat natürlich geglaubt, dass wir die Mittel in dieser Höhe erhalten. Aber die Einigung vom 03.11.2006 bedeutet eben, dass die Bundesbeteiligung für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 4,3 Millionen Euro gesichert wurde. Das sind immerhin 31,8 % der Gesamtkosten. Wir kamen besser, als wir das vorher erwartet hatten.

Es ist noch etwas gelungen: Es ist gelungen, diese HartzIV-SoBEZs, die Sonderlastenausgleiche für die neuen Länder, bis 2010 zu verlängern, also mittelfristig eine für uns gute Lösung. Die Einzelheiten der Verteilung dieser Mittel zwischen den Ländern werden ja derzeit festgelegt.

Hier gibt es sicher Interessenkonflikte zwischen den bisher überdurchschnittlich Begünstigten, wie den Stadtstaaten, und den überdurchschnittlich Benachteiligten, wie Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg; die werden diskutiert.

Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seien wir doch auch einmal mit einem guten Ergebnis zufrieden! Der erzielte Kompromiss wahrt die Interessen des Freistaates Sachsen und seiner Kommunen. Wir haben ja auch die Signale von unserer kommunalen Ebene. Ich bringe nur das Zitat von Herrn Duppré, Präsident des Deutschen Landkreistages, der dezidiert sagt, dass der Finanzkompromiss zu Hartz IV ermöglicht, dass es keine Verliererkommunen gibt.

Auch unsere Landräte in Sachsen sind mit diesem Kompromiss zufrieden. Gestern ist das noch einmal ganz deutlich festgestellt worden. Die Einschätzung der Landkreise in Sachsen ist, dass wir zwar 2006 ein kleines Defizit haben, dass wir aber 2007 eine schwarze Null schreiben und das Defizit von 2006 ausgleichen können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht aber in dieser Sache um viel Weitergehendes. Dazu in der zweiten Runde mehr. Da schließe ich mich Kollegen Scheel an.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort. Herr Brangs, bitte.

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Auch ein neuer Finanzer!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, warum Sie den Zwischenruf gebracht haben, ob wir einen neuen Finanzer haben. Wenn Sie das Thema nur unter fiskalischen Betrachtungen bewerten, machen Sie einen inhaltlichen Fehler. Deshalb zunächst zu zwei Punkten, die mich bei dieser Debatte ein wenig irritieren.

1. Ich habe mich noch einmal schlau gemacht und bekam in Erinnerung – neben dem, was Kollege Rößler zu Recht gesagt hat –, dass wir als Koalition uns damit befasst haben, nämlich in der Drucksache 4/5860 einen Antrag der Koalition hatten, der fast den identischen Titel der Aktuellen Debatte trug.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Die Probleme sind geblieben!)

Ich nehme an, Sie haben alle noch einmal im Plenarprotokoll nachgelesen. Mir ist nicht ganz klar geworden, wenn man die Ergebnisse sieht, die wir auch mit Intervention der zuständigen Ministerin für Sachsen erzielen konnten, was denn die Linksfraktion nun umtreiben kann, dass alles wieder nicht so richtig sei und alles negative Botschaften seien. Da fiel mir eigentlich nur ein Argument ein: Als Opposition im Land kann man wahrscheinlich nicht positiv über erzielte Kompromisse sprechen. Man muss bei jedem Kompromiss, auch wenn er sozusagen

noch einen kleinen Makel hat, zunächst einmal behaupten, das sei ein Rückschritt und das sei schädlich für den Freistaat.

Anders kann ich das nicht erklären, weil das Begehr der Kommunen – das ist das Entscheidende und darauf würde ich noch einmal Wert legen – und der Spitzenverbände befriedigt worden ist. Ich kenne keine Beschwerden des Landkreistages oder des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Ich kenne im Gegensatz viele Hinweise darauf, dass uns kaum jemand zugetraut hätte, aufgrund der Situation, die wir auch auf Bundesebene mit der Finanzsituation des Bundes haben, überhaupt einen solchen Kompromiss zu erzielen. Das wäre es doch zumindest wert gewesen, positiv zu erwähnen, und nicht irgendwelche Zitate von Kollegen der Bundesebene heranzuziehen, um das Ganze wieder zu verwässern.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Einen Moment, bitte.

Ich finde, das ist eine sachsengerechte Lösung, die wir da haben. Es ist eine Entlastung von 2,5 Milliarden Euro. Damit können wir in der Tat auch Teilen des Nachteils, den wir durch die Agenda 2010 haben, entgegenwirken. Ich denke eben, dass die Beantragung der Debatte im Wesentlichen eigentlich nur das Motiv hat, durchaus sinnvoll erzielte Kompromisse schlechtzureden, und es dient aus meiner Sicht nur dem Ziel, dass man nicht akzeptieren will, dass wir uns für die Interessen des Freistaates eingesetzt haben.

Frau Simon, bitte.

Herr Abg. Brangs, können Sie mir Ihre Unterstützung zusichern, wenn ich Dokumente vorlege, dass allein der Landkreis LöbauZittau eine Unterdeckung von 5,6 Millionen Euro im Haushalt 2006 aus Hartz IV hat und mein Antrag an die Staatsregierung, Abhilfe zu schaffen, mit der Begründung, man beobachte den Sonderlastenausgleich, beantwortet wurde? Ich fasse also noch einmal zusammen: Kann ich auf Ihre zukünftige Unterstützung setzen, dass wir das im Landkreis Löbau-Zittau lösen können? Das nur, weil Sie sagten, es sei Ihnen niemand bekannt, der Nachteile hätte.

Frau Kollegin, Sie gestehen mir zu, dass ich Ihren Sonderfall hier im Plenum nicht klären kann. Ich kann mich auf jeden Fall darauf verlassen, was mir die Spitzenverbände sagen. Sie alle sagen, dass das, was dort erzielt worden ist, in der Tat ein Kompromiss ist, mit dem man leben kann. Das heißt also im Klartext, wir hatten einen prozentualen Anteil von 29,1 % bei Hartz IV. Das war so. Dann gab es eine Reihe von Gesprächen auch mit Beteiligung der zuständigen Ministerin. Nun wurde ein vernünftiger Kompromiss erzielt. Zu diesem Kompromiss würde ich jetzt gern etwas sagen wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Zwischenfragen immer.

Frau Dr. Ernst, bitte.

Vielen Dank. – Inwieweit haben Sie zur Kenntnis genommen, dass zum Beispiel die Landeshauptstadt Dresden für 2006 mit Kompromiss einen Zusatzbedarf für den städtischen Finanzierungsanteil von 16,7 Millionen hat? So viel zu den Sonderfällen.

Wenn es so ist, dass wir Spitzenverbände haben, und wenn es so ist, dass mit Spitzenverbänden eine Linie besprochen worden ist, dann können Sie mir noch 20 Sonder- oder Einzelfälle, Beschlüsse und was auch immer mitteilen – wenn die Spitzenverbände nicht in der Lage sind, dort eine einheitliche Sprachregelung zu treffen, dann muss ich in der Tat nicht den Job der Spitzenverbände machen. Unsere Kenntnis ist – das ist bisher unwidersprochen –, es wird akzeptiert und als Erfolg gewertet. Mir ist keinerlei anderer Schriftverkehr bekannt.

Jetzt ganz kurz noch zu den Zahlen.

Erstens. Der Bund beteiligt sich mit einer Quote von 31,8 % an den Kosten der Unterkunft. Die verabredete Quote, eben diese 31,8 %, entspricht der Kostenbelastung in Höhe von 4,3 Milliarden Euro.

Zweitens – das ist ganz entscheidend – gibt es für die kommenden Jahre eine Gleitklausel. Darin ist festgelegt, dass, wenn die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften steigt, auch der Anteil des Bundes an den Kosten der Unterkunft steigt. Sinkt aber die Zahl der Bedarfsgemeinschaften um 1 %, dann sinkt die Beteiligungsquote des Bundes um 0,7 Prozentpunkte.

Drittens. Diese Regelung gilt für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010, also ein Jahr über die Legislaturperiode des Bundestages hinaus.