Protocol of the Session on October 13, 2006

Verzögert sich dessen Eintreffen vor Ort, so wird, um dem Tier ein längeres Leiden zu ersparen bzw. Gefahren für weitere Verkehrsteilnehmer abzuwenden, das Tier durch einen hierzu ausgebildeten Polizeibeamten mittels Dienstwaffe waidgerecht erlegt.

Nach Aussagen des Landkreises Leipziger Land hat der Rettungszweckverband mit der Rettungsleitstelle in Grimma einen ständigen Ansprechpartner. Er verständigt bei Wildangelegenheiten, unter anderem bei Wildunfällen oder bei unberechtigter Entnahme von Wild, den zuständigen Jagdbezirksinhaber.

Zu Frage 2: Nach den Regelungen des Bundesjagdgesetzes hat nur der Jagdbezirksinhaber das Aneignungsrecht für jagdbare Wildtiere. Damit obliegt ihm auch die Pflicht zur Hege, die die Verantwortung für die Pflege von verletztem Wild beinhaltet. Er hat als geprüfter Jäger die nötigen Kenntnisse, um auch mit solchem Wild sachgerecht umzugehen.

Vor diesem Hintergrund gilt weiterhin: Der zuständige Jäger kann die Pflege selbst durchführen oder diese sachkundigen Dritten überlassen. Damit besteht die Möglichkeit, dass engagierte Bürger, die sich ehrenamtlich um verletzte Wildtiere kümmern wollen, diese zumindest konform mit den jagdrechtlichen Bestimmungen durchführen können.

Ob es geboten ist, weitere Voraussetzungen zu schaffen, um dieses Engagement zu unterstützen, bedarf einer eingehenden Prüfung von naturschutz-, tierschutz- und jagdrechtlichen Schnittstellen, die durch mein Haus in Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Soziales bereits begonnen wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Schaffung einer humanitären Bleiberechtsregelung für langjährig in der Bundesrepublik Deutschland lebende Flüchtlinge (sogenannte Altfallregelung)

Drucksache 4/6595, Antrag der Linksfraktion.PDS und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE und Linksfraktion.PDS, danach, wie gewünscht, die Staatsregierung, dann CDU, SPD, NPD, FDP und die Sächsische Ausländerbeauftragte, Frau de Haas.

Ich erteile den Einreicherinnen das Wort. Frau Abg. Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Knapp 6 000 Menschen leben in Sachsen als geduldete Ausländer, die meisten bereits länger als fünf Jahre. Dennoch droht ihnen die Abschiebung in ihre Herkunftsländer, denn Duldung bedeutet nur eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung. Deshalb möchte ich Sie heute für ein Thema sensibilisieren – um ein Wort des Innenministers zu benutzen –, das am

16. und 17. November auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz stehen wird und entschieden werden soll: ein Bleiberecht für langjährig in Deutschland lebende Flüchtlinge.

Dass wir heute überhaupt über eine Bleiberechtsregelung sprechen, hat vor allem damit zu tun, dass die Länder – im Übrigen sehr unterschiedlich – die Möglichkeiten des Aufenthaltsgesetzes nicht nutzen. Das 2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz sollte unter anderem die Kettenduldungen durch eine rechtmäßige Anwendung des § 25 Abs. 4 und 5 Aufenthaltsgesetz abschaffen.

Ich werde Ihnen jetzt einen Überblick über die Stationen geben, die das Thema Bleiberecht in den letzten Monaten im Sächsischen Landtag zurücklegte.

Erstens. Im Juni-Plenum hat der Landtag einen Beschluss gefasst, nach dem zum einen bis zum Inkrafttreten einer Bleiberechtsregelung besonders sorgfältig geprüft werden soll, ob Personen abgeschoben werden, und nach dem zum anderen die Staatsregierung aufgefordert wird, dafür zu sorgen, dass eine auf der IMK zu verabschiedende Altfallregelung an klare Kriterien geknüpft wird, die im Beschluss beispielhaft genannt werden.

Zweitens. Im Juli-Plenum habe ich eine mündliche Anfrage an Herrn Buttolo gerichtet, inwiefern dieser Beschluss umgesetzt wurde. Daraufhin haben Sie, Herr Innenminister, mir geantwortet, die Ausländerbehörden seien – ich zitiere – „für die Anwendung der rechtlichen Normen sensibilisiert worden“. Es sei ihnen auch der Landtagsbeschluss zugesandt worden. Einer Umsetzung sind Sie unserer Meinung nach jedenfalls ausgewichen und haben nebenbei wohl das neue Verwaltungsinstrument der „Sensibilisierung für rechtliche Normen“ eingeführt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Meine Fraktion betrachtet dies als eine Missachtung des Parlaments.

Drittens. Mitte August haben wir einen Bericht von Ihnen, Herr Buttolo, erhalten, dass Sie die Ausländerbehörden aufgefordert haben, Abschiebungsfälle, die von einer möglichen Bleiberechtsregelung betroffen sein könnten, besonders sorgfältig zu prüfen. Umgesetzt in eine klare rechtliche Anweisung, wie normalerweise üblich, haben Sie das nicht. Und Sie haben die im Landtagsbeschluss vom 23.06.2006 genannten Kriterien unserer Meinung nach beschlusswidrig ausgelegt. Zu Beispielen komme ich später.

Viertens. Im Innenausschuss Ende August haben wir uns nochmals in einer Sondersitzung mit dem Beschluss des Landtages befasst. Der Grund war ein Zeitungsinterview mit Ihnen, Herr Dr. Buttolo. Man und frau konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, Sie befänden sich im Vergleich mit den anderen Innenministern der Länder in einem Wettbewerb, wer die schärfsten Bleiberechtsbestimmungen vertritt. Das geschieht unserer Meinung nach ohne

Rücksicht auf die Situation von Flüchtlingen hier in Sachsen.

Fünftens. Heute haben Sie es, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, im Parlament in der Hand, nunmehr über die im Landtagsbeschluss von Ihnen im Juni verabschiedeten, allerdings recht vage gehaltenen Kriterien konkret zu entscheiden. Wir haben Ihnen heute gemeinsam mit der Linksfraktion.PDS einen entsprechenden Antrag vorgelegt.

Mit diesem Antrag fordern wir die Staatsregierung auf, sich auf der Innenministerkonferenz am 16. und 17. November für eine humanitäre Altfallregelung einzusetzen. Der Umgang des Innenministers mit dem Landtagsbeschluss hat gezeigt, dass eine Klarstellung und Konkretisierung der Kriterien dringend notwendig ist.

So hatte der Innenminister das Beispiel – ich zitiere aus dem Beschluss – „unter Einbeziehung hier geborener und mittlerweile schulpflichtiger Kinder“ so ausgelegt, dass ausschließlich Familien mit schulpflichtigen Kindern unter engen Voraussetzungen ein Bleiberecht gewährt werden soll. Das ist eine Auslegung, die eindeutig gegen den Wortlaut des Beschlusstextes verstößt.

Das Kriterium „nicht selbst verschuldeter Sozialhilfebezug“ wurde dahin gehend von der Staatsregierung umgewandelt, dass – ich zitiere – „der Betroffene aufgrund behördlicher Regelungen belegbar gehindert war, eine Arbeit aufzunehmen, aber zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Arbeitsvertrag oder eine verbindliche Zusage für ein dauerhaftes legales Beschäftigungsverhältnis vorlegt“. Den Fall, den der Herr Innenminister hier beschreibt, möchte ich gern kennenlernen.

Ich gehe davon aus, dass die Behörden des Freistaates Betroffene nicht aufgrund von behördlichen Regelungen davon abhalten, eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Sie haben also auf der einen Seite unseren Beschluss vom Juni, der von nicht selbst verschuldetem Sozialhilfebezug spricht, und auf der anderen Seite die Aussage des Innenministers, der sagt „nicht durch behördliche Regelungen an der Aufnahme gehindert“.

Das würde aber doch im Umkehrschluss bedeuten, dass all diejenigen, die nicht durch behördliche Regelungen an der Aufnahme einer Arbeit gehindert sind, ihren Sozialhilfebezug selbst verschuldet haben. Wenn Sie an die Arbeitsmarktlage in Sachsen denken, merken Sie, wie abwegig das ist. Es gibt auch Familien mit mehreren Kindern, bei denen der Lohn einfach nicht ausreicht und die zusätzlich Sozialhilfe beziehen. Sprechen wir dann von selbst verschuldet? Wo bleibt denn da unsere Familienfreundlichkeit?

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Die Auslegungen von Herrn Buttolo werden unserer Meinung nach dem Antrag nicht gerecht. Eine Konkretisierung ist deshalb vonnöten. Diese haben wir Ihnen heute vorgelegt.

Unserer Meinung nach sind fünf Jahre Aufenthaltsdauer ausreichend, um ein Bleiberecht in Deutschland zu erhalten. In Härtefällen, wie zum Beispiel bei Minderjährigen, die allein, also unbegleitet, nach Deutschland gekommen sind, oder bei traumatisierten Personen, sollte eine kürzere Aufenthaltsdauer gelten.

(Jürgen Gansel, NPD: Ihre Rede traumatisiert mich auch!)

Wir wenden uns gegen die Abhängigkeit des Bleiberechts vom Familienstatus.

Zum Thema Straffälligkeit sprechen wir uns dafür aus, dass Bagatellstrafen nicht beachtet werden. Dabei lehnen wir uns an eine bereits bestehende Regelung im § 9 des Aufenthaltsgesetzes an.

Zur Sicherung des Lebensunterhalts: Wir begrüßen natürlich jeden Flüchtling, der sich hier selbst ernähren kann. Das ist jedoch angesichts der rechtlichen Hürden, die Asylbewerberinnen und Asylbewerber bisher überschreiten müssen, nicht realistisch. Asylbewerber erhalten erst dann eine Arbeitserlaubnis, wenn der Arbeitsplatz nicht mit einer Person mit einer deutschen oder einer EUStaatsangehörigkeit besetzt werden kann. Sie können sich aufgrund der Situation in Sachsen vorstellen, wie viele Menschen hier abgewiesen werden.

Wir benötigen deshalb eine Regelung, die auch für Sachsen passt. Wenn Sie an die Eckpunkte denken, die seit Montag diskutiert werden und die mit einer erleichterten Arbeitsaufnahme verbunden sein sollen, aber weiterhin an den Status der Duldung gebunden bleiben, dann überlegen Sie, dass Duldung – jedenfalls bisher – immer mit Residenzpflicht verbunden ist und welche Arbeitsplätze dann infrage kommen. Der Asylbewerber kann sich nicht außerhalb der Residenzpflicht einen Arbeitsplatz suchen. Er könnte also auch keine Angebote annehmen, bei denen er – beispielsweise als Fahrer oder im Baugewerbe – diesen Bereich verlassen müsste, weil eine Baustelle außerhalb liegt.

Die Einbeziehung von Familienmitgliedern ist nach unserer Meinung schon aus verfassungsrechtlichem Schutz der Familie gemäß Artikel 6 Grundgesetz geboten. Es ist geboten, Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder in das Bleiberecht einzubeziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Duldung ist keine Perspektive. Diese Menschen haben sich zu einem Großteil von einer Kettenduldung zur anderen geschleppt. Die unsichere Aufenthaltsperspektive wirkt sich auf die gesamte Lebensperspektive der Menschen aus. Physische und psychische Erkrankungen sind die Konsequenz. Dennoch integrieren sich die meisten sehr gut in ihr neues Umfeld, lernen Deutsch, obwohl dies nicht gefördert wird; ihre Kinder besuchen die Schule und machen Abschlüsse. – Dies konnten im Übrigen Gäste und Referenten erfahren, die zu unserer Veranstaltung in der vorletzten Woche erschienen sind und die von den enormen Leistungen der jugendlichen Asylbewerber sichtlich beeindruckt waren,

(Demonstrativer Beifall des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

die sich trotz widrigster Umstände motivieren. Aber an der Stelle ist dann Schluss. Ausbildung ist mit Duldung nicht möglich.

Wir wollen, dass Menschen, die lange bei uns leben, ein Bleiberecht erhalten. In Punkt 4 des Antragstextes fordern wir die Staatsregierung auf, Kettenduldung dauerhaft zu beenden, indem Sie den § 25 Abs. 4 und 5 Aufenthaltsgesetz rechtmäßig anwenden. Sonst haben wir das Thema hier immer wieder auf dem Tisch.

Darüber hinaus denken wir, dass wir Härtefälle auch weiterhin nicht ausschließen können und dass wir deshalb die Härtefallkommission auch über das Jahr 2009 hinaus – bis dahin ist sie erst einmal begrenzt – brauchen werden. Wir wollen, dass sie als dauerhafte Institution eingerichtet wird.

So weit erst einmal; danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Für die Linksfraktion.PDS Frau Abg. Dr. Ernst.

(Jürgen Gansel, NPD: Die Taschentücher nicht vergessen! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Herr Gansel ist, wie er ist! – Jürgen Gansel, NPD: Porsch ist, wie Porsch ist!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Innenminister Buttolo hat von einem Kompromiss gesprochen, als er den Landtagsbeschluss gegen dessen Geist falsch ausgelegt hat. Er hat es als Kompromiss bezeichnet, die Voraussetzungen für eine Bleiberechtsregelung an die Existenz eines Familienverbundes mit schulpflichtigen Kindern zu binden. Nicht, dass wir etwas dagegen hätten, dass diese Familien auch berücksichtigt werden sollten, aber das zum Ausschlusskriterium zu machen – das haben wir hier nicht beschlossen, Herr Innenminister.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig! – Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Ein Bleiberecht hat originär überhaupt nichts mit dem Familienstatus zu tun, weil Flucht und Asyl doch völlig andere Ursachen haben als ein Familienproblem. Das kann es natürlich auch geben. Aber Verfolgung und Flucht rühren aus politischen, rassischen, religiösen, weltanschaulichen und anderen Gründen her, ja, auch miserable Lebens- und Überlebenschancen haben zu Flucht und Asyl geführt. Wenn Sie schon Kinder als ein Kriterium nehmen – was hat denn das mit der Schulpflicht zu tun?

Sie haben in einem Zeitungsinterview gemeint, dass Eltern mit Kindern im Vorschulalter eine Reintegration in ihrem Heimatland zumutbar sei. In einer Sondersitzung habe ich gesagt: Erklären Sie mir das einmal – aber das

haben Sie mir nie erklärt. Ich möchte einfach wissen, wie Sie genau dazu kommen. Ist Ihnen, nebenbei bemerkt, schon einmal aufgefallen, dass aus Kleinstkindern unter Umständen Schulkinder werden?