Meine Fraktion wäre durchaus bereit gewesen, diese heutige Debatte an einem anderen Tag zu führen. Aber die Ministerin ist nicht auf unsere Fraktion zugekommen.
Meine Damen und Herren! Herr Hatzsch hat ausgeführt, dass die FDP mehr Mittel für die Kulturlandschaft möchte. Ich sage: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht es darum, dass es nicht weniger Mittel werden. Wenn die Personaldecke bis 2008, wie vonseiten der Staatsregierung vorgesehen, um 13 % zusammenschrumpft und die Staatlichen Kunstsammlungen nur noch durch den Ausstellungsalltag hecheln, ist anzuzweifeln, ob Sachsen seine Schätze aller Welt und in aller Welt präsentieren kann.
An dieser Stelle erlaube ich mir die Frage, welches Konzept der Staatsregierung hinter dem beabsichtigten Personalabbau im Museumsbereich steht. Jede Stelle, die frei wird, fällt weg, sei es, dass jemand altersbedingt ausscheidet, sei es, dass ein Mitarbeiter die Einrichtung für eine andere Stelle verlässt. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Stelle in der Verwaltung oder um die Stelle eines Fachwissenschaftlers handelt, dessen Kernkompetenzen ein Museum zum Überleben braucht.
Ich frage noch einmal: Welches Konzept verfolgt die Staatsregierung, wenn das Kupferstichkabinett keinen
Restaurator mehr haben darf? Die Vermutung liegt nahe, dass die Betroffenen in diese wichtigen Entscheidungen nicht eingebunden werden, dass Gespräche zwischen den Direktionen der staatlichen Museen und dem Ministerium offensichtlich nicht oder nicht ausreichend stattfinden, dass die Entscheidungen im Ministerium getroffen und die Betroffenen vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Staatlichen Kunstsammlungen wissen doch selbst am besten, was sie brauchen. Entscheidungen müssen dort getroffen werden, wo sie wirken. Wir fordern deshalb als FDPLandtagsfraktion einen Globalhaushalt für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Sie sollen ein Gesamtbudget erhalten, welches sie flexibel einsetzen können.
Die Staatlichen Kunstsammlungen kennen ihren Bedarf. Sie kennen ihre Chancen und ihr Potenzial. Deshalb sollten sie die Möglichkeit haben, ihre Mittel entsprechend ihrem Bedarf einzusetzen.
Noch ein Wort zu den derzeitigen Bestrebungen der Staatsregierung, die Staatlichen Kunstsammlungen zu einem Staatsbetrieb umzuwandeln. Das ist keine Lösung. Die Lösung besteht in dem von mir angesprochenen Globalhaushalt für die Staatlichen Kunstsammlungen. Das heißt natürlich nicht, dass sich der Freistaat Sachsen nach und nach aus der Verantwortung ziehen kann. Ein Globalhaushalt und die damit verbundene Möglichkeit, effizienter zu wirtschaften, darf nicht zum Anlass genommen werden, Mittel zu kürzen.
Grundsätzlich gilt: Es darf keine weiteren Kürzungen für die staatlichen Museen geben. Die einzigartige sächsische Museumslandschaft braucht langfristige Planungssicherheit.
Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahre 2001 wurde von der Staatsregierung eine Museumskonzeption vorgelegt, auf deren Fortschreibung immer wieder verwiesen wird. Ich frage Sie: Wann können wir hier endlich mit Ergebnissen rechnen?
Darüber hinaus erscheint mir die vorgesehene Streichung der Beratungsaufgaben der nichtstaatlichen Museen in Sachsen, die von der Landesstelle für Museumswesen wahrgenommen werden, nicht sehr weitsichtig. Sachsen hat eine vielseitige und einzigartige Museumslandschaft. Sie alle tragen erheblich dazu bei, unser Land, das Land der Kultur und Wissenschaft, zu erhalten, und ich denke, es ist Aufgabe dieses Parlamentes, diese Vielfalt zu erhalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es kleinlich, muss ich sagen, dass Sie immer wieder auf die Abwesenheit von Frau Ministerin Stange rekurrieren. Man kann in einem solchen Amt immer nur abwägen, was man macht, und es ist erklärt worden. Damit sollten Sie sich jetzt einmal zufriedengeben.
Die kulturpolitischen Debatten im Landtag haben immer den Vorteil, dass die Fronten quer durch die Fraktionen gehen. Ich kann manchem, was Herr Dr. Schmalfuß gesagt hat, durchaus zustimmen, auch Herrn Dr. Gerstenberg, und das fällt mir nicht schwer. Schwerer fällt es mir schon, wenn ich Herrn Dr. Külow recht geben muss; aber auch das muss ich der Sache wegen tun.
Ich habe mir – wenn man so spät spricht, ist vieles schon gesagt worden – zwei Stichworte aufgeschrieben. Das eine ist das Stichwort „Standortfaktor“, das andere das Wort „Schätze“. Mich wundert es, dass Sie nicht vom „weichen Standortfaktor“ gesprochen haben – das ist in Ihrer Sprache sehr beliebt geworden.
Museen sind eben nicht nur Standortfaktoren; Museen sind Teil des kollektiven Gedächtnisses unseres Landes. Mit ihren spezifischen Aufgaben – Sammeln, Bewahren, Forschen, Präsentieren und Vermitteln – sind sie maßgeblicher Teil der kulturellen Infrastruktur und – was oft vergessen wird – ein Medium ganz eigener Art, das man nicht nur an Besucherzahlen messen kann.
Es ist schon auf die reiche Museumslandschaft Sachsens hingewiesen worden. Ich empfehle Ihnen allen – es ist schon von Herrn Hatzsch getan worden – das Buch „Museen in Sachsen“, herausgegeben von der Landesstelle für Museumswesen. Kostbarkeiten sind darin – nicht nur die weltberühmten Staatlichen Kunstsammlungen, sondern in unserem Lande verbergen sich noch andere Kostbarkeiten. Wer war schon einmal – außer Herrn Bolick und mir – im Naturalienkabinett in Waldenburg?
Wir haben eine überaus reiche Museumslandschaft. Erstaunlicherweise entstehen aber immer noch neue Museen in unserem Land, die Förderung vom Freistaat oder von den Kulturräumen verlangen. Übrigens – um das einmal zu erwähnen: Die Kulturraummittel sind ja aufgestockt worden, also steht auch mehr für die kommunalen Museen zur Verfügung. Wir brauchen, um ein Auswuchern der sächsischen Museumslandschaft zu verhindern, eine Konzentration und Spezialisierung unter strikter Anwendung musealer, international gültiger Qualitätskriterien. Dazu muss eine Beratung vorgenommen werden. Diese Beratungsaufgabe muss der Freistaat zusammen mit
den Kulturräumen in kultureller Gesamtverantwortung wahrnehmen – dieser Überzeugung bin ich. Deshalb werde ich mich dafür einsetzen, dass diese Beratungsaufgaben, die jetzt in der Landesstelle für Museumswesen wahrgenommen werden, künftig ebenfalls wahrgenommen werden, in welcher Weise auch immer.
Ich möchte noch etwas zu dem zweiten Aspekt sagen: Schätze. Auch Herr Roth von den Kunstsammlungen spricht immer gern vom „Staatsschatz“, den er verwahrt und präsentiert. Da denkt man zunächst an Tresore, an die Bundesbank, an Goldreserven und Schatzbriefe. Es gerät aus dem Blick, dass es sich beim Museumsgut um vergegenständlichte Kultur oder Natur handelt, deren kultureller Wert niemals im Marktwert aufgeht.
Schon beginnt man – denken Sie beispielsweise an Hessen –, das staatliche Kunstgut ökonomisch zu bewerten und in die Eröffnungsbilanz öffentlicher Körperschaften einzusetzen. Ich sehe darin eine große Gefahr, wertvollstes Kulturgut wird auf diese Weise nach und nach im Bewusstsein zur ökonomischen Verfügungsmasse. Das Krefelder Museum erwägt den Verkauf seines kostbarsten Stückes, eines Claude Monet, zur Renovierung des Museums; oder denken Sie an die Diskussion um den Verkauf wertvollster Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zur Renovierung von Schloss Salem. Das ist Ausfluss eines vordergründig ökonomischen Kulturverständnisses,
Man erinnert sich ein wenig an die DDR: SchalckGolodkowski hat im Auftrag der SED Archive und Depots durchforstet, um Devisen für die DDR zu erwirtschaften. Ich bin dankbar, dass mancher Museumsdirektor seine Schätze nicht ans Licht gebracht hat, um sie vor dem Zugriff von Schalck-Golodkowski zu bewahren.
– Noch zwei Sätze, bitte. Das Bewusstsein für die Unantastbarkeit staatlichen Kunstgutes – das der Staat treuhänderisch für das Volk verwaltet; es ist ja nicht sein Eigentum – darf nicht untergraben werden. Grundsätzlich darf der Gedanke an die Veräußerung von Kunstgut nur im kulturell wohlbegründeten Ausnahmefall – zum Beispiel zur Bestandsbereinigung –, für den wir aber strenge Regeln aufstellen sollten, gefasst werden.
Zum Schluss noch einmal: Museen sind Teil des kollektiven Gedächtnisses unseres Landes. Sie bedürfen des Schutzes, der Pflege und der Entwicklung, und wir sollten alle Hände über sie halten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzter Kollege Heitmann, selbst auf die Gefahr hin, wieder etwas kleinlich zu wirken, will ich doch eine Bemerkung zur Anwesenheit der Staatsregierung machen. Die Quote lag während der gesamten Debatte bei 10 %. Frau Orosz ist sicherlich eher gezwungenermaßen anwesend, weil sie die abwesende Wissenschaftsministerin vertritt. Jetzt ist Herr Flath noch gekommen. Damit sind es immerhin 20 % geworden.
Jetzt erhöhen wir auf 30 %. Aber die Debatte neigt sich dem Ende zu. Dass in diese Debatte besonders viel Herzblut von der Staatsregierung geflossen ist, kann man beim besten Willen nicht sagen.
(Heinz Lehmann, CDU: Von der PDS sind nur 50 % anwesend! – Dr. Fritz Hähle, CDU: Schaut doch mal auf eure Bänke! – Zuruf der Staatsministerin Helma Orosz)
Ja, aber wenn neun von zehn möglichen anwesenden Regierungsmitgliedern nicht da sind, dann kann man doch diese Frage stellen. Oder ist das in Ihren Augen unverschämt?
Bevor ich auf konkrete Baustellen der sächsischen Museumslandschaft näher eingehe, bin ich Ihnen – wie in der Spätausgabe von „Aktenzeichen XY ungelöst“ – noch die Auflösung im Fall Oexle schuldig. Wegen Mobbings und autoritären Führungsstils – übrigens nachzulesen in der Internetenzyklopädie Wikipedia – nicht länger als Landesarchäologin tragbar, hat man eine im „Peter-Prinzip“ ausführlich geschilderte Technik zur Anwendung gebracht.