Protocol of the Session on October 13, 2006

Herr Hatzsch, noch 19 Sekunden!

Ich kann auch gleich darauf eingehen, denn da geht meine Redezeit nicht verloren. – Jawohl, das ist mir bekannt. Ich bedauere es zutiefst, dass zumindest ein Teil der Mitarbeiter der Landesstelle für Museumswesen im Moment in der Schwebe ist. Ich möchte es vorsichtig ausdrücken; denn im Haushaltsplan

sind sie noch vorgesehen, im Haushaltsplan gibt es auch keine kw-Vermerke. Ich bin mir sicher, dass die Mitglieder der Koalition einen Weg finden werden, das in den Verhandlungen hinzubekommen. Es wäre verfrüht, jetzt Versprechungen zu geben. Ich wiederhole noch einmal, und dabei können Sie mich beim Wort nehmen: Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in der Koalition einen Weg finden werden, diesen Zustand positiv zu gestalten. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist jetzt vorbei. Ich verweise auf Teile der Rede von Kollegen Wöller zuvor. Ich muss jetzt nicht noch einmal den einzelnen Einrichtungen ein Lob auszusprechen. Es gibt ja noch weitere Redner seitens der Koalition. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Teil 1 war mir zum Teil wichtiger, um einige Dinge gerade zu rücken, damit es nicht schiefgeht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wegen der gerade noch verbliebenen Redezeit von drei Minuten muss ich mich sehr kurz fassen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Darauf hinzuweisen, dass Sachsen ein mit Kulturgütern geradezu gesegnetes Land ist, hieße, Eulen nach Athen zu tragen. Erst kürzlich wurde ja – wir sprachen darüber – das Grüne Gewölbe wieder eröffnet, das zu Recht als museales Kleinod von europäischem Rang gilt.

Leider ist nicht alles Gold, was glänzt, und das gilt auch für die sächsische Museenlandschaft. Das darf uns aber nicht wundern in einer Zeit, in der ohnehin an allem und jedem gespart wird. Wenn schon den Menschen immer mehr soziale Grausamkeiten zugemutet werden, ist es fast nur konsequent, dass es den Museen und deren Verwaltungen auch nicht besser geht. Das haben in letzter Zeit prominente Stimmen immer wieder moniert. So zum Beispiel der Generaldirektor der Dresdner Sammlungen, Prof. Dr. Martin Roth, der angesichts einer skandalösen Einsparpolitik im Museumssektor keinen anderen Ausweg mehr wusste, als im Wochenblatt „Die Zeit“ Alarm zu schlagen. Dort sagte Prof. Roth: „Im Finanzministerium scheint hauptsächlich Destruktivität oder Ignoranz allem Schönen gegenüber anzutreffen zu sein.“

Halten wir einige besonders alarmierende Fakten fest. Das Grüne Gewölbe ist gerade erst wieder eröffnet worden, aber die Personaldecke wird aufgrund anstehender Mittelkürzungen ab 2007 derart dünn sein, dass sich nicht einmal der Alltagsbetrieb aufrechterhalten lassen wird. Einen Schließtag pro Woche gibt es bereits, aber die

Situation ist so schlimm, dass jetzt bereits über einen zweiten Schließtag nachgedacht wird. Diese Mittelknappheit verträgt sich nicht so recht mit dem vollmundig artikulierten Anspruch, man spiele jetzt in der gleichen Liga wie der Pariser Louvre oder die Uffizien in Florenz.

Bleiben wir beim Grünen Gewölbe. Sein Bestand umfasst an die 3 000 Juwelen, aber die stattliche Zahl von 1 000 wird der Öffentlichkeit ohne Putz und Schliff präsentiert, weil Geld und Restauratoren für eine sachgerechte Pflege fehlen. Auch da muss man sich fragen, wie ernst der Freistaat Sachsen seinen kulturellen Anspruch noch nimmt.

Aber selbst ungeputzte, dem Verfall anheimgegebene Juwelen sind noch nicht das Ende vom Lied. Alles zusammengenommen hatten die Dresdner Kunstsammlungen, die Gemäldegalerie Alte Meister, die Rüstkammer, die Porzellanausstellung, das Volkskunstmuseum usw., einmal 450 Mitarbeiter. Von denen sind heute gerade noch 299 übrig. Bis 2008 sollen noch einmal weitere 40 Stellen wegfallen. Beim Kupferstichkabinett soll sogar der letzte noch verbliebene Restaurator eingespart werden.

Auch da kann man Prof. Roth nur zustimmen, wenn er warnt – ich zitiere –: „Damit geht unschätzbares Wissen verloren, das über 450 Jahre sorgsam weitergegeben wurde.“ Wenn aber alles dem Diktat des Sparstiftes ausgesetzt und selbst bei Bildung und sozialer Sicherheit gespart wird, sind wohl auch die Museen dran. Der Einzelplan 12 des Doppelhaushaltes 2007/2008 bietet dafür genügend Anschauungsmaterial. Da wundert es einen nicht wirklich, dass die Juwelen im Grünen Gewölbe immer milchiger werden.

Weil wir hier in Dresden sind, nebenan die Semperoper als ein weiteres Kleinod unserer Kunstgeschichte, ist es angebracht, einen der größten Söhne Sachsens, Richard Wagner, zu bemühen, der einmal den schönen Satz formulierte „Deutsch sein heißt, die Sache, die man treibt, um ihrer selbst willen tun.“ In diesem Sinne wünscht sich die NPD-Fraktion, dass unsere Museen mit ihren Kunstsammlungen glänzen und für alle zugänglich sind – nicht, weil wir darin ein bloßes Standortargument wie die FDP sehen, sondern weil es uns um die Pflege und Bewahrung unseres Erbes geht, damit wir in Sachsen und Deutschland auch zukünftig noch wissen, woher wir kommen und was wir sind.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort; Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es sehr, dass die FDP-Fraktion die sächsischen Museen zum Inhalt der heutigen Debatte gemacht hat. Zugleich sträuben sich mir aber beim Titel „Museen als bedeutender Standortfaktor“ schon etwas die kulturpolitischen Nackenhaare, denn damit wird die Sicht auf die Wechselwir

kung zwischen Kultur und Wirtschaft verengt. Kultur hat jedoch einen Eigenwert.

(Beifall des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Sie ist Wert an sich. Sie ist zweckfrei, Herr Zastrow. Das müsste doch in einer kulturpolitischen Debatte unumstößlich gelten.

(Holger Zastrow, FDP: Das ist doch Theorie!)

Doch offenbar muss sich Kultur wieder einmal rechtfertigen. Es ist jedoch ein gefährliches Terrain, auf das wir uns begeben, wenn Kunst und Kultur sich rechnen müssen.

(Holger Zastrow, FDP: Immer schon!)

Grünes Gewölbe, Alte Meister – da geht die Rechnung leicht auf. Seit Jahren ist durch Untersuchungen der TU Dresden für die Stadt Dresden bekannt, dass jeder für die Kultur ausgegebene Euro mindestens 3 Euro Einnahmen in Wirtschaft und Tourismus nach sich zieht.

In Sachsen gibt es etwa 470 Museen, über 400 davon sind nichtstaatlich. Allein diese Zahl macht die Vielfalt – ein Reichtum an sich – und die notwendige unterschiedliche Wahrnehmung deutlich. Es kann und darf hier deshalb nicht nur um Museen gehen, die Touristen, Investoren und Fachkräfte in den Freistaat locken.

(Beifall des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Es muss auch und gerade um die kleinen Häuser gehen, die erst in der Summe die Geschichte unseres Landes, die Herkunft der Menschen erzählen. Deshalb darf es keine Ranglisten geben. Besucherzahlen dürfen nicht wie in einer WM-Qualifikation nach dem Motto behandelt werden: Wer die Millionenmarke nicht schafft, der darf nicht weiter mitspielen! Viel wichtiger als der wirtschaftliche Standortfaktor ist die Vermittlungsrolle, die die Museen haben. Sie vermitteln uns das kulturelle Erbe unserer Vorfahren. Damit meine ich nicht nur ihre Kunst, das, was sie als schön empfunden haben. Sie zeigen uns auch, wie die Künstler gelebt haben oder wie sich zum Beispiel unzählige Frauen im Erzgebirge ihren Lebensunterhalt erklöppelt haben, als ihre Männer in den Bergwerken überflüssig wurden.

Wir haben hier in Sachsen mit den Museen nicht zuletzt ein wahres Paradies an Erfahrungsräumen für unsere Kinder. Hier ist Geschichte greifbar. Alles ist echt. Vieles ist zum Anfassen. Wo sonst auf der Welt kann man in eine richtige Schatzkammer gehen oder in ein Silberbergwerk einfahren? Auch künftige Ingenieure, die sich Minister Flath und die Wirtschaft so wünschen, können sich in Dresden anschauen, wie die erste sächsische Dampflok aussah.

Aber wie sieht die Wirklichkeit der kleinen Museen aus? Noch haben wir die bereits angesprochene Landesstelle für Museumswesen. Die Staatsregierung hält ihre Aufgaben im Zuge der Verwaltungsreform jedoch für weitgehend verzichtbar. Inzwischen verbreitet sich zum Glück die Erkenntnis, dass es den Freistaat teuer zu stehen kommt, wenn er an dieser Stelle spart. Herr Hatzsch hat

dazu gesprochen. Wir haben deshalb einen Antrag zu diesem Thema in die Ausschüsse eingebracht, in dem wir fordern, dass der Freistaat alle Aufgaben der Landesstelle, auch die der Beratung, der Qualifizierung und des Controllings, in einer Hand weiterführt und sich nicht nur auf das Geldverteilen beschränkt.

Was uns fehlt, ist eine aktuelle Museumskonzeption. Seit Jahren hören wir hier im Sächsischen Landtag nur von deren Fortschreibung. Wahrscheinlich geschieht die mit Geheimtinte, denn Ergebnisse waren bisher nie zu sehen. Offenbar war erst eine neue Ministerin notwendig. Jetzt jedenfalls will das Staatsministerium im Frühjahr 2007 eine aktualisierte Museumskonzeption vorlegen. Dass diese dringend notwendig ist, zeigt das Japanische Palais.

Seit Jahren haben die Mitarbeiter der Museen, die sich darin befinden oder die dort einziehen sollten, Konzepte erarbeitet. Im Ministerium liegen sie vor. Aber wahrscheinlich liegen sie in den Schubladen, denn in der Antwort auf meine Kleine Anfrage heißt es – Zitat –: „Die Erarbeitung einer aktualisierten Konzeption zur langfristigen Nutzung des Japanischen Palais ist ein noch andauernder Prozess.“ Gleichzeitig wird das Haus aber quasi leergezogen.

Es ist auch bezeichnend, wenn Finanzminister Metz eine derart kulturpolitische Frage beantwortet und die weitere Unterbringung des Museums für Völkerkunde für ausreichend erklärt, weil es einen zweckmäßigen und hervorragend ausgestatteten Neubau in Klotzsche gibt, in welchem Depots, Werkstätten und Büros untergebracht sind. Herrn Staatsminister Metz sei gesagt, dass das Thema heißt: „Schätze ans Licht!“. Das heißt, Ausstellungsflächen braucht das Land und nicht Archivregale.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Der Freistaat gibt viel Geld für seine Kultur aus. Das Totschlagargument mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben verwendet die Staatsregierung ambivalent, als Eigenlob, aber immer wieder auch als Drohung gegenüber Künstlern und Kulturschaffenden.

Ohne Zweifel hat der Freistaat Millionen in die Sanierung der Gebäude investiert. Doch was nützt die äußere Hülle, wenn nicht klar ist, wie die Aufsichten, geschweige denn wissenschaftliches oder museumspädagogisches Personal bezahlt werden sollen? Dazu werde ich im zweiten Teil meiner Ausführungen noch etwas sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Heike Werner, Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der bisherigen Debatte wurden genügend Beispiele gebracht, die mich schlussfolgern lassen, dass im Freistaat Sachsen die Politik und die Kultur nicht dieselbe Sprache sprechen.

Herr Wöller, Sie haben sinngemäß ausgeführt, dass die Museums- und Kulturlandschaft die Seele Sachsens ist. Deswegen heißt wohl der Dreiklang der Staatsregierung Kürzungen, Einsparungen und Schließungen?

Herr Hatzsch, Sie haben vorhin die Ministerin entschuldigt. Es ist ja löblich, dass sich Frau Stange jetzt um die Exzellenzinitiative kümmert. Ich erinnere an den hier im Hause angenommenen Antrag der FDP-Fraktion, sich dafür einzusetzen. Ich glaube aber, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, lieber an dieser Debatte teilzunehmen und sich um die Kulturlandschaft zu kümmern.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Dr. Schmalfuß?

Ja, selbstverständlich.

Herr Kollege, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass das Treffen der Wissenschaftsminister gerade zu dieser Stunde in Bonn stattfindet? Eine Regel der Physik ist nun einmal, dass ein Körper zur gleichen Zeit nur an einem Ort sein kann.

Herr Hatzsch, ich bin mir bewusst, dass sich die Wissenschaftsminister zum jetzigen Zeitpunkt treffen. Aber nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass der Freistaat Sachsen mit seinen beiden Bewerbungen, der Technischen Universität Dresden und der Universität Leipzig, in der ersten Runde gescheitert ist.