Es gibt in Dresden überhaupt kein Wahlergebnis, das über eine solch große Legitimation und eine Repräsentativität verfügt wie der letzte Bürgerentscheid. Nahezu 67 % der Dresdner haben für den Bau der Brücke gestimmt. Am Bürgerentscheid nahmen 50,8 % der Bürger teil. In absoluten Zahlen sind das genau 202 293 Wähler. Diese Legitimation lässt sich höchstens mit dem anderen Bürgerentscheid von CDU und FDP vergleichen, den es schon einmal in Dresden gab, eingebracht und übrigens wie immer gegen den üblichen Widerstand der vereinigten Linken gegen jede Art von Bewegung: den Bau der stadtnahen A 17.
Damals lag die Wahlbeteiligung bei 51,2 %, Jastimmen 68,5 %. Die Dresdner wissen ganz genau, wie sie sich zu Verkehrsprojekten stellen. Die Dresdner würden auch – das kann ich Ihnen versprechen – in einem neuen Bürgerentscheid für die Brücke stimmen.
Der Rat in Dresden, Frau Dr. Runge, und die Stadträte selbst haben übrigens nicht annähernd die Legitimation,
die dieser Bürgerentscheid hat. Ich erinnere nur daran, dass sich gerade einmal 45,9 % an der vergangenen Kommunalwahl beteiligt haben. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn Sie so weitermachen und weiterhin Bürgerentscheide negieren, die für mich das nobelste und letzte Mittel sind, das man eingehen kann – – Wenn man politische Entscheidungen treffen muss, dann wird es uns vielleicht so gehen – was wir alle bedauern – wie in Leipzig, wo sich gerade einmal in zweiten Wahlgängen 31 % oder in Chemnitz 30 % an Bürgermeisterwahlen beteiligen. Wer Bürgerentscheide nicht akzeptiert und wer das Votum der Bürger nicht respektiert, nimmt in Kauf, dass sich immer mehr Menschen in unserem Land von der Politik abwenden. Das können wir nicht akzeptieren.
Ihre Motivation, sehr geehrte Damen und Herren von der PDS, ist klar: Was nicht passt, wird passend gemacht. Das habe ich schon das letzte Mal gesagt. Das Wahlergebnis passt Ihnen nicht. Also versuchen Sie es mit allen möglichen Mitteln zu drehen. Sie versuchen herumzutricksen, Unruhe zu stiften, bis auf irgendeine denkbare Art und Weise Ihr Wunschergebnis zustande kommt. Das werden wir nicht durchgehen lassen!
Herr Zastrow, sind Sie bereit, über das Thema des Antrages zu sprechen: Einflussnahme der Staatsregierung und ihr nachgeordneter Aufsichtsbehörden auf Entscheidungen zum Bau der Waldschlößchenbrücke in Dresden? Ich meine tatsächlich die Drucksache 4/6242, eingebracht nicht von einem Zeitungsleser, sondern von der Linksfraktion.PDS.
Könnten Sie sich durchringen, zu dem Thema – drei Sätze würden mir persönlich ausreichen – zu sprechen?
Der Witz ist, es könnte eine rhetorische Floskel sein, aber es stimmt wirklich. Ich kann Ihnen das beweisen. Ich habe vor ein paar Minuten – ich weiß nicht, wie lange es her ist – gesagt: Übrigens sieht man das sehr deutlich in Ihrem Punkt 5. Seitdem habe ich mir diesen einen Punkt herausgesucht, weil ich ihn für sehr interessant halte. Ich spreche die ganze Zeit zu dem Punkt 5, es würde ein laufender Willensbildungsprozess noch existieren. Dazu spreche ich. Das ist absolut antragskonform, oder?
Im Übrigen, wenn ich es so machen würde wie Sie und dasselbe Demokratie- und Politikverständnis hätte wie Sie, würde ich Neuwahlen fordern. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Das Landtagswahlergebnis, Frau Dr. Ernst, von 2004 passt mir auch nicht so recht.
Ich habe gelesen, die neueste Umfrage sieht uns bei mindestens 9 %. Die GRÜNEN wären wahrscheinlich draußen. Die NPD wäre sowieso draußen.
Die SPD wäre – das ist peinlich genug – traditionell schwach in Sachsen. Regierungsoption, Sie hätten 45 %, gäbe es neue Wahlen. Lassen wir doch neu abstimmen! So geht es nicht. Mir ist klar, dass das so nicht geht. Aber das ist genau die Einstellung, wie Sie Politik machen. Das akzeptieren wir nicht!
Frau Hermenau, die Vorsitzende der Fraktion der GRÜNEN, möchte natürlich darauf reagieren. Ich ahnte es.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich gehe davon aus: Über die FDP zu reden lohnt in der Frage nicht mehr. Sie haben ihre Strategie festgelegt. Ende der Debatte.
Reden wir einmal mit den anderen Leuten, die vielleicht etwas nachdenklicher sind. Ich bin so oft von Kollegen Rohwer angesprochen worden; ich hatte noch gar nicht gesprochen, da habe ich schon Fürchterliches gedacht. Aber wissen Sie, eigentlich ist klar geworden, worauf es hinausläuft. Sie wissen, dass Sie den schwarzen Peter ziehen, wenn Sie nicht versuchen, einen anderen zu finden – und wenn es eine grüne Frau ist –, dem Sie es aufdrücken können. Ganz eindeutig stehen Sie mit dem Rücken an der Wand und rufen jetzt laut: Haltet den Dieb! Das ist es, was psychologisch hier vorgegangen ist.
Dass Sie von der Arbeitsweise der DUK – der Deutschen UNESCO-Kommission, Herr Rohwer – keinen blassen Schimmer haben, haben Sie auch gleich nachgeliefert; denn dort wird überparteilich und nach kulturpolitischen Interessen gearbeitet. Natürlich ist man diesen kulturpoli
tischen Interessen verpflichtet und nicht einzelnen kommunalpolitischen Interessengruppen, Religionen, Parteien oder Landsmannschaften. Insofern habe ich den Kodex immer eingehalten. Dazu können Sie mir nichts anderes nachweisen. Aber dass Sie es versuchen, zeigt, dass Sie wissen, dass Sie den Schwarzen Peter bereits angeklebt bekommen haben.
Die etwas dümmliche Einlassung über den Anschlag auf die direkte Demokratie weise ich mit Abscheu und Empörung zurück. Wissen Sie, viele Bürger haben mich angesprochen und gesagt: Ich habe damals für die Brücke gestimmt. Hätte ich gewusst, dass wir deswegen den Welterbetitel verlieren würden, hätte ich mit Nein gestimmt. Ich will einen neuen Bürgerentscheid. – Das haben mir die Bürger gesagt. Die Bürger haben so zu mir gesprochen. Damit Sie das auch glauben, können Sie Ihre eigenen Parteigenossen und -freunde nachfragen, es war so mancher CDU-Wähler aus dem Dresdner konservativen Kulturbürgertum dabei und auch die, die sich in letzter Zeit öffentlich geäußert haben. Das sollten Sie sich zu Herzen nehmen.
Wenn Sie den Mut haben und meinen, dass nur diese Entscheidungsebene zutrifft, machen Sie doch einen neuen Bürgerentscheid! Die städtische Politik in Dresden scheint sowieso einigermaßen handlungsunfähig zu sein. Auf einen neuen Bürgerentscheid zu verzichten wäre nur ein weiterer Ausweis dessen, dass diese Stadt deutlich unter Niveau verwaltet und regiert wird.
Wenn Sie glauben, sich einen Hauch von Intellektualität und Kulturbeflissenheit geben zu können, indem Sie die „F.A.Z.“ und die „Süddeutsche Zeitung“ zitieren und vom Zeitenstillstand sprechen, warum haben Sie dann unterstützt, dass die Frauenkirche originalgetreu aufgebaut wird und nicht in einem besonderen Look, der dem Fortschritt vielleicht angemessen wäre? Warum hat sogar die DDR-Regierung die Semperoper damals originalgetreu wieder aufgebaut? – Es gibt doch eine Tradition in Dresden, sich so zu verhalten. Das ist doch nicht wegen der Waldschlößchenbrücke erfunden worden. Ich meine, da gibt es im kulturästhetischen Bereich noch viel auszudiskutieren.
Aber kommen wir auf die Frage im Antrag der Linksfraktion.PDS zurück. Frau Ernst, Sie haben völlig Recht, darüber sollten wir reden. Herr Buttolo, Sie haben im Juli, als wir diese Debatte dazu in Kernzügen geführt haben, vorgetragen – ich zitiere –: „Es ist letztendlich eine Entscheidung der Landeshauptstadt Dresden, wie sie mit der Entscheidung des Welterbekomitees umgeht. Dass sie sich dabei nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht setzen darf, ist selbstverständlich.“ – Nun hat die Praxis gezeigt, dass Sie der Meinung sind, dass das Regierungspräsidium das höherrangige Recht ist und nicht das Völkerrecht, an das wir durch den Vertrag, den wir unterzeichnet haben, gebunden sind.
Aber vielleicht hat es inzwischen doch einen Erkenntniszuwachs gegeben; man soll nicht die Hoffnung aufgeben. Denn Sie haben auch ausgeführt: „Ich verstehe aber nicht, was die Antragstellerin eigentlich von der Sächsischen Staatsregierung erwartet.“ – Nun ist das Regierungspräsidium tätig geworden. Sie können immer noch so tun, als ob der Innenminister als oberste kommunale Aufsichtsbehörde nichts mit dem Regierungspräsidium zu tun hätte. Die meisten Leute im Lande werden es Ihnen glauben, weil sie nicht wissen, wie der Staat aufgebaut ist, aber das ändert ja nichts an den Tatsachen. Die Tatsache ist nun einmal, dass Sie sich wahrscheinlich, falls Sie nachher für die Staatsregierung reden, herausreden und sagen werden: Nun sind die Gerichte dran; es gibt ja auch kein Transformationsgesetz; deswegen können wir im Prozess befindliche Sachen nicht besprechen.
Vielleicht hat das Ganze auch etwas damit zu tun, dass der Bürgermeister von Dresden nun seit einiger Zeit nicht mehr amtieren kann, vor Gericht stand und verurteilt worden ist, dass man vielleicht im nächsten Jahr eine OBWahl in Dresden haben wird – vielleicht will man vonseiten einiger Parteien nichts anbrennen lassen. Das weiß ich alles nicht; das müssen Sie selbst beantworten. Aber es ist schon schwierig.
Dass wir damals das Tätigwerden des Regierungspräsidiums gefordert haben, und zwar in einer anderen Richtung, sei jetzt einmal anheimgestellt. Sie sagten, es sei nicht zuständig und dürfe keine Vorwegnahmen machen, und dann passiert genau das im August, nur in eine andere Richtung. Wenn Sie sich den Bewilligungsbescheid des Regierungspräsidiums noch einmal genau anschauen und das schon zitierte Rechtsgutachten von Prof. Fastenrath hinzunehmen, dann werden Sie sehen, dass eindeutig darin steht, dass völkerrechtliche Verpflichtungen im Sinne der Einbeziehung aller öffentlichen Belange in der Planung zu berücksichtigen sind.
Wir zweifeln, genau wie die Linksfraktion.PDS und die SPD, an, dass der Planfeststellungsbeschluss in diesem Sinne damals in Ordnung gewesen ist. Wir glauben, dass er so nicht in Ordnung gewesen ist. Sie, die Staatsregierung des Freistaates Sachsen, verhalten sich in dieser Frage wie ein Wanderer mit einem Schuh, der ihn drückt. Am Anfang ist das nur eine reibende Stelle. Da wäre es klug, den Fehler zuzugeben, die falschen Schuhe gewählt zu haben, ein Pflaster darauf zu kleben und zu sagen: erledigt! Diese Gelegenheit haben Sie verpasst.
Der zweite Schritt: Sie quälen sich stur unter Schmerzen weiter. Das sehen wir gerade. Ihre betretenen Gesichter