In diesem Sinne unser neu gefasster Antrag, und ebenso sachlogisch, dass bis zur Entscheidung, bis zur komplexen Prüfung, bis zur Abwägung aller zu beachtenden Fragen unter entsprechender Meinungsbildung der Staatsregierung und des Landtages keine Vollziehung des Fördermittelbescheides in dieser Sache erfolgt.
Das alles ist eine Sache, die nach unserer Überzeugung jetzt längst über Dresden hinaus ist, die beim allerbesten Willen in ihrer Bedeutung nicht mehr nur von den Stadträten von Dresden oder deren Doppelsitzer hier im Parlament behandelt werden kann. Jetzt sind das Parlament und die Staatsregierung gefragt, und es ist an der Zeit, Farbe zu bekennen.
Das war der Sprecher der antragstellenden Fraktion. Nun gibt es die Reaktionen darauf. Wir beginnen mit der CDU-Fraktion. Herr Abg. Rohwer, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass wir in einem politischen Raum eine juristische Debatte führen. Sie gehört in Gerichtssäle und nicht in Plenarsäle.
Aber vielleicht kann man so viel sagen, Herr Bartl: Es gibt nun einmal – da können Sie auf- und niederspringen – kein Transformationsgesetz von Völkerrecht ins Landesrecht. Deshalb ist das, was Herr Fastenrath gesagt hat, widerlegbar durch andere Studien; ich möchte sie gar nicht alle aufzählen. – So viel vielleicht zu Ihrem juristischen Vortrag.
Die Diskussion über die Dresdner Waldschlößchenbrücke hat jedoch – dies war in den letzten Wochen erkennbar –
eine bundesweite Debatte zum Thema Denkmalschutz ausgelöst. So schrieb beispielsweise die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 8. September, also vom letzten Samstag: „Es wächst eine Welt der Faksimiles, die das wirklich Alte verdrängt.“ – So der Architekturkritiker Dieter Bartetzko in der „F.A.Z.“ Diese These macht Angst – gerade in einer Stadt wie Dresden, einer Stadt, die so stolz auf die geheilten Wunden ist. Dresden wird mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Denkmal der Kopien zu sein, ein historisches Disneyland, entworfen und gebaut nach Computersimulation einer vergangenen Zeit.
Noch deutlicher wird der Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 11. August 2006. Darin stellt Jörg Hentschel von der Kulturredaktion die Frage nach dem Kulturbegriff, indem er feststellt: „Anders als bei einem Flussdelta, das man idealerweise unberührt lässt, ist selbst den bedeutendsten Kulturstädten nicht geholfen, wenn man sie zu Reservaten erklärt, die von der Gegenwart ausgeschlossen werden.“
Meine Damen und Herren! Beide Kommentare stellen die Frage nach dem richtigen Inhalt des Denkmalschutzes. Sie stellen die Frage, ob Denkmäler altern dürfen. Wenn wir Altes bewahren wollen, müssen wir den Dingen die Chance geben, alt zu werden, die Chance, sich in einem evolutionären Prozess gegenüber Banalem durchzusetzen.
Statt Denkmälern, in denen sich der „Zeitenstillstand manifestiert … – und damit der Tod, geschminkt als ewige Jugend –,“ wollen wir einen erwachsenen Umgang mit Denkmälern.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, wir sind nicht in einer Kulturdebatte, sondern in einer Zukunftsdebatte, einer Debatte, in der auch die Frage nach der Zukunft von Stadtlandschaften gestellt wird, Stadtlandschaften wie das Dresdner Elbtal – ein Tal, das vom Schloss Pillnitz bis zum Schloss Übigau geschützt werden soll.
(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Ich dachte, Sie sprechen zum Thema! – Ich bin gerade dabei, Frau Dr. Ernst. Gleichzeitig soll es Lebensraum für Dresdnerinnen und Dresdner sowie deren Gäste sein. Hier fordern wir eine Neuorientierung des Denkmalschutzes, weg vom bewah- renden, hin zu einem erwachsenen Umgang mit unseren Denkmälern. (Karl Nolle, SPD: Ein Denkmal ist etwas, wo man denken muss!)
Die Diskussionen um den Kölner Dom oder die Berliner Museumsinsel, aber auch über die Waldschlößchenbrücke sollten dafür als Anlass ausreichend sein.
Meine Damen und Herren und insbesondere sehr geehrte Frau Hermenau! Mit Interesse habe ich Ihren Leserbrief in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 6. September gelesen. Sie haben unter der Überschrift „Dresdner Blockade“ das Klagelied der Brückengegner gesungen: in der ersten Strophe über die Bedrohung des Weltkulturerbes durch den Brückenbau und in der zweiten Strophe über das aus Ihrer Sicht sture Verhalten der Staatsregierung und der kommunalen Vertreter von CDU und FDP. Leider haben Sie die wichtigste Strophe vergessen, in der es um den eindeutigen Bürgerwillen vom 27. Februar 2005 geht. Sie stellen sich heute hin und sagen, die Bürger hätten nicht gewusst, was sie taten. Sie machen im Prinzip Ihre eigene Werbung zum Bürgerentscheid madig. Doch so schlecht war sie gar nicht. In allen Unterlagen wurde auf die Zerstörung der Elbauen und das Weltkulturerbe – wie Sie es dargestellt haben – hingewiesen, sowohl im Abstimmungsbüchlein der Stadt als auch in Ihren Flyern und in der Zeitung zur Abstimmung.
Trotz dieser Werbung und kritischer Presseartikel haben die Dresdner mehrheitlich für die Brücke gestimmt, und es ist unanständig, dass Sie dies nicht akzeptieren können. Gute Demokraten vertragen Niederlagen, akzeptieren diese und kümmern sich um die nächsten drängenden Aufgaben, die bis dahin liegen geblieben sind. Was tun Sie, Frau Hermenau? Sie schmollen und beschimpfen die Dresdnerinnen und Dresdner.
(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
So stehen wir heute vor der Frage, wieso die Zustimmung zur Demokratie im Osten gesunken ist. Das stellte der Datenreport 2006 des Statistischen Bundesamtes fest.
Vielen Dank. – Frau Hermenau und ihre GRÜNEN-Fraktionskollegen haben das Ergebnis der direkten Demokratie hintergangen.
Gerade Sie, die Sie noch vor gar nicht allzu langer Zeit glühende Verfechter der direkten Demokratie waren, Frau Hermenau! Da stellt man sich die Frage nach Ihrem Rückgrat. Nicht dass Sie morgen für Windräder auf den Elbwiesen eintreten, um den Bau der Waldschlößchenbrücke zu verhindern.
(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS: Zum Thema, bitte! – Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)
Hier komme ich wieder zu Ihnen, Frau Hermenau. Sie sind doch Mitglied der Deutschen UNESCOKommission. Was haben Sie eigentlich getan, um den Welterbetitel zu erhalten und den Bürgerwillen umzusetzen? Erklären Sie das doch bitte mal Ihren Wählern und den Dresdnerinnen und Dresdnern! Sie sind Dresdner Abgeordnete und nicht Abgeordnete der UNESCO.
Es wäre Ihre Pflicht, sich auf allen Ebenen für die Brücke und das Welterbe einzusetzen. Was haben Sie getan, frage ich Sie. – Sie haben gegen die demokratische Entscheidung der Dresdnerinnen und Dresdner gearbeitet und heute wird wieder ein Kapitel hinzugefügt, auch durch die Linksfraktion.PDS.
Frau Hermenau, Sie haben die Blobels dieser Welt hofiert und die Abstimmung der Dresdner Bevölkerung mit Füßen getreten. Warum haben Sie denn nicht Ihre Funktion in der Deutschen UNESCO-Kommission genutzt, für die Dresdner Position zu werben? Sie haben sich als Bündnisgrüne am „schwersten Anschlag auf die Demokratie seit 1990“ beteiligt,
(Zurufe von der Linksfraktion.PDS – Karl Nolle, SPD: Lasst ihn doch mal ausreden! – Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion.PDS)
Meine Damen und Herren! In der Diskussion, in der Intention des Antrages kommt immer wieder ein Gedanke: Es sollte doch vermittelt werden. Der Ruf nach dem Kompromiss ist immer wieder hörbar: Kompromiss, Kompromiss, Kompromiss!
Der Präsident der UNESCO-Gutachterkommission ICOMOS, Michael Petzet, schätzt in der „Süddeutschen“ vom 11. August die Lage wie folgt ein: „Da ist das Komitee unerbittlich.“ Sollte die Stadt die Brücke bauen, werde sie von der Welterbeliste gestrichen. „Die Lage ist sehr ernst.“ – Folgerichtig kommentiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am 1. September die Entscheidung des Dresdner Verwaltungsgerichts gegen den sofortigen Baubeginn:
„Freilich kann diese von den Verwaltungsrichtern gebaute goldene Brücke nur tragen, wenn auch die UNESCO endlich von ihrem hohen Ross herunterkommt und anerkennt, dass eine Elbquerung auf jeden Fall gebaut werden muss.“
(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Was sind Sie denn für ein Politiker? – Johannes Lichdi, GRÜNE: Mensch, lest doch mal den Beschluss!)
Ein Ross, auf dem die UNESCO dank vieler Fehler von ICOMOS und der UNESCO selbst sitzt. Höchstwahrscheinlich kommen interne Streitigkeiten der UNESCOWelterbekommission noch dazu.
Es kann nicht angehen – ich denke, das sehen die Dresdner auch so –, dass Dresden jetzt deren Fehler ausbaden muss. Es kann nicht angehen, dass die Dresdner Bürgerinnen und Bürger so schlecht von Ihnen, Frau Hermenau, vertreten werden.