Protocol of the Session on September 14, 2006

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ach Gott!)

Deshalb vertreten wir die Entscheidung der Dresdnerinnen und Dresdner vom Februar 2005 und werden diese umsetzen.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Die Entscheidung der UNESCO von Vilnius ist ein willkürlicher Akt, – –

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– der sich speziell jeglicher Überprüfbarkeit entzieht.

Herr Rohwer?

Ich wollte die Ausführungen gerne zu Ende bringen. Umso schneller haben wir das Thema dann auch durch. Wir werden doch heute diese Sache hier nicht klären.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Sie könnten wenigstens danke sagen.)

Meine Damen und Herren! Um es noch einmal kurz und bündig zu benennen: Es kann nicht angehen, dass Dresden unter dem konzeptionellen Reformbedarf der UNESCO leiden muss.

Der Antrag verfolgt das falsche Ziel. Daher werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Nun möchte ich noch eine persönliche Sache ansprechen. Dresden feiert in diesem Jahr sein 800. Jubiläum. Zum 700. Stadtjubiläum hat eine Dresdner Künstlergruppe in Dresden-Löbtau ihre erste Ausstellung durchgeführt. Ich spreche von der Künstlergruppe „Die Brücke“. Sie sehen, in Dresden ist dieses Wort schon immer in aller Munde.

(Gelächter bei der Linksfraktion.PDS)

Mit dem Symbol der Brücke wollte die Gruppe den Uferwechsel in der Kunst einleiten, aber auch die Überwindung alter Konventionen darstellen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die Ausstellungshalle der Lampenfabrik Seifert liegt in meinem Wahlkreis im Dresdner Westen und seit geraumer Zeit engagiere ich mich zusammen mit Kunsttreibenden dieser Stadt um den Erhalt dieses Juwels.

Aber nicht deshalb spreche ich diese Thematik an. Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner waren Vertreter der „Brücke“, deren Werke in der Nazizeit als entartete Kunst diffamiert wurden. In der Ausstellung „Entartete Kunst“ wurden ihre Exponate mit Zeichnungen von geistig Behinderten gleichgesetzt und mit Fotos verkrüppelter Menschen kombiniert, die bei den Besuchern Abscheu und Beklemmungen erregen sollten. Adolf Hitler hat Künstler, deren Werke in dieser Ausstellung gezeigt wurden, immer als Kulturbolschewiken bezeichnet.

Jetzt werden Sie immer noch nicht verstehen, warum ich dies heute vortrage. – Bei unserer letzten Debatte zur Waldschlößchenbrücke hat ein Abgeordneter aus diesem Hohen Hause, der sich gern als Kunstmäzen präsentiert, mich als Kulturbolschewik bezeichnet. Ich halte dies für eine außerordentliche Entgleisung dieses Abgeordneten in diesem Hohen Hause

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und es hat mich in meiner persönlichen Ehre sehr verletzt.

(Oh! von der Linksfraktion.PDS)

Auch wenn dieser Zuruf in der Hitze des Gefechts entstanden ist, hätte ich es bis zum heutigen Tage für möglich gehalten, sich dafür zu entschuldigen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie ich vom Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion erfahren habe, hat Prof. Weiss diesen Abgeordneten aus seiner Fraktion aufgefordert, dies bei mir zu tun. Da dies bisher nicht geschehen ist, musste ich es hier und jetzt ansprechen.

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, Linksfraktion.PDS)

Herr Nolle, Sie müssen sich in Zukunft fragen lassen, ob Sie noch als Demokrat bezeichnet werden können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Dulig, Sie sprechen bitte für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedes Problem lässt sich von drei Seiten betrachten: von einer ideologischen, einer

juristischen und einer vernünftigen. Im Streit um die Dresdner Waldschlößchenbrücke regiert die Unvernunft

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, Linksfraktion.PDS)

und ich frage mich, ob die Ursache dieser Unvernunft Ignoranz oder Unvermögen ist. Beides wäre gleichermaßen schlimm.

Da wird behauptet, es handle sich bei der Waldschlößchenbrücke um ein lokales Thema, bei dem sich der Freistaat heraushalten müsse. Wie kann man das ernsthaft behaupten? Die Fakten sprechen doch dagegen.

Erstens. Der Welterbetitel ist eine internationale Auszeichnung einer internationalen Organisation nach einem internationalen Reglement mit internationalem Ruf und internationaler Beachtung. – Also nur ein lokales Thema?

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Zweitens. Da appelliert im Auftrag der Bundesregierung Kulturstaatsminister Bernd Neumann, CDU, persönlich beim Ministerpräsidenten, dass – ich zitiere die Pressemitteilung der Bundesregierung – „man trotz unterschiedlicher Positionen im Dresdener Stadtrat alle Chancen nutzen sollte, zu einem Einvernehmen zu kommen und dass der Bundesregierung die enge Abstimmung mit der Staatsregierung wichtig ist.“ – Alles nur ein lokales Thema?

Wie lebensfern muss man sein, um dies alles zu ignorieren und der Bundesregierung die kalte Schulter zu zeigen?! So, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird aus einem „Theater lokal“ eine „Blamage international“,

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

deren Akteure leider auch in der Staatsregierung zu finden sind.

Besonders übel ist die Haltung des Regierungspräsidiums in Dresden. Ich will gar nicht darüber spekulieren, ob eine öffentlich so beachtete Entscheidung nicht zuvor dem Staatsminister des Innern vorgelegt wurde. Da mag sich jeder seinen Teil denken. Völlig daneben ist aber, dass das Handeln des Regierungspräsidiums in absolutistischer Manier noch als „juristisch zwingend“, „unausweichlich“ und „in der Sache richtig“ verteidigt wird.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Insbesondere zur juristischen Stichhaltigkeit spricht der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. August eine klare Sprache. Dort heißt es, dass nach einer summarischen Prüfung die angegriffenen Bescheide voraussichtlich rechtswidrig sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass die nun eingelegte Beschwerde des RP und auch das ausstehende Hauptsacheverfahren zu keinem anderen Ergebnis kommen werden.

Das eigentlich verheerende Signal, das in den letzten Wochen von Sachsen aus um die Welt gegangen ist – ein

Blick in die nationale und internationale Presse reicht –, ist, dass nicht nur eine Vermittlung von staatlicher Seite abgelehnt wird. Viel schlimmer ist, dass man, wenn man schon nicht vermitteln möchte, jenen, die an einer Vermittlung arbeiten, noch mit „sofort vollziehbaren“ Maßnahmen die Zeit für Vermittlungslösungen rauben wird.

Ich fordere alle Handelnden zu mehr Augenmaß auf. Wir brauchen eine Gesprächs- und Vermittlungsbereitschaft bei allen Beteiligten in dieser Situation. Ein Kompromiss ist möglich, sowohl eine verkehrstechnische Lösung als auch der Erhalt des Welterbetitels.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Der Sinn einer Brücke besteht darin, dass zwei bisher getrennte Seiten miteinander verbunden werden. Wird diese Brücke gebaut, ist es wohl die erste Brücke, die nicht verbindet, sondern den Graben tiefer werden lässt. Jeder von uns weiß, was hier auf dem Spiel steht. Die SPD unterstützt alle Bemühungen, die auf eine Vermittlung und einen für die Stadt, den Freistaat und unser ganzes Land so notwendigen Kompromiss zielen. Es macht keinen Sinn, Probleme zu ignorieren oder sich Gesprächen, geschweige denn Lösungen zu verweigern. Wir werden den Antrag aus Koalitionsdisziplin – und nur aus dieser – ablehnen.

Vielen Dank.