Noch eine praktische Empfehlung. Gehen Sie statt zur medialen Inszenierung der spektakulären Portikusverschiebung – allein die Werbeagentur hat für die Betreuung dieses Events vom SWMA übrigens 13 000 Euro erhalten –
lieber in das Leipziger Stadtzentrum und sprechen Sie mit den Händlern, bei denen die Umsätze derzeit dramatisch wegbrechen. Jeder Bauherr hat von Gesetzes wegen Sorgfalt walten zu lassen, dass eine Baustelle die Interessen der Nachbarn nur in Grenzen berührt. Was aber soll ein Händler denken, dem immer wieder versprochen wurde, dass 2009 Schluss mit dem Bauen vor der Ladentür ist, und der jetzt erfährt, dass auch 2011 oder vielleicht 2012 noch gebuddelt wird. Jetzt ist daher dringend konkrete Hilfestellung für die Betroffenen angesagt, zum Beispiel ein Entschädigungsfonds für den Ausgleich der teilweise existenzbedrohenden Verluste. Für die Links
fraktion.PDS geht es nämlich nicht um die Interessen von Baukonzernen, die am Tunnel ohnehin mehr als geplant verdienen, sondern um den soliden Leipziger Mittelstand, der bisher kaum etwas Konkretes erfährt, außer dass er mit seinen Steuerbeiträgen die Tunnelabenteuer finanzieren muss.
Wir verlangen auch dringend Aufklärung darüber, ob der gesamte City-Tunnel aus Furcht vor der ohnehin aufgebrachten Öffentlichkeit am Ende viel zu knapp kalkuliert wurde.
Erlauben Sie mir zum Schluss folgende Bemerkung: Staatsminister Jurk ist in seinem Ministerium mit dem City-Tunnel Leipzig erkennbar überfordert. Es kann nicht sein, dass die Informationspolitik nach dem Chaosprinzip funktioniert und er wie ein Getriebener immer gerade so viele Grausamkeiten zugibt, wie ohnehin schon an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Der City-Tunnel sollte eigentlich der sicherste Tunnel Europas werden. Sicher sind bisher nur Vertuschungen, wirre Auskünfte durch offensichtlich überforderte Verantwortliche und drohende Kostenüberschreitungen – leider ohne jegliche Aussicht auf ein rettendes Licht am Ende des Tunnels.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der City-Tunnel ist ein anspruchsvolles Infrastrukturprojekt für die Stadt Leipzig
und darüber hinaus für ganz Mitteldeutschland. Daran wird die Polemik und die Schwarzmalerei der Opposition in diesem Hause nichts ändern. Kostenexplosion, Fass ohne Boden, Kartell des Verschweigens, fehlendes Tunnelmanagement usw. usf.
das sind die Parolen, die man Pressemitteilungen und Boulevardblättern entnehmen kann. Doch es sind noch keine Kosten explodiert. Explodiert ist nur die Vernunft manches Oppositionspolitikers. Das ist das Problem.
Sie verunglimpfen ein Großprojekt Sachsens mitten in seiner Realisierung, ohne dass zu diesem Zeitpunkt überhaupt feststeht, ob Kostenmehrungen auftreten oder nicht.
Denn, meine Damen und Herren von der Opposition, bis heute sind keine Mehrkosten aufgetreten, nicht ein Euro der von der DEGES vorgelegten Kostenprognose – in Mecklenburg-Vorpommern treffen sie weniger zu –, die Sie hochgerechnete Horrorvisionen nennen. Ich meine, Herr Jurk wird noch näher darauf eingehen.
Wir sprechen beim City-Tunnel Leipzig von einem Großprojekt in der Dimension von geplanten über 570 Millionen Euro; ein Vorhaben, das die Stadt Leipzig auf einer Länge von 4 Kilometern mit insgesamt vier Stationen bei schwierigen Bodenverhältnissen unterquert; ein Vorhaben, das schon vor dem Ersten Weltkrieg, also vor fast einem Jahrhundert, an anderer Stelle zu einem ganzen Stück realisiert worden war und dann natürlich vor dem Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Die Mitglieder unserer parlamentarischen Gruppe konnten sich überzeugen.
Zu Zeiten Ihrer glorreichen DDR hat man die Finger natürlich gleich ganz von dem Projekt gelassen. Wer sich mit der Komplexität eines solchen Themas tatsächlich einmal auseinandersetzt, sich die Fülle planerischer Details und statischer Notwendigkeiten vor Augen führt, dem dürfte sehr schnell klar werden, dass eine Kostenüberschreitung nicht ausgeschlossen werden kann und eine Verschiebung des Fertigstellungstermins technisch und bauablaufbedingt eintreten kann – selbst bei bestem Projektmanagement.
Ja, ja. Sie haben noch nie etwas Konkretes gemacht. – 10 % Kostenüberschreitungen sind mitunter selbst bei einfach zu realisierenden Hochbauvorhaben keine Seltenheit und werden durch den Bauherrn schon bei der Kostenkoordination berücksichtigt. Hinzu kommen Baupreisentwicklungen, insolvenzbedingte Bauverzögerungen, die alle möglicherweise einfließen können.
Insofern ist die Reaktion der Linksfraktion.PDS und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf die Prognose der DEGES, die aufgrund noch ausstehender weiterer Untersuchungen und Kostenverhandlungen noch nicht einmal tatsächlich untersetzt ist, völlig überzogen, weltfremd wie immer und einzig darauf ausgerichtet, dem Projekt City-Tunnel und dem Ansehen Sachsens zu schaden.
Der City-Tunnel Leipzig soll für den Nahverkehr in Leipzig und den Fernverkehr in der Nord-Süd-Relation umfangreiche Verbesserungen im Interesse der Fahrgäste und der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandortes bringen. Hierzu wurde er konzipiert und hierfür wird er gebaut.
Wir sollten jetzt gemeinsam am Erfolg dieses Projektes arbeiten, um die Region Leipzig, aber auch die davon profitierenden Standorte in Südwest-Sachsen in ihrer
Entwicklung zu unterstützen. Horrorszenarien zu entwickeln, die bei näherer Betrachtung keine sind, nur um erst einmal Schlagzeilen zu produzieren, Annahmen als Tatsachen zu konstatieren und Zahlenspielereien zu betreiben, meine Damen und Herren von der Opposition, macht da wohl wenig Sinn.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Herr Külow, der Spruch „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ trifft, meine ich, auch auf Sie zu. Ich weiß nicht, ob Sie als ML-Lehrer in die technischen Details Einblick haben, wie es vielleicht notwendig wäre, um diese Debatte zu führen.
Ich möchte dazu sagen, dass es sich bei dem City-Tunnel um ein innerstädtisches – und nicht, wie mein Vorredner gesagt hat, nur sächsisches –, sondern eines der größten deutschen Verkehrsprojekte handelt. Es sind wirklich Kenntnisse erforderlich, um das beurteilen zu können.
Können Sie sich vorstellen, dass ich als Stadtrat, der in Leipzig zum Beispiel heute früh mit dem Fahrrad nicht so zum Bahnhof fahren konnte wie gestern noch, weil die Tunnelbaustellen nach einem ganz wirren Prinzip wandern, mehr als Sie von Tunneln verstehe?
Herr Külow, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie mehr von dem Tunnel verstehen als ich, obwohl ich mir vorstellen kann, dass es andere Leute gibt, die mehr als ich von dem Tunnel verstehen. Dass Sie das sind, glaube ich aber nicht.
Dass es ärgerlich ist, dass dort Baustellen sind, glaube ich Ihnen. Aber ich muss auch Folgendes sagen, weil Sie vorhin angesprochen haben, dass die Händler und Gewerbetreibenden nicht wissen, was passiert: Meine Kollegin Frau Weihnert, die nachher noch sprechen wird, hat gestern kurz in das Internet geschaut und dort aktuelle Fotos der Baumaßnahmen gesehen. Ich muss sagen: Wer sich wirklich interessiert, weiß, worum es geht. Auch ein Gewerbetreibender hat heutzutage in Sachsen einen Internetanschluss.
Wie mein Kollege schon festgestellt hat, zettelt die Linksfraktion.PDS eine Debatte an, bei der noch nicht
einmal richtig klar ist, worum es eigentlich geht. Es geht Ihnen um eine Kostenexplosion, es geht um Kostenüberschreitungen, und Sie beziehen sich auf Material, das Herr Külow selbst als vertrauliche Unterlagen bezeichnet hat, das von der DB-Netz AG stammt. Das heißt, interne Materialien werden von der PDS offiziell, nicht nur hier im Plenum, sondern auch im Vorfeld, schon in die Welt verschickt. Dann wird auf Basis interner Materialien so eine Debatte losgetreten. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass diese internen Materialien eine Risikoabschätzung einzig und allein der DB-Netz AG enthalten. Dabei sind zwei Worte wichtig, nämlich Abschätzung und DBNetz AG.
Für mich bedeutet eine Abschätzung, dass bisher keine konkreten Kostenrechnungen über Mehraufwendungen vorliegen, und auch Ursachen sind, wenn überhaupt, nur vage benannt und bekannt. DB bedeutet für mich immer eine relativ großzügige Darstellung anfallender Kosten. Das heißt, es ist mir nichts bekannt, dass die DB AG wirklich einmal von Einspareffekten oder von Reduzierung der Kosten gesprochen hätte. Wenn hier gerade aus diesem Bereich etwas dargestellt wird, ist das schon immer relativ großzügig geschehen, sodass die DB AG auch wirklich sehr gut damit zurechtkommt.
Aber selbst wenn es zu den beschriebenen Erhöhungen kommen sollte – was würde das bedeuten? Das wäre eine Kostensteigerung von 5 bis maximal 12 % der Gesamtkosten. Das ist sicherlich nicht toll, aber es ist absolut nichts Ungewöhnliches für ein Projekt in dieser Größenordnung. Da muss man sich auch an anderer Stelle einmal informieren.
Im sächsischen Vergleich aus dem Jahr 2004 haben wir eine Kostensteigerung bei der A 38 und bei der A 17 vernommen. Das fanden wir auch nicht so toll, denn da war innerhalb von zwei Monaten eine Summe von 180 Millionen Euro aufgelaufen. Wollen Sie diese Autobahnprojekte deswegen infrage stellen? Wenn Sie sich diese heute ansehen, so sind wir doch alle froh, dass wir sie haben. Diese Kostensteigerung haben wir auch in einer Art und Weise bewältigt, dass wir als Sachsen nicht davon untergegangen sind. Die Ursache für diese Kostenzunahme war auch ein schwieriger Baugrund, ähnlich wie es im Fall des City-Tunnels zur Debatte steht.
Ich frage mich, was das Ziel der Debatte ist. Was wollen wir hier erreichen? Sollen hier alle Baumaßnahmen mit Kostenerhöhungen zum Erliegen gebracht werden? Schütten wir den Tunnel wieder zu? Das wäre bestimmt eine Möglichkeit, bei der wir Kosten sparen, aber damit haben wir auch etliches im Boden versenkt. Man muss klar herausstellen, dass die PDS nie ein Befürworter dieses Projektes war. Okay. Oder sollen weitere Begehrlichkeiten von Baufirmen geweckt werden, so wie das schon auf der Tagesordnung steht? In Leipzig marschieren jetzt die Baufirmen schon an und sagen: Es wird ja sowieso alles teurer, also können wir hier schon etwas mehr zugreifen. Ist das das Ziel dieser Debatte?
Oder geht es der PDS wirklich um das Aufdecken von Gründen für eventuelle Kostenüberschreitungen und um das Beseitigen dieser Gründe oder der Ursachen hierfür? Da muss man den Bauverlauf analysieren, und da zeigt sich, dass technologische Verfahren durch die Baufirmen zwischenzeitlich verändert werden mussten und die DEGES in verschiedenen Bereichen nach Alternativlösungen suchen musste. Als Beispiel sei die Baugrundvereisung an der Station Markt genannt. Natürlich können solche Variationen und Veränderungen auch zu mehr Kosten führen.
Doch wer ist daran schuld? Ja, Sie stellen hier die Schuldfrage. Ich persönlich fühle mich nicht dazu berufen, hier ein Urteil zu fällen. Das muss ich ganz klar sagen. Ich bin mir aber auf jeden Fall sicher, dass es nicht der jetzige Wirtschaftsminister ist.
Die DEGES schätze ich ebenso als professionellen Partner der Staatsregierung ein. Wenn jedoch Kritik an der gesamten Maßnahme berechtigt ist, dann ist es meiner Meinung nach die Kritik am zögerlichen Verlauf der Umsetzung des Bauvorhabens, denn prinzipiell wollten wir ja eigentlich mit dem Tunnel schon 2006 zur FußballWM fertig sein.