Lieber Kollege Brangs, ich will zu Ihren Angriffen auf die FDP-Fraktion, die hier einer der Antragsteller ist, etwas sagen. Ich habe definitiv keine persönlichen wirtschaftlichen Interessen an bwin. Es gibt auch keine parteipolitischen Verbindungen zwischen uns und dem Unternehmen. Vielleicht sind Sie deshalb für unsere, für meine Argumente eher zugänglich.
Dann will ich Ihnen noch etwas sagen. Kollege Brangs, wir sollen diesen Vorgang nicht auf Nebenschauplätzen führen. Um es ganz klar zu sagen: Eventuelle Filzvorwürfe, wenn etwas dran ist, müssen geklärt werden. Die aktuelle Verbotsverfügung, über die wir hier sprechen, hat damit aber nichts zutun. Ich glaube, die Neugersdorfer wollen von uns kein parteipolitisches Hickhack, sie
Meine Damen und Herren! Wenn sich der Sächsische Landtag mehr als 15 Jahre überhaupt nicht und dann plötzlich binnen weniger Wochen gleich zweimal mit dem Thema Sportwetten beschäftigt, dann gibt es ganz offensichtlich in diesem Bereich erhebliche Probleme und Unklarheiten. Was die grundsätzliche Position der Linksfraktion.PDS zum Wettspielbereich angeht, so habe ich mich dazu im Juni ausführlich geäußert und auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März 2006 verwiesen, mit dem das staatliche Monopol für OddsetWetten in seiner derzeitigen Form für verfassungswidrig erklärt wird und insbesondere – darauf ist heute schon hingewiesen worden – Nachbesserungen zum Schutz Spielsüchtiger gefordert werden.
Anders als die FDP in der letzten Debatte zu suggerieren versuchte – auch heute klang das wieder durch –, bedeutet das Urteil der Karlsruher Richter aber keineswegs das Aus für das staatliche Wettspielmonopol, sondern dieses wurde ausdrücklich für zulässig erklärt, wenn es in einem neuen Gesetz eindeutig geregelt wird. Die 16 Länder und gegebenenfalls der Bund haben dazu eine Frist bis Ende 2007.
Lassen Sie mich deshalb noch einmal festhalten: Die Linksfraktion.PDS ist nicht zuletzt wegen der dringend benötigten Einnahmen – natürlich geht es auch um Geld für Bund und Länder – eindeutig für den Erhalt des staatlichen Wettspielmonopols. Wir werden uns deshalb für eine entsprechende gesetzliche Regelung einsetzen.
Aber – auch das will ich noch einmal aus der Juni-Sitzung hier in Erinnerung rufen – ich habe bereits damals ganz deutlich erklärt: Ungeachtet unserer grundsätzlichen Position zum staatlichen Wettspielmonopol sind wir ganz klar für einen Bestandsschutz der bereits existierenden privaten Anbieter, insbesondere auch, um unnötige juristische Auseinandersetzungen zu meiden. Dies gilt – so habe ich im Juni gesagt – insbesondere für jene Firmen, die noch über gültige Lizenzen aus DDR-Zeiten verfügen. Genau darum geht es bekanntlich heute.
Die fragliche Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten mit Sitz in Neugersdorf wurde am 11. April 1990 durch den Rat des Kreises Löbau erteilt und erlangte durch den Einigungsvertrag auch Gültigkeit für die Bundesrepublik Deutschland. Daran ändert aus unserer Sicht auch der Umstand nichts, dass vor einigen Jahren die in Österreich ansässige Firmengruppe betandwin, jetzt bwin, in Neugersdorf eingestiegen ist. Ohne nachvollziehbare Rechtsgrundlage hat das sächsische Innenministerium bzw. das Regierungspräsidium nun aber plötzlich die Betriebserlaubnis entzogen, offenbar nach vorheriger Absprache mit anderen Bundesländern. Statt, wie vom Verfassungsgericht gefordert, schnellstmöglich eine klare und handhabbare gesetzliche Regelung zu erlassen – hier wäre die Staatsregierung in der Tat gefor
dert gewesen –, erteilte das Innenministerium mit fadenscheinigen Begründungen ein Geschäftsverbot für bwin. Damit sind jetzt mehr als 50 Arbeitsplätze in Neugersdorf bedroht, und dies ohne Not, wie wir meinen. Auch auf die bedrohten Arbeitsplätze ist heute schon hingewiesen worden.
Als wäre dies nicht schon schlimm genug, drohen dem Freistaat Sachsen nun aber Schadenersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Durch das handstreichartige Vorgehen sächsischer Behörden ist der Aktienkurs von bwin binnen weniger Tage um 80 % abgestürzt. Die Folgen sind absehbar. Laut „Spiegel“ sollen sich bereits erste amerikanische Anlegeranwälte gemeldet und mit einer Sammelklage gedroht haben, die im Erfolgsfall – so die Aussagen im „Spiegel“ – zu Milliardenforderungen gegenüber der öffentlichen Hand führen könnten. Den bislang zumindest als Finanzfachmann relativ unumstrittenen Ministerpräsidenten haben offenbar alle guten Geister verlassen.
Meine Damen und Herren! Georg Milbradt spielt Hasardeur und gefährdet durch unverantwortliches Handeln die finanziellen Grundlagen des Freistaates Sachsen. Er ist zwar nicht hier, aber ich sage es trotzdem: Herr Ministerpräsident, Sie glauben doch nicht im Ernst, dass sich andere Bundesländer im Ernstfall an der Regulierung eines Schadens beteiligen werden, der durch Fehlentscheidungen sächsischer Behörden entstanden ist?! In welcher Welt leben Sie eigentlich, Herr Milbradt? Im „Spiegel“ war zu lesen, dass Sie Verhandlungen mit den anderen Ländern geführt haben. Sie sollen dort irgendwie, wenn Schadenersatzforderungen kommen, mit einsteigen. Sie werden es nicht tun. Wir werden auf dem Schaden sitzen bleiben, und das halte ich für unverantwortlich.
Hinzu kommt, dass Kollege Brangs mit einem Nebensatz eine weitere Angelegenheit angesprochen hat, die er auch wieder viel zu simpel dargestellt hat.
Herr Kollege Brangs, Sie wissen es eigentlich auch besser. Sie wissen, was ein Verein für Trikotsätze für eine komplette Mannschaft zahlen muss. Sie wissen, dass das ein Vielfaches von dem ist, was sie an bwin zahlen. Es geht um konkrete Sportförderung, an der wir alle ein Interesse haben müssen. Es ist gegenwärtig noch gar nicht abschätzbar, welcher Schaden dem Sportbereich entsteht.
Im Jahr 2005 gab bwin rund 25 Millionen Euro für Werbung und Sponsoring aus, für das laufende Jahr waren gar 56 Millionen Euro vorgesehen, Geld – das will ich noch einmal betonen –, das entgegen landläufiger Meinungen eben nicht nur an Profi-Fußballteams oder private Fernsehsender floss; denn bwin subventionierte bisher auch etwa 20 000 deutsche Amateurvereine, und zwar in den Sportarten, die sonst kein Geld oder wenig Geld
erhalten: Volleyball, Basketball, Tischtennis. Dort flossen bisher Gelder hin, und hier werden für Vereine existenzbedrohende Zustände eintreten, wenn das Geschäftsverbot für bwin und deren sächsische Tochter nicht unverzüglich zurückgenommen wird.
Alles in allem – ich komme damit zum Schluss – ist die Vorgehensweise der Staatsregierung für uns in der fraglichen Angelegenheit absolut inakzeptabel. Das ausgesprochene Verbot muss aufgehoben werden. Die Arbeitsplätze in Neugersdorf müssen ebenso gesichert werden wie eine Fortsetzung der Sportförderung durch den Wettanbieter. Aus diesem Grund wird die Linksfraktion.PDS dem Antrag der FDP heute zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes so verstanden, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich gehalten ist, den Bereich der Sportwetten bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln. Dabei kann ein verfassungskonformer Zustand sowohl durch eine konsequente Ausgestaltung des Wettmonopols erreicht werden, die sicherstellt, dass es wirklich der Suchtbekämpfung dient, als auch durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstalter durch private Wettunternehmen. Eine Neuregelung kommt dabei grundsätzlich sowohl durch den Bundes- als auch durch den Landesgesetzgeber in Betracht.
Meine Damen und Herren, daraus folgt, dass sich der Gesetzgeber – falls er an einem staatlichen Monopol festhalten will – konsequent am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Spielleidenschaft ausrichten muss. Insofern kann ich den Untersagungsverfügungen des Freistaates gegen das Unternehmen bwin folgen, denn hier wird der eine Aspekt des Urteils konsequent umgesetzt. Aber schon hier muss man darauf verweisen, dass sich die konsequente Ausgestaltung eines nationalen staatlichen Sportwettenmonopols im Sinne des Bundesverfassungsgerichtsurteils an der Realität stößt. Im europäischen und weltweiten Wettbewerb – zum Beispiel über das Internet – tummeln sich Hunderte von Anbietern außerhalb dieses normierten Wettmonopols.
Wenn also der Freistaat – wie geschehen – das staatliche Wettmonopol für sich reklamiert und damit eine Option des Urteils ausschöpft, dann ist er auch gehalten, Konsequenzen bei der Suchtbekämpfung zu ziehen.
Meine Damen und Herren, zum heutigen Tage scheint es mir so, dass der Freistaat das eine getan hat – die Reklamierung des staatlichen Monopols und damit das Verbot privater Anbieter –, das andere aber unterlassen hat – nämlich die konsequente Bekämpfung der Wett- und Spielsucht.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir dieses Haus für einen kurzen Spaziergang auf die Wilsdruffer Straße in Dresden einmal verlassen, dann können Sie vor Ort nachvollziehen, was ich meine. Hier betreibt der Freistaat eine seiner Spielbanken. Dort können Sie ohne Vorzeigen des Ausweises eintreten und Ihr Glück versuchen. Hier kann man zocken, ohne nach dem Namen gefragt zu werden. Selbst ein Bürger, bei dem die Spielsucht diagnostiziert und attestiert wurde, hat völlig freien Zugang.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier nicht über Spiel-, sondern über Heroinsucht sprechen würden, dann müssten wir folgerichtig den Freistaat Sachsen als Dealer bezeichnen, denn das ist nichts anderes. Hier kommt der Süchtige unkontrolliert in den Genuss seiner Droge, und der Freistaat kümmert sich nicht um die gesundheitlichen Folgen. Pathologisches Glücksspiel ist eine Krankheit, und ob jemand sein Geld beim Roulette oder bei einer Sportwette verliert, das macht keinen Unterschied.
Ich bin dezidiert nicht der Auffassung, dass es Aufgabe des Staates ist, die Bürgerinnen und Bürger vor allen Gefahren des Lebens zu schützen. Dort aber, wo der Staat das Spiel und die Wetten betreibt und an ihnen verdient, muss er auch Verantwortung übernehmen. So gut es geht muss er die Menschen vor der Sucht schützen – zum Beispiel durch Einlasskontrollen – und ein adäquates Beratungsangebot vorhalten.
Meine Damen und Herren! Die Verbotsverfügung ist das eine, die Bekämpfung der Spielsucht das andere. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wird der Freistaat bislang nur zu dem einen Teil gerecht – der andere Teil der Hausaufgaben ist noch zu erledigen.
Von den vorliegenden zahlreichen Berichtsanträgen, die zum Tagesordnungspunkt vorliegen, ist der Antrag 4/6220 der FDP der ausführlichste. Obwohl mit leichter Schlagseite des uneingeschränkten Wirtschaftsliberalismus versehen, sind die von der FDP aufgeworfenen Fragen am besten geeignet, den Vorgang allumfassend zu beleuchten, und deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen.
Nun wäre nach meiner Liste der fraktionslose Abg. Mirko Schmidt an der Reihe, aber ich kann ihn nicht auf seinem Platz sehen; damit hat sich das erübrigt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Vor meiner eigentlichen Rede möchte ich ganz gern eine sachliche Richtigstellung einfließen lassen, weil ich vom Kollegen Brangs direkt angesprochen worden bin. Herr Brangs, ich finde es schon menschlich oder politisch sehr unanständig,
Herr Zastrow, Sie können nur eine sachliche Richtigstellung, keine Wertungen vornehmen. Was war an den Ausführungen des Herrn Brangs falsch?
Nummer eins ist – Herr Brangs, hören Sie mir bitte zu und verzichten Sie auf die Zwischenrufe –: Meine Firma und ich persönlich stehen in keinerlei Geschäftsbeziehungen zur Firma betandwin oder bwin in Neugersdorf oder anderswo.
Nummer zwei: Ja, es ist richtig, meine Firma unterhielt einmal Geschäftsbeziehungen zu einer völlig anderen Firma – Interwetten.com –, was eine völlig andere Firma als betandwin ist. Es ist richtig, auch das ist ein Sportwettenanbieter.
Im Übrigen hat mich die Zusammenarbeit mit dieser Firma, die wir über zwei Jahre hinweg als Unternehmen hatten – ganz normal, ganz seriös –, auch ein wenig zum Kenner dieses Themas gemacht. Daher beziehe ich zum Großteil meine Informationen; damit habe ich auch Erfahrungen und weiß ein bisschen, wie der Sportwettenmarkt in Deutschland funktioniert; das ist richtig.
Aber ansonsten kann ich Ihnen nur sagen – und das halte ich schon für eine grob fahrlässige Unterstellung; Sie hätten mich vorher fragen können –: Ich arbeite nicht für diese Firma. Woher Sie wissen, dass die Firma Interwetten.com, für die ich nicht mehr arbeite, und die Firma betandwin geschäftlich miteinander verbunden sind, weiß ich nicht, das wäre mir völlig neu. Aus meiner Sicht sind das absolut harte Konkurrenten, die in einem knallharten Wettbewerb stehen.
Dazu möchte ich sagen, Sie haben behauptet, Interwetten.com arbeitet mit der Dresdner Lizenz, die vergeben worden ist. Auch da bitte ich Sie herzlich darum, sich kundig zu machen und die Wahrheit zu erzählen: Diese Firma hat diese Lizenz überhaupt nicht mehr. Die Dresdner Lizenz gehört einer anderen Firma – die Werbung sehen Sie – –
Diese Dresdner Lizenz, von der wir sprechen – wir sprechen ja im Wettenbereich immer von vier Lizenzen, die es gegeben hat –, würden Sie sehen, wenn Sie in das Dresdner Dynamostadion gehen. Dort erkennen Sie, dass die mittlerweile von RTL beworbene Firma Starbet hat. Das aber nur als Hinweis.