Auch in Schottland ist die Form der Online-Petition weiterentwickelt worden. Aus diesem Grunde hat sich der Petitionsausschuss mehrheitlich entschieden, dem schottischen Parlament im Mai 2007 einen Besuch abzustatten, um sich vor Ort mit den Erfahrungen mit den neuen Formen des Petitionsverfahrens vertraut zu machen. Ich hoffe, dass von dieser Reise wesentliche Impulse ausgehen, um das Sächsische Petitionsausschussgesetz, das mittlerweile 15 Jahre unverändert in Kraft und teilweise auch etwas angestaubt ist, auf Vordermann zu bringen.
Ich lade ausdrücklich alle Fraktionen dieses Hauses ein, sich im kommenden Jahr an der Diskussion zu einem neuen Gesetz zu beteiligen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank für diesen historischen Exkurs und den Ausblick auf das, was uns erwartet. Ich frage die NPD-Fraktion, ob sie Redebedarf hat. – Frau Abg. Schüßler.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Petitionsrecht gehört zu den wichtigsten Rechten der Bürger in einem Gemeinwesen. Jeder Bürger hat gemäß Artikel 35 der Verfassung des Freistaates Sachsen das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Wie man Seite 15 des Berichts entnehmen kann, wird dieses Recht nach einem kleinen Knick im Jahre 2002 wieder zunehmend in Anspruch genommen. Im Berichtsjahr 2005 wurden wieder mehr als 1 000 Petitionen eingereicht.
Für viele Bürger ist der Petitionsausschuss eine wichtige Instanz, von der sie Hilfe und Unterstützung in schwierigen Rechtsfragen und Lebenslagen erwarten. Petitionen spiegeln aber auch gesellschaftspolitische Dimensionen sowie soziale Befindlichkeiten in einem Staatswesen wider. Im Jahre 2005, als die Schulreform in vielen Teilen Sachsens zu Mitwirkungsentzügen, Schließungen oder Zusammenlegungen von Schulen führte, häuften sich die Eingaben der Bürger zu dieser Problematik. Oft waren es Briefe von wütenden und verzweifelten Eltern, die sich zu Recht Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und die Ausbildungsmisere im Freistaat Sachsen machten.
Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag stimmte die Staatsregierung der Gebührenerhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu. Für viele Menschen in Sachsen, vor allem für Bezieher von niedrigen Renten, bedeutete dies eine spürbare Mehrbelastung für ihre Ausgaben. Deshalb wandten sich viele Bürger mit Petitionen an den Sächsischen Landtag. Allerdings gibt es aufgrund der bestehenden Rechtslage nur sehr wenige
Konkret zu den Bearbeitungsstufen einer Petition möchte ich an dieser Stelle nichts ausführen. Ich denke, dazu lässt unser Jahresbericht keine Fragen offen. In etwa zwei Drittel der Fälle konnte der Petition nicht abgeholfen werden, da der Ausschuss immer nur Entscheidungen der Behörden auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen, jedoch nicht das Recht selbst ändern kann.
Meine Damen und Herren! Sie können mir glauben, ich hätte gern einige Gesetze geändert, um den Petenten wirklich helfen zu können. Leider steht das nicht im Ermessen des Petitionsausschusses und leider auch noch nicht im Ermessen der nationalen Opposition.
Wie kann es denn sein, dass eine Frau, die neun Kinder großgezogen hat, für diese Lebensleistung mit 212 Euro abgespeist wird? Einige andere Beispiele, die mich persönlich sehr berührt haben: Die junge Witwe, die sich dagegen wehrt, dass die Halbwaisenrente ihrer zehnjährigen Tochter in Hartz IV eingerechnet wird, oder die alleinerziehende Mutter, die trotz überstandener schwerer Krankheit mit anschließender Reha dank Hartz IV aus ihrer Wohnung ausziehen muss; die Rentnerin, die bereits ihr Auto verkauft hat und nun noch mit erhöhten Rundfunkgebühren zu rechnen hat. Eine andere Rentnerin muss mit einer kaputten Zahnprothese leben, da ihr das Geld für die Reparatur fehlte.
Hauptanliegen vieler Petenten, die sich als Bezieher von Leistungen nach dem II. Buch SGB und somit als HartzIV-Betroffene an den Sächsischen Landtag wandten, sind die Regelungen in Bezug auf die Kosten für Unterkunft und Heizung, die bekanntlich im Ermessensspielraum der Kommunen liegen. Angesichts solcher Eingaben wird immer wieder deutlich, wie viel Leid und Ungerechtigkeit sich noch unter deutschen Dächern verbergen. Alle diese Fälle spiegeln in erdrückender Weise die soziale Realität in unserem Land wider.
Dennoch ist die Arbeit des Petitionsausschusses nicht hoch genug einzuschätzen. Gerade in Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, also unseren Wählern, steht der Petitionsausschuss auch in Zukunft in der Pflicht, Bürgeranliegen genau zu prüfen und dort, wo es möglich ist, Abhilfe zu schaffen. In diesem Zusammenhang möchte auch ich die Arbeit des Petitionsdienstes würdigen, der im Hintergrund fachkompetent wichtige und wesentliche Zuarbeiten leistet.
Zum Abschluss möchte ich wie schon meine Vorredner anmerken, dass im Ausschuss über parteipolitische und ideologische Grenzen hinweg eine sachlich-konstruktive Arbeitsatmosphäre herrscht, nicht zuletzt getragen durch die Ausschussvorsitzende, Frau Abg. Simon, die ihr Amt energisch, kompetent und unparteiisch wahrnimmt. Ein herzliches Dankeschön also an unsere Ausschussvorsitzende.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich freue mich selbstverständlich darüber, dass der Petitionsausschuss für seinen Bericht dankenswerterweise einmal einen so frühen Termin im Parlament erhalten hat, dass wir praktisch bei Tageslicht über den Petitionsbericht diskutieren können und das Thema nicht zu nachtschlafender Zeit behandeln. Ich bin fast geneigt zu sagen, dass die Akzeptanz und die Anerkennung für die Arbeit des Ausschusses auch unter den nicht im Petitionsausschuss tätigen Abgeordneten zunehmen.
Das ist auch gut so, denn im Petitionsausschuss treffen wir auf die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger von Sachsen, von denen die meisten uns in dieses Hohe Haus gewählt haben.
Diese Menschen erwarten nun, dass wir ihre Probleme zu unseren machen und Entscheidungen, mit denen sie nicht einverstanden sind, überprüfen. Deshalb wenden sie sich an den Petitionsdienst des Sächsischen Landtags, dessen schwierige Aufgabe es ist, all diese Schreiben zu lesen. Glauben Sie mir, nicht jeder Petent schreibt mit dem Computer und formuliert Texte, die leicht zu verstehen sind. Diese Petitionen zu prüfen und richtig zu bewerten ist die Aufgabe des Dienstes.
Dafür und für die geduldige sachliche und kompetente Unterstützung gilt auch von der Fraktion der FDP Herrn Manfred Scholz mit all seinen Mitarbeitern unser herzlichster Dank. Vielen Dank!
Während sich am 18. Dezember 2003 noch die Abgeordnete der PDS Frau Schneider in ihrem Wortbeitrag zum damaligen Bericht des Petitionsausschusses beschwerte, dass immer weniger Bürgerinnen und Bürger ihr Recht wahrnahmen, sich mittels einer Petition über vermeintliche Ungerechtigkeiten oder willkürlich getroffene Entscheidungen von Ämtern zu beschweren bzw. mit Bitten um Überprüfung von Gesetzen, Maßnahmen oder Verordnungen an den Petitionsausschuss heranzutreten, lesen wir nun im vorliegenden Bericht, dass die Anzahl der eingereichten Petitionen seit 2004 stetig anstieg und im Berichtszeitraum 2005 auf 1 005 Petitionen angewachsen ist.
Liegt es nun daran, dass sich die Sachsen über ihre Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, mehr Gedanken machen als in der 3. Legislaturperiode, liegt es nun daran, dass die Sachsen unzufriedener mit den politischen Entscheidungen auf allen Ebenen sind, oder liegt es daran, dass die Sachsen heute deutlicher sagen, was sie für sich, ihre Familien, ihr Umfeld wollen?
Ich kann Ihnen sagen, woran es auch liegt: Das Sächsische Parlament ist – wie die Gesellschaft – bunter geworden. Die bisher im Landtag vertretenen Fraktionen müs
sen alte, eingefahrene Wege verlassen. Wir, die Liberalen, zeigen auch hier in Sachsen mit unserer Arbeit in den Ausschüssen und mit Anträgen, dass nicht alles vom Staat geregelt werden muss, sondern dass jeder Einzelne in der Lage ist, in vielen Bereichen sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und dass jeder Verantwortung für sich und andere tragen kann.
Auch aus diesem Grund wenden sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger mit ihren Bitten und Beschwerden an den Petitionsausschuss des Sächsischen Landtags. Sie rechnen mit uns und wir sollten zielstrebig daran arbeiten, das entgegengebrachte Vertrauen nicht zu verspielen. Natürlich werden wir auch in Zukunft nicht in der Lage sein, alle Erwartungen, die die Bürger an uns haben, zu erfüllen. Wir lesen es im Bericht: Nicht alle Schreiben – 74 waren nicht einmal behandlungsfähig – sind auch Petitionen. Bei anderen handelt es sich um Entscheidungen von Gerichten, wie heute schon ein paar Mal ausgeführt, die auch ein Petitionsausschuss nicht außer Kraft setzen kann.
Aber alle wirklichen Probleme werden wir aufmerksam hinterfragen und begleiten. Ich zum Beispiel werde dabei an den Vor-Ort-Terminen festhalten. Diese sind eine sehr effektive Art, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen, lange zerstrittene Parteien an einen Tisch zu bringen oder zwischen Petenten und Entscheidungsträgern zu vermitteln. Wenn nicht alle Probleme so wirklichkeitsfremd sind wie die in Zukunft anstehenden eines Wildes, das schwer verletzt in einem Tierheim gesund gepflegt wird, nun in einem großen eingezäunten Terrain lebt und wieder ausgewildert werden soll, werden wir an diesen Problemen dran sein. Dann gelingt es uns auch mit Vor-Ort-Terminen, Lösungen zu finden, die allen Seiten etwas nützen. Ich erinnere an das Beispiel Röhrsdorf bei Chemnitz, Gefährdung von Grundstücken durch Rückstau von Abfällen, bei dem eine Lösung für die Bürger gefunden wurde. Das ist das, was auch mich an dieser Art von Ausschussarbeit reizt: dass wir für die Bürger da sein können und Lösungen herbeiführen.
Zum Abschluss noch ein kleiner Hinweis: In unserer modernen Zeit muss es möglich sein, elektronisch zugestellte E-Mails als Petitionen zu behandeln. Wo leben wir
denn, dass wir eine Petition nur per Post oder Fax geschickt oder selbst hergetragen annehmen? Nein, es sollte in Zukunft möglich sein, auch die modernen Medien für unsere Arbeit zu nutzen.
Frau Präsidentin, unsere Fraktion möchte den Redebeitrag zum Jahresbericht des Petitionsausschusses gern zu Protokoll geben.
Bringen Sie ihn mir bitte nach vorn. – Vielen Dank. Damit haben sich die Fraktionen an der Diskussion über den Bericht des Petitionsausschusses beteiligt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses, Drucksache 4/6327, zustimmend zur Kenntnis genommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt aber nicht schließen, bevor nicht auch ich von hier aus noch einmal für die geleistete Arbeit des Petitionsausschusses und des Referats Petitionsdienst ganz herzlich gedankt habe. Also auch im Namen aller Abgeordneten noch einmal herzlichen Dank für die zurückliegende Arbeit.
Vor uns liegt der Jahresbericht des Petitionsausschusses für das Jahre 2005. Ich freue mich, dass die Bedeutung des Ausschusses nunmehr auch dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass wir heute nicht erst am Ende der Tagesordnung, sondern zu einem vergleichsweise frühen Tagesordnungspunkt zum Thema sprechen.
Erstens. Nach wie vor wenden sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger mit Bitten, Beschwerden und Anregungen an den Sächsischen Landtag und seine Abgeordneten.
Zweitens ist dies Ausdruck des großen Vertrauens von Menschen in die Arbeit von Mandatsträgern auch jenseits parteipolitischer Zwänge.
Auch wenn natürlich bei Weitem nicht alle Petitionen positiv beschieden werden können, zeigen uns Abgeordneten die Anliegen der Menschen doch recht deutlich, wo die Probleme liegen: tragische Schicksale, subjektiv empfundene Ungerechtigkeiten und natürlich Widerspruch gegen Entscheidungen des Landtages und der Staatsregierung.
Ich möchte hier nur einen Bereich exemplarisch benennen, der auch im Jahr 2005 einen relativ hohen Anteil am
Massenpetitionen und massenhafte Einzelpetitionen sind zum Beispiel gegen Schulschließungen eingegangen und zu beantworten gewesen; die Versorgung mit Lehrern, die Absicherung von Unterrichtsstunden, Schulwege und Schülerbeförderung sowie die Forderung nach dem Erhalt des eigenständigen Unterrichtsfaches Astronomie waren weitere Anliegen.
Petitionen zeigen uns hier eindrucksvoll, wo die Entscheidungen der Verantwortlichen über den Einzelfall hinaus den Interessen der Betroffenen zuwiderlaufen.