Protocol of the Session on September 13, 2006

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Darauf kommen wir zurück!)

Meine Damen und Herren! Die Zahlen des Haushaltsentwurfs widerspiegeln die politischen Zielstellungen der Staatsregierung. Sie zeigen, wo wir Prioritäten setzen, wo wir fördern, und sie signalisieren Verlässlichkeit. Zugleich macht der Haushaltsentwurf deutlich, wie wir unsere Ziele und Leitlinien erreichen wollen und wie wir auf Probleme reagieren, und zwar im Vorfeld. Zunächst jedoch einige wichtige inhaltliche Schwerpunkte.

Der Entwurf des Doppelhaushaltes setzt einen klaren Schwerpunkt auf Bildung und Forschung. Das beginnt im Kindergarten mit der vorschulischen Förderung und setzt sich bis zu den Hochschulen und der betrieblichen Forschungsförderung fort.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Der Freistaat stellt zusätzliche Mittel für das Schulvorbereitungsjahr bereit und verbessert die Qualität der Schulvorbereitungsphase.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Außerdem wird erneut eine investive Kita-Pauschale von 15 Millionen Euro pro Jahr an die Kommunen gezahlt. Damit können die Kitas weiter modernisiert werden und den Kindern den notwendigen Entfaltungsraum bieten. Beide Bereiche sind jedoch nicht nur bildungspolitisch wichtig, sondern setzen Signale für ein kinder- und familienfreundliches Sachsen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Helma Orosz)

Im Schuljahr 2008/2009 sollen an den Grundschulen 179 Stellen weniger abgebaut werden als ursprünglich vorgesehen. Damit, meine Damen und Herren, verbessern wir die Qualität in der Schuleingangsphase. Die Fördermittel für den Bau und die Sanierung von Schulen wollen wir – auch mit Hilfe von EFRE-Mitteln – erheblich aufstocken. In den kommenden beiden Jahren sollen insgesamt 270 Millionen Euro in den Schulhausbau fließen.

Es ist im Übrigen ein wichtiges Ergebnis der Haushaltsverhandlungen, dass wir mit den EFRE-Mitteln verstärkt die Bereiche Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung finanzieren. Die Ausstattung dieser Schwerpunktbereiche wächst von 1,04 Milliarden Euro seit der alten Legislaturperiode bis zu den Jahren 2007/2008 auf immerhin 1,23 Milliarden Euro, obwohl die EU-Mittel aus dem Strukturfonds insgesamt zurückgehen. Hier wachsen wir, obwohl insgesamt eine Reduzierung stattfindet.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wir sichern auch den „Pakt für Forschung und Innovation“, dessen Volumen um 3 % pro Jahr erhöht wird. Der Pakt dient der Unterstützung wichtiger außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und soll im Jahre 2007 mit circa 194 Millionen Euro und im Jahre 2008 mit circa 200 Millionen Euro ausgestattet werden.

Den Hochschulbau werden wir auf dem bisherigen hohen Niveau fortführen. Er wird allerdings erstmals aus EFREMitteln gefördert. Die EFRE-Mittel ersetzen zum Teil die Hochschulbauförderung, die wegen der Föderalismusreform I künftig entfällt. Im Jahre 2007 sind im Hochschulbau immerhin Investitionen von 141 Millionen Euro vorgesehen, im Jahre 2008 sind es reichlich 148 Millionen Euro. Mit diesen vorgesehenen Ausgaben strafen wir also all diejenigen Lügen, die uns unterstellen, der Freistaat würde Bildung, Wissenschaft und Forschung nicht genug würdigen und alles nur in den Straßenbau stecken. Das stimmt nicht!

(Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Allerdings sollten wir, meine Damen und Herren, die Bedeutung eines guten und tragfähigen Straßennetzes nicht unterschätzen. Die Mittel für den Straßenbau werden von 245 Millionen Euro im laufenden Jahr auf immerhin 341 Millionen Euro im Jahre 2007 und 295 Millionen Euro im Jahre 2008 aufgestockt. Straßenbau ist immer auch ein Teil Wirtschaftsförderung. Das gilt nach wie vor. Es gibt immer noch Nachholbedarf und den wollen wir jetzt decken.

Noch zwei, drei Sätze zur Wirtschaftsförderung: Die Staatsregierung – das wissen Sie – hat sich immer intensiv auch – ich betone: auch – um Großansiedlungen gekümmert, erfolgreich und mit positiven regionalwirtschaftlichen Effekten.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Diese Leuchtturmpolitik wird jedoch manchmal als ausschließliche Förderung größerer Unternehmen missverstanden. Das ist falsch. Zum einen gilt nämlich: Gefördert wird auf Antrag. Wenn ein Antrag ins Förderprogramm passt, dann sind wir bereit zu finanzieren, egal wie groß die Firma ist. Zum anderen unterstützen wir natürlich gezielt mit Sonderprogrammen kleine und mittelständische Unternehmen.

(Beifall bei der CDU)

Insgesamt sind im Haushalt für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ immerhin rund 300 Millionen Euro pro Jahr eingestellt. Dazu kommen, wie Sie wissen, Mittel aus dem Strukturfonds EFRE. Aus dem Schwerpunktbereich Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung werden zum Beispiel Mittel für die Förderung einzelbetrieblicher Forschung und Entwicklung oder das Risikokapital für junge Technologieunternehmen bereitgestellt.

Um die kommunale Investitionstätigkeit zu stärken, wollen wir den Kommunen in den Jahren 2007 und 2008 eine Infrastrukturpauschale von 82 Millionen Euro pro Jahr bereitstellen. Diese Mittel werden in einem einfachen Verfahren an die Gemeinden und Landkreise verteilt und dienen der Finanzierung von Maßnahmen zur infrastrukturellen Grundversorgung.

Einen weiteren und sehr, sehr wichtigen Schwerpunkt bildet der Hochwasserschutz, der im Jahre 2007 mit 133 Millionen Euro und im Jahre 2008 mit 109 Millionen Euro ausgestattet wird. Gegenüber 2006 konnten wir die Ansätze damit fast verdoppeln. Darauf weise ich hin: doppelt so viel Geld im Bereich Hochwasserschutz wie noch im Jahre 2006! Damit gehört der Hochwasserschutz zu den großen Investitionsbereichen. Ich glaube anmerken zu dürfen: Sachsen hat beim August-Hochwasser 2002 seine Lektion gelernt. Das zeigt auch der Haushaltsentwurf.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann und Marko Schiemann, CDU)

Meine Damen und Herren, nicht erst seit den Meldungen aus London oder seit der Verhaftung mutmaßlicher Bombenleger in Deutschland ist uns klar, dass unsere Polizei eine modernere Ausstattung haben muss. Wir haben also Investitionen von 40 Millionen Euro bzw. 45 Millionen Euro insbesondere für eine modernere Informationstechnologie innerhalb der Polizei sowie zur Modernisierung des Fuhrparks angesetzt. Diese Dinge sind finanziell abgesichert.

Meine Damen und Herren, so weit ein Überblick über wichtige Aufgabenblöcke und Aufgabenbereiche. Nun zu den Fragen, wie wir die Lasten abbauen und wie wir auf den Bevölkerungsrückgang reagieren.

Ein wichtiger Aspekt dabei ist der Personalabbau. Bei sinkender Bevölkerung brauchen wir natürlich weniger Lehrer, weniger Finanzbeamte, weniger Polizisten und weniger Justizbedienstete. Wir werden deshalb, wie Sie wissen, den Stellenbestand bis 2010 auf 80 000 reduzieren. Dabei orientieren wir uns an der Stellenausstattung westdeutscher Flächenländer. Um dies zu erreichen, ist im nächsten Doppelhaushalt ein zusätzlicher Abbau von 6 441 Stellen vorgesehen. Außerdem wirkt der Einstellungsstopp fort, wenngleich wir auch Ausnahmen vorsehen. Allerdings halten wir gerade bei der Polizei, bei den Gerichten, bei den Finanzämtern und in anderen Bereichen Einstellungskorridore offen. Wir brauchen im Zuge der Kommunalentwicklung immer auch Nachwuchs oder Austausch. Das wird abgesichert.

Kompensiert werden müssen Tarifsteigerungen und insbesondere die bis 2010 anstehende Ost-WestAngleichung. Würden wir den vorgesehenen Stellenabbau nicht durchführen, hätten wir enorme Belastungen für künftige Haushalte.

Einen weiteren Abbau von Zukunftslasten nehmen wir bei der Beamtenversorgung, bei den Pensionen, vor. Sie werden in den kommenden Jahrzehnten eine der größten Belastungen der öffentlichen Haushalte aller Länder darstellen. Mit der Errichtung des Pensionsfonds ab dem Jahre 2005 haben wir bereits bei der letzten Haushaltsberatung und -beschlussfassung gerechnet. Die Pensionen für die Beamten werden nach unseren Berechnungen, wenn wir nicht handeln, wenn wir nichts tun, von gegenwärtig 40 Millionen Euro auf voraussichtlich 700 Millionen Euro im Jahre 2040 anwachsen. Dies ist eine Last, die ich den nächsten Generationen nicht zumuten will.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Deshalb möchten wir den Pensionsfonds auf alle Beamten ausdehnen, die ab dem 1. Januar 2000 verbeamtet wurden. Dabei handelt es sich um zusätzlich rund 3 700 Beschäftigte. Der Anteil der Beamten, deren Versorgung komplett aus dem Fonds gedeckt wird, wird somit von bisher 3 % auf 15 % ansteigen. Um diese Ausweitung zu finanzieren, sollen im Doppelhaushalt insgesamt rund 200 Millionen Euro für die Nachzahlung und danach zusätzlich 45 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt werden. Das Geld dazu nehmen wir aus den Steuermehr

einnahmen bei der Mehrwertsteuer. Auch das ist ein ganz konkretes Beispiel, wie wir unseren strategischen Vorteil aus- und Zukunftslasten abbauen. Das ist meiner Meinung nach solide und weitsichtig.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wir betreiben eine Finanzpolitik, die sich am Aufbau und an der Modernisierung des Landes ausrichtet. Dafür ist dieser Haushaltsentwurf der beste Beweis. Wir setzen Schwerpunkte bei den Investitionen und im Bereich Bildung, Innovation und Forschung. Dies ist unsere Antwort auf die Entwicklung unseres Landes hin zur Wissensgesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir schaffen damit gute Standortbedingungen und ein attraktives Umfeld für Unternehmen und Wissenschaft. Wir setzen mit dem Haushaltsentwurf für die kommenden beiden Jahre Signale, die sicherlich auch weit über Sachsen hinaus Beachtung finden werden. Unsere Politik setzt darauf, unsere Stärken zu stärken, unsere Vorteile auszubauen, und mit der geringen Verschuldung und dem Verzicht auf neue Schulden bauen wir unseren finanzpolitischen Vorsprung aus und reagieren auf die demografische Entwicklung.

Aber, meine Damen und Herren, wir gehen noch weiter und reduzieren zusätzlich Zukunftslasten. Das alles sind unsere politischen Entscheidungen. Dies zeigt, dass die Politik des Landes eine Menge erreichen kann, bei allen Abhängigkeiten von äußeren Rahmenbedingungen, bei allen Sachzwängen. Wir haben uns immer an den Zukunftsaufgaben und an den Realitäten orientiert.

Heute, meine Damen und Herren, profitieren wir alle, profitieren alle Sachsen von der vorausschauenden Politik seit 1990. In zehn, 15 Jahren sollen die Bürger im Freistaat Sachsen die Früchte unserer jetzigen Politik ernten. Aus diesem Grunde wollen wir unseren soliden und weitsichtigen Kurs fortsetzen. Die Richtung stimmt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Herr Prof. Porsch, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Herr Staatsminister Metz! Der vorliegende Entwurf eines Doppelhaushalts bezieht sich auf das 17. und 18. Jahr der Existenz des Freistaates Sachsen nach der Wende. Der Freistaat schickt sich an, volljährig zu werden, weshalb es auch Zeit und legitim ist, nach seinem erreichten Entwicklungsstand zu fragen und nach seinen Perspektiven, vor allem nach den Chancen seiner wirtschaftlichen Selbstständigkeit und seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmtheit. Was Letztere betrifft, will ich mich nicht zu sehr auslassen.

Es ist die Frage nach dem Entwicklungsstand demokratischer Willensbildung im Lande. Diese Frage beantwortet sich gerade heute in sehr anschaulicher, wenn auch dramatisch bedauerlicher Weise anhand der Redezeiten. So lautet nämlich der Beschluss der zur Mehrheit zusammengefassten Stimmen der Wahlverlierer von 2004: Volle zwei Stunden sollen die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen Zeit haben, um zu diesem Haushaltsgesetzentwurf zu sprechen, eine halbe Stunde gerade gönnt man der stärksten Oppositionsfraktion und eine Stunde insgesamt allen Oppositionsfraktionen zusammen.

Hinzu kommt, dass – anders als in früheren Jahren – für die Behandlung des Haushaltsbegleitgesetzes kein eigener Tagesordnungspunkt mit eigenen Redezeiten zur Verfügung steht, obwohl mit diesem Gesetz im Schweinsgalopp 14 Gesetze verändert werden sollen. Zum Finanzausgleichsgesetz besteht heute gar durch die Mehrheit beschlossenes Redeverbot.

Wissen Sie noch, meine Damen und Herren von der Koalition, was der alte Physiklehrer in der „Feuerzangenbowle“ seinen Jungs sagte, als sie ihm noch in der Pause den Schuh versteckt hielten? Wissen Sie es noch? „Was habt ihr nur für einen fiesen Charakter!“, hat er gesagt, und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die Antworten auf die Fragen zu den Perspektiven seiner wirtschaftlichen Selbstständigkeit scheinen demgegenüber auf den ersten Blick für den Freistaat gar nicht so schlecht auszufallen, betrachtet man den vorgelegten Entwurf. Ein außergewöhnlich hohes Volumen zeichnet ihn genauso aus wie die Ausgeglichenheit zwischen Einnahmen und Ausgaben bei geringer und spätestens für das zweite Jahr sogar auf null gebrachter Neuverschuldung. Haushaltstechnisch also kaum etwas auszusetzen und man möchte sogar hinzufügen – da habe ich keine Not –: wie gewohnt.

„Keiner war bisher so fähig als Finanzpolitiker wie Milbradt“, wurde mein Kollege Weckesser jüngst in der „Financial Times Deutschland“ zitiert.

(Beifall der Abg. Uwe Albrecht und Alexander Krauß, CDU)

Wer zuletzt klatscht, klatscht am besten. Warten Sie es ab! – Ich habe ihm aber nicht widersprochen und werde ihm nicht widersprechen. Es liegt heute auch nicht der erste Haushaltsentwurf vor, dessen innerer haushaltstechnischer Kunstfertigkeit geschuldeter Struktur ich meine Anerkennung zolle. Übermütig sollte das aber niemanden machen.

Schuldenfrei werden – trotz aller Sparsamkeit und haushaltstechnischer Kompetenz – auch wir noch lange nicht sein. Auch Sachsens Schulden haben sich mittlerweile für das Land und die Kommunen auf mehr als das Volumen eines Jahreshaushalts, nämlich auf 17,7 Milliarden Euro, angehäuft. Da sind insbesondere die Kommunen zum

Handkuss gekommen und darum ist das Lob für den Landeshaushalt nur bedingt angebracht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)