Protocol of the Session on June 23, 2006

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister Tillich, jetzt können Sie das sagen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zum Ersten möchte ich bemerken: Ich habe das Gefühl, dass die Abgeordneten der NPD gestern entweder ein Schäferstündchen gehalten haben oder der Debatte nicht gefolgt sind, ansonsten kann ich die heutigen Ausführungen absolut nicht nachvollziehen.

Zum Zweiten möchte ich Folgendes sagen: Herr Weichert, Sie sehen es anhand der Anwesenheit auf der Pressetribüne. In Vorbereitung auf diese Landtagssitzung haben wir es so ähnlich gemacht wie die GRÜNEN – auch wir sind bereit zu lernen – und haben eine Pressekonferenz veranstaltet. Dies hat zumindest den Zweck erfüllt, dass die Öffentlichkeit das wahrgenommen hat, worüber wir jetzt debattieren.

Ich möchte auch alle anderen beruhigen, was zumindest Herr Gerlach andeutungsweise bereits angesprochen hat: Ich glaube, der gute Geist der Zusammenarbeit zwischen SMWA und SMUL bei der Erstellung des Gewerbeenergiepasses, einer einmaligen Angelegenheit bundesweit, wird sich auch in der Arbeit des Energiekompetenzzentrums fortsetzen; einer guten Zusammenarbeit nicht nur zum Wohle der einen Aufgabe, einerseits Energieeinsparung oder Energiemix bzw. den Einsatz Erneuerbarer Energien voranzutreiben, sondern letztlich auch die Interessen der Privaten, das heißt der Bevölkerung an sich, der Unternehmen, aber auch, wie zum Beispiel von anderen Rednern gefordert, der Kommunen zu berücksichtigen.

Deshalb wird das Energiekompetenzzentrum eine der wichtigsten Aufgaben zu bewältigen haben, nämlich sich

als Querschnittsaufgabe zu verstehen. Ich kann sagen, dass die Forderung einiger Redner, dass dieses Energiekompetenzzentrum unabhängig berät, oberstes Prinzip sein wird.

Deshalb, Herr Weichert, lassen Sie mich bitte die Bemerkung machen: Ich glaube nicht, dass jedes Stadtwerk so unabhängig ist, dass die Unabhängigkeit gewährleistet wäre.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen haben wir darauf verzichtet. Das ist keine Kritik an den Stadtwerken, sondern die Organisationsform der Stadtwerke ist eine andere, die die Unabhängigkeit nicht mehr per se gewährleistet.

Richtig ist auch, dass wir heute vielfältige, manchmal sich widersprechende Angebote abends im Briefkasten vorfinden, die dem einen oder anderen suggerieren, auf welche Art und Weise er Energie einsparen kann. Deshalb, glaube ich, ist die Institutionalisierung eines Energiekompetenzzentrums zur richtigen Zeit wichtig, wo die Beantwortung der Frage, was richtig ist und wo ich auch richtig investiere, für den Bürger bedeutungsvoll ist. Dass wir diese Dienstleistung auch mit einer öffentlichen Einrichtung anbieten, ist wichtig.

Wir haben – das will ich auch deutlich machen – in Sachsen vielfältige Beispiele, die wir nicht nur in Sachsen, sondern auch darüber hinaus anbieten können. Ich denke dabei daran, dass ich unlängst das „Energetic Haus 100“ in Freiberg der Öffentlichkeit mit vorgestellt habe und keine zehn Tage später in Freital das erste Mehrfamilienhaus in Passivbauweise. Vor ungefähr fünf Monaten waren wir zusammen mit Frau Windisch in Stollberg, wo wir für den ersten Kindergarten in Passivbauweise den Grundstein gelegt haben. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Es sind gute Beispiele.

Was wir auch erreichen möchten, ist, dass diese guten Beispiele ein Gesicht bekommen. Dies soll das Energiekompetenzzentrum zugleich auch leisten. Das heißt Informieren über gute Beispiele und Hausieren. Ich hoffe, dass die Menschen es verstehen werden und sich das eine oder andere abschauen bzw. für sich nutzen.

Noch einen anderen Beitrag werden wir leisten: Wir haben mit dem Energieeffizienzzentrum am LfUG bereits in der Vergangenheit Unternehmen beraten. Es gibt Unternehmen, die von sich aus schon sehr selbstbewusst meinen, dass sie Energie einsparen. Gemeinsam mit dem EEZ haben wir eine mittelständische Papierfabrik in Sachsen beraten. Der Unternehmer hat es uns nicht geglaubt, aber im Ergebnis der Beratung konnte er am Ende des Wirtschaftsjahres noch einmal eine Einsparung von einer Viertelmillion Euro durch die Umsetzung der Energiespar- und -effizienztipps – auch in der technologischen Verbesserung – feststellen. Das war für ihn eine Überraschung – war er doch selbst der Meinung, er hätte in der Vergangenheit schon viel getan.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie haben gesagt, Sie hätten das alles schon in der Öffentlichkeit wahrneh

men können. Es kommt jetzt auf das Wesentliche an. In den Haushaltschefgesprächen zwischen dem Finanzminister und mir wurden die haushalterischen Vorkehrungen im Entwurf zum Doppelhaushalt 2007/2008, das Fachressort des SMUL betreffend, getroffen. Es wird nun an Ihnen liegen, diese Vorkehrungen bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2007/2008 aufzugreifen und zu bestätigen. Dann wäre eine gute Basis für ein erfolgreiches Beginnen der Arbeit des Energiekompetenzzentrums für das nächste Jahr getroffen.

Zuletzt möchte ich Ihnen noch sagen, worüber wir uns noch nicht einig sind. Wir sind uns noch nicht sicher, ob der Begriff Energiekompetenzzentrum – Herr Weichert hat gesagt, dass es so heißen wird – bleibt oder ob wir ihn vielleicht ändern, weil die Abkürzung etwas ungeläufig ist und uns an vergangene Zeiten erinnert. Damit kein Missverständnis entsteht, könnte es sein, dass wir noch einmal eine Namensänderung vornehmen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Das Schlusswort hält Herr Abg. Clemen für die Koalition.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis auf die Allgemeinplätze, dass die GRÜNEN natürlich wieder gegen die Braunkohlenförderung Stellung bezogen haben – wie sollte es anders sein–, ist natürlich auch von der

anderen Seite die eine oder andere Kritik gekommen, dass es vielleicht nicht weit genug geht und man etwas mehr machen könnte. Ich bin allen hier vertretenen Fraktionen sehr dankbar, dass wir gemeinsam darin übereinstimmen, dass das Energiekompetenzzentrum für Sachsen ein wesentlicher Schritt in Richtung Energieeinsparung, aber auch in Richtung der zukünftigen Weiterentwicklung der Erneuerbaren Energien sein wird.

Für mich ist wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir nach wie vor auch das Biomasseforschungszentrum in Sachsen haben wollen und dass es eine Kooperation zwischen dem Energiekompetenzzentrum und dem Biomasseforschungszentrum geben kann. Ich würde gern von dieser Stelle aus das Signal senden, dass wir in Sachsen gemeinsam an einem Strang ziehen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Danke schön. – Somit kommen wir zur Abstimmung. Meine Damen und Herren! Wir stimmen ab über die Drucksache 4/5259. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe! – Keine Gegenstimmen. Die Enthaltungen? – Bei einer Reihe von Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.

Dieser Tagesordnungspunkt ist abgearbeitet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Verhinderung des geplanten „Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung“ – Kein wirtschaftsfeindliches Verschärfen der EU-Normen

Drucksache 4/5524, Antrag der Fraktion der NPD

Keine neuen Belastungen für sächsische Arbeitsplätze – Gleichbehandlungsgesetz auf EU-Vorgaben beschränken

Drucksache 4/5530, Antrag der Fraktion der FDP

Es beginnt die NPD, gefolgt von der FDP und dann die gewohnte Reihenfolge. Bitte schön, Herr Leichsenring.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Antidiskriminierungsgesetz ist beispielhaft für das Staats- und Menschenbild der Koalition. Das Gesetz bedeutet einen tiefen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit und hängt der Utopie an, völlige Gerechtigkeit mit staatlichen Regelungen herstellen zu können. Das Gegenteil wird der Fall sein. Statt Vertrauen zu schaffen wird Misstrauen gesät. Statt Freiheit und Gerechtigkeit zu fördern wird Bevormundung geschaffen und die Vertragsfreiheit zerstört.

Wo die EU nur ein zivilrechtliches Diskriminierungsverbot aufgrund von Rasse und der ethischen Herkunft verlangt, weitet die Bundesregierung die Verbote auf

Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Geschlecht aus. Dadurch wird die Wirkung des Gesetzes über die Minderheiten hinaus auf alle Menschen ausgedehnt und wird zur Farce.

Wo Regelungswut die Wirtschaft bereits im Keim erstickt, packt man noch eines obendrauf. Die Beweislastumkehr zwingt den Arbeitgeber, jede Personalentscheidung über einen langen Zeitraum begründen zu können. Als Folge muss ein Unternehmen jeden Vorgang archivieren und jedem Bewerbungsgespräch einen Zeugen beistellen. Genau das ist Diskriminierung für jeden Wirtschaftstreibenden, der keine Personalentscheidung mehr frei treffen kann und den enormen Bürokratieaufwand meistern muss.

Im Ergebnis wird das Antidiskriminierungsgesetz zu gesellschaftlichem Unfrieden, zu Rechtsunsicherheit und

zu neuen Ungerechtigkeiten führen, anstatt sie zu verhindern. Das, meine Damen und Herren, war ein Zitat der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Bundestag, Frau Prof. Dr. Maria Böhmer. Dies sei meinen Ausführungen vorangestellt.

Die politischen Weichen werden nicht in Deutschland und auch nicht in Sachsen gestellt. Herr Schiemann ist heute schon darauf eingegangen, was hierzu noch zu sagen ist. Immer dann, wenn es sich um einen herausragenden Fremdbestimmungsunsinn handelt, wird noch eines draufgepackt; denn Rot-Grün hat sich schon einmal an diesem Antidiskriminierungsgesetz – was mittlerweile anders heißt, aber dasselbe ist – versucht. Schwarz-Rot wollte es dann eins zu eins umsetzen. So hatte man sich verabredet. Was wir jetzt erleben, ist, dass man also diese Eins-zu-eins-Variante zwar umsetzt, aber es ist die von Rot-Grün, auf die man noch etwas draufgepackt hat.

Es handelt sich also um eine Verschlimmbesserung der einschlägigen EU-Richtlinien durch eine Rot-Grün-LightVersion des vormalig zu Recht kritisierten Antidiskriminierungsgesetzes. Umso erstaunlicher ist dieses Handeln aber, da es dieselben Parteigänger zu verantworten haben, die ansonsten nicht müde werden, jegliche Gefahr von einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft abzuwenden. Doch genau diese Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft konterkarieren sie, wenn sie über die EU-Vorgaben noch hinausgehen. Die Union scheint vergessen zu haben, dass sie selbst im Jahr 2005 eine Bundestagsdrucksache mit dem Titel „Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – Antidiskriminierungsgesetz zurückziehen“ einbrachte.

Mit diesem Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt, liegt der offensichtliche Versuch einer Beschränkung der Vertragsfreiheit durch die Hintertür vor. Deshalb stößt der Anwendungsbereich im Zivilrecht auf unsere besondere Kritik. Aber auch das vorgesehene Verbandsklagerecht wird lediglich dazu führen, dass Unfrieden in die Betriebe getragen wird und man eine Klageflut provoziert, welche die ohnehin überlasteten Gerichte zusätzlich unnötig beschäftigt.

Man muss es sich vorstellen: Dieses eigenständige Verbandsklagerecht ist umso unverständlicher, als es auch dann bestehen soll, wenn ein angeblich Diskriminierter nicht einmal die Verletzung eigener Rechte geltend machen möchte. Nicht weniger fragwürdig ist auch der Umstand, dass selbst dann Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können, wenn die Merkmale der angeblichen Diskriminierung gar nicht vorliegen, sondern lediglich auf einer Annahme beruhen. Dies alles lädt – noch dazu im Verbund mit einer Beweislastumkehr – dazu ein, eine Klagewelle loszutreten. Die „F.A.Z.“ vom 9. Mai zitiert in diesem Zusammenhang einen Rechtsanwalt, der wörtlich die Befürchtung äußert: „Es besteht die Gefahr, dass sich eine Branche der Opferanwälte im Gleichstellungsrecht herausbildet.“ Ich denke, diese Gefahr ist mehr als begründet – allein schon deshalb, weil dieses Gesetz zu einem Großteil auf subjektive Empfindlichkeiten

abzielt und geradezu prädestiniert dafür ist, Missbrauch damit zu betreiben.

Dies ist nicht zuletzt dem Verzicht auf eine zwingend erforderliche Erheblichkeitsschwelle in Begriffsbestimmung und Anwendungsbereich dieses unsäglichen Gesetzentwurfes geschuldet. Für die Gerichte wie auch für die Wirtschaft bleiben zudem wesentliche Fragen offen. Die Sanktionen, die das Gesetz vorsieht, regelt der Gesetzentwurf nur für den Einstellungsfall eindeutig. Unklar bleibt jedoch die Obergrenze bei Beschädigungen und Schadensersatz, bei so genannten Benachteiligungen in anderen Fällen der Personalentscheidung, wie Beförderungen und Versetzungen.

Meine Damen und Herren, wenn man sich dieses Gesetz genau anschaut, wenn man sich überlegt, welche gravierenden Auswirkungen dieser Gesetzentwurf auf unsere Wirtschaft hat und welcher Dokumentationsaufwand für die Unternehmen künftig erforderlich sein wird, dann sollten wir alles dafür tun, dieses Gesetz zu verhindern.

Aufgrund der Tatsache, dass die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis des vermeintlich Betroffenen beginnt, wird für die Unternehmen ein Dokumentationszwang geschaffen. Doch angeblich will man Bürokratie abbauen – insbesondere den Mittelstand betreffend, der mit Bürokratiekosten ohnehin überproportional belastet ist. Ihre Glaubwürdigkeit schwindet aber erheblich, wenn Sie als etablierte Parteien dann tatsächlich dieses Gesetz so mittragen und die Anträge von NPD und FDP, die in dieselbe Richtung zielen, ablehnen.

Mit Bürokratieabbau hatte auch der im Gesetzentwurf verankerte Institutionalisierungswahn wenig gemein. Neben einer im Ministerium angesiedelten Antidiskriminierungsstelle soll ein 16-köpfiger Beirat eingerichtet werden; ich denke, das ist zu viel des Guten, zumal dies nicht einmal durch die EU vorgeschrieben ist und nur Zeit und Geld raubt. Ansonsten könnte man den Faden weiterspinnen und zwischen Ministerium und Antidiskriminierungsstelle, zwischen Antidiskriminierungsstelle und Beirat jeweils gleich noch einen 20-köpfigen Verbindungsrat einrichten, um sicherzustellen, dass neben den gesellschaftlich relevanten Gruppen, die in dem Beirat vertreten sein sollen, vielleicht auch noch nicht relevante Randgruppen vertreten sein können, denn sonst wäre das auch schon wieder diskriminierend – also gleiches Spesengeld für alle.

Nein, meine Damen und Herren, für die NPD-Fraktion ist es selbstverständlich klar, schon die EU-Richtlinie, die eine Befassung mit derart wirtschaftsfeindlichen und vernunftwidrigen Ansinnen aufzwingt, politisch auf das Schärfste abzulehnen.

Es widerspricht allerdings unserer parlamentarischen Erfahrung, dass Sie noch ein Fünkchen von Brüssel losgelöster eigener politischer Willensbildung besitzen. Genau aus diesem Grund haben wir unsere Antragsforderungen dreigeteilt und fordern, Herr Präsident, punktweise Abstimmung zu unserem Antrag.