Protocol of the Session on June 23, 2006

Das ist ohne Zweifel ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ein Lob möchte ich mir auch nicht verkneifen: Es ist deutlich zu erkennen, dass Umweltminister Tillich sich klar zur Entwicklung, zur Ausbaufähigkeit und zur Perspektive Erneuerbarer Energien bekennt, so wie es in der Tat keiner seiner Vorgänger – sowohl der Umweltminister wie auch der Wirtschaftsminister – je getan hat.

(Beifall der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion.PDS, und bei der SPD – Peter Wilhelm Patt, CDU: Bravo!)

Insofern erkenne ich Lernfähigkeit in der CDU-geführten Staatsregierung.

Aber wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Eine Kritik möchte ich also dennoch heute in diesem Zusammenhang vorbringen. Es ist schon merkwürdig, wenn Herr Staatsminister Tillich bereits am 6. Juni per Pressekonferenz die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung in die Medienwelt hinausposaunt und damit im Grunde genommen dem Beschluss des Landtags vorgreift. Das halte ich allerdings für einen schlechten Stil demokratischer Kultur. Ich fordere Sie als CDU- und SPD-Abgeordnete auf, künftig doch etwas stärker darauf zu achten, dass das beschließende Organ immer noch der Landtag ist und die Regierung das ausführende Organ. Diese Verwechslung sollte uns künftig erspart bleiben.

Insgesamt empfehle ich meiner Fraktion, diesem Antrag der Koalitionsfraktionen zur Gründung und zum Ausbau eines Energiekompetenzzentrums in Sachsen zuzustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Danke schön. – Frau Runge war mit sieben Minuten gemeldet, sie hat es in zwei Minuten geschafft. – Herr Delle für die NPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es ausdrücklich, dass offensichtlich hier im Hause Einigkeit darüber herrscht, das bestehende Energieeffizienzzentrum grundlegend weiterzuentwickeln. Dabei ist vor allem notwendig, dass nicht nur die Effizienz im Vordergrund steht, sondern dass viel mehr für den Einsatz regenerativer Energie getan wird.

Meine Damen und Herren! Für unsere Fraktion ist es bei der bevorstehenden Umstrukturierung des bisherigen Energieeffizienzzentrums zu einem Energiekompetenzzentrum von besonderer Bedeutung, dass zuerst einmal eine objektive Bewertung der bisherigen Arbeit erfolgt. Die Defizite, die dabei festgestellt werden, müssen dann

zuerst bei der Neustrukturierung berücksichtigt werden. Es reicht nicht aus, dem Kind lediglich einen neuen Namen zu geben und neue Aufgaben zu benennen. Bereits bekannte Defizite müssen abgebaut werden.

Ein Beispiel ist das geringe Engagement im Bereich der Erneuerbaren Energien im Vergleich zu Effizienz steigernden Maßnahmen. Energieeffizienz ist wichtig, aber genauso wichtig wie die Einsparung von Energie ist der verstärkte Einsatz Erneuerbarer Energien. Erneuerbare Energien werden in Sachsen aber leider immer noch stiefmütterlich behandelt. Selbst in dem vorliegenden Antrag findet sich unter Punkt 2 der Satz – ich zitiere –: „Verstärkte Nutzung der Erneuerbaren Energien unter Beachtung deren Wirtschaftlichkeit“.

(Tino Günther, FDP: Ist doch richtig so!)

Dann frage ich Sie: Was meinen Sie eigentlich, wenn Sie bei Erneuerbaren Energien von deren Wirtschaftlichkeit sprechen? Welche Maßstäbe wollen Sie für die Wirtschaftlichkeit ansetzen? Etwa nur den Strompreis beim Verbraucher? Wie sollen denn Ihrer Meinung nach andere wesentliche Vorteile der Erneuerbaren Energien, wie Importunabhängigkeit, Klimaschutz oder das langfristige Beschäftigungspotenzial, bei dieser so genannten Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden?

Unserer Ansicht nach darf die Wirtschaftlichkeit von heute nicht das alleinige ausschlaggebende Kriterium für den Einsatz einer Technologie sein. Die Aufgaben einer Institution wie des Energiekompetenzzentrums müssen auch darin liegen, die Zukunftstechnologien im Bereich Erneuerbarer Energien durch verstärkten Praxiseinsatz effizienter und dadurch billiger zu machen.

Dazu ist aber in erster Linie ein Umsteuern in der sächsischen Landespolitik zugunsten der Erneuerbaren Energien notwendig. Letztendlich wird in Sachsen immer noch einseitig die Braunkohle favorisiert. Um dem Ganzen dann einen Klimaschutzanstrich zu verpassen, sucht man nach Scheinlösungen, wie zum Beispiel der von CO2-neutralen Kraftwerken. Aber Kraftwerke, die kein CO2 freisetzen, haben einen erheblich geringeren Wirkungsgrad und werden schon deshalb langfristig nicht mit Erneuerbaren Energien konkurrieren können. Es ist also an der Zeit, die gesamte Energiepolitik des Freistaates Sachsen auf den Prüfstand zu nehmen und objektiv zu bewerten, ohne dabei den einen oder anderen Aspekt einfach unter den Teppich zu kehren.

Das neue Energiekompetenzzentrum kann dabei der Anfang einer Energiewende in Sachsen sein. Eine Grundvoraussetzung ist allerdings – und dies ist eine unserer wesentlichsten Forderungen –: Das Energiekompetenzzentrum muss in Staatshand bleiben. Eine solche Institution kann nur dann nur unabhängig arbeiten, wenn deren Finanzierung nicht von Lobbyisten abhängig ist. Es ist aus unserer Sicht ureigenste Aufgabe des Staates, durch direkte oder indirekte Förderung von Technologie der Wirtschaft – dabei meine ich, vor allem den Großkonzernen – den Weg zu weisen, denn auch in diesem Bereich

muss endlich wieder das Primat der Politik hergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Nur über eine breite Anwendung von Erneuerbaren Energien können wir es schaffen, das Märchen aus der Welt zu räumen, nach dem die Erneuerbaren Energien angeblich immer noch zu teuer sind.

Da uns dieser vorliegende Antrag nicht weit genug geht, werden wir uns bei dieser Abstimmung enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDPFraktion wie gewohnt Herr Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den sächsischen Kommunen stehen mittlerweile viele Möglichkeiten offen, Energiekostensenkung und Klimaschutz miteinander zu verbinden. Leider ist die Vielfalt der Maßnahmen nicht überall bekannt. Fehlendes Wissen einerseits und begrenzte Zeitressourcen andererseits in Verbindung mit schlechter Mittelausstattung lähmen bislang die Aktivitäten.

Insbesondere die aktuelle Preisentwicklung sowie die daraus entstehenden Kostenzwänge – nicht nur für die Kommunen, sondern auch für Bürger und die Wirtschaft – erfordern zunehmend eine aktiv gestaltete Auseinandersetzung mit dem Thema Energie. Das sächsische Energieeffizienzzentrum EEZ wurde 2002 im Landesamt für Umwelt und Geologie etabliert. Die Beratungen sind hier kostenlos und – ganz wichtig – die Beratung erfolgt anbieterneutral.

Zu den Möglichkeiten der Energieeffizienzsteigerung und der Nutzung Erneuerbarer Energien: Das EEZ trägt die fachliche Verantwortung für die staatliche Förderung von Projekten des Immissions- und Klimaschutzes gerade auch im kommunalen Bereich. Neben der Nutzung Erneuerbarer Energien werden dabei die Einführung kommunaler Energiemanagementsysteme und die Erarbeitung von kommunalen Klimaschutzkonzepten unterstützt. Durch Modell- und Demonstrationsvorhaben werden Innovationen, zum Beispiel die erste CO2-neutrale Schule, bekannt gemacht.

Aber auch die Wirtschaft begreift, dass sie jedes Jahr Milliarden einsparen könnte, würde sie beispielsweise Rohstoffe effizienter nutzen oder Energiesparmaßnahmen aktivieren. Eine wissenschaftliche Studie der unabhängigen Aachener Stiftung Kathy Beys ergab, dass Investitionen in eine bessere Nutzung von Ressourcen und – wie sie schreiben – eine Million Arbeitsplätze schaffen könnte. Auch der Vorsitzende des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management, Maximilian Gege, erklärte kürzlich: In Deutschland lassen sich zwei bis fünf Prozent der unternehmerischen Gesamtkosten durch Umweltmanagement vermeiden, vor allem bei Energie, Wasser, Abwasser und Rohstoffen.

So ist es nur konsequent, dass die weitere Entwicklung des EEZ zu einem Energiekompetenzzentrum hier in Sachsen zum 01.01.2007 erfolgen soll. Mit dem zukünftigen Aufgabenzuschnitt Beratung, Contracting und Weiterbildung wird zusammen mit der veränderten Organisationsform ein Querschnitt geschaffen, der hoffentlich hilft, das Thema Energie in Sachsen nachhaltig zu behandeln.

Wir Liberalen begrüßen die Weiterbildungsprogramme, die so genannten Impulsprogramme, die besonders im Bausektor, im Handwerk, bei Unternehmen und im Dienstleistungsbereich zu rationeller Energieverwendung sowie zum Einsatz Erneuerbarer Energien führen werden.

(Beifall bei der FDP)

Hierzu muss ich die Staatsregierung bitten, die Initiative des Fachverbandes Sanitär, Heizung, Klima in Sachsen zu unterstützen, damit die Bauhandwerker mit der Ausbildung „Gebäudeenergieberater des Handwerks“ weiterhin die Energiepässe für Immobilien ausstellen können. Diese Maßnahmen werden die sächsische Wirtschaft stärken, wenngleich wir hoffen, dass bei dem oben schon erwähnten Punkt Rohstoff bzw. Rohstoffbeschaffung die Staatsregierung ebenfalls zu zukunftsweisenden Lösungen bereit ist.

Doch zurück zum Antrag. Wir stimmen ihm zu. Er zielt in die richtige Richtung und gerade weil die Wirtschaftlichkeit hier mit erwähnt ist, stimmen wir ihm besonders gern zu.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Herr Weichert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Lage der Dinge bekommen wir zum 1. Januar 2007 eine sächsische Energieagentur, die den Namen „Energiekompetenzzentrum Sachsen“ tragen wird. Das entspricht einer recht zügigen Umsetzung des Koalitionsvertrages und kann nur als ein Fortschritt bezeichnet werden. Mein Glückwunsch geht besonders an die Kolleginnen und Kollegen der SPD, nachdem ich sie heute auch schon einmal kritisiert habe, denn ich vermute, ihnen ist die Fortentwicklung und Aufwertung des bestehenden Energieeffizienzzentrums zu verdanken.

Trotz Glückwunsch werden wir dennoch Ihrem Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten. Von unserer Fraktion lag zu gleicher Sache ebenfalls ein Antrag vor, den die Koalition in den Ausschüssen abgelehnt hat. Unter Kollegen der CDU war im April zu hören: Guter Antrag – nicht von uns –, also lehnen wir ab.

(Zuruf von der CDU)

Sie können es im Protokoll nachlesen.

Was ist der Unterschied zwischen den Anträgen? Wir haben beantragt, dass die Staatsregierung dem Landtag

ein Konzept zur Ausgestaltung des Zentrums vorlegt. Wir sind der Auffassung, dass die Dinge, die die Parteien im Koalitionsvertrag vereinbaren, auch Gegenstand der parlamentarischen Debatte sein sollten. Sie wollen hierzu nur die Staatsregierung beauftragen. Dabei wissen wir alle, dass die Staatsregierung längst gehandelt hat. Wir konnten der Presse entnehmen, dass das Zentrum zum 1. Januar 2007 kommt und dass es in Form einer GmbH mit den Gesellschaftern Freistaat Sachsen und SAB organisiert wird.

Nunmehr haben wir über einen Antrag zu beschließen, der die Staatsregierung ersucht, entsprechend ihren eigenen Verlautbarungen zu verfahren. Das ist ein etwas eigentümliches Verständnis von der Funktion eines Parlamentes. Die Unterschiede sind nicht nur formaler, sondern auch inhaltlicher Art. Der Freistaat Sachsen braucht eine Energie- und Klimapolitik aus einem Guss. Diese Worte müssten Ihnen bekannt vorkommen. Erfolge im Sinne des Klimaschutzes, wie sie im Programm des Freistaates vom Juni 2001 noch unzureichend angestrebt werden, können sich nur einstellen, wenn der Freistaat eine Energie- und Klimaschutzpolitik aus einer Hand betreibt. Diesen Anspruch konnte das bisher im Landesamt für Umwelt und Geologie angesiedelte Energieeffizienzzentrum nicht erreichen. Das neue Energiekompetenzzentrum wird es in dieser Form auch nicht können.

Mit der Braunkohlenpolitik des Freistaates wird das neue Zentrum ebenso wenig befasst sein wie mit den Fragen des Straßenbaus und des ÖPNV. Mein Kollege Johannes Lichdi hat Ihnen gestern erläutert, dass der geplante Neubaublock in Boxberg doppelt so viel CO2 ausstoßen wird, wie durch die Arbeit des Zentrums eingespart werden soll.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wenn Sie die Braunkohlenpolitik nicht mit der Klimaschutzpolitik verzahnen, wird aus dem neuen Kompetenzzentrum ein klimapolitischer Bettvorleger – zahn- und damit wirkungslos. Wenn Sie in dem neuen Zentrum noch nicht einmal eine Beratungsfunktion für die Bereiche Kraftwerke und Netze sowie Mobilität integrieren, dann laufen Energie- und Klimapolitik im Freistaat wie bisher unvermittelt nebeneinander her.

Um das anhand von Zahlen zu belegen: Über 60 % der CO2-Emission in Sachsen stammen aus Großkraftwerken. Welche Kompetenzen erhält das Kompetenzzentrum für diesen Bereich Großkraftwerke? – Sie ahnen es, meine Damen und Herren: Das Kompetenzzentrum, wie es jetzt angelegt ist, erhält null Kompetenzen in diesen Fragen. Dabei wäre der Aspekt, wie man Kraftwerke so baut, dass Haushalte, Gewerbe und Industrie durch die anfallende Wärme einen optimalen Nutzen haben, schon heute ökonomisch sehr interessant. Mit steigenden Preisen wird dieser Aspekt noch an Bedeutung gewinnen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch nicht die Augen davor verschließen, dass Energieeinsparung, Contracting und Erneuerbare Energien in einer natürli

chen Konkurrenz zur Braunkohle stehen. Es macht wenig Sinn, mit der einen Hand der Braunkohlenwirtschaft Milliarden Subventionen über die Zertifikate zukommen zu lassen und dann mit einigen hunderttausend Euro kleine Modellprojekte zu initiieren.

Diskutiert hätten wir auch gern die Frage, ob die SAB der richtige Partner der GmbH ist. Sicherlich versteht die SAB etwas von Finanzierung, was beim Contracting nicht ohne Interesse ist. Uns wäre es aber lieber gewesen, wir hätten unabhängige Stadtwerke mit ins Boot genommen, denn diese verstehen etwas von Energiepolitik, und zwar über die gesamte Palette, die in einem Kompetenzzentrum gefragt ist. Die Frage nach dem richtigen Partner taucht im Antrag der Koalition überhaupt nicht auf. Das hat die Staatsregierung allein geregelt.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Ihr Antrag geht in die richtige Richtung – das wurde schon mehrfach gesagt –, aber er geht nicht weit genug. Außerdem ist er längst erledigt. Was hierzu zu sagen war, hat Staatsminister Tillich bereits gesagt – nicht im Plenum, sondern im Rahmen einer Pressekonferenz.