Protocol of the Session on December 10, 2004

Meine Damen und Herren, wir können damit rechnen, dass sich der Widerstand der Energieunternehmen gegen eine Zurückstellung der Anträge sowieso in Grenzen halten wird. Im Übrigen hat man in Bayern in puncto Strompreiserhöhungen mehrmals eingegriffen. Die Zuständigen in Bayern begründen das vor allem wirtschaftlich. Da verweist man auf die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die unter den höheren Strompreisen ebenfalls zu leiden hätten.

Meine Damen und meine Herren, dass in Sachsen die Mehrzahl der Beschäftigten ebenfalls in kleinen und mittelständischen Unternehmen tätig ist, dürfte hier jedem bekannt sein. Insofern haben wir allen Grund, uns in dieser Frage einmal an Bayern zu orientieren und endlich die uns rechtlich zustehende Aufsicht über die Strompreise auch tatsächlich zu nutzen.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung.

(Beifall bei der PDS und den GRÜNEN)

Ich rufe nun die CDU-Fraktion auf. Herr Abg. Lämmel, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man könnte fast das Lied „Alle Jahre wieder …“ singen. Alle Jahre wieder in der letzten Plenarsitzung des Jahres befassen wir uns im letzten Tagesordnungspunkt mit Energiepreisen. Es scheint mir fast so, als wenn die PDS gerade die Adventszeit mit der Klärung von Energiefragen in Verbindung bringt. Die Kerzen auf Pyramiden, auf Engeln, auf Schwibbögen oder später auf dem Christbaum regen die Kollegen der PDS offensichtlich dazu an, über die Energiepolitik nachzudenken. Wir als Christdemokraten haben allerdings ganz andere Gefühle, wenn wir an Advent und Weihnachten denken.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, PDS)

Darum sollten wir heute auch keine energiepolitischen Grundsatzdebatten führen, sondern uns möglichst bald der Vorfreude auf den dritten Advent widmen.

Meine Damen und Herren, die versorgungssichere Bereitstellung von Elektroenergie zu konkurrenzfähigen Preisen ist ein ganz entscheidender Standortfaktor für den Freistaat Sachsen. Darum wird die Koalition auch in Zukunft alle politischen Maßnahmen unterstützen, die einen niedrigen Energiepreis sichern. Es gilt auch, die immer noch bestehenden Preisunterschiede zwischen Ost und West abzubauen.

Gestatten Sie mir ein paar Sätze zum Antrag, denn ich hatte Ihnen ja versprochen, mich kurz zu fassen.

Erstens. Wir werden den Antrag der PDS ablehnen, denn er ist im praktischen Leben ganz einfach ein Rohrkrepierer. Die Aufforderung der PDS zur Zurückstellung der Genehmigung von Strompreiserhöhungen in Sachsen bis zur Aufnahme der Tätigkeit einer Bundesregulierungsbehörde läuft ganz einfach ins Leere; denn – das hat Frau Kipping wahrscheinlich auch im letzten Jahr schon nicht verstanden, weil wir damals das Gleiche diskutiert haben – es gibt nach wie vor die BTOElt; das ist die Bundestarifordnung Elektrizität. Diese Bundestarifordnung, die nach wie vor in Kraft ist, regelt das Verfahren für Preisgenehmigungen.

Allerdings – das muss man dazusagen, weil Frau Kipping auch hier offensichtlich Wissenslücken hat – unterliegt dieser Preisgenehmigung nur noch ein ganz kleiner Anteil von Verbrauchern. Es sind nämlich nur die allgemeinen Tarife im Niederspannungsbereich, die der Preisgenehmigung unterliegen. Das heißt, alle Großverbraucher, alle Sonderverbraucher – dazu zählt zum Beispiel die Wirtschaft; wobei es nicht zutrifft, wie Frau Kipping behauptet, dass die Unternehmen in Sachsen mit genehmigten Preisen hantieren – fallen gänzlich heraus. Selbst im Bereich der privaten Endkunden unterliegen höchstens noch 50 % der Haushalte den allgemeinen Tarifen, denn die anderen 50 % der Kunden haben Sondertarife. Sie haben Angebote von Regionalversorgern angenommen. Es gibt da die verschiedensten Angebote, etwa „Dresden 50 : 50“ oder „Dresden 2004“ oder was es sonst noch alles gibt. Diese Sonderangebote unterliegen auch nicht der Preisregulierung. Daran sieht man, dass nur noch ein winziges Segment überhaupt der Preisgenehmigung unterliegt.

Meine Damen und Herren, die Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts ist noch nicht abgeschlossen, obwohl sie seit langem angekündigt ist. Der Regulierer, der ab 1. Juli 2004 vorgesehen war, ist noch nicht da. Solange diese neuen Instrumente noch nicht vorhanden sind, muss das Verfahren genauso laufen, wie es das Gesetz vorschreibt.

Noch etwas hat Frau Kipping verzerrt dargestellt. Sie hat gesagt, die Anträge kämen vor allem von Großkonzernen. Komischerweise liegen aber in Sachsen 39 Anträge vor. Es sind also nicht die Großkonzerne, die Preise zur Genehmigung vorlegen, sondern es ist die Vielzahl von regionalen Energieversorgern und von Stadtwerken, die ihre neuen Preise in Dresden beim Wirtschaftsministerium angemeldet haben.

Zweitens möchte ich kurz ein paar Äußerungen zur aktuellen Preissituation machen. Frau Kipping hat es

zitiert: Sachsens Verbraucherschützer empfehlen, höhere Strompreise unter Vorbehalt zu zahlen. Solche Schlagzeilen sind nicht nur in Sachsen zu lesen, sondern in sehr vielen Tarifgebieten in Gesamtdeutschland. Was steckt dahinter?

Meine Damen und Herren, die massiven Preiserhöhungen der letzten Jahre im Energiebereich sind nicht zu übersehen. Die Verbraucher leiden darunter, dass es bei der Preisgestaltung im Energiebereich keine Transparenz gibt. Das ist, glaube ich, die Ursache für das ungute Gefühl, das entsteht, weil jeder, der seine Energierechnungen der letzten Jahre durchsieht, sehr schnell erkennen kann, dass er zwar den Verbrauch gesenkt hat, die zu zahlende Endsumme aber nicht geringer geworden ist. Auf der einen Seite werden vor allen Dingen bei den Großversorgern satte Gewinne gemeldet – bei den Stadtwerken sieht das sehr unterschiedlich aus – und auf der anderen Seite liegen trotzdem ständig Preiserhöhungen an. Das passt eben für viele nicht zusammen, und das ist auch ein echtes Problem, meine Damen und Herren.

Seit 2002 sind in Sachsen die Strompreise um über 20 Prozentpunkte und die Gaspreise sogar um über 25 Punkte gestiegen. Rechnet man bis 1995 zurück, sieht das Bild noch drastischer aus. Seitdem stiegen nämlich die Strompreise insgesamt um 32 Punkte und die Gaspreise um 54 Punkte. Nach der Liberalisierung hat es eine kurze Delle gegeben. Die Liberalisierung war also zunächst ein Erfolg. Er ist aber nicht nachhaltig gewesen, weil weitere Instrumente fehlten.

Wenn man dieser Preisentwicklung auf dem Energiemarkt die Steigerung der verfügbaren Einkommen gegenüberstellt, kann man sehr schnell erkennen, welche Disparitäten hier mittlerweile entstanden sind. Es geht hier nicht um Pfennige oder Cent, wie uns von Politikern immer wieder versprochen wird – das kostet doch nur einen halben Cent, einen Cent oder 50 Cent –, sondern die Summe macht es, und das war eben die trügerische Energiepolitik der letzten Jahre: Man hat den Leuten erzählt, alle Segnungen der regenerativen Energien machen wenige Cent auf der Stromrechnung aus. Die wirkliche Rechnung wird jedoch jetzt repräsentiert. Deshalb muss man über den Sachverhalt – Frau Kipping hat es angekündigt – sprechen. Sie haben nämlich auch hier die ganze Wahrheit verschwiegen: Mittlerweile sind 40 % der Energiepreise politische Preise. Die Preise könnten also um 40 % niedriger liegen, wenn nicht die Politik – vor allem mit den Grünen an der Spitze – in den letzten Jahren die Energiepreise ständig mit zusätzlichen Abgaben belastet hätte.

(Beifall bei der CDU)

Dabei geht es nicht nur um die Ökosteuer, sondern es geht auch um das Energieeinspeisegesetz, das KWK-Gesetz, also die Kraft-Wärme-Kopplung,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Alles, was modern ist!)

und, meine Damen und Herren, bei Preiserhöhungen, die durch die Grünen in Gang gesetzt worden sind, kommt natürlich zusätzlich die Mehrwertsteuer dazu. Das heißt also, es ist eine unredliche Politik, nur auf die

Energieerzeuger zu zeigen. Man muss auch einmal in diese Bankreihe zeigen, denn dort sitzen die Verantwortlichen für einen Großteil der Energiepreise.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die anstehenden Preissteigerungen sind ein Ärgernis für alle, das will ich hier überhaupt nicht verhehlen. Niemand von uns kann diese Preisänderungen wirklich verteidigen. Die Energiegroßkonzerne und Regionalversorger sind aufgefordert, ihre Kostenkalkulationen wirklich einmal transparent darzulegen, so dass man als Verbraucher nachvollziehen kann, wie diese Kosten entstehen.

Der Antrag der PDS geht jedoch nicht in diese, sondern in eine andere Richtung. Hier muss man ganz klar sagen: Die jetzt vorliegenden Anträge müssen nach den Gesetzen, die in Deutschland herrschen, genau abgearbeitet werden. Wir sind nämlich ein Rechtsstaat, Frau Kipping. Das war vielleicht vor 1989 hier im Osten anders, da konnte Ihre Partei tun und lassen, was sie wollte, aber mittlerweile sind wir ein Rechtsstaat.

(Widerspruch bei der PDS und den GRÜNEN)

Deshalb gehe ich davon aus, dass das Wirtschaftsministerium, wie es dies immer getan hat, die Anträge der Energieversorger verantwortungsvoll prüfen wird. Frau Kipping, dort haben Sie offensichtlich auch einige Wissenslücken: Es sind nämlich nicht alle Anträge zu jeder Zeit genehmigt worden, und ein anderes Verfahren für die Genehmigung der Strompreise gibt es nicht.

Mein Schlusssatz: Sparen Sie in der Advents- und Weihnachtszeit nicht mit Energie, meine Damen und Herren; denn die Wärme und das Licht der Kerzen brauchen wir Menschen nämlich für einige besinnliche Stunden. In diesem Sinne wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen, die noch im Plenarsaal verblieben sind, eine gesegnete Weihnachtszeit. Im nächsten Jahr können wir dann wieder grundlegende Debatten führen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion, Frau Abg. Dr. Deicke, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass reichlich die Hälfte der Verträge von Haushalts- und Gewerbekunden in Sachsen überhaupt keiner behördlichen Genehmigungspflicht unterliegen. Für den Rest gilt, dass sich die Preisaufsicht an die genauen bundesrechtlichen Vorgaben zu halten hat. Es liegt überhaupt nicht im Ermessen der Landesbehörde, ob ein Tarifgenehmigungsverfahren durchgeführt wird. Preisgenehmigungen werden nur dann erteilt, wenn das Energieversorgungsunternehmen nachweist, dass entsprechende Preise in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich sind. Bei der Entscheidung werden die Preise von anderen EVUs mit vergleichbaren Versorgungsbedingungen be

rücksichtigt. Für den Jahresanfang 2005 liegen 38 Tarifverträge vor, oder anders ausgedrückt: Mit einer einzigen Ausnahme haben alle EVUs einen diesbezüglichen Antrag gestellt, wobei die Spanne der geplanten Preiserhöhungen von 0,5 bis 1,9 Cent je Kilowattstunde zuzüglich Mehrwertsteuer reicht.

Bisher sollen fünf Genehmigungen für angemessene Preiserhöhungen erteilt worden sein. Bei den übrigen ist abzuwarten, inwieweit die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Wenn dies nicht der Fall ist, wird natürlich abgelehnt. Es versteht sich von selbst, dass über laufende Verfahren keine Detailinformationen möglich sind. Die Bearbeitungsfrist der Anträge ist auf drei Monate begrenzt.

Der PDS-Antrag ist, juristisch gesehen, nicht praktikabel; denn schließlich wird niemand auf die Idee kommen, ein laufendes strafrechtliches Verfahren in der Erwartung aufzuhalten, dass eine Strafrechtsreform ins Haus steht.

Wir werden den PDS-Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Die NPD-Fraktion, bitte.

Wir ziehen den Redebeitrag zurück.

Gut. – Ich hatte das Mikrofon nicht eingeschaltet. Ich hoffe, dass es die Stenografen verstanden haben. – Gut. Die FDP-Fraktion, bitte.

Kein Redebedarf.

Kein Redebedarf. – Dann bitte ich Herrn Lichdi noch einmal nach vorn. Er hat noch drei Minuten, das ist eine lange Zeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich vertraue einfach der Präsidentin des Bundesverbandes für Verbraucherschutzinitiativen, Frau Prof. Edda Müller, mehr als Herrn Lämmel, deswegen werden wir unsere Stimme dem PDS-Antrag geben. – Das als Punkt eins. Punkt zwei: Dass Sie, Herr Lämmel, jetzt auch diese Gelegenheit wieder genutzt haben, um die erfolgreiche rot-grüne Energiepolitik

(Lachen bei der CDU)

in Berlin in den Schmutz ziehen zu wollen, wundert mich eigentlich nicht so richtig. Ich möchte Ihnen nur eine kleine Zahl als Schlaglicht nennen: Wissenschaftler rechnen damit, dass ungefähr jetzt, 2004/2005, der Zeitpunkt erreicht sein wird, an dem in der Welt die höchste Erdölförderung vorhanden ist. Auch Sie müssen sich irgendwann mit dem Gedanken vertraut machen, dass wir eine neue Energiepolitik brauchen, und dabei helfen Ihnen Ihre Fantasien über einen Wiedereinstieg in die Atomenergie nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Herr Minister Jurk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sichere, verlässliche und umweltverträgliche Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen für Bevölkerung und Wirtschaft – das ist einer der wichtigsten Standortfaktoren für Sachsen und gleichzeitig die wesentlichste Zielstellung für die energiepolitische Arbeit der Sächsischen Staatsregierung. Ein wichtiger Schwerpunkt der sächsischen Energiepolitik ist dabei die Stärkung des Wettbewerbs; denn Wettbewerb und Markt sind Voraussetzungen für ein effizientes Wirtschaften. Nur auf diesem Wege kann die unumstritten notwendige, nachhaltige Entwicklung als Gleichklang aus ökonomischen, ökologischen und sozialen Erfordernissen umgesetzt werden.