Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Kindertageseinrichtungen, Gesetzentwurf der NPD-Fraktion. Wir stimmen ab über die Gesetzesüberschrift. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmen dafür ist die Überschrift mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe Artikel 1 im Ursprung des Gesetzentwurfs auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hierzu gleiches Abstimmungsverhalten. Artikel 1 wurde bei einigen Stimmen dafür mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Artikel 2 auf. Wer gibt seine Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier einige Stimmen dafür. Der Artikel 2 ist mehrheitlich abgelehnt worden. Ich rufe Artikel 1 auf. Hierzu liegt mir ein Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/5223 vor.
Somit sind alle Artikel abgelehnt worden. Eine weitere Abstimmung erübrigt sich. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Gewährleistung einer unabhängigen Datenschutzkontrolle im nichtöffentlichen Bereich
Hierzu liegt keine Empfehlung zur allgemeinen Aussprache vor. Daher spricht nur die einreichende Fraktion. Ich bitte jetzt die Linksfraktion.PDS, das Wort zu nehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bislang ist der vom Sächsischen Landtag gewählte Datenschutzbeauftragte ausschließlich für den öffentlichen Bereich zuständig. So will es das Sächsische Datenschutzgesetz, siehe § 27. Alles, was vor oder hinter dem öffentlichen Bereich liegt, ist dem Kontrollradius von Herrn Schurig entzogen. Es hat streng genommen für seine Behörde so etwas wie eine terra incognita zu sein. So ist jedenfalls die derzeitige Rechtslage.
Das betrifft Unternehmen, Krankenhäuser in privater Rechtsform oder Verbände, aber auch die so genannte Enkelgeneration der kommunalen Gesellschaften, in die der Sächsische Datenschutzbeauftragte nach gegenwärtiger Rechtslage nicht hineinschauen darf. Natürlich unterliegt auch der genannte Bereich einer Datenschutzkontrolle. Schließlich gilt das Bundesdatenschutzgesetz auch für den privatrechtlichen Bereich, ganz abgesehen davon, dass wir natürlich mit Artikel 33 unserer Landesverfassung das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung normiert haben. Allerdings ist die Kontrolle des nichtöffentlichen Bereiches in Sachsen rein exekutiv organisiert. Zuständig sind die Regierungspräsidien in Dresden, Chemnitz und Leipzig. So will es die derzeit
Der beschriebene Zustand ist für den praktischen Vollzug einer wirksamen Datenschutzkontrolle ganz offensichtlich problematisch. Ein einfaches Beispiel: Ein Patient wird aus einer öffentlichen Klinik in eine private verlegt. Was geschieht mit den Patientendaten, mit den Krankenhausunterlagen bei dieser Verlegung? Wer garantiert, dass der Schutz der personenbezogenen Daten bei dieser Schnittstelle nicht unter die Räder kommt? Bei strenger Auslegung der gegenwärtigen Rechtslage dürften weder Herr Schurig mit seiner Behörde noch das zuständige RP diese Schnittstelle samt Kontext – gerade auf diesen Kontext kommt es ja beim Datenschutz an – kontrollieren.
Aber auch europarechtlich ist der beschriebene Zustand höchst problematisch. Einer rein exekutiv organisierten Datenschutzkontrolle steht die Bestimmung des Artikels 28 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24. Oktober 1995, kurz auch als EU-Datenschutzrichtlinie bezeichnet, entgegen, nach der die Kontrollstellen die ihnen zugewiesenen Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrnehmen sollen. Die derzeit bestehende Weisungsgebundenheit der sächsischen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich ist eben gerade nicht mit der von der EU-Richtlinie verlangten völligen Unabhängig
keit der Kontrollstellen in Einklang zu bringen. Aus diesem Grunde sieht sich Sachsen wie andere Bundesländer und selbst der Bund auch einem Vertragsverletzungsverfahren zur Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht ausgesetzt, das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft am 5. Juli 2005 eingeleitet worden ist und dessen Ausgang und vor allem dessen Folgen bislang höchst ungewiss sind.
Mit dem von der Linksfraktion vorgelegten Gesetzentwurf soll die Datenschutzaufsicht über den nichtöffentlichen Bereich auf den Sächsischen Datenschutzbeauftragten übertragen werden. Damit soll künftig die Datenschutzkontrolle für den öffentlichen wie für den nichtöffentlichen Bereich einer einheitlichen Institution obliegen, die kraft ihrer verfassungsrechtlichen Stellung, eben als Datenschutzbeauftragter, der direkt vom Landtag gewählt ist und nur diesem rechenschaftspflichtig ist, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit garantiert. Tatsächlich liegt diese Lösung sehr nahe, und es ist rechtlich geboten, die bisherig geltende Aufspaltung der Datenschutzkontrollinstanzen aufzugeben und die Kontrollaufgaben uneingeschränkt dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten anzuvertrauen. Das hat nichts mit einem ungebremsten Machtzuwachs von Herrn Schurig zu tun, wie eine Zeitung unlängst schrieb, sondern einzig und allein mit dem Gebot, eine sachgerechte, zweckmäßige und organisatorisch sinnvolle Lösung zu finden.
Da die verfassungsrechtliche Stellung wie auch die bereits genannten europarechtlichen Vorgaben eine Weisungsgebundenheit der Datenschutzkontrollstelle für den nichtöffentlichen Bereich ausschließen, gleichwohl aber der Sächsische Datenschutzbeauftragte dann kraft seiner neuen Stellung gegenüber privaten Personen in deren Rechte unmittelbar eingreifen kann und sicherlich auch eingreifen muss, ist zumindest eine wirksame Rechtmäßigkeitskontrolle angezeigt. Wir lösen dieses schwierige Spannungsfeld zwischen Weisungsungebundenheit des Datenschutzbeauftragten einerseits und der lückenlosen Rechtmäßigkeitskontrolle über dessen künftiges quasi exekutives Handeln andererseits dergestalt auf, dass wir eine Rechtsaufsicht durch das Staatsministerium der Justiz für ausreichend erachten. Dabei soll allerdings dem Justizministerium kein unmittelbares Weisungsrecht zustehen, sondern es soll die Möglichkeit einer Aufsichtsklage eröffnet werden, das heißt, der Weg einer letztendlich verwaltungsgerichtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit des Handelns des Sächsischen Datenschutzbeauftragten gegenüber privaten Personen.
Artikel 32 EG-Datenschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU dazu, zeitnah die erforderlichen Rechtsvorschriften so zu organisieren, dass den Schutzstandards dieser Richtlinie entsprochen wird. Dies ist insbesondere in Anbetracht des bereits genannten Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland ein sehr drängendes Gesetzgebungsprojekt. Die Adressaten dieser Richtlinie, also auch der Freistaat
Sachsen, haben die erforderlichen institutionellen Vorkehrungen für eine transparente, effiziente und die Bürgerinnen und Bürger wirksam schützende Verarbeitungskontrolle zu treffen.
Ich bin überzeugt, dass mit dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf die gemeinschaftsrechtlich im Minimum gebotene Eins-zu-eins-Umsetzung der zentralen Bestimmungen der EU-Datenschutzrichtlinie in guter Qualität gelingen wird. Wir freuen uns darüber hinaus, dass unsere Initiative ganz sicherlich nicht unmaßgeblich auch zu einer gewissen Beschleunigung im Denkprozess bei den Koalitionsfraktionen beigetragen hat, endlich das Gemeinschaftsrecht beim Datenschutz ernst zu nehmen und die längst überfällige Umsetzung in Landesrecht anzugehen. Das beweist der nächste Tagesordnungspunkt.
Anders als CDU und SPD haben wir uns allerdings ausschließlich auf ein Thema konzentriert, nämlich auf die Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes, und davon Abstand genommen, den Gesetzentwurf mit weiteren, auch durch uns wünschenswerten Änderungen des Sächsischen Datenschutzgesetzes zu überfrachten. Ich freue mich auf eine intensive und konstruktive Diskussion in den Fachausschüssen.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Entwurf an den Innenausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. – Ich sehe hier eine Wortmeldung, sicher noch eine Ergänzung.
Wir möchten beantragen, dass die Federführung geändert wird. Wir sind der Auffassung, dass es sachgerecht wäre, sie an den Verfassungs- und Rechtsausschuss zu geben, und zwar aus zwei Gründen: erstens, was die Zuständigkeit angeht, und zweitens auch in Bezug auf die Zeit. Bis zum Jahresende sind alle Innenausschusssitzungen mit Anhörungen voll gepackt. Es gibt kaum noch eine Möglichkeit, den Gesetzentwurf, der eigentlich schnellstens verabschiedet werden muss, in diesem Jahr zu beschließen. Wir wollen deshalb die Federführung ändern.
Ich möchte das aber mit einer Frage an die Koalition verbinden, und zwar dahin gehend, ob der nachfolgende Antrag dann auch dort federführend behandelt werden kann. Es macht wenig Sinn, den einen Datenschutzgesetzentwurf federführend im Verfassungsausschuss und den anderen im Innenausschuss zu behandeln. Von daher wäre ich vor der Abstimmung dankbar über ein Signal, ob der Antrag der Koalition gegebenenfalls auch federführend im Verfassungs- und Rechtsausschuss diskutiert werden kann.
behandelt werden. Deshalb keine Abstimmung. Dann soll es so sein. Aber die Verantwortung dafür trägt die Koalition.
Frau Präsidentin! Wir haben uns im Präsidium über diesen Fall der Federführung intensiv unterhalten und sind am Ende zu dem Ergebnis gekommen, dass das, was das Präsidium uns zur Abstimmung vorschlägt, sachgerecht ist. Herr Dr. Hahn, Sie können eine ganze Reihe Argumente vorbringen. Im Grunde müssen wir nach Regeln spielen. Die Regeln sind festgelegt. Wir werden deswegen Ihrer veränderten Federführung nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Hahn, das, was Sie hier vorgetragen haben, sind keine Argumente, sondern lediglich Behauptungen. Zweitens sind Sie jederzeit in der Lage, Anhörungen, die Sie beantragt haben, zu anderen Terminen durchführen zu lassen. Die Federführung für das Ressort Datenschutz ist nun einmal im Innenministerium angesiedelt. Das heißt, es enthebt auch die Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses nicht der Möglichkeit, an der Anhörung teilzunehmen, sodass die von Ihnen suggerierte Zeiteinsparung eben nicht greift. – Danke.
Meine Damen und Herren! Ich schlage vor, dass wir jetzt abstimmen. Ich wiederhole noch einmal: Federführung beim Innenausschuss, mitberatend der Haushalts- und Finanzausschuss sowie der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss. Wer der Überweisung die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist der Überweisung mehrheitlich zugestimmt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.
Zweitens ist in unserem Gesetzentwurf die Zuordnung ausdrücklich zum Justizminister vorgesehen. Von daher wäre es auch sachgerecht, dies im Verfassungs- und Rechtsausschuss zu behandeln. Wir denken allerdings, dass nur eine gemeinsame Behandlung Sinn macht. Wenn Sie das ablehnen, nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie über mindestens acht Monate verhindern wollen, dass das Gesetz in Kraft treten kann, weil es die notwendigen Anhörungen nicht geben kann. Wir bedauern dies ausdrücklich, aber wir werden dann auf unseren Antrag nicht bestehen. Beide Anträge sollten im gleichen Ausschuss
Dies ist aber nicht der Grund, weshalb sich die Koalitionsfraktionen entschlossen haben, Ihnen mit diesem Gesetzentwurf vorzuschlagen, die Kontrollzuständigkeit für den nichtöffentlichen Bereich künftig ebenfalls dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu übertragen.
Auch hierzu liegt keine Empfehlung des Präsidiums zur allgemeinen Aussprache vor. Es sprechen daher die Einreicherinnen, die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer möchte das bitte übernehmen? – Herr Abg. Bandmann, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie im Freistaat Sachsen die Bevölkerung, die Menschen im Land fragen, wer in unserem Land für die Kontrolle des Datenschutzes zuständig ist, dann werden Sie meist zur Antwort bekommen: der Sächsische Datenschutzbeauftragte. Das heißt, die wenigsten wissen, dass er zurzeit „nur“ für die Kontrolle der so genannten öffentlichen Stellen – also im Wesentlichen, einmal grob vereinfacht, der Verwaltung – zuständig ist und die Datenschutzkontrolle im so genannten nichtöffentlichen Bereich, also vor allem in der Privatwirtschaft, den Regierungspräsidien obliegt.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Regierungspräsidien haben diese Aufgabe nach unserer Überzeugung – der Überzeugung der Koalitionsfraktionen – bisher gut erfüllt. Sie haben auch im nichtöffentlichen Bereich ein hohes Datenschutzniveau. Dafür tragen die Regierungspräsidien mit ihrer Arbeit auch jetzt die Verantwortung. Dies gilt sowohl für die konkrete Überprüfung möglicher Datenschutzverstöße im Einzelfall als auch für die anlassunabhängige Kontrolltätigkeit, die seit einigen Jahren nach der EU-Datenschutzrichtlinie auch im nichtöffentlichen Bereich möglich ist.
Warum wollen wir also dennoch die Kontrollzuständigkeit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten übertragen? Weil wir uns davon eine zusätzliche Verbesserung des hohen Datenschutzniveaus in Sachsen versprechen. Wir, CDU und SPD, wollen mit der Bündelung der Zuständigkeit in einer Hand beim Sächsischen Datenschutzbeauftragten die Möglichkeit eröffnen, Synergieeffekte zu nutzen und – wenn man es so bezeichnen will – ein datenschutzrechtliches Kompetenzzentrum zu schaffen oder, besser gesagt, weiter zu verstärken. Mit der Bündelung in einer Hand lassen sich mögliche Kompetenzkonflikte von vornherein vermeiden.