Protocol of the Session on May 10, 2006

Frau Abg. Weihnert, bitte, noch als Einbringerin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfordert den Schutz der Daten auch von Privatpersonen. Der Sächsische Landtag hat sich daher in den vergangenen Jahren immer wieder intensiv mit der Rechtsstellung und den Kontrollbefugnissen des Datenschutzbeauftragten befasst. Nicht zuletzt möchte ich an das zähe Ringen um verfassungsgemäße Regelungen im Jahr 2003 erinnern. Sicher im Namen aller möchte ich mich bei Herrn Schurig und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die zügige und konsequente Umsetzung des damaligen Gesetzes bedanken.

Nicht zuletzt wird der Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand, den die für die Datenschutzkontrolle bisher zuständigen Stellen hatten, erheblich reduziert – einer der Vorredner hatte schon ein Beispiel in den Raum gestellt.

Wir glauben, das sind gute Gründe für diesen Gesetzentwurf. Damit ist eine Reihe weiterer Änderungen verbunden. Zunächst ist dem Datenschutzbeauftragten Behördeneigenschaft zu verleihen, soweit er die Einhaltung des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich kontrolliert. Aus diesem Grund ist er der Rechtsaufsicht des Innenministeriums zu unterstellen. Dies ist eine Folge, die sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Gebot einer demokratisch legitimierten Letztverantwortlichkeit der Exekutive gegenüber dem gewählten Parlament – Ihnen, meine Damen und Herren – ergibt.

Eine weitere Qualifizierung der Anwendung des Datenschutzes im Freistaat Sachsen war den Koalitionsfraktionen sehr wichtig; deshalb wurde eine entsprechende Passage in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Mit dem vorliegenden Gesetz setzt die Koalition ein weiteres Ziel dieses Vertrages um. Wie viele andere Bundesländer zuvor, halten wir es ebenfalls für zweckmäßig und geboten, die Datenschutzkontrolle im öffentlichen und privaten Bereich institutionell einheitlich zu regeln und beim Datenschutzbeauftragten des Landes zu bündeln.

Wir halten – wenn Sie mir diesen Einschub gestatten – gerade in diesem Punkt den Gesetzentwurf, den die Linksfraktion.PDS heute eingebracht hat, für höchst bedenklich. Der Versuch, Herr Dr. Friedrich, die Rechtsaufsicht insoweit auf eine so genannte Aufsichtsklage zu beschränken, ist verfassungsrechtlich zweifelhaft. Der Entwurf der Linksfraktion.PDS krankt im Übrigen auch an einem anderen wesentlichen Punkt: Es macht keinen Sinn, die Kontrollzuständigkeit für den Datenschutz in Zukunft einheitlich dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu übertragen, die Ahndung von datenschutzrechtlichen Ordnungswidrigkeiten nach dem Sächsischen Datenschutzgesetz aber bei den Regierungspräsidien zu belassen, die ansonsten in Zukunft mit der Datenschutzkontrolle nichts mehr zu tun haben werden.

Die Konzentration der Aufgaben in einer Hand hat dabei erhebliche Vorteile. Bisher mussten die Bürger zuerst prüfen, ob ihr Anliegen den öffentlichen oder privaten Bereich betraf, bevor sie ihre Bedenken anmelden konnten. Jetzt haben sie bei allen Fragen des Datenschutzes nur noch einen Ansprechpartner.

Wie schwierig die Zuordnung für den zumeist rechtsunkundigen Bürger war, zeigen die bisher häufigen Anfragen beim Datenschutzbeauftragten, ob zum Beispiel die Videoüberwachungen auf Bahnhöfen, Marktplätzen oder in Straßenbahnen den öffentlichen oder den privaten Bereich betreffen. Sicherlich sind nur wenige von vielen Problemstellungen genannt worden, deren Beantwortung bisher dem Bürger zugemutet wurde.

Wir wollen daher ganz bewusst den Beschlüssen anderer Länder, wie Berlin und Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, folgen und die Datenschutzaufsicht für den privaten Bereich aus der Exekutivverwaltung, nämlich den Regierungspräsidien, herausnehmen. Da jedoch die Kontrolle des nichtöffentlichen Bereiches, anders als der Datenschutz bei Behörden, weiterhin mit Eingriffen in die Rechte von natürlichen und juristischen Personen verbunden ist, muss eine Verbindung zur Exekutive bestehen bleiben.

Aus diesem Grund schlagen wir in unserem Entwurf konsequenterweise vor, den Sächsischen Datenschutzbeauftragten auch als zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 des Ordnungswidrigkeitengesetzes zu bestimmen. Mit den weiteren, im Wesentlichen klarstellenden Änderungen, die der Gesetzentwurf vorsieht und die die praktische Anwendung des Datenschutzgesetzes erleichtern sollen, werden wir zu einer weiteren Verbesserung des Datenschutzniveaus kommen.

Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu den vorgeschlagenen Überweisungen, federführend natürlich an den Innenausschuss. Gleichzeitig darf – hierauf legt meine Fraktion besonderen Wert – die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten nicht angetastet werden. Zu diesem Zweck sieht das Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Gesetz zwar eine Rechtsaufsicht durch das Innenministerium vor; durch das Fehlen einer Dienst- und Fachaufsicht bleibt jedoch die Unabhängigkeit des Sächsischen Datenschutzbeauftragten gewahrt.

Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass durch die zusätzlichen Aufgaben auch das notwendige Personal von den Regierungspräsidien auf den Datenschutzbeauftragten des Landes übertragen wird. Die Kompetenzverlagerung auf den Datenschutzbeauftragten ist somit nicht nur eine Formalie, sondern eine sinnvolle Aufgabenkonzentration. Damit können dann die Datenschutzbelange der Bürgerinnen und Bürger besser und effizienter aus einer Hand wahrgenommen werden.

Im Übrigen ist dieses Gesetzesvorhaben ein wichtiger Beitrag zu einer schlanken, modernen Verwaltungsstruktur, der sich die Koalition ganz besonders verpflichtet fühlt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer der Überweisung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist der Überweisung mit Mehrheit zugestimmt worden.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Neuordnung des Disziplinarrechts sowie zur Änderung anderer beamtenrechtlicher Vorschriften im Freistaat Sachsen und des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes

Drucksache 4/5064, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Auch zu diesem Punkt ist eine allgemeine Aussprache nicht vorgesehen. Daher spricht nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Herr Minister Dr. Buttolo, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zuverlässige Aufgabenerfüllung in der staatlichen und kommunalen Verwaltung und das Vertrauen der Bevölkerung in deren Bedienstete haben eine hohe Bedeutung. Ohne einen gut funktionierenden, sachkundigen und hoch motivierten öffentlichen Dienst war und ist eine Weiterentwicklung des Freistaates nicht denkbar. Die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist das Rückgrat des staatlichen Handelns, aber auch ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor für die Wirtschaft.

Mit Achtung und Anerkennung kann ich hier feststellen, dass sich die Bürger im Freistaat Sachsen auf ihren öffentlichen Dienst verlassen können. Dies gilt auch für das hoheitliche Tätigwerden der Beamten. Diese stehen zum Freistaat bzw. zu den kommunalen Körperschaften in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis. Von ihnen wird zu Recht erwartet, dass sie in ihrer dienstlichen Tätigkeit ausschließlich Gesetz und Recht verpflichtet sind. Sie haben dem im Dienst und außerhalb ihrer Rechte- und Pflichtenbindung zu ihrem Dienstherrn Rechnung zu tragen.

Diese gesetzmäßige Verwaltung zu erhalten und zu sichern ist die vorrangige Aufgabe des Disziplinarrechts, welches unter anderem eine wichtige Schutzfunktion zugunsten der Beamten erfüllt. Es stellt Verfahrensrege

lungen zur Verfügung, die gewährleisten, dass Vorwürfe gegenüber Beamten in einem gesetzlich geregelten Verfahren überprüft werden.

Der von der Sächsischen Staatsregierung eingebrachte Gesetzentwurf sieht eine grundlegende Neuregelung des im Grunde bewährten Disziplinarrechts vor. Ziel ist eine einfache und wirksame, den Erfordernissen einer modernen Verwaltungs- und Rechtspflege besser gerecht werdende Gestaltung der Disziplinarverfahren.

Die zurzeit geltende Sächsische Disziplinarordnung sieht eine zeit- und personalaufwändige Unterscheidung in Vorermittlungsverfahren, förmliche Disziplinarverfahren und Verfahren vor den Gerichten unter entsprechender Anwendung der Strafprozessordnung vor. Dabei dient das förmliche Disziplinarverfahren dazu, eine möglichst abschließende Beweisaufnahme herbeizuführen, um die Disziplinargerichte insoweit zu entlasten. Die Gerichte sollten sich auf die rechtliche Bewertung des Dienstvergehens beschränken können.

In Anlehnung an die im Jahr 2001 im Disziplinarrecht des Bundes vorgenommene Neuregelung soll die bisherige Sächsische Disziplinarordnung durch ein sächsisches Disziplinargesetz ersetzt werden. Verfahrensrechtlich soll das Disziplinarrecht von der Bindung an das Strafprozessrecht gelöst und stattdessen eng an das Verwaltungsverfahrensrecht und das Verwaltungsprozessrecht angelehnt werden.

Die Unterscheidung zwischen nichtförmlichem und förmlichem Verfahren soll aufgegeben und stattdessen die

Dies sind nur einige wesentliche Regelungsinhalte. Disziplinarermittlungen in einem einheitlichen Verwaltungsverfahren durchgeführt werden. Deren Ergebnis bildet die Grundlage sowohl für den Erlass einer Disziplinarverfügung als auch für die Erhebung einer Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht. Durch diese Konzeption wird eine nicht unerhebliche Beschleunigung der Verfahren herbeigeführt.

Aufgrund der grundlegenden Neuregelung des Disziplinarrechts sind Folgeänderungen in mehreren anderen dienstrechtlichen Gesetzen, insbesondere im Sächsischen Beamtengesetz und im Sächsischen Richtergesetz, erforderlich geworden. Die Notwendigkeit der Änderung der dienstrechtlichen Gesetze soll genutzt werden, weitere durch die Rechtsentwicklung in Deutschland und auf der Ebene der EU zwingend erforderliche Änderungen vorzunehmen.

Die Disziplinarbefugnis des Dienstvorgesetzten soll dahin gehend erweitert werden, dass dieser nicht nur Verweise und Geldbußen, sondern auch Kürzungen der Dienstbezüge sowie die Kürzung des Ruhegehalts verhängen kann. Hierdurch kann die Zahl der Disziplinarklageverfahren verringert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD) Für die verschiedenen Stadien des Verfahrens wird außerdem die Möglichkeit vorgesehen, einzelne untergeordnete Handlungen aus dem Verfahren auszuklammern, um dadurch einer unnötigen Überfrachtung der Verfahren und den hiermit einhergehenden Verfahrensverzögerungen entgegenzusteuern.

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer kann der Überweisung die Zustimmung geben? – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Neu ist, auch im Interesse eines Gleichlaufs zwischen Bundes- und Landesdisziplinarrecht, eine Revisionsinstanz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Damit soll der angesichts des nahezu übereinstimmenden Pflichtenkreises bei Bundes- und Landesbeamten nicht länger haltbare Zustand eines weitgehenden Auseinanderlaufens der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung in Bund und Ländern weitestgehend überwunden werden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen und weiterer Gesetze

Drucksache 4/5086, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Auch zu diesem Punkt liegt keine Empfehlung vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Deshalb spricht nur die einreichende Fraktion, die FDP-Fraktion. Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen und weiterer Gesetze hat kurz und prägnant ein Ziel: Wir wollen das aktive Wahlalter bei Kommunalwahlen in Sachsen auf 16 Jahre absenken.

Das ist keine Erfindung, die erstmals in Sachsen ausprobiert werden soll. In Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist dies bereits geltende Gesetzeslage. Die Erfahrungen, die man dort mit der Absenkung des aktiven Wahlalters bei Kommunalwahlen gemacht hat, sind keine schlechten, meine Damen und Herren. Hunderttausend 16- und 17-jährige Jugendliche in Sachsen haben Interesse an der Mitgestaltung des Gemeinwesens. Wir sollten ihnen die Chance einräumen, dass sie davon bei Kommunalwahlen Gebrauch machen können. Wir

trauen, anders als vielleicht manche in diesem Haus, auch Jugendlichen die persönliche Reife zur Beteiligung an der politischen Willensbildung auf kommunaler Ebene zu.

Wir stehen damit nicht allein. Es gibt auch Mitglieder der Staatsregierung, die sich in diesem Sinne bereits sehr löblich geäußert haben. Herr Kollege Schiemann, nur für Sie darf ich Frau Staatsministerin Orosz aus der Studie „Jugend 2005 in Sachsen“ zitieren: „Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit sich und mit ihrer Zukunft. Wenn sich 2005 die Meinungen hinsichtlich der politischen Einflussmöglichkeiten des Einzelnen in Sachsen insgesamt positiv verändert haben, so gilt es, Jugendliche in Zukunft noch stärker in politische Entscheidungen einzubeziehen und am politischen und gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Jugendliche wollen sich engagieren und ihre Umwelt persönlich mitgestalten.“ Sehr recht, dem stimmen wir selbstverständlich zu.

(Beifall bei der FDP)

Der Koalitionsvertrag spricht ebenfalls davon, dass junge Menschen verstärkt die Möglichkeit haben sollen, sich