Natürlich, aber auch andere. – Der Effekt für die Stromverbraucher wäre doch viel, viel größer, wenn man diese Einnahmen voll und ganz in die Senkung der Stromsteuer stecken würde; dann würden diejenigen, die durch die Zertifikate, durch die erhöhten Kosten belastet werden, auch wieder maximal entlastet werden – und nicht alle anderen auch. Das wäre konsequent gewesen, und genau das haben Sie nicht beantragt.
Sie brauchen sich gar nicht so zu echauffieren. In Ihrem Antrag steht auch, dass Sie eine Teilauktionierung haben wollen. Eine Auktionierung wäre vollkommen richtig, wenn wir die Zertifikate nicht kostenlos abgeben, sondern versteigern würden. Dann hätten wir auf vollkommen legale Weise eine Einnahme, die man verwenden könnte, um zum Beispiel die Stromsteuer zu senken.
Das war – das gebe ich zu – noch nicht möglich, als Sie die Regierungsverantwortung in Berlin trugen. Jetzt wäre es möglich, aber die jetzige Bundesregierung will dieses Modell auch nicht umsetzen. Ich kann das nicht verstehen. Hier wäre eine wirksame Möglichkeit vorhanden, etwas abzuschöpfen, wenn man es denn wollte.
Auch im Antragstext passt es doch überhaupt nicht. Sie sagen, die Zusatzprofite, die durch den CO2-Handel, den Zertifikatehandel, entstehen, sollten abgeschöpft werden.
Durch den Handel entstehen aber keine Zusatzgewinne, sondern sie entstehen durch die Möglichkeit, diese Opportunitätskosten in die Strompreise einzubeziehen. Herr Weichert hat zu Recht beschrieben, dass es so ist. Sie wissen also, wie es ist. Warum schreiben Sie es nicht so in den Antrag, wie es ist? Auch das zeigt, dass das alles reichlich unausgegoren ist.
Sie vergessen auch völlig, dass die Gewinne der Stromkonzerne natürlich auch versteuert werden. Selbstverständlich unterliegen sie der Versteuerung. Das heißt, ein beträchtlicher Teil dieser Gewinne fließt schon dem Fiskus zu, ist also bereits abgeschöpft worden. Denken Sie einmal an die Körperschaftsteuer, die die Unternehmen bezahlen müssen. Das haben die Finanzminister doch schon im Säckel, das ist doch schon abgeschöpft worden. 25 %! Das heißt, Sie könnten die Mehrwertsteuer gar nicht um einen Prozentpunkt absenken, weil das schon abgeschöpft worden ist. Auch das zeigt, dass der Antrag etwas unausgegoren ist.
Aus diesem Grunde muss ich Ihnen leider sagen, dass wir dem von Ihnen vorgelegten Antrag nicht zustimmen können. Die Problembeschreibung ist zwar richtig, aber mit dem Instrumentarium, das Sie hier vorschlagen, kann man das Problem nicht lösen. Wir hatten von Ihnen zu diesem Thema schon wesentlich fundiertere Anträge.
Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Dann erhält die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Jurk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu Beginn meiner Rede eine Vorbemerkung: Die Energiepolitik ist wohl zum Dauerbrenner auf Landtagssitzungen geworden. Dies ist angesichts der Preisentwicklung auf den Strom- und Gasmärkten, die nicht wirklich marktkonform organisiert sind, aber auch verständlich. Die hohen Preise betreffen den privaten wie den gewerblichen Energiebedarf, also grundsätzlich den Verbrauch. Schließlich ist sichere und bezahlbare Energie eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung unseres Wirtschaftsstandortes Sachsen.
Sie haben heute erneut und zu Recht die Problematik der Windfall Profits angesprochen, die die Kraftwerksbetreiber in Milliardenhöhe dadurch eingestrichen haben, dass sie unter anderem die kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate nicht nur in ihre Preiskalkulation einbezogen haben, sondern diese Preise aufgrund der oligopolistischen Struktur des Energiemarktes auch weitestgehend am Markt durchsetzen konnten.
Wie reagieren wir nun darauf? Bisher hatten die Bündnisgrünen vorgeschlagen, in der kommenden Allokationsperiode durch einen teilweisen Ersatz der kostenlosen
Zuteilung durch eine Auktion einen Teil dieser Profite abzuschöpfen und direkt in Gestalt einer Verringerung der geplanten Mehrwertsteuererhöhung an die Bürger weiterzugeben. Es stimmt, dass die ab der nächsten Allokationsperiode nach EU-Recht mögliche zehnprozentige Versteigerung der zuzuteilenden Zertifikate ein sinnvoller Schritt sein kann.
Nun aber wollen die GRÜNEN rückwirkend entstandene Windfall Profits nicht zu 10 %, sondern gleich zu 100 % wieder abschöpfen. Außerdem wollen sie die Gewinne der Betreiber von Kernkraftwerken und Braunkohlenkraftwerken abschöpfen, die die Betreiber dieser Kraftwerke bei konstanten Preisen für ihre eigenen Rohstoffe von der durch die Öl- und Gaspreisdynamik angetriebenen Strompreisentwicklung erzielt haben.
Dazu kann ich nur Folgendes sagen: Die rechtliche Unhaltbarkeit solcher Denkfiguren scheint für Sie in der Opposition kein Problem darzustellen. Für die Regierung sage ich: Es ist schlicht und einfach nicht möglich, das Recht rückwirkend zu ändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sollen nachträglich Gewinne, die zum Teil auch auf politisch falsche Weichenstellungen zurückzuführen sind, wieder eingesammelt werden, um sie vorsorglich schon einmal den Bürgerinnen und Bürgern zurückzuversprechen. Eine nachhaltige Energiepolitik sieht doch wohl anders aus. Sie kümmert sich darum, dass in Zukunft das klimapolitisch sinnvolle Instrument der Vergabe der CO2-Zertifikate zielgerichteter eingesetzt wird.
Sie und ich wissen, dass der vor zwei Jahren beschlossene Nationale Allokationsplan I und das zugehörige Zuteilungsgesetz, die insgesamt 58 Kombinationen von Sonderregelungen ermöglichen, eben nicht das Gelbe vom Ei gewesen sind.
Zurzeit erreichen uns bemerkenswerte Signale aus Leipzig. An der Strombörse sind die Preise bei den gehandelten Strommengen und ebenso bei den CO2-Zertifikaten – hier von 30 auf zwölf Euro pro Tonne – zeitweise deutlich gesunken. Die Vertreter der Energiewirtschaft beeilen sich bereits mit ihren bekannten Erklärungen, dass diese Preissenkungen natürlich nicht sofort an die Verbraucher weitergegeben werden könnten, da man sich ja für die nächsten Monate bereits zu höheren Preisen eingedeckt habe. Bei den Preiserhöhungsrunden hat man allerdings nicht auf die zu niedrigen Preisen eingekauften Vorräte hingewiesen.
Wir müssen fordern, dass Preissenkungsspielräume genutzt werden. Ich höre natürlich den Vertretern der Energiewirtschaft zu, insbesondere denen des Konzerns Vattenfall. Jawohl, der Deutschlandchef Klaus Rauscher erklärt des Öfteren die Notwendigkeit von Preiserhöhungen. Der Chef seines Mutterkonzerns, Herr Josefsson, betonte hingegen in den vergangenen Monaten mehrfach – zuletzt übrigens nachzulesen in der „Financial Times Deutschland“ vom 28. April dieses Jahres –, dass die riesigen Gewinne seines Konzerns zu einem großen Teil auf das hohe Strompreisniveau in Deutschland zurückzu
Man sollte aber auch darauf hinweisen – und da bin ich, glaube ich, mit der Mehrheit im Hause einer Meinung –, dass sich Vattenfall auch zu Investitionen in Sachsen bekennt. Ich halte das für eine richtige und gute Entscheidung und begrüße ausdrücklich die Investition, die in Boxberg getätigt werden soll, auch wenn das im Brandenburgischen ist.
Ich finde es richtig, dass man sich eben auch im Zusammenhang mit dem Klimaschutz Gedanken darüber macht, wie man es schafft, das CO2 abzuschneiden und unter dem Stichwort CO2-freies Kraftwerk in Boxberg eine Modellanlage in Gang zu setzen, von der ich mir einiges verspreche, weil sie eben Pilotcharakter für weitere Anlagen haben kann. Deshalb begrüße ich dieses Engagement von Vattenfall ausdrücklich.
Herr Minister, ich finde es gut, dass Sie auf die Gewinne von Vattenfall in Deutschland hingewiesen haben. Ist Ihnen bekannt, dass Vattenfall mit diesen Gewinnen in Schweden selbst die Strompreise künstlich niedrig hält, also subventioniert? Das heißt, durch die Abzockerei der Bürgerinnen und Bürger hier vor Ort werden dort Preise subventioniert.
Frau Abgeordnete, ich weiß, dass man in Schweden mit einer Niedrigpreisgarantie wirbt, die ich mir auch für Deutschland vorstellen könnte. Ich will das so sagen.
Ich will kurz auf Herrn Lichdi eingehen. Das CO2-freie Kraftwerk – ich würde eher sagen, es ist ein CO2 abschneidendes Kraftwerk, denn das CO2 entsteht trotzdem beim Verbrennungsprozess – soll tatsächlich in Schwarze Pumpe entstehen. Das ist an der Landesgrenze zwischen Sachsen und Brandenburg, also nicht in Jänschwalde. Das musste ich einfach richtig stellen, weil ich weiß, dass Sie ein Freund der klaren Aussagen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier auf einen anderen wichtigen Aspekt einer nachhaltigen Energiepolitik hinweisen. Seit Juli des vergangenen Jahres ist die Stromnetzzugangsverordnung in Kraft, die die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, ihre wichtigsten Netzdaten offen zu legen. Mit Hilfe dieser neuen Transparenz lässt sich erstmals in Zahlen glasklar belegen, was die schon von mir zitierte „Financial Times Deutschland“ am 28. April 2006 feststellte. Ich zitiere: „Je mehr der Anteil des Windstroms im deutschen Netz steigt,
Am Spotmarkt der EEX kostete die Kilowattstunde im Jahr 2004 im Mittel noch 2,9 Cent. Im ersten Quartal 2006 lag der Durchschnittspreis bereits bei 6,5 Cent. Und das sind nur die Preise für die Grundlast! Der Tagstrom zwischen 8 und 20 Uhr, die so genannte Picload, wird schon im Bereich von mehr als 8 Eurocent gehandelt. Der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu zahlende Einspeisungspreis beträgt 8,3 Cent je Kilowattstunde. Hier kommen wir also bereits in den Bereich, in dem es demnächst für die Betreiber von Windkraftanlagen günstiger sein kann, ihren Strom an der Börse zu handeln, anstatt über die Einspeiseverpflichtung abzurechnen.
Aber auch schon jetzt wirkt der Windstrom allein durch sein erhöhtes Stromangebot messbar senkend auf die Börsenpreise. Die mit der Stromnetzzugangsverordnung möglichen statistischen Analysen belegen nach Angaben der „Financial Times Deutschland“ für das I. Quartal 2006: „Je 1 000 MW Windkraft, die in das deutsche Netz eingespeist werden, wird der Börsenstrom um etwa 0,2 bis 0,3 Cent je Kilowattstunde billiger. Bei durchschnittlich 4 000 MW, die in den vergangenen drei Monaten bundesweit eingespeist wurden, ergibt sich folglich ein Windbonus von etwa einem Cent je Kilowattstunde.“ – So weit die „Financial Times“.
Es ist noch nicht lange her, da wurde jede Form der erneuerbaren Energien selbst von ihren Anhängern als preistreibend angesehen. Hier haben wir bereits ein Beispiel an erneuerbarer Energie, die sich etabliert und am Markt zu behaupten beginnt. Anders gesagt: Hier profitieren wir im Wortsinne alle von Windfall Profits.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gerade von den sinkenden Preisen für Emissionsrechte an der Leipziger Strombörse gesprochen. Ein Grund dafür sind die Signale, dass in einigen Ländern – Frau Runge hat sie erwähnt: Frankreich, Tschechien, Niederlande – die Kohlendioxidemissionen geringer ausgefallen sind als erwartet. Dies führt zu einem Überangebot an Zertifikaten. Lassen wir uns aber nicht täuschen! Es geht hier nicht etwa um große klimapolitische Erfolge, sondern um kleine Abweichungen von den Erwartungen, auf die die Börse stark reagiert.
Bei den Preisbewegungen handelt es sich auch um einen Hinweis auf die Nervosität der oligopolen Marktteilnehmer mit Blick auf den zur Entscheidung anstehenden NAP II, den Nationalen Allokationsplan II, den die Bundesregierung bis zum 30. Juni dieses Jahres der EUKommission vorlegen muss. Der Entwurf des Bundesumweltministeriums vom 13. April berücksichtigt zwar eine Reihe von negativen Erfahrungen mit dem Nationalen Allokationsplan I, aber er sieht weder eine nach EURecht mögliche zehnprozentige Auktionierung noch ein Einpreisungsverbot der kostenlos zugeteilten Zertifikate vor.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat im April eine Stellungnahme zur nationalen Umsetzung des euro
päischen Emissionshandels vorgelegt. Die Sachverständigen stellen ihre Ausführungen unter den provokanten Titel „Marktwirtschaftlicher Klimaschutz oder Fortsetzung der energiepolitischen Subventionspolitik mit anderen Mitteln, großes Fragezeichen“. Diese lesenswerte Stellungnahme macht noch einmal deutlich, dass die Kernidee des europaweiten Emissionszertifikatehandels der Klimaschutz ist, und sie kritisiert zugleich den Versuch der Bundesregierung im Rahmen der ersten Allokationsperiode, es allen Marktteilnehmern recht machen zu wollen.
Die einfache Idee des Emissionshandels besteht ja darin, durch eine künstliche Verknappung einen Rahmen im bestehenden Preissystem festzulegen, der klimaschädigende Emissionen an geeigneten Orten und damit zu geringen Kosten vermeidet. Dieses Konzept wird durch die Vielzahl von Sonderregelungen – ich habe sie erst erwähnt – konterkariert. Ich nenne als Beispiel nur die Regelungen für Ersatzanlagen und Neuanlagen. Das System arbeitet damit derzeit in Teilen gegen sich selbst und gebiert dabei beispielsweise die heute diskutierten Verzerrungen in Gestalt der Windfall Profits.
Ich werde in den nächsten Wochen dafür eintreten, dass die Bedingungen des Emissionshandels in den nächsten Jahren so gestaltet werden, dass wir einen optimalen Klimaschutz zu möglichst günstigen Preisen erzielen – und das, ohne auf die vermeintlich billige Lösung von längeren Laufzeiten für alte Kernkraftwerke zu setzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr unangenehm berührt hat mich vor wenigen Wochen eine Anzeigenkampagne der vier großen Energieversorger in Deutschland – und dies ausgerechnet in der Woche des Gedenkens an den Super-GAU von Tschernobyl von vor 20 Jahren. Die Konzerne nutzten ihre Marktmacht dazu, mit Parolen, wie „Sicher Kernenergie“ und „Sicherheit hat ein Gesicht“ Mitarbeiter von Kernkraftwerken zu instrumentalisieren, Risiken und Gefahren dieser Technologie zu verharmlosen. So wird das Geld der Stromversorger für großflächige farbige Anzeigen zum medialen Fenster hinausgeworfen, anstatt für einen zukunftsträchtigen Energiemix und angemessene Energiepreise zu sorgen.
Denn die Stromverbraucher haben ein Recht auf angemessene und bezahlbare Preise. Die Stromwirtschaft hat ein Recht auf Bedingungen und eine daraus resultierende Pflicht, zugleich einen optimalen Klimaschutz zu möglichst günstigen Preisen zu erzielen.
Gemäß dem Beschluss des Landtags vom 6. April 2006 zum Antrag der Regierungsfraktionen CDU und SPD „Anstieg der Energiepreise stoppen“ wird sich die Staatsregierung im Bundesrat dem Ziel eines Verbots der Einrechnung kostenlos erteilter Emissionszertifikate in die Kostenkalkulation der Stromerzeuger widmen. Sie wird hierbei aber nicht stehen bleiben, sondern sich darüber hinaus mit anderen gemeinsam um einen funktionierenden Emissionszertifikatehandel bemühen. Die
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war jetzt eine schöne Stunde Seminar in Finanz-, Energie- und Wirtschaftspolitik.
genannte Stellungnahme des Sachverständigenrates für Umweltfragen muss dabei ernsthaft in die politischen Überlegungen einbezogen werden. Ich nenne hier nur die wesentlichsten Empfehlungen der Sachverständigen:
Ausschöpfung des Spielraums der EU-Richtlinien für die kommende Handelsperiode. Das heißt Versteigerung von 10 % der Emissionsrechte, für die Zeit nach 2012 Übergang zu einer kompletten Auktionierung.
Sollte die Versteigerung politisch nicht durchsetzbar sein, empfehlen die Sachverständigen eine Abkehr von der periodischen Zuteilung. Durch eine einmalige kostenlose Zuteilung dauerhafter Emissionsrechte anhand historischer Daten könnte ein funktionierendes System hoher Planungssicherheit geschaffen werden. Zumindest sollten die Handelsperioden aber auf einen längeren Zeitraum, beispielsweise auf zehn Jahre, gestreckt werden.
Weitgehende Abschaffung von Sonderregelungen, die die Effizienz des Emissionshandelssystems vermindern und zu höheren Klimaschutzkosten, letztlich zu geringeren CO2-Verminderungen führen.
Die Sonderregelungen müssen also noch einmal sehr gründlich bedacht werden. Außerdem sollten wir über eine flexible Handhabung des Zertifikatangebots innerhalb der Handelsperioden nachdenken. So könnten zu starke Preisfluktuationen im Interesse der Planungssicherheit der Investoren und damit auch des Klimaschutzes vermieden werden.