Protocol of the Session on April 5, 2006

Wir stimmen jetzt ab über die Nr. 1, wie sie in der Beschlussempfehlung vorliegt. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Nr. 1 im Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe die Nrn. 2, 3, 3a und 3b von Artikel 1 auf. Hierzu gibt es keine Änderungsanträge. Wer möchte dem zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dagegen ist den Nrn. 2, 3, 3a und 3b mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe Nr. 4 von Artikel 1 auf. Hier gibt es Änderungsanträge. Ich rufe Drucksache 4/4863 auf. Das ist der Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN. Ich bitte um Einbringung. Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Hier geht es um den schon viel besprochenen Kernbereichsschutz. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich jetzt etwas länger ausholen. Mir ist es wichtig, noch einmal auf die fundamentale Bedeutung dieser Rechtsprechung hinzuweisen, deren Kern darin besteht, dass es tatsächlich einen absoluten Schutzbereich gibt, in dem der Staat, egal unter welchen Voraussetzungen keinesfalls – selbst zur Verfolgung schwerster Straftaten – nicht eingreifen kann. Wir halten das für eine fundamentale und sehr begrüßenswerte Entwicklung.

Mir ist es auch wichtig, gerade in dieser Zeit darauf hinzuweisen, in der es manche Juristen gibt, die so etwas wie eine menschenfreundliche Folter nachweisen wollen. Das ist eine Geschichte, die wir uns alle zu Herzen nehmen sollten – weit über die Frage, die wir heute diskutieren, hinaus.

Es wurde schon des Öfteren angesprochen, dass wir versuchen, den Kernbereich näher zu fassen.

Frau Weihnert, ich gebe gerne zu, dass es äußerst schwierig ist, dies zu tun. Aber die Schwierigkeit als solche entbindet uns nicht von der Pflicht, es zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer tatsächlich mit Aufmerksamkeit und aller gebotenen juristischen Schärfe das Bundesverfassungsgerichtsurteil und im Übrigen auch das erste Polizeigesetzurteil des Sächsischen Verfassungsgerichtes von 1996 liest, weiß, dass er hier regeln muss. Wir kommen nicht drum herum.

Ich möchte Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, auch darauf aufmerksam machen, dass zum 3. März 2006 die Humanistische Union genau wegen dieser Fragen erneut Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt hat. Das heißt, wir werden in Zukunft wissen, wer Recht hatte. Ich gehe fest

davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidung aufheben wird.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Wir werden uns in naher Zukunft bei der Novelle des Polizeigesetzes damit erneut auseinander setzen.

Vielen Dank.

Gibt es dazu Redebedarf? – Herr Bartl, bitte. Danach Herr Bandmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag zu. Wir sind der gleichen Auffassung wie die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass der Verfassungsgesetzgeber unmissverständlich klargestellt hat, dass diese Problematik wegen der Wesentlichkeitstheorie im Gesetz zu definieren ist. Dass dies nicht vollständig definiert werden kann, ist klar. Boris Becker hätte vielleicht gern die Besenkammer aufgezählt, aber das ist eine andere Frage. Ich habe klipp und klar in dem Fall das Wort „regelmäßig“ davor stehen. Frau Weihnert führte aus, „regelmäßig“ seien sie zuzurechnen. Damit sind diese entsprechenden Beispiele einfach das Nachfolgende, was damit gemeint ist. Insofern wäre es eine hinreichend korrekte Bestimmung und jedenfalls deutlicher an der verfassungsrechtlichen Haltbarkeit, als überhaupt nichts hineinzuschreiben.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Wer möchte sich noch dazu äußern? – Herr Bandmann, bitte.

Frau Präsidentin! Sowohl im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss als auch im Innenausschuss ist dieser Sachverhalt ausdrücklich und intensiv gewürdigt worden. Wir bleiben bei dem Vorschlag im Gesetzentwurf und bitten dafür um Zustimmung sowie um Ablehnung des Änderungsantrages.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Weil Sie es nicht verstanden haben! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das wird Boris Becker nicht gefallen!)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vorliegend in der Drucksache 4/4863. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf zu Nr. 4 den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4862. Das ist unter Ziffer I ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte Herrn Lichdi um Einbringung des Änderungsantrages.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! In diesem Antrag geht es um die Benachrichtigung. Ich möchte ausdrücklich die Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass sowohl der Sächsische Verfassungsgerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen haben, dass die Notwendigkeit einer Benachrichtigung für den Betroffenen – wohlgemerkt nach Beendigung der Maßnahme – in Artikel 19 Abs. 4 wurzelt und Grundrechtsbedeutung hat. Das heißt, wir können nicht weiter so lässig umgehen, wie bisher in Deutschland damit umgegangen worden ist.

Es gibt empirische Studien, die besagen, dass nur in einem Drittel der Fälle – demnach also in zwei Drittel überhaupt nicht – benachrichtigt wurde. Das hat seine gesetzgeberischen Gründe. In den Gesetzen steht, wenn es der Verwaltung zu schwierig ist, den Betroffenen zu ermitteln, dann können sie es sein lassen. Genau diese Regelung sieht jetzt auch die Koalition wieder vor. Wir halten das vor dem grundrechtlichen Hintergrund für unverantwortlich und wollen mit unserer Regelung alle – Manipulationen wäre zu scharf gesagt – Möglichkeiten, nicht zu benachrichtigen, sicher ausschließen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer möchte sich dazu äußern? – Herr Abg. Bandmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Koalition sieht in § 5 a für den Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung – und das weiß Kollege Lichdi von den GRÜNEN sehr genau – ausdrücklich eine Benachrichtigungspflicht vor.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Lesen Sie weiter!)

Dies zu Recht, weil die Maßnahmen regelmäßig mit einem Grundrechtseingriff – das ist in der Tat eine hohe Schwelle, die da überschritten wird – von besonders hoher Intensität verbunden sind. Für eine Ausdehnung auf alle Maßnahmen, bei denen verdeckte Mittel zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden, sehen wir im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz aber keine Veranlassung. Das heißt, wenn feindliche Dienste in den Blick kommen, müsste man diese nach der Vorstellung von Herrn Lichdi informieren. Ich denke, diese Frage beantwortet sich von selbst.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Entweder hat Kollege Bandmann den Änderungsantrag nicht gelesen oder nicht verstanden. Ich halte beides für denkbar.

(Zuruf von der CDU)

Der Antrag an sich ist doch wohl nachvollziehbar. Es geht darum, eine Hintertür zu schließen, möglichst vollständig zu schließen. Wir wissen aus Anfragen im Parlament, dass die Information nicht bei einem Drittel der Betroffenen liegt, Herr Kollege Lichdi, sondern noch deutlich darunter. Das heißt, im Regelfall wird nicht informiert. Das ist die Praxis in Sachsen. Insofern ist es völlig richtig, dass dies korrigiert werden muss. Deshalb stimmen wir dem Antrag auch zu.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vorliegend in Drucksache 4/4862. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir sind noch beim Artikel 1 Nr. 4. Dazu gibt es einen Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, vorliegend in Drucksache 4/4866. Wird die Einbringung gewünscht? – Herr Bartl, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! In wesentlichen Teilen haben wir in dem Diskussionsbeitrag bereits dargelegt, worum es uns in diesem Änderungsantrag geht, der besonders auf den Artikel 13 Abs. 4 und dergleichen mehr verweist. Ich würde also jetzt darum bitten, dass der Landtag, auch unter den Erwägungen, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dargelegt hat, unserem Antrag zustimmt und damit dieses inzwischen qualifizierte Gesetz endgültig in die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bringt.

Gibt es Redebedarf dazu? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt abstimmen über den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, vorliegend in der Drucksache 4/4866, und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse jetzt abstimmen über Artikel 1 Nr. 4, wie es in der Beschlussempfehlung empfohlen worden ist. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Anzahl von Stimmen dagegen wurde der Nr. 4 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf Artikel 1 Nr. 5. Auch hierzu gibt es Änderungsanträge. Ich bitte zuerst um Einbringung des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vorliegend in der Drucksache 4/4864, wenn gewünscht. – Herr Lichdi, bitte.

Frau Präsidentin! Das sind Folgeänderungen, genauso wie die Ziffern 6 und 8. Deshalb muss darüber nicht neu abgestimmt werden, weil

das bei der Abstimmung zu Ziffer 1 bereits abgelehnt wurde.

Gut, danke. – Ich rufe nun den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS auf, vorliegend in der Drucksache 4/4866. Sind das auch Folgeanträge? – Herr Bartl, bitte.

Ich gehe davon aus, dass diesem Änderungsantrag durch die Mehrheit dieses Hauses zugestimmt werden muss. Ich mache wie Frau Präsidentin eine weise Vorhersage. Der Koalition ist bei der entsprechenden Anpassung der Rechtsvorschriften ein Fehler unterlaufen. Sie hat es in Nr. 6 versäumt, die Nr. 5 zu streichen, weil dies Bezug nimmt auf die geänderte Fassung, in der die OK noch enthalten war. Sie haben in der jetzigen Gesetzesfassung in den hinteren Paragrafen die Anpassung an den Artikel 1 Abs. 2 nicht vorgenommen. Das ist das, was wir mehr oder weniger wollen. Jetzt bleibt damit praktisch ein Verweis auf eine Bestimmung enthalten, die Sie selbst aufgehoben haben.

Es gibt Redebedarf. Herr Abg. Bandmann, bitte.

Der Hinweis, dass in der genannten Nummer des Gesetzes mit dem Änderungsgesetz nunmehr eine Änderung als Folgeänderung vorgenommen werden müsste, wäre zunächst richtig. Gleichwohl kann dem Antrag der Linksfraktion.PDS insofern nicht zugestimmt werden, weil in diesem Fall zugleich im Gesetzentwurf der neu eingefügte § 5a entfallen würde. Der Antrag ist deshalb abzulehnen.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Bartl, bitte.

Frau Präsidentin! Es geht letztlich um eine sachgerechte Auslegung der Anträge. Sofern der § 5a eingefügt wird, wenn er in der Gesamtfassung so beschlossen werden sollte, müsste es einen Bezug auf den § 5a geben, Herr Bandmann. Nichtsdestotrotz können Sie doch im Gesetz nicht den Verweis auf einen nicht mehr vorhandenen Absatz stehen lassen. Was soll das jetzt?

(Zuruf von der CDU)

Gibt es noch einmal Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Ich lasse über den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS zu Nr. 5 abstimmen, vorliegend in der Drucksache 4/4866. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.