2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches
Drucksache 4/4493, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend
Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich frage trotzdem, ob ein Abgeordneter das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall. Somit kommen wir gleich zu den Einzelberatungen. Ich frage die Berichterstatterin des Ausschusses, Frau Herrmann, ob sie das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise in der Fassung, wie sie vom Ausschuss vorgeschlagen wurde, zu beraten und abzustimmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir jetzt zu den Abstimmungen kommen.
Auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses, vorliegend in der Drucksache 4/4493, lasse ich über die Gesetzesüberschrift abstimmen. Wer der Überschrift die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Wir stimmen über Artikel 1 ab. Wer dem Artikel 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Wir stimmen über Artikel 2 ab. Wer dem Artikel 2 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Hand
zeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Da in der 2. Beratung keine Änderungen beschlossen worden sind, eröffne ich die 3. Beratung. Es liegt kein Wunsch zu einer allgemeinen Aussprache vor. Ich stelle deshalb den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches in der während der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung.
Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.
Wir treten in eine Pause von 30 Minuten ein, weil jetzt die Wahl vorgesehen war. Ich schlage Ihnen vor, dass wir uns 11:45 Uhr zu einem weiteren Wahlgang zusammenfinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beantragte Auszeit ist abgelaufen – ich hatte gesagt, dass wir 11:45 Uhr fortfahren. Wir setzen deshalb unsere Tagesordnung fort. Aufgerufen ist
2. und 3. Lesung des Entwurfs Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zum Sächsischen Landtag
Den Fraktionen wird zu einer allgemeinen Aussprache das Wort erteilt. Es beginnt die Linksfraktion.PDS, danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Linksfraktion.PDS, das Wort zu nehmen.
Ich darf Sie darüber informieren, dass mir in der Zwischenzeit der Wahlvorschlag der Fraktion der NPD vorliegt. Ich bitte zu akzeptieren, dass wir die Wahl dann durchführen werden, wenn der Tagesordnungspunkt 6 abgeschlossen ist. Zurzeit müssen die entsprechenden Unterlagen noch gedruckt werden. – Herr Bartl, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ist in seinem Umfang knapp gehalten und in seinem Anliegen eindeutig. Zu den letzten Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag wurden zwei von der PDS für die Leipziger Wahlkreise 28, Leipzig 4 und 31, Leipzig 7 nominierte Direktbewerber durch die Landeswahlleiterin zur Wahl nicht zugelassen, weil sie – und zwar ausschließlich wegen eines Organisationsversehens – die Erklärung nach § 15 Nr. 3 des Sächsischen Wahlgesetzes nicht rechtzeitig vorgelegt hatten. Es handelt sich um eine Erklärung – dies muss man anfügen –, die nur beinhaltet, dass der betreffende Bewerber in deklaratorischer Weise bekundet, dass er Artikel 118 der Sächsischen Verfassung mit der dort geregelten Möglichkeit, das Mandat wegen MfS-Belastung bzw. Verstößen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit abzuerkennen, kennt. Mehr ist es nicht.
Nachdem sie deshalb nicht zugelassen worden sind, weil durch eine Organisationspanne die Erklärung nicht rechtzeitig da war, reichten sie gegen die Nichtzulassung nach Feststellung des rechtsgültigen Wahlergebnisses eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof ein. Dieser erklärte mit seiner Entscheidung vom 25. November 2005 die Wahl zum 4. Sächsischen Landtag in Bezug auf den am 19.09.2004 gewählten Wahlkreisabgeordneten im Wahlkreis 31, Leipzig 7, für ungültig. Es traf mit dieser Entscheidung Kollegen Rolf Seidel aus der CDU-Fraktion, der zwischenzeitlich bei einer Nachwahl im Wahlkreis wieder deutlich gewonnen hat. Ich stehe nicht an, ihm dafür zu gratulieren. Heute Morgen wurde er durch den Präsidenten – dies ist auch
Der Verfassungsgerichtshof begründet seine Entscheidung damit, dass § 15 Nr. 3 des Sächsischen Wahlgesetzes mit der Sächsischen Verfassung unvereinbar ist. Weder das Bundesrecht – so der Verfassungsgerichtshof – noch die Sächsische Verfassung enthielten eine Rechtfertigung dafür, dass das passive Wahlrecht allein wegen der nicht rechtzeitigen Abgabe der in einer einfachgesetzlichen Regelung vorgesehenen Erklärung vor der Wahl eingeschränkt werden könne.
Unstreitig dürfte es sein – entsprechend den Debatten zu unserem Gesetzentwurf im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss und im federführenden Innenausschuss –, dass § 15 Nr. 3, im Übrigen auch § 19 des Sächsischen Wahlgesetzes, soweit dieser auf die Erklärung nach § 15 Nr. 3 Bezug nimmt, mit Artikel 41 Abs. 2 Satz 1 der Sächsischen Verfassung unvereinbar ist.
Unstreitig ist auch, dass mit dem Richterspruch des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes eben diese Bestimmungen insoweit als nichtig erklärt worden sind und ergo nicht mehr angewendet werden dürfen. Nach der bisherigen Debatte unseres Gesetzentwurfes steht im Streit – der Streit hat uns überrascht, das gebe ich gern zu –, ob wir darin Recht haben, dass es nunmehr erforderlich ist, mit einem Gesetz des Landtages die entsprechende Regelung aus dem Sächsischen Wahlgesetz zu entfernen, oder ob die Mehrheit in beiden Ausschüssen, die sich vor allen Dingen um die Regierungskoalition konstituiert, im Recht ist, wenn sie sagt: Weil der Verfassungsgerichtshof die Norm für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat, ist eine Änderung des Gesetzes entbehrlich.
Nachdem der Verfassungsgerichtshof nach unserem Normenkontrollverfahren verschiedene Regelungen im Sächsischen Verfassungsschutzgesetz für verfassungswidrig erklärte, haben jetzt die Koalitionsfraktionen selbst einen Gesetzentwurf zu deren Novellierung vorgelegt. Nach dieser Lesart fragen wir uns nun: Sind diese nichtig? Darf von ihnen nicht mehr Gebrauch gemacht werden? Meine Damen und Herren der CDU und SPD, dann könnten Sie mit dem gleichen Argument auch die im Verfassungsschutzgesetz angegriffenen Regelungen stehen lassen. Dabei werden sich sicherlich alle Fraktionen darüber einig, dass das ein Unding ist und dass es so nicht geht.
Nach unserer Überzeugung ist es generell eine Frage der gesetzgeberischen Korrektheit und auch des Respekts vor
dem Rechtsanwender, dass nicht im Gesetzblatt bzw. in sonstigen das Gesetz wiedergebenden Sammlungen und Vorschriften eine Norm enthalten ist, die längst nicht mehr gilt, die nicht mehr angewandt werden darf und die demzufolge kein Maßstab mehr für die Bewertung eines Mandates ist. Wir machen doch die Gesetze nicht für uns, für irgendeine Politikerkaste oder für eine ausgewählte Creme von Insidern, die, wenn es sich um eine Norm im Gesetz handelt, automatisch die letzte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Kopf hat.
Es darf doch wohl von jedem Bürger in diesem Land, der beabsichtigt, künftig für den Landtag zu kandidieren – egal, wann er diese Entscheidung während der Legislatur trifft –, erwartet werden, dass er dann einen Gesetzestext liest, an dem er sich prüft und misst und der tatsächlich uneingeschränkt die Maßstäbe wiedergibt, die jetzt nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes gelten.
Ich habe unbestritten den ersten Teil meines Lebens in einem Rechtssystem verbracht, das keinen Hehl daraus machte, dass das System dem, was im Gesetz steht, eine gewisse Ideologie zu Grunde legt. Das ist völlig unbestritten. Dass ich im zweiten Teil – mitten in der Demokratie – immer wieder feststelle, dass es auch heute nicht wesentlich anders ist, überrascht mich letzten Endes doch.
Ich muss den Vorwurf angesichts folgender Formulierungen im Bericht des federführenden Innenausschusses eigentlich als unstreitig stellen. Ich zitiere: „Der Sprecher der Linksfraktion.PDS führt aus, der Gesetzentwurf seiner Fraktion verfolge das Ziel, das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes vom 25.11.2005 in Bezug auf die Nichtigkeit des § 15 Nr. 3 des Sächsischen Wahlgesetzes umzusetzen. Es könne nicht erwartet werden, dass die Bürger alle einschlägigen Gerichtsentscheidungen lesen, um sich ein Bild über die gültige Rechtslage zu verschaffen. Es gehe darum, für den Rechtsanwender Normenklarheit zu schaffen.“
„Der Vertreter der CDU-Fraktion erklärte, der Gesetzentwurf sei überflüssig, da das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes unmittelbar Gesetzeskraft habe. Die Frage sei, ob es notwendig wäre, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Änderung herbeizuführen, die bereits geltendes Recht ist. Die Koalitionsfraktionen seien der Meinung, dass es durchaus sinnvoll sei zu prüfen, ob nicht spätestens bei in der Mitte der Legislaturperiode zu erwartenden Gesetzgebungsverfahren auch dieses Problem korrigiert werden könnte.“
Wann und wie lange ein Gesetz für den Rechtsanwender im Freistaat Sachsen auch nicht geltende Normen enthal
Meine Damen und Herren der CDU- und SPD-Fraktion, überwinden Sie sich! In der Demokratie gibt es doch kein Privileg der parlamentarischen Mehrheit, über Ort, Zeit, Bedingungen und notwendige Gesetzesänderungen nach Gutdünken und diktatorischem Herrschaftswillen zu entscheiden.
Wenn Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen, müssten Sie sich wohl des blanken Rechtsnihilismus zeihen lassen – und wer will das schon, meine Damen und Herren von der Regierung?!