Mittel für die kommende Förderperiode zur Verfügung stehen sollen – nach neuesten Informationen nur noch 13,3 Milliarden Euro für den EFRE und den ESF. Das entspricht weniger als 80 % der Mittelausstattung der laufenden Förderperiode. Nun hat zwar das Europaparlament das Verhandlungsergebnis dieser Regierungsgruppen infrage gestellt – dem Vernehmen nach mit dem Ziel, mehr Mittel für Wachstum und Beschäftigung bereitzustellen. Ich bin gespannt – Sie können ja alle auf Ihre Fraktionen einwirken –, wie standhaft am Ende das EUParlament sein wird.
Angesichts dieser Situation, meine Damen und Herren, hat meine Fraktion den vorliegenden Antrag eingebracht. Dieser Antrag hat die reale Situation im Land nicht nur nicht aus den Augen verloren, sondern bringt sie Punkt für Punkt auf den Kern der sozialen Realität zurück.
Wir müssen jederzeit im Auge behalten, dass der reale und größte soziale Skandal in diesem Land nach wie vor die hohe Arbeitslosigkeit ist, die in keiner Weise stagniert oder zurückgeht – nein, wir haben jetzt wieder über 400 000 Menschen ohne Arbeit. Dort liegen unsere Aufgaben, dort haben wir als Parlament gemeinsam eine ganze Menge Arbeit, die erledigt werden muss.
Wenn die Sächsische Staatsregierung nun darüber nachdenkt, wie die ESF- und EFRE-Mittel prozentual eingesetzt werden können, und sich eben nicht klar ausspricht, welche Verhältnisse wir dort zu erwarten haben, dann, muss ich sagen, glaube ich nicht an die hehren Zielstellungen, die Sie uns im Rahmen Ihrer ESF-Richtlinie dargeboten haben. Wir haben einfach nichts Konkretes und ich denke, dass wir auch schauen sollten, wie es in anderen Ländern gemacht wird.
Auch dort ist die SPD beteiligt – ich habe MecklenburgVorpommern schon angesprochen. Dort existiert ein komplexes Aktionsprogramm für den Arbeitsmarkt. Es ist das ESF-Arbeitsmarktprogramm, welches zum Beispiel Programme für über 55-jährige Arbeitslose anbietet, bei denen Förderzeiträume von vier Jahren vorgesehen sind. Wir haben dort Fördermaßnahmen für Menschen mit besonders schwerwiegenden Zugangshürden zum ersten Arbeitsmarkt, ganz zu schweigen von Programmen, die zielgenau zugeschnitten sind auf alle Existenzgründergruppen sowohl für die Kleingründung aus der Arbeitslosigkeit – das haben wir hier auch festgeschrieben –, aber eben auch für Gründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das ist etwas, was wir hier nicht vorfinden.
Meine Damen und Herren! Angesichts der in den anderen ostdeutschen Ländern im Detail anders gelagerten realen Situationen meinen wir nicht, dass wir alles genau nachahmen sollten. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Die Frage, die wir stellen, lautet: Warum unternehmen wir hier in Sachsen nicht mehr, um eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu entwickeln? In Halbzeitbewertungen zum ESF und in Ex-ante-Evaluierungen wurde sie als defizitär
dargestellt. Das haben wir alles nachlesen können; die Sachverständigen haben sich entsprechend geäußert.
Herr Jurk, ich kann Ihnen eines nicht ersparen: Was uns als Antwort auf unseren Antrag vorgelegt worden ist und was Sie auch in Ihrer Rede dargeboten haben, bleibt dabei stehen, dass Sie sich als Ankündigungsminister produzieren. Wir haben real nichts in der Hand und können den Menschen, die in Sachsen Arbeit suchen, keine Perspektive in dem Sinne bieten, dass die Lage in absehbarer Zeit geändert wird.
Ich kann insbesondere nicht nachvollziehen, dass die Koalitionsfraktionen unseren Antrag ablehnen. Es ist dringend erforderlich, dass wir hier eine Debatte führen, die von den realen Tatbeständen ausgeht und Lösungsansätze entwickelt. Nur ein solcher produktiver Streit, der nach vorn offen ist, kann in dieser verfahrenen Situation – anders kann man es nicht mehr nennen – weiterhelfen.
Ich möchte am Schluss für meine Fraktion noch einmal verdeutlichen, dass bei der laufenden Aufstellung des operationellen Programms der Einsatz des ESF auf die Bereiche konzentriert werden muss, die für Struktur- und Beschäftigungsförderung zusammen besonders wichtig sind. Hierbei sollte aus unserer Sicht darauf geachtet werden, dass der ESF in Sachsen gegenüber der Arbeitsmarktpolitik des Bundes und der Bundesagentur für Arbeit auch ein eigenständiges, auf Sachsen zugeschnittenes Profil erhält und nicht ausschließlich als Reparaturinstrument für die Hartz-IV-Reformen herhalten muss.
Zentrale Einsatzfelder für den ESF – insoweit sind wir nicht unterschiedlicher Meinung mit Martin Dulig – sollten dabei Wissen, Innovation und Stärkung derjenigen Menschen sein, die in diesen Bereichen arbeiten. Die mit der neuen ESF-Verordnung gegebenen zusätzlichen Möglichkeiten, vor allem in den Bereichen Wissenschaft und Forschung, sollten viel offensiver genutzt werden, als es gegenwärtig der Fall ist.
In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, würden wir gern weiter über die Ausrichtung der EUFörderpolitik, die ESF-Programmierung und natürlich darüber streiten, wie wir auch hier in Sachsen zu einer – ich möchte den abgelatschten Begriff verwenden – konzertierten Aktion kommen können, die uns, absehbar und Stück für Stück, von der hohen Arbeitslosigkeit wegbringt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis vor wenigen Minuten habe ich gedacht, es sei alles gesagt. Ich glaube, es ist dennoch notwendig, dass ich an den Anfangspunkt erinnere und auf das zurückkomme, was der Herr Staats
minister gesagt hat. Ich glaube, es wurde in der Zeit, die mittlerweile vergangen ist, vollkommen vergessen, worum es hier eigentlich geht.
Wenn man Ihren Antrag liest, stellt man fest: Da war doch etwas! Zur 39. Sitzung dieses Hohen Hauses haben wir uns mit dem Antrag „Bilanz und Wirkung der so genannten Hartz-Arbeitsmarktreformen für Sachsen“, Drucksache 4/4026, beschäftigt. Sie wollten damit im Vorhinein über ein Thema debattieren, ohne dass die erforderlichen Berichte vorlagen. Nun verlangen Sie hier ein „Sächsisches Programm für Arbeit und Beschäftigung unter den Bedingungen des SGB II“. Damit versuchen Sie erneut über ein Thema zu diskutieren, obwohl jegliche Grundlagen dafür fehlen. Das ist purer Populismus.
Hören Sie erst einmal richtig zu! Dann kommen Sie mit meinen Ausführungen vielleicht besser zurecht.
Wenn Sie die Begründung des Antrags lesen, stellen Sie fest, dass er vollkommen wirr ist. Wenn man genau hinschaut, dann geht es Ihnen um die kurzfristige Verausgabung der Strukturfondsmittel in diesem Jahr in Millionenhöhe. Dafür, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel des ESF in diesem Jahr umgesetzt werden, hat die Koalition schon frühzeitig die Weichen gestellt. Ob dies gelingen wird, ist zum einen davon abhängig, ob ausreichend Projekte eingereicht werden, die den Zielen der Fonds gerecht werden. Es darf nicht einfach Geld verbraten werden, sondern es muss im Sinne der Betroffenen wirken. Darauf haben auch Sie großen Wert gelegt. Sie wissen zudem genau, dass wir uns in der Haushaltsaufstellung für die nächsten zwei Jahre befinden und am Beginn einer neuen Förderperiode stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie kompliziert die gesamte Förderkulisse ist, dürfte niemandem entgangen sein. Es hat wenig Sinn, in einem laufenden Diskussionsprozess ein Programm zu erarbeiten und sich noch dazu mit allen wichtigen Partnern wie der BA – der Minister hat darauf hingewiesen –, dem Landesbeirat für die Umsetzung des SGB II sowie den Sozialpartnern abzustimmen, womit vor allem kurz- und mittelfristig eine nachhaltige Wirkung erzielt werden kann. Machen Sie sich doch einmal die Mühe und lesen Sie die Evaluierungsberichte, die Neufassung der Richtlinien zu ESF und EFRE sowie das eingereichte operationelle Programm für die Förderperiode 2007 bis 2013 und vergleichen Sie es mit Ihren hier dargelegten Forderungen. Wenn Sie ehrlich und verantwortungsbewusst sind, werden Sie feststellen, dass fast alles damit umsetzbar ist.
Die Staatsregierung hat in ihrer Antwort auf einen Antrag der Koalition, Drucksache 4/886, schon im April vorigen Jahres klar und deutlich darauf hingewiesen, dass sich
Fördermaßnahmen des ESF von solchen nach dem Sozialgesetzbuch II abgrenzen, weil EU-Mittel nationale Haushaltsmittel nicht ersetzen dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit in Sachsen sind Maßnahmen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel notwendig, als permanente Veränderung an den Rahmenrichtlinien vorzunehmen. Im Gegensatz zu Ihnen hat sich der Arbeitskreis Wirtschaft, Arbeit und Verkehr der CDUFraktion vor Ort in Brüssel über die Neuausrichtung der Strukturfonds informiert und anhand vieler praktischer Beispiele zum einen für die sächsischen Projekte geworben und zum anderen deutlich gemacht, wo zukünftig unsere Schwerpunkte liegen.
Die Abteilungsleiterin für Deutschland, Österreich und Slowenien der Generaldirektion „Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit“ der EU, Hélène Clark, hat in ihren Ausführungen darauf hingewiesen, welche erheblichen Anstrengungen unternommen werden müssen, um den Programmstart 2007 hinzubekommen. Der pünktliche Programmstart hat oberste Priorität. Wenn er nicht gelingt, können Sie all Ihre Forderungen in den Wind schreiben. Der pünktliche Programmstart ist eine wichtige Aufgabe, der wir uns zu stellen haben. Mit dem Einreichen des operationellen Programms haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Jetzt weitere Forderungen zu erheben führt zum Scheitern der gesamten ESFFinanzierung. Dafür trügen Sie allein die Verantwortung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zum Schluss noch die Gelegenheit nutzen, die europäische Sicht auf Deutschland anhand der Ausführungen von Frau Clark darzustellen: Die Strukturfonds bieten Deutschland und Sachsen in der kommenden Förderperiode erhebliches Potenzial, und es gibt nicht wirklich einen Mangel an Herausforderungen. Eine zentrale Herausforderung ist die Entwicklung des Humankapitals. Humankapital wird knapper, aber es ist zugleich als Schlüssel zu Forschung, Entwicklung, Anpassungsfähigkeit und Innovation sowie zur Beschäftigung und sozialen Eingliederung zu begreifen.
Die Gesamtsumme, die Deutschland für EFRE und ESF zur Verfügung steht, verringert sich von 30 Milliarden Euro im jetzigen Programmzeitraum auf voraussichtlich 20 bis 25 Milliarden Euro.
Frau Clark in ihrem Bericht zu Deutschland weiter – ich zitiere –: „In Deutschland und nicht nur dort ist zurzeit die Schulung der Arbeitslosen das Massengeschäft des ESF und verbraucht den Löwenanteil der Finanzen. Nach den Hartz-Reformen und der Dezentralisierung der Bundesagentur für Arbeit haben sich die Bedingungen... geändert. Noch immer – und leider – bleibt die Förderung von Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen ein wichtiger Schwerpunkt.“
Aber welche Aufgaben soll der ESF nach diesen Reformen übernehmen? Wie kann es gelingen, mit Hilfe der Strukturfonds und insbesondere des ESF mehr Arbeitsplätze zu schaffen? Die Antwort auf diese Fragen ist
Es liegen mir vonseiten der Fraktionen keine Wortmeldungen mehr vor. Wünscht dennoch jemand zu sprechen? – Dann würde ich Herrn Minister Jurk noch einmal bitten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich eingangs der Debatte bereits zum Antrag geäußert und will jetzt die Gelegenheit nehmen, noch einmal auf bestimmte Vorwürfe der antragstellenden Fraktion einzugehen.
Zunächst einmal ist mir indirekt vorgehalten worden, dass ich auch für eine nicht erfolgte Mittelausschöpfung von aktivierenden Maßnahmen bei der Bundesanstalt für Arbeit verantwortlich sein soll. So habe ich das verstanden. Man kann über Zuständigkeiten streiten. Es ärgert mich aber schon. Aber man muss sich die Zahlen anschauen. Sosehr dies zu bedauern und zu beklagen ist, ist auf der anderen Seite auch darüber nachzudenken, dass es zum einen um Beitragsleistungen, also Beitragsgelder, zum anderen um Steuergelder geht, die verteilt werden sollen. Sie sollten aber dort eingesetzt werden, wo sie auch zweckentsprechend eingesetzt werden können. Wenn man nicht hundertprozentig ausschöpft, muss das nicht automatisch heißen, dass damit dieses Geld irgendwo falsch eingesetzt wurde. Das ganze Gegenteil ist der Fall.
Man muss auch schauen, dass man genau an dem, was an Maßnahmen möglich ist, den Mitteleinsatz orientiert. Es ist nicht die Frage, dass man unbedingt mit uns übereinstimmen muss, wenn man kritisiert. Aber wenn man sich anschaut, wie die Situation in anderen Bundesländern war, so will ich ausdrücklich sagen, es mag merkwürdig klingen, auch wenn in Sachsen Mittel nicht eingesetzt werden konnten, dass Sachsen immer noch den höchsten Grad der Mittelausschöpfung in ganz Deutschland hat. Da, muss ich sagen, hat sich Herr Fuß mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirklich angestrengt, um eine Spitzenstellung in Deutschland zu erreichen. Man kann das hier diskutieren, wie man will. Wenn ich mir Berlin anschaue – ich muss das im Zusammenhang mit Brandenburg sehen –, hat man bei den Eingliederungsleistungen nach SGB II 53 % Mittelausschöpfung erreicht und wir haben in Sachsen 66 %. Wir haben im Eingliederungstitel nach SGB III 90 % Ausschöpfungsgrad und Brandenburg hat 80 %.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Mir gefällt es auch nicht, dass Mittel nicht vollständig umgesetzt werden können. Aber dann sollte man doch nicht so tun, dass Sachsen hier das Schlusslicht ist und in Sachsen alles falsch läuft; man sollte auch bemerken, dass andere Arbeitsagenturen dies in viel geringerem Maße leisten konnten.
Ich will sehr deutlich sagen, dass von mir nie zu hören war, dass Arbeitsmarktpolitik „Gedöns“ wäre. Dieses Wort gehört nicht zu meinem Sprachgebrauch. Ich finde das Wort hässlich. Ich sage das in aller Offenheit.
Eines muss ich allerdings immer wieder mit Blick auf die Linksfraktion feststellen: Die ständige Kritik unter dem Motto, in Sachsen wird nur der Straßenbau gefördert, dafür stünde ich, ist nicht richtig. Mich erreichen nach wie vor Dutzende Briefe, in denen ich aufgefordert werde, die eine oder andere wirklich dringende Maßnahme zu beginnen, bei der es auch um Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern geht. Wir werden uns sicher gern darüber unterhalten können, wie wir die wahrscheinlich dreimal so hohen Winterschäden im Vergleich zum vergangenen Jahr in diesem Jahr in den Griff bekommen. Da ist vielleicht eine Deckenerneuerung besser als eine Flickschusterei. Das kostet natürlich auch Geld und dieses Geld muss man finden.
Ich habe im Ausschuss sehr deutlich gesagt, ich bin jederzeit offen für eine Diskussion über die Bilanz zur Arbeitsmarktreform Hartz I bis III. Hartz I bis III ist diskutiert worden. Zu Hartz IV liegt wirklich eine qualitativ hochwertige Aussage seitens des Bundes noch nicht vor. Sie wird kommen. Dann haben wir auch die Gelegenheit, darüber noch zu sprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ihnen, Frau Mattern – Sie haben hier sehr stark nach Luft gerungen, ich hoffe, Sie sind nicht irgendwie krank; das ist wirklich ernst gemeint –, muss ich aber trotzdem sagen, dass Sie wirklich alles madig machen. Das ist schon wirklich unanständig. Selbst wenn Sie Kritik üben, haben Sie offensichtlich nicht gesehen, was wir in den letzten Wochen und Monaten in meinem Haus auf den Weg gebracht haben, übrigens unterstützt von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Dafür bedanke ich mich auch. Aber das möchte man doch zur Kenntnis nehmen und nicht so tun, als ob in Sachsen Arbeitspolitik nur reines Gedöns wäre.