bis hin zum großen Energiewirtschaftslobbyisten Wolfgang Clement. Das war ein Schauspiel und es war höchste Zeit, dass dieser Mann für diesen Teil der Wirtschaft, für die Energiewirtschaft, keine Verantwortung mehr hat.
Wir treten jetzt in eine Pause ein und ich bitte die Mitglieder des Präsidiums, sich im Saal 2 zu versammeln.
Drucksache 4/2858, Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und die Antwort der Staatsregierung
Als Einreicherin spricht zuerst die Fraktion der GRÜNEN. Dann folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Frau Hermenau hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, so wenige es sein mögen! Ich stelle fest, manche Fraktionen fehlen ganz, zum Beispiel die FDP.
Sprechen wir doch über die Frage des Umsatzsteuerbetruges. Was hat die Große Anfrage bzw. die Antwort der Staatsregierung darauf ergeben? Es ist festgestellt worden, dass Personalabbau bei der Umsatzsteuervoranmeldung und auch eine leichte Personalabsenkung bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen stattgefunden haben.
Für diejenigen, die es nicht so genau wissen: Die Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind der so genannte Außendienst, wenn die Beamten in die Betriebe gehen und dort noch einmal die Umsatzsteuerunterlagen prüfen. Dabei liegt die Quote in Sachsen bei 3 %. Das ist außerordentlich gering. Rot-Grün in Berlin hat damals sogar noch Erleichterungen geschaffen, um genau diesen Außendienst besser möglich zu machen. Es hat damals im § 27b Umsatzsteuergesetz eine Änderung zur Nachschau der Umsatzsteuer gegeben, das heißt, dass die Beamten unangemeldet in den Betrieben aufkreuzen und die Unterlagen noch einmal prüfen können.
Wir in Sachsen nutzen dies nur zu 3 % aus. Das finde ich skandalös, und es erweckt natürlich den Eindruck, als ob man bei den Unternehmern die Umsatzsteuer nur sehr lasch eintreiben möchte. Ich bin übrigens mit dieser These, dass es sich hier um eine indirekte Wirtschaftsförderung handelt, nicht allein; denn die steuerehrlichen Betriebe werden benachteiligt, wenn sich der Freistaat Sachsen nicht wirklich darum kümmert, die steuerunehrlichen Betriebe zu stellen und die Steuern einzutreiben.
Der Bundesrechnungshof hat im Dezember letzten Jahres – also vor wenigen Wochen – in seinen Bemerkungen festgestellt: „Das Bestreben der Länder, die landeseigene Wirtschaft mit Hilfe der Besteuerung zu fördern, existiert natürlich. Darüber hinaus veranlasst der Länderfinanzausgleich sowohl Geber- als auch Nehmerländer, die jeweils eigene Steuerkraft zu schonen.“
Sie können doch nicht durch eine nicht energisch durchgeführte Steuereintreibung im Bereich der Mehrwertsteuer eine indirekte Förderung der Wirtschaft vornehmen. Ich finde das wirklich nicht in Ordnung, zumal Sie vorhaben, exakt diese Steuer, die Sie nicht wirklich gründlich eintreiben, zu erhöhen und dies zu unterstützen.
In welchem politischen Rahmen befinden wir uns? Herr Bundesfinanzminister Steinbrück sagte, dass er parallel zur Einbringung des Haushaltes 2006 – das heißt, in wenigen Wochen – bereits einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 – was in einem Jahr sein wird –, vorlegen will. Also Ende Februar ist das im Bundeskabinett, was im Januar nächsten Jahres Tatsache werden soll. Warum ist Herr Steinbrück so hektisch? Haben Sie sich die Frage einmal gestellt? Ich glaube, es wäre viel klüger, die Mehrwertsteuer erst im Herbst wieder als Tischvorlage zu nehmen und noch einmal zu diskutieren, ob es nötig ist, sie wirklich um drei Prozentpunkte anzuheben, oder ob man sich da nicht vielleicht zu viel vorgenommen hat.
Der politische Rahmen ist klar. Es war hier an diesem Pult, als Ministerpräsident Milbradt eine dröhnende Rede gehalten hat, dass man die Mehrwertsteuer ausschließlich zur Absenkung der Lohnnebenkosten unbedingt erhöhen müsse. Das war vor ungefähr einem halben Jahr, als wir noch im Bundestagswahlkampf waren. Inzwischen hat Herr Steinbrück in der Zeitung durchblicken lassen, dass er mindestens zwei der drei Mehrwertsteuerpunkte braucht, um den Haushalt zu sanieren. Viel bleibt da für
Ich zitiere aus der Rede des Ministerpräsidenten vom 14. Juli letzten Jahres: „Wenn man über die Senkung der Lohnnebenkosten diskutiert und keine andere Finanzierung hat, und die Alternative ist ‚keine Änderung der Lohnnebenkosten’, dann halte ich es für gerechtfertigt, auf die Umsatzsteuer zurückzugreifen.“ Und: „Wenn man die erhöhte Mehrwertsteuer als Finanzierungsinstrument für die Senkung von Lohnnebenkosten nimmt, dann muss auch sichergestellt sein, dass sie dafür verwendet wird.“ – Wie gesagt, Herr Steinbrück meint, mindestens 2 der 3 %, um die erhöht werden soll, braucht er für den Haushalt.
Noch einmal Herr Ministerpräsident Prof. Milbradt dazu: „Ich habe das doch deutlich gesagt. Ich bin gegen eine Mehrwertsteuererhöhung zur Konsolidierung der Haushalte.“ – Das waren seine Aussagen hier vor einem halben Jahr. Davon sind wir mittlerweile weit entfernt. Rentner, die jetzt in Rente kommen, werden nicht solch eine hohe Rente haben wie Rentner, die vor ein paar Jahren Rentner geworden sind, da zum Beispiel die jetzigen Rentner eine viel längere Periode der Arbeitslosigkeit hinter sich haben. Sie haben stagnierende Einkommen, sie haben stagnierende Renten. In 15 Jahren werden die Rentner ein Drittel unserer Bevölkerung ausmachen, aber ihre Kaufkraft wird nicht wesentlich steigen. Sie haben natürlich auch hier die Belastungen für die Wirtschaft, den Einzelhandel und andere Bereiche, die von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen sein werden, und das ist schon ein Problem.
Nun muss man einmal mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ festhalten – vorgestern stand es darin –: „Jetzt, da die gesetzliche Entstehung bevorsteht und klar ist, dass der Milliardensegen dem einzigen Zweckt dient, das Ausbleiben der Reformen zu kaschieren, sind deutliche Absetzbewegungen der Urheber auszumachen.“ Dies bezog sich auf Herrn Böhmer, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, der am Sonntag vorschlug, die Mehrwertsteuer vielleicht doch nicht anheben zu müssen.
Es ist doch ziemlich klar, aus Bürgersicht ist der politische Rahmen so: Die Bürger sollen in Zukunft – und das ist unausweichlich – mehr Eigenvorsorge bei der Rentenversicherung betreiben und wahrscheinlich höhere Eigenanteile bei der Krankenversicherung bezahlen. Aber die Gelder, die nun mit der Mehrwertsteuererhöhung vereinnahmt werden sollen – und dem Bürger im Portemonnaie fehlen –, sollen eigentlich dazu dienen, die Haushaltslöcher zu stopfen. Es soll nicht darum gehen, dass zum Beispiel die Strukturreformen, die dringend nötig wären, durchgeführt werden. Das heißt, der Bürger muss ohnehin die nicht durchgeführten Strukturreformen aus eigener Tasche, durch Eigenvorsorge, finanzieren und zusätzlich die höhere Mehrwertsteuer bezahlen, obwohl die Strukturreformen nicht durchgeführt, sondern Haushaltslöcher gestopft werden. Dies halte ich für eine ziemliche Schieflage. All das kann man den Antworten auf die Große
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, Sie haben es PR-mäßig ja schön aufgeblasen,
die geplante Mehrwertsteuererhöhung mit den Ergebnissen der Umsatzsteuerprüfung zu vermischen. Aber Ihre Argumentation bewegt sich natürlich auf dünnem Eis und es lässt sich eine Menge dagegen sagen.
An der Sache ist nicht sehr viel dran, und das möchte ich jetzt einmal auseinander nehmen. Sie nehmen eine auf Deutschland bezogene Schätzung des Ifo-Institutes, rechnen das auf Sachsen herunter und tun so, als wären das dann Fakten; und dies ist schon eine Basis, die eigentlich überhaupt nicht rechtens ist. Die harten Fakten haben Sie nämlich nicht, anhand derer Sie hier alles Mögliche beweisen wollen: mögliche Versäumnisse der sächsischen Finanzverwaltung, ein äußerst fragwürdiges Verfahren usw. Sie sind irgendjemandem auf den Leim gegangen; denn so kennen wir Sie eigentlich aus dem Ausschuss überhaupt nicht.
Dem Bürger zu suggerieren, allein die Behördenpraxis der Umsatzsteuererhebung sei schuld daran, dass ab 2007 die Umsatzsteuer um 3 % angehoben wird, ist schon starker Tobak, und den lasse ich Ihnen nicht durchgehen. Sie argumentieren sehr populistisch, wie so manche von rechts und links.
Das Thema „Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug“ ist auch nichts Neues. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit hier bereits eine Debatte auf Antrag der FDP. Schließlich haben wir auch den Rechnungshofbericht des Jahres 2005, der Kritik an der Umsatzsteuer-Sonderprüfung übt. Wie beim letzten Mal bereits angekündigt, werden wir uns in einem geordneten Verfahren im Haushalts- und Finanzausschuss damit befassen. Wir warten auf die Stellungnahme der Staatsregierung dazu; denn der Rechnungshofbericht ist erfahrungsgemäß nur eine Seite der Medaille. Danach werden wir uns im Haushalts- und Finanzausschuss beraten und uns am Ende auch über Konsequenzen einig werden – oder auch nicht.
In Ihrer Großen Anfrage kann ich auch nichts wesentlich Neues erkennen. Vielleicht liegt es doch daran, dass Ihnen die FDP das Thema schon vorweggenommen hat.
Dass der Umsatzsteuerbetrug ein deutschlandweites Problem ist, hat sich natürlich bereits herumgesprochen, das wissen auch wir. Aber auch hier lohnt sich ein Blick ins Detail.
Nehmen wir an, die Schätzung des Ifo-Instituts mit einem Steuerausfall im Jahre 2004 von 17 Milliarden Euro wäre zutreffend, so ergäbe das für Sachsen einen heruntergerechneten Ausfall in Höhe von 400 Millionen Euro. Das sind natürlich alles Schätzungen. Für das Jahr 2005 – die Zahlen habe ich vorhin bekommen – liegt die Schätzung schon bei 15 Milliarden Euro, also ein ganzes Stück darunter.
Dieser für Sachsen angenommene, durchaus hohe Anteil von 400 Millionen Euro zerfällt aber in unterschiedlich beeinflussbare Teile. Der CDU-Finanzarbeitskreis hat sich kürzlich mit Details befasst. Einiges davon möchte ich hier darstellen: Der größte Brocken von 140 Millionen Euro entfällt auf die Schattenwirtschaft, die weder Umsatzsteuer anmeldet noch zahlt. Dazu, wie dem beizukommen ist, sind auch bei Ihnen keine Ansätze zu erkennen. Fast ebenso viel, nämlich 134 Millionen Euro, sind Steuerausfälle aus Insolvenzen. Hier steht das Finanzamt in einer Reihe mit den Gläubigern. Was dabei herauskommt, ist bekannt.
Auf einen weit geringeren Betrag, nämlich 48 Millionen Euro, wird der Steuerausfall durch die so genannten Karussellgeschäfte geschätzt. Das entspricht 12 % der Gesamtausfälle. Schließlich entfällt auf nicht angemeldete Umsatzsteuer ein Betrag von 32 Millionen Euro. Das entspricht 8 %. Der unberechtigte Steuerabzug wurde auf 26 Millionen Euro geschätzt, das entspricht 6,5 %. Ferner gibt es die nicht deklarierten Entnahmen aus den Unternehmen mit 20 Millionen Euro. Das entspricht einem Anteil von 5 %.
Alles in allem sind von der Finanzverwaltung Sachsen zirka 100 Millionen Euro beeinflussbar. Das betrifft vorrangig die Karussellgeschäfte, die nicht angemeldete Umsatzsteuer und den unberechtigten Vorsteuerabzug. Nicht oder nur sehr eingeschränkt beeinflussbar sind die Bereiche Insolvenzen und Schattenwirtschaft. Es ist also unredlich, der Finanzverwaltung vorzuwerfen, dem Freistaat würden durch eine lasche Eintreibungspraxis und durch den Abbau von Fachpersonal 400 Millionen Euro entgehen. Das ist wirklich unredlich. Frau Hermenau, diese Unsachlichkeit sind wir von Ihnen eigentlich nicht gewöhnt.
Über die einzelnen Möglichkeiten des Kampfes gegen den Umsatzsteuerbetrug haben wir kürzlich schon diskutiert, sodass ich mir weitere Ausführungen erspare. Auch auf Einzelheiten, wie unsere Steuerverwaltung mit den aufgezeigten Mängeln umgehen will, möchte ich nicht
Wenn den GRÜNEN tatsächlich an einer nachhaltigen Finanzpolitik Deutschlands gelegen ist, dann hatten Sie dazu mit ihrer Regierungsbeteiligung im Bund eigentlich sieben Jahre Zeit. Dort hatten Sie ausreichend Gelegenheit, einiges zu regeln, aber im Gegenteil, Sie haben die Erhöhung des Schuldenberges in Deutschland mitgemacht, mitgetragen und mit abgestimmt.