Protocol of the Session on January 25, 2006

Das wäre ein echter Schritt, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir vom Thema Strom zu den Gaspreisen. Aufgrund der ständig steigenden Erdgaspreise im letzten Jahr hat die Landeskartellbehörde in Sachsen im November 2005 zum dritten Mal in einem Jahr die Erdgaspreise aller Gasversorger abgefragt und eine kartellrechtliche Prüfung eingeleitet.

Die Kartellbehörden aller Länder und des Bundes hatten sich dieses Mal darauf verständigt, die Erdgaspreise bei allen Versorgern zu einem einheitlichen Stichtag und in

einheitlichen Musterabnahmemengen abzufragen und kartellrechtlich zu prüfen. Mit dieser einheitlichen Vorgehensweise ist es möglich, die Erdgaspreise bundesweit tatsächlich zu vergleichen. Die Erdgaspreise in den neuen Ländern sind danach die höchsten in der gesamten Bundesrepublik.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Bei der Auswertung der Novemberdaten waren der Sächsischen Landeskartellbehörde sieben Gasversorger aufgefallen, deren Preise in den einzelnen Abnahmefällen deutlich herausragten. Diese sieben Gasversorger müssen sich zunächst der Landeskartellbehörde gegenüber rechtfertigen. Derzeit finden dazu Anhörungen statt. Das endgültige Ergebnis wird voraussichtlich im März 2006 vorliegen.

Zum Verständnis möchte ich das Vorgehen kurz erläutern. Eine kartellrechtliche Prüfung nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist ein Vergleich der Preise nach dem so genannten Vergleichsmarktprinzip. Sie ist keine flächendeckende Kostenprüfung oder Prüfung der Preiskalkulation. Die Preise aller Gasversorger werden in bestimmten Abnahmefällen verglichen. Es wird geprüft, ob diese Preise am Markt durchsetzbar wären, wenn ein Wettbewerb zwischen den einzelnen Gasversorgern bestehen würde.

Gegen „Ausreißer“, das heißt Gasversorger mit deutlich höheren Preisen im Vergleich zu anderen Gasversorgern, entsteht der Verdacht des missbräuchlichen Ausnutzens ihrer marktbeherrschenden Stellung. Soweit alle in einem räumlichen Markt tätigen Versorger vergleichbare Preise verlangen, ergibt sich kein Verdacht auf Missbrauch der Marktmacht, da damit unter der Voraussetzung, dass keine verbotenen Preisabsprachen zu erkennen sind, nachgewiesen ist, dass es sich eben um Marktpreise handelt.

Das hohe Grundniveau der sächsischen Gaspreise ist durch die Landeskartellbehörde allerdings nicht zu beeinflussen. Ich möchte daher von unabhängigen Gutachtern klären lassen, warum das Preisniveau in den neuen Ländern, insbesondere auch in Sachsen, generell höher ist als in den alten.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Ich erhoffe mir Hinweise, wie wir die Gaspreisdisparität zugunsten der Kunden in Sachsen abbauen können. Derzeit laufen erste Gespräche mit anderen Bundesländern für die gemeinsame Vergabe eines solchen Gutachtens. Eine positive Rückmeldung dazu habe ich dankenswerterweise schon aus Brandenburg erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der deutliche Strompreisanstieg am Großhandelsmarkt im vergangenen Jahr hat neben dem Anstieg der weltweiten Rohstoffpreise und knapper werdender Kapazitäten in Deutschland nach Ansicht der Experten einen weiteren Grund: Das ist die Einpreisung der kostenlos – wir haben es heute schon

diskutiert – ausgegebenen Emissionszertifikate in die Angebotspreise.

Ich möchte heute nicht über Marktmechanismen und Stromhandel referieren. Aber politisch sehe ich diese Entwicklung als sehr bedenklich an.

(Beifall der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS)

Kollegin Hermenau hat das schöne neudeutsche Wort Windfall Profits gebraucht, die bei der Stromerzeugung entstehen, die bekanntlich zu 80 % in der Hand der vier Großen am Markt liegt.

(Beifall bei der SPD – Karl Nolle, SPD: So ist es!)

Deshalb begrüße ich ausdrücklich, dass das Bundeskartellamt derzeit diese Praxis untersucht.

Wir sind uns bestimmt alle einig: Es war nicht die Absicht des Bundesgesetzgebers, dass die Energieversorgungsunternehmen die CO2-Zertifikate, die sie kostenlos bekommen haben, nun ihren Kunden teuer in Rechnung stellen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion.PDS, den GRÜNEN und des Abg. Dr. Andreas Schmalfuß, FDP)

Das muss bei der nächsten Zuteilungsrunde ausgeschlossen werden.

Unsere Ziele sind eindeutig: Sicherung einer preiswerten, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung und damit auch die Stärkung des Standortes Sachsen – eben durch günstige Energiepreise für Bevölkerung und Wirtschaft, besonders auch für unseren Mittelstand.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Frau Dr. Runge.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Debatte eingehen.

Ich begrüße außerordentlich die Vorhaben, die Sie jetzt angekündigt haben, besonders die Sache mit dem Gutachten, was die ostdeutsche Strompreisentwicklung angeht und warum das so ist.

Aber was mich immer wieder wundert, das ist der Populismus von Herrn Lehmann.

(Heinz Lehmann, CDU: Ich bin zerknirscht!)

Sein wichtiger Bundestagswahlkampfbeitrag bestand nämlich in der Idee, ein neues Atomkraftwerk an der Neiße zu bauen.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Toll; populistischer geht es nicht mehr. Mir aber Populismus vorzuwerfen, dass der Ausstieg aus der Atomenergie, so wie er jetzt per Gesetz zunächst beschlossen vorliegt,

zu Preissteigerungen führen wird, führt genauso in die Irre.

Herr Lehmann, ich erinnere mich an die Debatte 1998 um das neue Energiewirtschaftsrecht. Ich muss Ihnen das einfach aufs Butterbrot schmieren. Als ich kritisiert habe, dass der Durchleitungstatbestand in diesem Gesetz nicht geregelt ist, riefen Sie dazwischen: „Das geht schon alles seinen Gang! Haben Sie nicht so viel Misstrauen gegenüber den Unternehmen!“

Aber ich gestehe zu: Auch Sie haben in immerhin fast acht Jahren etwas dazugelernt:

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

dass es eben nicht funktioniert.

Was Heuersdorf angeht: Die Abbaggerung, die Umfahrung hätte zwar für die Mibrag mehr Kosten erzeugt. Aber ich bin der Meinung, dass das eben nicht zwangsläufig auch auf die Braunkohlenpreise hätte umgelegt werden müssen, weil sich natürlich die Gewinnchancen und Margen der Mibrag permanent steigern und der Braunkohlenbetrieb auf 40 Jahre angelegt ist. Daran wären sie bestimmt nicht kaputt gegangen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Was nun immer wieder von der FDP als Argument hervorgeholt wird, sind die staatlich verursachten Kosten, die natürlich in den Endverbraucherpreisen eingepreist sind, die rund 40 % ausmachen. Das sind hohe Anteile in den Gesamtkosten. Das gebe ich zu. Dennoch sehe ich keine Chance, etwa an der Steuerschraube zu drehen.

Es sei denn – und das muss geprüft werden: ob die für das nächste Jahr angekündigte dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung tatsächlich kommt. Denn das würde die Energiekosten noch einmal in die Höhe treiben.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das wäre kontraproduktiv. Das heißt, diese Debatte, was die Mehrwertsteuererhöhung angeht, muss zum Ende dieses Jahres noch einmal auf das Schärfste und kritisch geführt werden.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ein Wort zum Schluss. Der ganze Filz, der sich zwischen Politikern und Energiewirtschaft

(Heinz Lehmann, CDU: In Leipzig besonders!)

auch in Leipzig – ergeben hat, muss aufgeklärt werden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Richtig!)

Das sage ich ausdrücklich. Deshalb habe ich auch die Kommunalaufsicht angesprochen, etwas näher hinzuschauen, was in den Aufsichtsräten geschieht, aber auch in der großen Politik, angefangen bei der Finanzierung für nicht geleistete Arbeit des ehemaligen CDU-General

sekretärs Laurenz Meyer oder des Vorsitzenden des Arbeitnehmerverbandes innerhalb der CDU, Ahrens,

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

bis hin zum großen Energiewirtschaftslobbyisten Wolfgang Clement. Das war ein Schauspiel und es war höchste Zeit, dass dieser Mann für diesen Teil der Wirtschaft, für die Energiewirtschaft, keine Verantwortung mehr hat.