Debatten haben wir nie ausgeschlossen. Es muss aber auch von jemandem entschieden werden. Durch Debatten wird nichts entschieden. Aus einer Debatte kann man vielleicht etwas lernen und Gedanken aufgreifen. Selbstverständlich werden wir in diesem Hause immer wieder debattieren. Wir werden in der Öffentlichkeit debattieren und die Bevölkerung einbeziehen. Nur so können wir dafür sorgen, dass das, was wir dann beschließen, akzeptiert wird.
Das Parlament ist ohnehin einbezogen. Wenn ein Gesetzentwurf eingebracht worden ist, dann geht es den gewohnten Gang. Es gibt Anhörungen und in den Ausschüssen wird beraten, bis wir so weit sind, dass eine Beschlussempfehlung für das Parlament vorgelegt werden kann. Dieses Verfahren hat sich mittlerweile über 15 Jahre bewährt. Ich weiß nicht, was Sie plötzlich an Neuem einführen wollen.
Herr Hähle, Sie haben es vollkommen korrekt gesagt: Seit 15 Jahren wird die Politik hier so gemacht. Scheinbar hat auch Ihr Minderheitspartner SPD nicht dafür Sorge tragen können, dass wenigstens ein wenig mehr Transparenz und Offenheit in der Diskussion hier Einzug hält.
In Ergänzung zu dem, was Herr Dr. Hähle soeben gesagt hat, und nachdem die SPD wiederholt angesprochen worden ist, will ich das wiederholen, was ich in meiner Rede bereits ausgeführt habe. Ich habe alle demokratischen Parteien ausdrücklich dazu aufgefordert, sich an dem vor uns liegenden schwierigen Prozess zu beteiligen und ihre Vorschläge einzubringen. Ich habe ferner davon gesprochen, dass wir die sinnhaften Vorschläge natürlich prüfen werden, dass wir aber auch darauf achten müssen, was die Staatsregierung dazu sagt und welche Vorschläge die einzelnen Ministerien machen.
Ich habe erläutert, dass es eine erste und eine zweite Phase gibt. Uns liegt der transparente Beschluss eines Eckwertepapiers vor. Es ist keine geheime Verschlusssache und liegt nicht in der Schublade. Den Beschluss haben wir öffentlich gemacht. Dazu gab es eine Pressekonferenz des zuständigen Ministers. Wir sind im Moment in Sachsen unterwegs, zumindest was die Regierungskoalition anbelangt, und stehen Rede und Antwort dazu.
Insofern finde ich es langsam perfide, wenn hier versucht wird, uns einen Strick daraus zu drehen, dass wir sehr früh klar gemacht haben, was wir wollen und mit welchen Mitteln wir es wollen. Die Vorwürfe der Opposition sind mittlerweile absurd. Das muss ich an dieser Stelle wirklich sagen.
Frau Präsidentin! Ich möchte ganz kurz zu dem Stellung nehmen, was Kollege Brangs soeben gesagt hat. Ich habe für meine Fraktion kritisiert, dass Leitbilder, die der Lenkungsausschuss in einem Eckwertepapier definiert hat, in einer Presseerklärung vorgestellt werden. Ich habe ferner kritisiert, dass in dem Fahrplan kein Raum dafür vorgesehen ist – das haben Sie bestätigt –, die grundlegenden Strukturen der Verwaltungsreform mit dem Parlament zu diskutieren. Da frage ich mich wirklich: Wie sollen wir von der Opposition Vorschläge konkreter Art zu einem solchen Leitbild, zu einem solchen Eckpunktepapier, einbringen – Sie rufen uns dazu auf –, darüber diskutieren und abstimmen, wenn nicht einmal in Aussicht gestellt wird, dass so etwas hier im Parlament auch nur zur Diskussion kommt?
Sie haben das gerade gesagt. Wenn Sie uns sagen könnten, nach welchem Zeitplan über diese Sachen hier im Parlament diskutiert werden soll, dann wären wir einen erheblichen Schritt weiter.
Das sind keine Legenden, Herr Kollege Brangs, sondern das ist der Versuch der Regierung, das Ding so lange unter dem Deckel zu halten – nach Möglichkeit mit Unterstützung der Koalitionsfraktionen –, bis man nur noch über konkrete Gesetzentwürfe, aber nicht mehr über die Leitbilder und die politischen Vorgaben einer Verwaltungsreform diskutieren kann.
(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS – Wortwechsel zwischen Johannes Lichdi, GRÜNE, und Abgeordneten der Fraktion der SPD)
Meine Damen und Herren! Bevor großer Streit in den hinteren Reihen ausbricht, hören wir unseren Minister. Sollten Sie dann noch Redebedarf haben, ist das jederzeit möglich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mir einen kleinen Rückblick erlauben. Wir im Freistaat Sachsen dürfen stolz darauf sein, dass wir es in den neunziger Jahren geschafft haben, innerhalb weniger Jahre eine sehr leistungsfähige Verwaltung aufzubauen.
Herr Martens, wir müssen aber auch sehen, dass 15 Jahre vergangen sind. In diesem Zeitraum haben wir gewaltige Veränderungen in diesem Lande erfahren. So hat es dramatische Veränderungen bei der Bevölkerungszahl gegeben. Wir wissen, dass wir Gleiches in den nächsten 15 Jahren vor uns haben. Wir müssen unsere Verwaltung also jetzt auf die zukünftigen Randbedingungen ausrichten, das heißt neu strukturieren, Ordnung machen, Klarheit schaffen.
Dabei gehen wir von zwei Grundsätzen aus: Die Verwaltung soll sowohl bürgernah als auch effizient, wirtschaftlich sein. Aus dieser Sicht heraus haben wir als Staatsregierung am 20.12. Eckwerte für eine Veränderung unserer Verwaltungsstruktur beschlossen. Es ging nicht darum, in dem Eckwertepapier festzustellen, welche konkreten Veränderungen in den einzelnen Behörden vorzunehmen sind. Es ging darum, Grundsätze des Ablaufs der Funktionalreform zu formulieren.
Wenn Sie sich den Zeitplan vor Augen halten, stellen Sie fest, dass die dort formulierten Ziele sehr ehrgeizig sind. Vielleicht ist das ein Grund, weswegen ich meine, dass wir heute nicht über einzelne Maßnahmen der Verwaltungsreform diskutieren sollten. Das wäre völlig verfrüht. Man könnte das gar nicht tun. Diese taktischen Manöver sollten wir lassen und uns an inhaltlichen Dingen orientieren.
Ich darf Ihnen die festgelegten Schritte noch einmal erläutern. Der erste Schritt besteht in der Tat in einer Kritik der Aufgaben, aber nicht nur der Aufgaben der über 300 Sonderbehörden, sondern auch derjenigen, die in den Ministerien laufen. Ganz eindeutig sind die Ministerien in diese Aufgabenkritik einzubeziehen. Wir möchten, dass die Sonderbehörden in Abstimmung mit dem Innenministerium und der Stabsstelle die Aufgabenkritik vornehmen und feststellen, ob ein Teil der Aufgabenbereiche bzw. der Einzelaufgaben verzichtbar ist. In der Staatsverwaltung realisieren wir sicherlich eine Reihe von Aufgaben, ohne
In der Phase der Aufgabenkritik haben wir zum anderen festzustellen, ob die zu beleuchtenden Aufgaben durch einen Privaten besser zu realisieren sind als durch den Staat. Ich möchte ausdrücklich erwähnen, dass es uns dabei hauptsächlich darum geht, tatsächlich zu privatisieren. Privates Engagement muss dort möglich sein, wo staatliches oder kommunales Engagement nicht notwendig ist.
Wir haben bei der Aufgabenkritik auch eine Beweislastumkehr vereinbart, das heißt, dass die Aufgaben, die nicht privatisiert werden können oder nicht verzichtbar sind, grundsätzlich kommunal zu erledigen sind. Die Sonderbehörden, die Ministerien müssen selbst den Beweis antreten, warum die eine oder andere Aufgabe tatsächlich staatlich realisiert werden muss.
Dieser erste Schritt wird sich bis zum 31.05. dieses Jahres hinziehen und wird mit einem Bericht abgeschlossen. Dann beginnt die eigentliche Neustrukturierungsphase, die, so unsere Vorstellung, im Sommer zum Abschluss zu bringen ist.
Bei dieser Neustrukturierung geht es in der Tat darum, neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Es geht bei der Aufgabenkritik keineswegs nur darum, einzelne Behörden als Ganzes zu betrachten, sondern die Aufgaben, die in den Behörden liegen, werden betrachtet, sodass bei der Neustrukturierung durchaus völlig neue Strukturen entstehen werden, ja, entstehen müssen.
Welche Zielstellung verfolgen wir? – Wir verfolgen klar die Zielstellung, möglichst wenige Sonderbehörden zu haben. Ich gebe zu, dass in dem Eckwertepapier der dreistufige Verwaltungsaufbau empfohlen wird. Aber ich bitte, das Eckwertepapier richtig zu lesen. Dort steht „grundsätzlich“, das bedeutet, dass in bestimmten Bereichen eine Zweistufigkeit durchaus sinnvoll und richtig sein kann und nicht eine Dreistufigkeit.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal auf den Kreiszuschnitt zurückkommen. Wir möchten, dass eine Reihe von Aufgaben, die gegenwärtig beim Staat liegen, auf kommunaler Ebene, auf kreislicher Ebene ausgeführt werden kann. Das kann bedeuten, je nach Umfang dessen, was an Aufgabenzuwachs bei den Kreisen ankommt, dass man in vielen Fällen vielleicht Spezialisten vorhalten muss und somit eine Neustrukturierung zwangsläufig erforderlich sein kann, um tatsächlich ein Funktionieren der Kreise zu ermöglichen.
Über die Notwendigkeit einer Veränderung des kreislichen Zuschnitts kann erst entschieden werden, wenn für die Neustrukturierung ein entsprechender Vorschlag vorliegt. Erst dann kann auch ein Leitbild für diese Kreisreform erarbeitet werden. Eher geht es nicht. Denn was soll in ein Leitbild hineingeschrieben werden? Wir wissen es doch gegenwärtig nicht. Wir wissen noch nicht, welche Aufgaben auf der kommunalen Ebene ankommen werden.
Vielleicht noch ein Wort zur Freiwilligkeit. Natürlich halte ich sehr viel davon, wenn sich in dieser Diskussion, die wir gegenwärtig im Land haben, Kreise im Klaren darüber werden, ob sie freiwillig mit einem Nachbarkreis eine neue Struktur eingehen. Ich bin mir im Klaren darüber, dass bei dieser Freiwilligkeitsphase der Anbahnung trotzdem natürlich ein Gesetz für die Umsetzung erforderlich ist, keine Frage. Ich möchte nur daran erinnern: Hoyerswerda hat bereits beschlossen, die Kreisfreiheit aufzugeben und in den Kreis Kamenz aufgenommen zu werden. Hierfür wird es einer gesetzlichen Regelung bedürfen, um das vollziehen zu können.
Lassen Sie mich noch ein Wort oder einige Gedanken zur Übertragung von Aufgaben an kreisangehörige Kommunen sagen. Ich hatte eingangs gesagt, wir brauchen eine bürgernahe Verwaltung. Sicherlich wird uns in den nächsten Jahren E-Government eine ganze Reihe von Möglichkeiten bieten, das Portal zu einer Verwaltung im eigenen Arbeitszimmer zu haben. Trotzdem müssen wir die Verwaltung bürgernah strukturieren. Aus diesem Grund mein klares Bekenntnis dazu, dass wir möglichst viele kreisangehörige Gemeinden mit einigen Aufgaben versehen müssen, die sie für ihr Gebiet tatsächlich anbieten können.
Zu der Debatte Einbindung des Parlaments. Ich kann dazu nur ganz deutlich sagen: Wir haben mit sehr viel Transparenz als Staatsregierung diese Verwaltungsreform vorbereitet. Wir werden natürlich einen Gesetzentwurf in das Parlament einbringen, um dann im Parlament die Diskussion über diese Vorschläge der Staatsregierung die von den Koalitionsparteien getragen werden, zu führen. Ich halte es für den richtigen, zielführenden Weg; denn die heutige Debatte hat mir gezeigt, dass es sehr schnell in Polemik ausarten kann und nicht in eine sachliche Diskussion mündet.
(Beifall bei der CDU und der SPD – Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Vielleicht verwechseln Sie Ursache und Wirkung! – Dr. Fritz Hähle, CDU: Herr Scheel will Fraktionsvorsitzender werden und muss sich profilieren!)
Ich möchte abschließend noch einmal feststellen: Wir sind auf dem guten Wege dazu, eine Verwaltungsreform zu realisieren, die tatsächlich bürgernah und wirtschaftlich sein wird.
Danke schön. – Meine Damen und Herren! Ergibt sich daraufhin noch einmal ein allgemeiner Aussprachebedarf? – Ich stelle fest, das ist nicht der Fall.