Protocol of the Session on December 9, 2004

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland

Drucksache 4/0262, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums für eine allgemeine Aussprache vor; daher spricht nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Herr Minister Winkler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, über den wir hier im Landtag zu entscheiden haben, ist in der deutschen Rundfunkgeschichte ein Durchbruch zur Strukturreform im öffentlichen Rundfunk gelungen. Ziel der Vorschläge, die unser Ministerpräsident Prof. Georg Milbradt zusammen mit den Länderchefs Steinbrück und Stoiber bereits im November des Jahres 2003 vorgelegt hatte, war es, die langfristige Finanzierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Strukturreformen und nicht durch überzogene Gebührenerhöhungen sicherzustellen. Es wurden viele Punkte aufgegriffen, die Sachsen schon lange fordert und die nun auch von der KEF, also von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, nachdrücklich angemahnt werden.

Über dieses Ergebnis haben nun alle Landtage zu entscheiden. Ein wichtiger Punkt dieses Änderungsstaatsvertrages ist die Neufestsetzung der Gebührenhöhe. Erstmalig wird von einer Gebührenempfehlung der KEF abgewichen, und zwar nach unten und damit zugunsten der Gebührenzahler. Das ist auch richtig, denn damit wird die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland und auch in Sachsen berücksichtigt. Damit erfolgt auch eine Berücksichtigung sinkender Einnahmen vieler sächsischer Haushalte.

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat am 8. Oktober beschlossen, die Rundfunkgebühr nicht, wie von der KEF vorgeschlagen, um 1,09 Euro zu erhöhen, sondern um lediglich 88 Cent. Dafür hat sich gerade auch Sachsen stark gemacht. Die Rundfunkanstalten hatten ursprünglich das Doppelte gefordert. Mit der vorliegenden Gebührenanpassung wird also nicht einmal die Hälfte der ursprünglichen Forderung der Rundfunkanstalten erfüllt. Das hat es bisher so noch nicht gegeben. Außerdem soll die Gebührenanpassung erst zum 1. April des kommenden Jahres, 2005, erfolgen und nicht schon zum 1. Januar 2005.

Von der Präambel zum Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausgehend, hat Sachsen in den Staatsvertragsverhandlungen vor allem auch darauf gedrungen,

dass eine Obergrenze für die Zahl der öffentlich-rechtlichen Fernsehund Hörfunkprogramme eingeführt wird, denn die von den öffentlich-rechtlichen Sendern immer wieder gern, aber leider missverständlich zitierte verfassungsrechtlich gewährleistete Entwicklungsgarantie heißt nicht auch unbegrenzte Expansionsgarantie. Die Finanzierungsgarantie ist kein Blankoscheck. Das Bundesverfassungsgericht legt vielmehr großen Wert auf die Feststellung, dass nicht jede Programmentscheidung von der Politik zu honorieren ist. In unseren Augen definiert sich die mit öffentlich-rechtlich erhobenen Gebühren finanzierte Grundversorgung nicht in erster Linie über die Quantität des Programmangebotes, sondern viel mehr über dessen Qualität.

(Beifall des Abg. Andreas Lämmel, CDU)

Deshalb haben wir uns insbesondere für die Festschreibung einer alten sächsischen Forderung, nämlich das Austauschgebot, als Sicherung gegen eine nicht mehr zeitgemäße Vermehrung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen, eingesetzt.

Den öffentlich-rechtlichen Anstalten ist die Einführung neuer Programme danach nur noch möglich, wenn sie an die Stelle bisheriger Angebote treten. Mehrkosten dürfen dabei nicht verursacht werden.

Ein weiterer Bestandteil dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist die Reform des Gebührenrechts. Sie vereinfacht das Gebührenbefreiungsverfahren und führt zur Verbesserung der Ertragsbasis.

Ein weiterer Schritt zu Kostenbewusstsein und besserer Transparenz liegt in der künftigen Kompetenzstärkung der KEF. Ihre Prüfmöglichkeiten wurden erweitert, um eine höhere Klarheit bei der Kostenzuordnung zu erreichen.

All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, dient dem sparsamen und verantwortungsvollen Umgang mit unseren Gebührengeldern. Wir sehen uns hier besonders dem Bürger und dem Rundfunkgebührenzahler in Sachsen verpflichtet. Was wir in unseren Verhandlungen mit den Ländern erreicht haben, ist das Ergebnis langer, harter, parteiübergreifender Diskussionen. Dabei war und ist unser aller Ziel vor allem die Rückbesinnung auf den Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Ganz in diesem Sinne haben wir mit den Bereichen Kultur, Bildung und Information inhaltliche Schwerpunkte für die digitalen Zusatzkanäle von ARD und ZDF vorgegeben.

Im Ergebnis der Verhandlungen ist der vorliegende Staatsvertrag ein großer Erfolg unserer klaren Forderungen und einer zielgerichteten soliden Verhandlungsführung durch die Staatsregierung. Ich möchte hier ruhig auch offen sagen: Es ist auch das Ergebnis einer parteiübergreifenden guten Zusammenarbeit ganz im Sinne der Sache und zum Wohl unserer Bürger.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen folgende Überweisungen vor: Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien – federführend – sowie Verfassungs-, Rechtsund Europaausschuss. Wer möchte diesen Überweisungen zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, keine Gegenstimmen. Damit sind die Überweisungen einstimmig beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

1. Lesung des Entwurfs Elftes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Drucksache 4/0268, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen. Deshalb spricht nur die FDP-Fraktion als Einreicherin. Herr Abg. Zastrow, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich in den letzten Wochen häufig gefragt, warum sich so viele Menschen von Politik abwenden, warum auch wir als Parteien so große Nachwuchssorgen haben, warum die Wahlbeteiligung immer weiter zurückgeht und warum extreme Gesellschaftsentwürfe immer mehr Zuspruch gewinnen.

Ich glaube, es liegt nicht nur daran, dass wir für viele Probleme, die die Menschen in diesem Land haben, keine Lösungen anbieten; vielleicht kann man für das eine oder andere Problem auch keine Lösung finden. Es liegt auch daran, dass wir als Politiker oft ein schlechtes Vorbild abgeben. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, dass wir für sie oftmals wenig Verheißungsvolles beschließen und dass uns zu den richtig großen Problemen in unserem Land keine Lösungen einfallen. Wenn uns etwas einfällt, dann dauert die Umsetzung ewig, weil die parlamentarischen Prozesse zu lang sind. Wenn es aber um unsere eigene Versorgung geht, entwickeln wir eine erstaunliche Kreativität. Da gelingt es uns immer wieder, Mittel, Wege und Lösungen zu finden.

Ich will eines klarstellen: Ein Abgeordneter hat in diesem Land eine sehr wesentliche Aufgabe zu erfüllen. Er ist aus meiner Sicht quasi Mitglied des Aufsichtsrates der „Sachsen AG“ und nimmt in dieser Funktion immens wichtige Aufgaben wahr. Er steuert dieses Land und versucht zwischen verschiedenen Strömungen auszugleichen. Deswegen sage ich: Ja, ein Abgeordneter soll dafür ordentlich bezahlt werden.

Wir als Politiker dürfen allerdings nicht blind durch dieses Land gehen. Wir dürfen die Wahrnehmung, die es draußen von dem, was wir hier machen, gibt, nicht einfach negieren. Ich erinnere an die Diskussion des vergangenen Sommers: Wenn gefordert wird, überall in der Gesellschaft zu sparen; wenn es im öffentlichen Dienst, aber auch in allen anderen Wirtschaftszweigen Nullrunden geben soll; wenn es die Regel ist, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen vieler Branchen in Sachsen schon seit fünf Jahren stagnierende Einkommen

verzeichnen; wenn die Honorare in den freien Berufen sinken, dann müssen wir dem Rechnung tragen.

Ich halte es nicht nur für unangemessen, sondern auch für unmoralisch, wenn die Politik in Zeiten, in denen wirklich Druck auf die Bürger ausgeübt wird und in denen einzigartige Sparprogramme beschlossen werden, nicht selbst mit gutem Beispiel vorangeht.

Der Landtag hat sich in der vergangenen Legislaturperiode zweimal die Diäten erhöht, ich glaube, zum letzten Mal vor anderthalb Jahren um fast 9 %. Ich wüsste nicht, in welcher Branche in diesem Land es eine solche Gehaltssteigerung gegeben hätte.

(Frank Kupfer, CDU: Reden Sie aber auch von den Nullrunden, die wir vorher beschlossen hatten!)

Wir sind dennoch allesamt keine Armen, Herr Kupfer! 9 % bedeuten eine ganz außerordentliche Steigerung.

Herr Milbradt hat heute gesagt, er unterstütze die Forderung, dass zum Beispiel die Manager von Dax-Unternehmen ihre Gehälter offen legen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin froh, dass kleine und mittelständische Unternehmer in diesem Land ihre eigenen Gehälter nicht offen legen müssen. Was denken Sie, was man in der Wirtschaft verdient! Ich als Neuling in diesem Landtag habe mit den Ohren geschlackert, als ich das Gehaltsniveau auf Mitarbeiterebene im öffentlichen Dienst gesehen habe. Das ist – leider! – in der privaten Wirtschaft oft anders. Ich füge hinzu: Das ist in Dresden und Leipzig ganz anders als beispielsweise im Erzgebirge, wo das Gehaltsniveau noch einmal niedriger ist.

(Gottfried Teubner, CDU: Was verdienen Sie denn als Unternehmer?)

Das kann ich Ihnen hinterher sagen; aber dafür arbeite ich auch sehr hart und gehe ein hohes Risiko ein.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Wir arbeiten nicht?)

Abgeordnete dürfen sich nicht über das Volk erheben. Regelungen müssen transparent und für jeden nachvollziehbar sein. Bei aller Ungleichheit müssen wir trotzdem für Vergleichbarkeit sorgen.

Deswegen sagt die FDP: Wir müssen das System der Abgeordnetenversorgung insgesamt angemessener sowie für jeden Bürger transparenter gestalten.

Wir schlagen dazu in unserem Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vor, vier Bereiche zu ändern.

Der erste Bereich betrifft die Diäten. Ich habe es vorhin schon angedeutet: Wenn die Bürger überall in diesem Land verzichten sollen, dann gehört es sich für mich – – Frau Schwarz, vielleicht hören Sie mir erst einmal zu!

(Dr. Gisela Schwarz, SPD: Ich spreche gerade mit Ihren Kollegen!)

Das ist ein interessantes Thema, über das wir noch oft genug diskutieren können. Lassen Sie bitte erst einmal die Argumente gelten.

Für mich gehört es sich einfach – das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens, das wir alle in der Bevölkerung genießen sollten und das wir durch unser Verhalten vielleicht zurückgewinnen können –, dass die Politiker mit gutem Vorbild vorangehen. Wir schlagen deswegen vor, die vor anderthalb Jahren beschlossene Diätenerhöhung zurückzunehmen und zu der Diätenhöhe, die vor dem Erhöhungsbeschluss gegolten hat, zurückzukehren. Das wäre eine wichtige Geste, ein Signal, das wir an die Bürgerinnen und Bürger, an die Wählerinnen und Wähler in diesem Land senden würden.

Wir alle wissen, wie die letzten Wahlen ausgegangen sind. Wir alle können uns vorstellen, warum so gewählt worden ist. Das hat auch etwas mit der Politik und den Politikern selbst zu tun. Es wäre eine einmalige Geste, wenn die Politiker nicht nur sagen würden: „Wir machen Nullrunden!“, sondern wenn sie signalisieren würden: Wir haben diese Wahlen verstanden und wissen, dass wir uns bewegen müssen. Deswegen nehmen wir die zuletzt beschlossene Diätenerhöhung zurück.

Genau das schlagen wir Ihnen vor. Wir zeigen damit, dass wir in Zeiten von Hartz IV und angesichts einer Rekordzahl an Firmenpleiten, die wir auch in Sachsen immer noch verzeichnen, bereit sind, selbst zu handeln und mit gutem Beispiel voranzugehen.

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt nennen! Wir brauchen sehr dringend eine Reform der Altersversorgung. An dieser Stelle trifft der Satz „Die Politik darf sich über einen normalen Bürger nicht erheben“ besonders zu. Wir haben es einmal ausgerechnet; es stand zum Teil schon in der Zeitung: Nach acht Jahren Tätigkeit als Landtagsabgeordneter – inzwischen dauert eine Legislaturperiode fünf Jahre; daher wäre eine Änderung von acht auf zehn Jahre sicherlich angebracht – hat man einen Rentenanspruch von etwa 1 500 Euro monatlich erworben –, beginnend ab dem 60. Lebensjahr! Wissen Sie, wie lange dafür ein „normaler“ Werktätiger, der gesetzlich rentenversichert ist, beim gleichen Gehalt, das im Übrigen sehr hoch wäre, arbeiten müsste? – 36 Jahre und neun Monate!

(Gottfried Teubner, CDU: Sagen Sie das einmal Ihrer Bundestagsfraktion! Die hat Ähnlichem zugestimmt!)

Da in Sachsen kaum jemand ein so hohes Einkommen wie ein Abgeordneter hat – der Durchschnitt liegt weit darunter –, können Sie sich in etwa vorstellen, wie lange jemand mit einem niedrigeren Einkommen arbeiten muss, um einen vergleichbaren Rentenanspruch zu erlangen.

(Uta Windisch, CDU: Das ist doch Demagogie! – Gottfried Teubner, CDU: Sie haben keine Ahnung!)

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als Abgeordnete eine andere Regelung finden müssen und ähnlich, wie es Unternehmer machen, privat für das Alter vorsorgen können. Dafür gibt es sehr interessante Angebote, die auch nicht teuer sind. Ich traue Ihnen sogar zu, dass Sie das bezahlen können! – Unsere Lösung ist also eine private Rentenversicherung, die wir für Landtagsabgeordnete einführen wollen.

Ferner gibt es recht interessante Übergangsgeldregelungen für Landtagsabgeordnete. Auch da empfehle ich, den Vergleich mit einem „normalen“ Arbeitnehmer anzustellen. Dieser geht, wenn er zum Beispiel seine Arbeit verliert – das ist mit dem Verlust unseres Mandats vergleichbar –, zur Arbeitsagentur. Dort hat er Anspruch auf 60 % oder, mit Kind, auf 67 % seiner letzten Bezüge, und das für ein Jahr. Diese Regelung ist vorbildlich; wir könnten sie uns selbst zugestehen. Da lohnt der Vergleich mit der Situation eines ganz normalen Werktätigen, der genauso vom Verlust seiner Arbeit bedroht ist, wie wir jederzeit unser Mandat verlieren können.

Der vierte Punkt in unserem Entwurf betrifft das Sterbegeld. Vielleicht stimmen uns in diesem Punkt auch einige Abgeordnete anderer Parteien zu. Das Sterbegeld wurde gesetzlich Krankenversicherten zum 1.1. dieses Jahres gestrichen. Bis zu jenem Zeitpunkt gab es für die Hinterbliebenen einen Satz von 525 Euro. Für uns als Abgeordnete des Sächsischen Landtages gilt diese Regelung immer noch, und zwar in Höhe einer zweifachen Diät. Wenn bei uns jemanden das Schicksal trifft, erhalten die Hinterbliebenen ein Sterbegeld in der gewaltigen Höhe von 8 568 Euro! Ich muss Ihnen ehrlich sagen – da brauche ich gar nicht zu diskutieren –, das ist ein alter Hut, der abgeschafft gehört. Das sind wir mindestens den Wählerinnen und Wählern in diesem Land schuldig.