Protocol of the Session on December 9, 2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn jeder Nationaldemokrat auf die beschriebene Art und Weise reagieren würde, wenn er wieder einmal ungerechtfertigt als Nazi bezeichnet wird, dann wäre in Sachsen kein Stein mehr auf dem anderen. Aber wir wissen uns zu benehmen.

Wenn der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Homann wegen reiner Meinungsäußerungen, die zudem historisch verifizierbar sind, seine Partei und Fraktion verlassen musste, dann ist es nun für die PDS-Fraktion überfällig, Kerstin Köditz und Freya Klinger als Anmelderinnen einer Demonstration, die in bürgerkriegsähnlichen Szenarien endete, aus der Fraktion auszuschließen. Politischer Gewalt gegenüber darf es keine Toleranz geben.

(Beifall bei der NPD)

Mein Appell richtet sich aber auch an die Parteien der Mitte, denn genauso erschreckend wie die Gewalt selbst ist der Umstand, dass diese heute im Plenum gar nicht thematisiert worden wäre, wenn am 19. September nicht eine NPD-Fraktion in den Sächsischen Landtag eingezogen wäre. Dann wäre hier „Still ruht der See“ gewesen und kein Mensch hätte darüber berichtet.

Meine Damen und Herren von CDU-, SPD- und FPDFraktion sowie den GRÜNEN! Deshalb frage ich Sie: Finden Sie es normal, dass in Leipzig am Abend des 27. November vier unbeteiligte, auf eine Straßenbahn wartende Personen von linksextremistischen Gewalttätern krankenhausreif geprügelt werden? Finden Sie es normal, dass am Abend des 27.11. die Innenstädte der beiden größten sächsischen Metropolen für eine Stunde zu rechtsfreien Räumen geworden sind, in denen die Polizei mit der Erfüllung ihrer Aufgaben überfordert war? Finden Sie es normal, reale politische Gewalt immer nur zu beschweigen, wenn sie von vermeintlich guten Linken gegen vermeintlich böse Rechte verübt wird? Finden Sie es normal, dass zwei Landtagsabgeordnete als Anmelderinnen der Gewaltorgie direkt für die Vorkommnisse am 27.11. verantwortlich sind? Wollen Sie warten, bis noch Schlimmeres passiert, bis es wirklich einmal Tote gibt?

Das Problem, das sich angesichts der jüngsten Übergriffe in Sachsen stellt, ist also nicht nur die zunehmende Militanz der linksextremen Antifa, sondern die Wahrnehmung derselben in der Öffentlichkeit. Bedroht sind die innere Sicherheit und das Gewaltmonopol des Staates gerade dann, wenn die eigentliche Feindschaft der Linksextremen gegen Demokratie und Rechtsstaat nicht erkannt wird, weil sie vermeintlich mit moralischem Anspruch und zu Recht gegen eine erstarkende nationale Opposition vorzugehen scheinen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgen Sie Ihrem Gewissen! Machen Sie dieses Spiel nicht länger mit! Stimmen Sie mit uns für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der zu klären hat, wie es zu dem schlimmsten Fall politischer Gewalt im Freistaat seit Jahren kommen konnte, obwohl das Gewaltpotenzial so genannter Antifaschisten hinlänglich bekannt ist.

Wir wollen wissen: Wie ist die PDS mit der gewaltbereiten Antifa verquickt? Wie kann verhindert werden, dass es in Zukunft nicht wieder zu solchen Gewaltorgien kommt? Zeigen Sie mit uns gemeinsam der Gewalt die rote Karte!

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile den Fraktionen das Wort. Die CDU-Fraktion; Herr Dr. Hähle, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen auf der Seite der Bevölkerung, die sich durch Randalierer – rechte wie linke – bedroht sieht, und erst recht auf der Seite derer, die durch solche sinnlosen Aktionen Schaden erleiden mussten. Es gibt keine hehren politischen Ziele, die solches auch nur im Geringsten rechtfertigen könnten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, der NPD und der FDP)

Wir sind uns aber auch sicher, dass die Staatsregierung alles tun wird, die Täter zu ermitteln

(Zuruf von der NPD: Ja, ja!)

und unnachgiebig gegen diese vorgehen wird.

Den Antrag der NPD-Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses werden wir jedoch ablehnen, nicht um der PDS etwa einen Gefallen zu tun, vielmehr deshalb, weil ein Untersuchungsausschuss hier das falsche Mittel wäre. Der Landtag muss der Regierung keine Informationen oder angemessenes Handeln abtrotzen, sondern der Innenminister wird selbstverständlich über die Geschehnisse am 27.11.2004 in Pirna, Dresden und Leipzig umfassend im Innenausschuss berichten. Wenn wir es wünschen, wird er auch vor dem Parlament einen Bericht abgeben. Insofern sehen wir keinerlei Grund, dem Antrag beizutreten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich erteile der Fraktion der PDS das Wort. Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten 15 Jahren der Existenz dieses Landtages war es stets guter Brauch, dass er sich selbst, da direkt legitimiert und letztlich das höchste Verfassungsorgan, ernst nimmt. Aus eigenem Erleben bestreite ich nicht, dass in diesem Hohen Hause schon treffliche politische Gefechte geführt worden sind, aber zu keinem Zeitpunkt hat sich der Landtag auf eine Ebene begeben, wo er sich faktisch als Ermittlungsorgan

einer Fraktion gegen Abgeordnete des Hohen Hauses missbrauchen lässt.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Abgesehen davon, dass der Antrag handwerklich nicht im Minimum den Ansprüchen an einen Einsetzungsauftrag des Landtages für einen Untersuchungsausschuss gerecht wird – vielleicht sollten Sie als Verfasser schlicht und einfach in den protokollarischen Unterlagen der letzten 14 Jahre nachsehen, wie man so etwas macht –, entspricht vor allem aber das Antragsbegehren nicht den nach § 1 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes vom 12. Februar 1991 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 11.11.97 beschriebenen Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Untersuchungen durch den Sächsischen Landtag mit dem weitreichenden Instrumentarium eines derartigen gerichtsgleich wirkenden Untersuchungsausschusses.

§ 1 Abs. 2 besagt nämlich, dass Untersuchungen des Landtages nur zulässig sind, wenn diese geeignet wären, dem Landtag Grundlagen für eine Beschlussfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit zu vermitteln. Hierzu kommt, dass es schlicht absurd ist anzunehmen, man könnte Anmeldern einer Veranstaltung, die um 12:00 Uhr in Pirna beginnt und eben dort um 16:00 Uhr endet, in der Reichweite des Versammlungsrechts und nach der Lebenslogik irgendeine Verantwortung für Ereignisse zuschieben, die frühestens 16:45 Uhr bis 17:00 Uhr in Dresden oder gegen 20:00 Uhr in Leipzig begonnen haben. Das ist schon schlicht eine Frage der Fahrzeit. Auf einer derartigen Ebene zu denken und zu spekulieren kann allenfalls den Trägern nationaler Stammtische gelingen. Was soll der Landtag sinngebend als Stätte der Gesetzgebung und der politischen Willensbildung zu den drei Punkten, die Sie als Antrag benennen, beschließen?

Herr Leichsenring, wenn Sie die Bewertung der Vorgänge, die Sie untersuchen lassen wollen, schon bei der Antragsbegründung parat haben, weshalb dann noch irgendetwas untersuchen? Sie haben doch schon erklärt, wie Sie die Welt sehen. Wir wollen nicht bestreiten, dass das, was Sie hier veranstalten wollen, meine Damen und Herren der nationalen Fraktion, in der Kontinuität Ihres Wahlkampfes und in Ihrer generellen Absicht liegt, die Verfassungsorgane der repräsentativen Demokratie vorzuführen. Sie haben all das, was jetzt im Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses steht, in eben diesem ursprünglichen Dringlichen Antrag, den Sie erst im Geschäftsgang des Präsidiums behandeln ließen, schon einmal im Hohen Hause gestellt. Da dieser abgelehnt wurde, bringen Sie es nun als Untersuchungsausschussgegenstand.

Das ist handgreiflicher Missbrauch des Untersuchungsausschussrechts, und genauso werden wir damit umgehen.

(Beifall bei der PDS)

Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Herr Prof. Dr. Weiss, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir als Sozialdemo

kraten lehnen jegliche Form von Gewalt ab. Gewalt ist kein legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen in der Demokratie. Das ist selbstverständlich klar. Wir lehnen einen Untersuchungsausschuss jedoch als unzweckmäßig ab. Die Gründe wurden von meinen Vorrednern bereits genannt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Die FDP, bitte. Wird das Wort gewünscht? – Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird ebenfalls der Einsetzung des Untersuchungsausschusses so nicht zustimmen: 1. aus formalen Gründen, weil bereits kein Hinweis auf einen Untersuchungsauftrag dort formuliert wird.

2. weil das, was dort gefordert wird, ohnehin Aufgabe der Aufklärung von Staatsanwaltschaften und der Polizeibehörden ist.

Aber lassen Sie uns eines sagen – auch inhaltlich: Für Gewalt in Sachsen sehen wir nicht die geringste Chance und werden sie auch nicht zulassen, wo immer sie auch geschieht, wo immer aus welchen Gründen jemand meint, so etwas machen zu können. Auch die schönste antifaschistische Aufwallung ist keine Legitimation für Gewalt.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD und den GRÜNEN)

Wenn dieses hier aber zum Vorwand genommen wird, sich selbst als die nationalen Mahatma Ghandis in Sachsen darzustellen, wie es die NPD versucht, finde ich das widerlich.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren Kollegen! Wenn es hier heißt, die NPD würde Gewalt ablehnen, dann ist das eine schlichte Lüge. Jeder, der das Pressefest der NPD in Meerane im Sommer 2003 besucht hat, wird das wissen.

(Uwe Leichsenring, NPD: Es gab keine einzige Festnahme! Sie lügen!)

Wenn Ihre Kameraden dort Fernsehjournalisten misshandeln – –

Nein, man hat sie eben nicht gekriegt, weil sie in der Menge untergetaucht sind. Deswegen kam es nicht zur Festnahme.

(Lachen bei der NPD)

Wenn dort einer rauskommt und auf gut Deutsch einen Fernsehkameramann in die Genitalien tritt, dass er sich hinterher in der Uni-Klinik wiederfindet, dann kann man sich nicht freuen, dass man ihn nicht erwischt hat, wenn er bei den anderen Kameraden untergetaucht ist.

Das ist weder eine Art von ausreichender Solidarität noch eine Heldentat.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden es Ihnen auch nicht durchgehen lassen, wenn Sie versuchen, mit dieser schmierigen Art und Weise hier ein Podium zu schaffen, um irgendwelche Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Extremen herbeiführen zu können. Mit uns ist das nicht zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD und den GRÜNEN)