Die neuen Arbeitsgruppen haben bereits konkrete Ergebnisse vorzuweisen. So konnten wir gestern den Startschuss für die Arbeit mit der neuen Dachmarke „Familientourismus in Sachsen“ geben und den ersten 53 sächsischen Unternehmen die Urkunden und Plaketten, die sie als familienfreundliches Beherbergungs- und Freizeitunternehmen mit ausgewählten Qualitätskriterien charakterisieren, überreichen. Der Landestourismusverband Sachsen durchdringt mit der Maßnahme „Servicequalität Sachsen“ mehr und mehr die Leistungsbereiche im Tourismus. Wir erwarten noch in diesem Jahr das 100. Zertifikat zur Stufe 1. Mit der Stufe 2 werden wir planmäßig am 9. und 10. Januar 2006 beginnen. Ich finde es gut, dass man sich selbst einer Leistungsbewertung und -beurteilung stellt und dass man selbst daran arbeiten will, die vorhandenen Potenziale noch besser zu nutzen und die Gastfreundlichkeit zu erhöhen. Es hat sich bei Telefonumfragen herausgestellt, dass die Unternehmen, die sich beteiligt haben, insbesondere diese bessere Servicequalität aufweisen. Das merkt man, wenn man als Gast dort anfragt.
Neben den Klassifizierungsmöglichkeiten – DEHOGA oder DTV, die unterschiedlichen Beherbergungsarten – ist diese Zertifizierungsinitiative das entscheidende und vergleichsweise kostengünstigste Instrumentarium eben für jenen besseren Service im Unternehmen. Die Konzentration der Vermarktung, alle landesbedeutsamen Produkte auf dem Binnen- und Auslandsmarkt in einer Hand, hat Handlungsspielräume in wirtschaftlichen Geschäftsräumen eröffnet und die Effizienz der eingesetzten Marketingmittel erhöht. Neue Medien und moderne Kommunikationssysteme, die auf den Markt drängten, werden zur Kundenkontaktpflege, zur Optimierung des Vertriebs und zur Steigerung des Absatzes konsequent genutzt.
Die Regionen und Städte sollen aber nicht zu kurz kommen und gleichfalls ihre Stärken noch besser vermarkten können. Im Sommer stellte die TMGS dazu den Entwurf des zentralen Landesmarketingplanes für 2006/2007 vor, mit dem die Regionen eine erste Orientierungshilfe für die Ausrichtung ihrer eigenen Marketingaktivitäten erhalten haben. Die Endfassung liegt seit Anfang Dezember vor. Der Plan widerspiegelt die Ergebnisse der permanenten Marktbeobachtung ebenso wie die Erkenntnisse der laufenden Überprüfung und Bewertung der Effizienz der durchzuführenden Maßnahmen.
Gleichzeitig haben wir die Rahmenbedingungen für die Marketingförderung angepasst. Das Antragsverfahren für die Förderung im Jahre 2006 wurde transparenter. Von Beginn an waren die Regionen besonders im Marketingbeirat der TMGS einbezogen. Die Projektgespräche Anfang November 2005 mit allen Antragsstellern wurden als eine gute Form der Zusammenarbeit zwischen der TMGS, dem Freistaat Sachsen und den Regionen bewer
tet, die zu einer fairen und objektivierten, sachorientierten und haushaltskonformen Bewertung der Förderanträge für das Jahr 2006 führten. Sie werden das Ergebnis in Form des Förderplanes Tourismus 2006 erfahren. Ich hoffe, dass ich Ihnen den Plan bereits mit dem Bericht im Januar vorlegen kann. Ich werde Ihnen im Januar 2006 im Bericht detaillierte Aussagen zu Evaluierung und Anpassung des Landesmarketingplanes liefern und dies konkreter darstellen. Damit wird zum Ausdruck kommen, was alles unternommen wurde, um besonders das Auslandsmarketing zu verstärken bzw. was sich in den Regionen getan und verändert hat.
Aus der heutigen Diskussion habe ich Anregungen zu der einen oder anderen speziellen Frage mitgenommen, aber ich will noch einmal auf das Sächsische Haus in Turin zu sprechen kommen, das während der Olympischen Winterspiele installiert wird. Dieses Sächsische Haus soll unseren Vorstellungen zufolge überwiegend von Sponsoren, von privaten Geldgebern, finanziert werden. Wir werden uns daran beteiligen, aber die überwiegende Finanzierung soll durch Private funktionieren. Es dient auch dazu, dass wir insbesondere das Reiseland Sachsen den Italienern noch bekannter machen, weil wir merken, dass in Italien ein großer Zuspruch für Sachsen bereits erfolgt.
Eines gestatte ich mir in der Symbiose zwischen Tourismusförderung und Wirtschaftsförderung zu sagen: Uns geht es auch darum, dass die stets steigenden italienischen Aktivitäten in Sachsen auch dort eine Würdigung erfahren, und wir erhoffen uns, dass wir mit dem Sächsischen Haus potenzielle Investoren für Sachsen gewinnen können. Italien hat in den letzten Jahren viel investiert. Ich finde es gut. Deshalb ist das Sächsische Haus eine gute Gelegenheit, Sachsen noch mehr und noch besser zu präsentieren.
Ich bitte schon jetzt um Verständnis, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Daten, insbesondere die immer wieder abgefragten Zahlen, ausgewertet habe. Mir geht es um die Stellungnahme im Januar 2006. Das Jahr 2005 abschließend zu betrachten, was die Daten betrifft, ist erst Ende Februar 2006 möglich, aber vielleicht sehen wir uns dann wieder bei einer Landtagsdebatte. Dann kann ich die Zahlen vorlegen.
Danke schön. – Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort, Frau Windisch. – Das hat sich erübrigt. Dann kommen wir zur Abstimmung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich lasse jetzt abstimmen über die Drucksache 4/3408, Tourismuskonzeption. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Ge
genprobe! – Keine Gegenstimmen. Die Stimmenthaltungen! – Keine Stimmenthaltungen. Einstimmig beschlossen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Mäuse kreißen, werden keine Berge geboren. So möchte man ein bekanntes Sprichwort umkehren angesichts des Theaterdonners, der einst im Jahre 2002 die Gründung der „Initiative Mitteldeutschland“ durch die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen begleitete, und dem, was bis heute heraus- bzw. nicht herausgekommen ist. Die Gunst der Stunde nutzend, dass plötzlich in allen drei Ländern die CDU vorübergehend den Regierungschef stellte, konnte es der Initiativen nicht genug geben.
Diese Initiativen sollten unüberhörbare und unübersehbare Signale für die nun angeblich knapp bevorstehende lichte Zukunft der drei Bundesländer bzw. der Region als Ganzes sein.
Freilich, die Ernüchterung kam bald; denn fragt man nach den Initiativen, man findet sie nicht mehr. Eines muss man allerdings einräumen: Der sächsische Ministerpräsident und sein Leiter der Staatskanzlei entwickeln sich zu Meistern der Euphemismen, das heißt der beschönigenden Verschleierung mit Hilfe von Sprache.
Da gibt es schon Preisverdächtiges. Rohrkrepierer werden zu prächtigen Feuerwerken hochstilisiert und Mücken als reich geschmückte Elefanten beschrieben. Die SPDFraktion hatte einst gefragt, die Linksfraktion hat gefragt und die FDP-Fraktion hat gefragt nach den Fortschritten, Erfolgen und Schwierigkeiten der länderübergreifenden Zusammenarbeit in der „Initiative Mitteldeutschland“, und sie haben Antworten bekommen, immerhin ziemlich gleichlautend im Grundsätzlichen und im Detail.
Ich zitiere zunächst zum Grundsätzlichen und zum Beispiel aus der Antwort an die FDP: „Bereits in der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD-Fraktion aus dem Jahre 2003, Drucksache 3/9650, wurde darauf hingewiesen, dass die „Initiative Mitteldeutschland“ einen langfristig angelegten Rahmen zur Schaffung einer attraktiven Region im Herzen Europas vorgeben soll und daher über ein bloßes, zeitlich und inhaltlich begrenztes Arbeitsprogramm hinausgeht.“ Das sind die elefantösen Worte. Die
inhaltliche Mitteilung aber besteht in der einfachen Botschaft: Außer Spesen bisher nichts gewesen – nicht 2003, als die SPD fragte, und auch nicht zum Jahreswechsel 2004/2005, als man der PDS antwortete und der FDP Bescheid gab. Wer meint, er oder sie könnte mich mit den Antworten im Detail wegen der Euphemismen Lügen strafen, der oder die irrt leider, denn auch dort setzt sich die Meisterschaft verhüllender Kunst fort.
Die wirklich in die Welt gesetzten Projekte sind marginal: gemeinsame Nutzung des Justizvollzugskrankenhauses in Leipzig, gemeinsamer Strafvollzug für weibliche Gefangene in Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen und eine Verwaltungsvereinbarung über die Bildung von Sicherheitspartnerschaften im Justizvollzug, die bereits umgesetzt wird. Es ist erstaunlich, wo die drei Länder ihre Stärken gefunden haben: im Justizvollzug.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Staatsminister Geert Mackenroth: Das ist nicht völlig unwichtig!)
Ja, es ist nicht völlig unwichtig. Aber wir haben gerade über das Tourismuskonzept gesprochen, Herr Staatsminister. Ich glaube nicht, dass wir wegen unseres hervorragenden Justizvollzugs die Juristen, Entschuldigung, die Touristen ins Land locken – die Juristen schon. Die Fehlleistung war in Ordnung, das gebe ich zu.
Was wird noch so als Erfolg angeboten? Zur Bildung eines mitteldeutschen Verbundes statistischer Landesämter gibt es eine Verwaltungsvereinbarung, der eine länderübergreifende Projektgruppe entsprungen ist – hört, hört! –, die das weitere Vorgehen koordinieren soll. Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild’ ich einen Arbeitskreis, sagt der Volksmund.
Erfolg gibt es in der Kooperation der Berufsakademien: „Es stehen die Vorbereitungen für die Einrichtung einer gemeinsamen Lehrbeauftragtendatei vor dem Abschluss.“ Die Vorbereitungen stehen vor dem Abschluss! Karteileichen aller Länder, vereinigt euch! – Das ist die revolutionäre Losung Mitteldeutschlands.
Was liest man zu noch in Planung befindlichen gemeinsamen Projekten? – Ich zitiere aufzählend, für Fremdwortfreunde: enumerativ: „Bisher konnte keine Einigung erzielt werden.“ „Ein Termin steht noch nicht fest.“ „Grundsätzlich besteht jedoch weiterhin Interesse am Projekt,“ „ohne dass zunächst neue Termine festgelegt
wurden,“ „sodass eine Umsetzung bis 2008 nicht möglich ist.“ Die Meldung des wahrhaft unübertrefflichen Erfolges will ich Ihnen, meine Damen und Herren auch nicht vorenthalten: „Erste Ergebnisse werden voraussichtlich in Kürze vorliegen.“ Der Laie wundert sich, dass nach solchen Nachrichten über geplante Projekte die Staatskanzlei tatsächlich auch noch in der Lage ist, über aufgegebene Projekte zu berichten. Bedauerlicherweise befinden sich darunter solche wie die Kooperation der Luftaufsicht und der Binnenschiffsverwaltung.
Angesichts solcher Botschaften lässt es sich unser wackerer Chef der Staatskanzlei aber dennoch nicht verdrießen und meldet keck der Linksfraktion: „Die in der Agenda“ – gemeint ist diese Initiative – „aufgestellten Grundsätze sollen die gesamte Landespolitik im Sinne einer möglichst optimalen gemeinsamen Entwicklung unserer drei Länder beeinflussen.“
Die FDP-Fraktion bekommt vollmundig mitgeteilt: „Die enge Zusammenarbeit der mitteldeutschen Länder bleibt aus Sicht der Staatsregierung eine Notwendigkeit, um die drei Länder im internationalen Standortwettbewerb voranzubringen.“ Wahrscheinlich sieht man aber auch dort, dass eine Umsetzung bis Ende 2008 noch nicht möglich ist. Mit den Händen im Schoß schlägt Herr Winkler die Trommel. Ein wahrhaftiges Kunststück.
In einem Anflug von Ehrlichkeit gibt er aber schließlich doch noch zu: „Wie sich diese Zusammenarbeit im Einzelnen darstellen wird, wird von den sich jeweils ergebenden konkreten Problemlagen abhängen.“
Der vor strategischer Bedeutung für die Entwicklung der drei Länder fast platzende Tiger mutiert endgültig zum Bettvorleger der Handwerkelei und eines atemberaubenden Länder- und Ministerpräsidentenegoismus. Der gute Gedanke hätte eine bessere Ausführung verdient. Stattdessen hatten oder haben wir Standortkonkurrenz wie zum Beispiel bei der BMW-Ansiedlung, bei der es um Standortunterschiede von 30 km ging. Wir haben in Leipzig einen leistungsfähigen, teuer ausgebauten Flughafen. In Erfurt baut man aber dennoch einen Flugplatz aus bis zur Pleite, und Sachsen-Anhalt träumte zu lange von einem Großflughafen hinterm Wald. Die Hochschulen finden höchstens bilateral zusammen, statt ihre unterschiedlichen Stärken gemeinsam als Vorteil der Regionen auszuspielen. Die Anpassung der Verwaltungsstrukturen bleibt aus. Die Schulsysteme unterscheiden sich und bleiben fast inkompatibel.
Aber auch, Herr Präsident, meine Damen und Herren, wenn ich bis jetzt so getan habe, als könnte man dies alles
unter Ulk verbuchen, so ist die Sache in Wirklichkeit bitterer Ernst. Die Sache ist bitterernst: Es geht um uns, unsere Region, deren Zukunft und Prosperität. Wesentliche, vielleicht sogar die wesentlichsten Reserven dafür liegen in der Kooperation, und sie werden unter irritierendem Trommelwirbel verschenkt. Wir brauchen keine Weihnachtsmärchen vom Großbundesland Mitteldeutschland im Jahr 2020 oder später. Wir brauchen konkrete Zusammenarbeit der kulturell und auch in anderen Bereichen durchaus verschiedenen Bundesländer auf der Basis gemeinsamer Interessen und gemeinsamer Ressourcen. Notwendigkeit und Aufwand von Verwaltung zum Beispiel werden von Länderfusionen nur gering berührt. Kooperation und Angleichung wirken hier und auf anderen Feldern viel schneller effektivierend und Kosten sparend. Das hieße dann auch, das Motto der Initiative – das ich übrigens gut finde, „Aus der kulturellen Identität Zukunft gewinnen“ – vernünftig und vorteilhaft für alle umzusetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es könnte ja sein, dass zwischen den Antworten der Staatskanzlei auf die Anträge von FDP und Linksfraktion und heute einiges passiert ist. Da handelte es sich immerhin um den Zeitraum von einem knappen Jahr. Deshalb hat ja meine Fraktion – ich glaube, auch die Fraktion der FDP – diese Fragen gestellt. Wir haben heute die Anträge auf die Tagesordnung gesetzt, um der Staatsregierung die Chance zu geben, über uns noch Unbekanntes zu berichten. Dessen harre ich mit Spannung. Immerhin hat uns nämlich die Staatsregierung zu unserem Wunsch halbjährlicher Berichterstattung im Januar dieses Jahres mitgeteilt: „Die ‚Initiative Mitteldeutschland’ ist kein bloßes Arbeitsprogramm, über dessen Umsetzung im Ganzen eine regelmäßige und kurzfristige Berichterstattung sinnvoll wäre. Stattdessen beabsichtigt die Staatsregierung, regelmäßig über die erzielten Fortschritte zu berichten.“