Protocol of the Session on December 9, 2005

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das ist doch was!)

Die Staatsregierung will also regelmäßig berichten, wobei eine regelmäßige Berichterstattung nicht sinnvoll ist. Das muss sie vor Sprache und Logik selbst verantworten. Trotzdem ist bereits ein Jahr vergangen, das sind zwei halbe. Wenn es Fortschritte gibt, dann gehörte es jetzt schon zur Regel zu berichten, selbst wenn es nur um Mäßiges ginge. Mehr als nichts könnte es immerhin noch sein.

Der Ministerpräsident und sein Leiter der Staatskanzlei verweisen immer wieder stolz und hoffnungsfroh auf die Bausteine der Initiative. Gut. Es sind zwar nur acht, aber versuchen Sie doch endlich eine Baustelle daraus zu machen! Vielleicht wird irgendwann auch noch ein Haus daraus.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich könnte an der Stelle enden, mehr gibt die Sache wirklich nicht her. Aber, Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine Bemerkung.

Vielleicht haben sich einige gewundert – vor allem auch in meiner Fraktion –, dass gerade ich von der Linkspartei so locker über Mitteldeutschland gesprochen habe. Das bedarf einer Erklärung.

Die Wissenschaft von den Mundarten unterscheidet seit jeher niederdeutsche, mitteldeutsche und oberdeutsche Mundarten auf einer Nord-Süd-Achse, weshalb wir zum Beispiel hier in Sachsen, aber auch in Thüringen und in Teilen Sachsen-Anhalts ost-mitteldeutsche Mundarten sprechen – ost-mitteldeutsche, wohlgemerkt, nicht mittelmitteldeutsche.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Und niederösterreichische!)

Denn auf der Ost-West-Achse befinden wir uns hier im Osten Deutschlands und nicht in der Mitte.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Meine ist eine oberdeutsche, Herr Bandmann.

(Volker Bandmann, CDU: Ich hätte sie im Süden vermutet!)

Nein, es ist eine oberdeutsche, und wenn Sie es genau wissen wollen: eine ost-mittelbairische. (Anmerkung des Redners: Das ist die Schreibtradition, um die Sprache vom Bundesland Bayern unterscheiden zu können.)

(Heiterkeit)

Seien Sie froh, denn würde ich eine südbayerische sprechen, dann würden Sie mich nicht mehr verstehen können. Da gibt es die k-Affrikata und ich würde „kchorn“, „kchnecht“ und „kchind“ sagen.

Aber weil ich Dialektologe bin, habe ich mir der Einfachheit halber hier die mundartlichen Koordinaten zu Eigen gemacht; das verordnet jedoch die Mitte Deutschlands anders, als dies von den Ministerpräsidenten Thüringens, Sachsens und Sachsen-Anhalts in fälschlicher und für die Nachbarn höchst bedrohlicher Weise gemacht wird.

(Zuruf von der CDU: Das interessiert keinen Menschen!)

Aber damit wäre ich schon bei einem anderen Problem, das ich heute und zeitweilig dem Weihnachtsfrieden anheim stellen will.

Der Anspruch, der hinter der Benennung Mitteldeutschlands steht, ist freilich brandgefährlich. Dass dies die Apologeten eines solchen Mitteldeutschlands noch begreifen, habe ich zwar wenig Hoffnung – das beweisen auch die Zwischenrufe aus der rechten Ecke –;

(Zuruf von der NPD: Halbrechts! – Heiterkeit bei der NPD)

aber ich will heute ausnahmsweise – wie einst Paulus in seinem vierten Brief an die Römer über Abraham berichtete – entgegen aller Hoffnung weiter hoffen.

Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Für die CDUFraktion spricht Herr Prof. Bolick.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Porsch, wie immer viele Worte. Wenn wir nicht die letzte Sitzung vor Weihnachten hätten, würde ich sagen: Wie immer viel Blabla, aber keine Ansätze.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Auf der einen Seite sprechen Sie von dem Mäuschen, das irgendetwas geboren hätte; auf der anderen Seite bestätigen Sie aber einen großen Wurf, nämlich die Fusion der Landesversicherungsanstalten. Irgendwo passt das alles nicht zusammen, was Sie hier erzählen, doch ich will darauf nicht näher eingehen. Mir ist es sowieso unklar, warum die PDS vor Weihnachten noch am letzten Sitzungstag das Ganze zum Thema macht, und ich glaube, die große Mehrheit im Hohen Hause ist darin meiner Meinung.

(Beifall bei der CDU)

Staatsminister Winkler wird zu den Einzelheiten sicherlich noch sprechen.

(Leichte Heiterkeit)

Nach meiner Erkenntnis ist das Ergebnis durchaus sichtbar. Positiv gewendet, könnte man sagen: Gut Ding will Weile haben, und es kann niemand erwarten, dass solch große Aufgaben innerhalb kürzester Zeit geregelt sind.

Auch das vor zwei Monaten schon hier im Hause diskutierte Luftverkehrskonzept wird ein Meilenstein sein oder ist ein konkretes Ergebnis dieser Verhandlungen. Wer mit dem Haushalts- und Finanzausschuss und dem Wirtschaftsausschuss vor 14 Tagen bei der Flughafengesellschaft in Leipzig war und sich die Informationsveranstaltung der Mitteldeutschen Flughafen AG angesehen hat, der konnte sehen, dass sich die Region entwickelt, dass auch die Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt und aus Thüringen ein hohes Interesse an der Veranstaltung hatten und wir in dieser Hinsicht gemeinsam etwas erreicht haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Eines der acht Hauptziele, nämlich Bedingungen für eine führende Verkehrs- und Logistikkompetenz zu schaffen, ist damit in greifbare Nähe gerückt und wer die Verkehrsinfrastruktur außerhalb des Flughafens – Autobahn, Bahnanbindung usw. – im Großraum Leipzig sieht und kennt, der wird das auf jeden Fall bestätigen. Aber Sie negieren ja immer alles.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Zugegeben, bei Behördenzusammenlegung tun sich unsere Länder noch schwer, doch, meine Damen und Herren, gerade von der PDS, Sie sind hier scheinheilig. Ich lade Sie ein, am Beispiel unserer Funktional- und Verwaltungsreform doch einmal vernünftige Vorschläge zu machen und konstruktiv mitzuarbeiten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Seit zehn Jahren machen wir das, Herr Bolick, und Sie merken es nicht!)

Dort gibt es bestimmt eine Menge Unterstützung, die notwendig wäre. Dass so ein schwerfälliger Apparat wie eine Behörde ein Beharrungsvermögen hat, ist nichts Neues. Wenn wir näher hinschauen, ist das ja logisch. Wer rationalisiert schon seinen eigenen Arbeitsplatz so gerne weg? Das ist in einer Behörde nicht anders, als wir es in der Wirtschaft tagtäglich verspüren.

Der Grundsatz des Beamtentums – volle Hingabe an den Dienstherrn – ist nicht so zu verstehen, dass sie sich in der Weise hingeben, dass sie ihren eigenen Arbeitsplatz mitgeben.

Zur Forcierung von Reformen ist ein klares politisches Ziel notwendig; das ist wichtig und ich denke, das ist gesetzt worden, und an dem Ziel halten wir auch fest. Diese Debatte wird am Ende sicherlich auch etwas dazu beitragen.

Die CDU-Fraktion steht für eine intensivere Zusammenarbeit in Mitteldeutschland. Wir hatten im Sommer dieses Jahres innerhalb der Fraktionen mit Sachsen und SachsenAnhalt in Altenburg eine Mitteldeutschland-Konferenz, in der viele Projekte besprochen und gemeinsame Interessen formuliert wurden. Aber eines konnte man feststellen: Es bestehen gerade vonseiten der Leute in Sachsen-Anhalt und Thüringen zu bestimmten zusammengehenden Vorstellungen schon Berührungsängste. Ich kann das auch verstehen, denn Sachsen ist in vielerlei Hinsicht zu attraktiv und hat ein gewisses Gewicht, und dort haben die Menschen andere Vorstellungen.

Stärken wir unserer Staatsregierung den Rücken, die notwendigen Projekte voranzutreiben! Dies ist besser, als die Beamten mit ständigen Berichtspflichten zu überziehen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn Sie es doch tun würden!)

Landtagsdrucksachen zur „Initiative Mitteldeutschland“ gibt es genügend, wir haben es schon gehört; für weitere sehen wir keinen Bedarf und lehnen deshalb Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Dulig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahre 2002 – also vor

dreieinhalb Jahren – haben die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beschlossen, die Entwicklung Mitteldeutschlands zu einer wettbewerbsstarken, sozial und ökologisch fortschrittlichen Region in der Mitte Europas voranzutreiben.

Dieses Treffen war der Startschuss zu einem Prozess. Wer sich die acht Bausteine – ich verzichte darauf, diese einzeln aufzuzählen – ansieht, wird erkennen, dass es sich nicht um einen mit einzelnen Maßnahmen untersetzten Arbeitsauftrag handelte, sondern um allgemeine Absichtserklärungen.

Ich verhehle nicht, dass den Absichtserklärungen relativ wenige konkret durchgeführte Projekte, die unmittelbar der „Initiative Mitteldeutschland“ zugeordnet werden können, gefolgt sind. Nimmt man diese einzelnen Punkte heraus – da hilft auch kein Schönreden –, dann kann man zu Recht sagen, dass die Initiative, wie in der Presse mehrfach geäußert wurde, nicht die erhofften kurzfristigen Erfolge zeigte.