Protocol of the Session on December 8, 2005

Wir schlagen Ihnen für Schönfeld zunächst einen Antrag vor. Dem Antrag der FDP-Fraktion wird meine Fraktion zustimmen. Wir werden Ihnen die Gelegenheit geben, in einem Antrag die Rücknahme aller durch das Oberverwaltungsgericht benannten Kriterien für betroffene Schulschließungen zu ermöglichen. Dazu möchte ich gern sehen, wie sich das Kultusministerium, die Staatsregierung und die Koalition nach dieser gerichtlichen „Auszeichnung“ der verfehlten Schulpolitik verhalten.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird weiter von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister Flath, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben wieder einmal über alles gesprochen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist unsere Pflicht!)

Es ist schon sehr merkwürdig, Herr Prof. Porsch, wofür in Sachsen ein Minister kritisiert wird. Es gibt ein gültiges Schulgesetz – das mag Ihnen nun gefallen oder nicht –, das mit Mehrheit in diesem Hohen Hause beschlossen worden ist. Im Übrigen ist es noch gar nicht so lange her, dass das Schulgesetz den Gegebenheiten angepasst wurde, auch was die Schülerzahlen betrifft.

Ich würde jetzt einmal der Fraktion der GRÜNEN Konsequenz zugestehen; denn sie hat versucht, das Schulgesetz bzw. die Zahlen, die darin stehen, zu ändern. Dies hat keine Mehrheit gefunden, also gilt weiterhin das Schulgesetz. Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie mich ununterbrochen kritisieren. Es ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit, dass ein Minister schließlich auch einen Eid geleistet hat, die gültigen Gesetze einzuhalten.

(Beifall bei der CDU)

Ich will im Übrigen sagen: Das Schulgesetz gilt auch für die Opposition. Es gilt für jeden Bürgermeister, für jeden Landrat in diesem Lande, und nur als allerletztes Mittel, wenn das Schulgesetz nicht eingehalten wurde, hat der Minister die Pflicht einzugreifen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich habe das in diesem Jahr getan. Es hat nicht nur Spaß gemacht. Es geht für einen Minister nicht darum, Aufgaben danach zu unterteilen, ob sie Spaß machen oder nicht, sondern Gesetze sind einzuhalten. Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem Gerichte das Handeln von Verwaltungen überprüfen. In sehr wenigen Fällen haben Gerichte Beschwerden – in dem speziellen Fall das Oberverwaltungsgericht am 3. November einer Beschwerde der Gemeinde Schönfeld – stattgegeben. Da braucht die Staatsregierung nicht die Ermahnung der PDS oder gar der NPD, um sich an solche Urteile zu halten.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Am 3. November hat das Oberverwaltungsgericht der Beschwerde stattgegeben. Am 17. November haben wir die 5. Klasse mit 16 Schülern in Schönfeld eingerichtet. In der Mittelschule Schönfeld lernen 16 Schüler.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Einen kleinen Augenblick, ich möchte den Gedanken zu Ende führen. Der Antrag der PDS wurde am 18. November gestellt. Das heißt, einen Tag, nachdem wir die Klasse eingerichtet haben, fordern Sie uns auf, die Klasse einzuführen. Die NPD-Fraktion hat es anscheinend bis heute nicht mitbekommen, dass diese Klasse längst eingerichtet ist. Ich weiß nicht, was das alles soll!

(Beifall bei der CDU)

Herr Bartl, Linksfraktion.PDS.

Herr Minister, geben Sie mir darin Recht, dass in der Entscheidung, die unter Vorsitz des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichtes und des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen getroffen worden ist, eben nicht nur Grundsätze formuliert sind, die sich mit der Beschwerde zu Schönfeld befassen, sondern die sehr wohl prägend sein müssen für die Bewertung eines zumutbaren Schulweges unter dem Aspekt – ich möchte nur einen Satz vorhalten –, dass als Grundsatz gelten muss, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensbedingungen der Menschen in allen Landesteilen vielfältige, hochwertige Bildungseinrichtungen in zumutbaren Entfernungen zugängig zu machen? Würden Sie mir darin Recht geben, dass es eigentlich eine Aufgabenstellung an eine wohlgesinnte und wohlhandelnde Exekutive ist zu prüfen, ob es diese Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse woanders vielleicht auch nicht gibt?

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Herr Abg. Bartl, Recht gebe ich Ihnen natürlich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Das hatten Sie sicher auch nicht erwartet, als Sie die Frage gestellt haben. Natürlich habe ich mir die Begründung angeschaut. Ich möchte zunächst festhalten: Den ganzen Ärger, den wir haben, haben wir deshalb, weil wir mit dem Schulgesetz gleichwertige Bildungschancen in Sachsen sichern wollen – ganz gleich, ob in der Stadt oder auf dem Land.

(Beifall bei der CDU)

Das hat genau damit etwas zu tun. Ich will auch Ihnen, Herr Herbst, etwas sagen: Im Schlusssatz Ihres Antrages – den unterstreiche ich – geht es um gleichwertige Bildungschancen in Sachsen, die der Staat sicherzustellen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht beanstandet, dass das zuständige Ministerium, vertreten durch den Minister, gehandelt hat. In keiner Weise. Das Oberverwaltungsgericht hat nur festgestellt, dass an drei Tagen in der Woche der Rückweg für die Schüler von der Zeit her – nicht von der Schulwegentfernung – nicht zumutbar erscheint. Das hat das Gericht beanstandet. Es ist wohl auch bekannt, wer den Schülerverkehr zu organisieren hat. Das sind die Landkreise. Somit wird auch festgestellt, dass das zuständige Ministerium die Landkreise anzuhalten und zu beaufsichtigen hat, den Schülertransport so zu organisieren, dass die Fahrzeiten nicht unzumutbar sind. Man muss zunächst sagen, dass dies ein wenig paradox ist. Wenn die Hinfahrt zumutbar ist und die Rückfahrt nicht, würde das in der Konsequenz bedeuten, man müsste die Schüler in der Schule behalten. Dann wäre es wieder korrekt gewesen.

Es ist, wie es ist. Wir haben die Klasse eingerichtet. Mir fällt nicht schwer festzustellen: Die Unruhe für Eltern und Schüler, die damit verbunden ist, tut mir Leid. Jetzt ist alles zu unternehmen, um für die Schüler in der Schule das Lernen ordentlich zu organisieren. Das tun wir, das stellen wir sicher. Ich möchte noch eines sagen: Dieses Eingreifen ist damit in keiner Weise infrage gestellt. So viel zum Schulgesetz.

Frau Abg. Lay, warum Sie es als starrhalsig oder wie auch immer bezeichnen, wenn ein Minister ein Gesetz einhält, ist mir unverständlich. Dies ist eine Selbstverständlichkeit und das ist meine Amtsauffassung.

Frau Lay scheint noch eine Zwischenfrage zu haben. Gestatten Sie diese?

Ja, bitte.

Man kann Gesetze natürlich auch ändern, aber das ist nicht Gegenstand meiner Frage. Ich möchte Sie fragen: Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die 5. Klasse in der Mittelschule Schönfeld wieder eingerichtet wurde. Können Sie garantieren, dass diejenigen Schülerinnen und Schüler, die jetzt die 5. Klasse besuchen, auch die 6. und die weiteren Klassen in Schönfeld absolvieren können?

Frau Abgeordnete, da bin ich vorsichtig. Als Minister kann ich überhaupt nichts garantieren.

(Zurufe der Abg. Caren Lay und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Es ist ein hohes Gut in Sachsen: Wir haben freie Schulwahl. Weiß ich, was alles im nächsten oder übernächsten Jahr passiert? Ich kann lediglich dem Hohen Haus versichern, dass es nicht Ziel des Ministeriums ist, wie Sie uns jetzt unterstellen, dass wir uns jetzt nur aus lauter Ärger, weil wir vor Gericht verloren haben, an den Schülern und Eltern rächen wollen. Das ist nicht das Ziel des Verwaltungshandelns, sondern wir wollen, dass auch an dieser Schule gute Bedingungen geschaffen werden. Daran werden wir uns halten. Ich hege keinerlei Rachegedanken. Ich denke, Sie kommen damit zurecht, wie ich es erklärt habe. Wie wir im nächsten Jahr die Schuljahresvorbereitung gestalten – –

Herr Minister, es bildet sich eine mittlere Schlange.

Ich gestatte Frau Bonk die Frage.

Vielen Dank. Ich bin auch offensichtlich am Ende.

(Heiterkeit im Saal)

Das macht mir Hoffnung.

(Erneute Heiterkeit im Saal)

Ich habe eine Nachfrage. Immerhin – wenn Sie Hoffnungen haben, können Sie vielleicht auch Verantwortung für Garantien übernehmen. Das wäre nicht schlecht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich habe eine Nachfrage zu Ihren im Ansatz interessanten Ausführungen zu der Organisation des Schülerverkehrs, und zwar zur Aufsicht des Kultusministeriums und zur Anweisung der Landkreise. Stimmen Sie mir zu, dass mit den Schulschließungen, die im letzten Jahr stattgefunden haben, erhöhter Beförderungsbedarf für die Landkreise entstanden ist? Wird das Kultusministerium ideell Maßnahmen zur Unterstützung der Landkreise erhöhen? Wird es möglicherweise eine erhöhte Mittelzuweisung geben? Auf welche Art und Weise werden Sie die Landkreise in der neu entstandenen Situation unterstützen?

Frau Bonk, das war sehr geschickt, denn es waren drei Fragen. Eine Frage!

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das steht nirgendwo!)

Fragestunde ist morgen, Herr Hahn!

Machen wir weiter. – Das waren Dinge, die nicht direkt mit dem Urteil und mit der Schule in Schönfeld zu tun haben, die auch nicht davon ableitbar sind. Dass es nicht falsch haften bleibt: Das Gericht hat festgestellt, dass das Kultusministerium die Aufsicht darüber führt, dass die Landkreise den Schülerverkehr so organisieren, dass er zumutbar für die Schüler ist. Da wir in diesem Fall den Landkreis nicht ermahnt haben, durften wir dafür auch nicht die Mitwirkung entziehen. So hat es das Gericht begründet. Das möchte ich noch einmal richtig stellen. Wir haben uns daran gehalten. So viel zum PDS-Antrag. Ich habe gesagt, wir brauchen diese Ermahnung nicht, wir haben es längst getan.

An die FDP: Sie haben mich heute einigermaßen überrascht. Man müsste daraus ableiten, dass die sächsische FDP eine regelrechte Regelungswut hat. Ich habe es immer so gesehen, dass das Schulwesen eher an einer Bürokratisierung leidet. Ich sehe meine Pflicht und meinen Auftrag darin, Stück für Stück zu versuchen, dies zu entwirren und die Regelungspflichten herabzusetzen. Sie wollen mich verführen,

(Beifall bei der CDU)

eine weitere Verwaltungsvorschrift einzuführen. Herr Herbst, schon im Gesetz sind die Ausnahmen im Prinzip sehr weitläufig definiert. In der Koalition haben wir uns darüber verständigt, wo Ausnahmen gemacht werden. Es sind viele Ausnahmen im Land gemacht worden. Auch darauf will ich noch einmal verweisen. Es ist keineswegs so, dass wir überall mit dem eisernen Besen durchgegangen sind. Aber ich kann einfach nicht erkennen, dass wir noch eine Verwaltungsvorschrift brauchen. Deshalb bitte ich darum, dass Ihr Antrag abgelehnt wird.

Danke schön.