Protocol of the Session on November 10, 2005

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die SPDFraktion spricht Herr Abg. Bräunig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag verfolgt zwei Zielrichtungen: eine rechtspolitische und eine sozialpolitische. Ich werde mich dabei naturgemäß auf die Standpunkte meiner Fraktion zu einigen rechtspolitischen Aspekten beschränken, nicht ohne zu erwähnen, dass meine Fraktionskollegin Frau Dr. Schwarz in der zweiten Runde die sozialpolitische Zielrichtung beleuchten wird.

Zwangsverheiratungen, meine Damen und Herren, sind, unabhängig davon, in welchem Kulturkreis sie geschehen, in einer aufgeklärten Gesellschaft wie der unseren nicht akzeptabel. Die zunehmende öffentliche Diskussion zu diesem gesellschaftlichen Phänomen hat bereits den Bundesgesetzgeber auf den Plan gerufen und ihn veranlasst, das strafbare Unrecht eines solchen menschenver

achtenden und – darin gebe ich Herrn Schiemann Recht – dem Menschenhandel vergleichbaren Verhaltens in einer Weise zu sanktionieren, dass die Zwangsverheiratung im § 240 des Strafgesetzbuches als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Nötigung aufgenommen wurde.

Diese Regelung trat mit dem 37. Strafrechtsänderungsgesetz am 19. Februar dieses Jahres in Kraft, womit die Mindeststrafe für dieses Delikt nunmehr sechs Monate Freiheitsentzug beträgt. Die Höchststrafe beträgt fünf Jahre; eine Geldstrafe ist nicht vorgesehen.

Mit dieser Gesetzesänderung hat der Bund bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Zwangsverheiratungen mit den Wertvorstellungen unserer Gesellschaft unvereinbar sind und als demokratischen Grundsätzen entgegenstehende erhebliche Straftat geahndet werden müssen.

Trotzdem ist es aber richtig, wenn nunmehr die künftigen Koalitionäre im Bund, nämlich CDU/CSU und SPD, vereinbart haben, alle geeigneten rechtlichen Instrumente zu prüfen, um Zwangsverheiratungen in Zukunft noch wirksamer zu verhindern und damit eventuelle Strafbarkeitslücken zu schließen. Diese Vereinbarung wird Aufnahme in den Koalitionsvertrag in Berlin finden. Wir meinen, dies ist eine richtige Entscheidung.

Für meine Fraktion stellt sich grundsätzlich die Frage, ob mit höheren Strafandrohungen überhaupt eine wirksame Abschreckung erzielt werden kann. Für tatsächliche Feststellungen eines solchen Effektes ist es schlicht und einfach derzeit noch zu früh. Diese Strafrechtsänderung ist gerade erst acht Monate alt.

SPD- und CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag sind sich einig – so wollen wir unseren gemeinsamen Antrag auch verstanden wissen –, dass Zwangsverheiratungen allein mit Mitteln des Strafrechts nicht zu verhindern sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Was nützen höhere Strafandrohungen, wenn die Betroffenen sich häufig nicht offenbaren und deshalb eine Verurteilung an einer schwierigen Beweisführung scheitert? Die Erfahrungen aus Österreich beispielsweise spiegeln diese Situation deutlich wider. Die dortige spezielle Strafvorschrift gegen Zwangsverheiratungen trat erstmals 1975 in Kraft. In den dreißig Jahren des Bestehens gab es gerade einmal sieben Verurteilungen aufgrund dieser Vorschrift.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Glückliche Österreicher!)

Es muss auch vermieden werden, dass die Gesetzeslage einen Anreiz für Eltern bietet, die Eheschließung ihrer Kinder im Ausland zu betreiben. Stattdessen müssen delikttypische Auslandsbezüge in das Strafrecht Aufnahme finden. Es ist aus unserer Sicht auch offensichtlich, dass die Belange in das Ausland verbrachter betroffener junger Frauen im gegenwärtigen Aufenthaltsrecht nicht ausreichend berücksichtigt sind.

Sie sehen, es bestehen noch viele Fragen, die in diesem Zusammenhang geklärt werden müssen. Ich meine, unser Antrag leistet einen notwendigen Beitrag hierzu. Eines steht aber fest – ich wiederhole es gern noch einmal –: Allein mit strafrechtlichen Mitteln ist der Kampf gegen Zwangsehen nicht zu führen. Deshalb muss sich das Engagement auch auf Gesellschafts- und Integrationsarbeit konzentrieren. Hierfür tritt die sächsische Koalition ein. Meine Fraktionskollegin Frau Dr. Schwarz wird Näheres dazu ausführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Linksfraktion.PDS spricht Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es steht außer Zweifel, dass unsere Fraktion mit Nachdruck jede Initiative unterstützt, die sich gegen Verhältnisse und Verhaltensweisen richtet, welche das Recht auf Achtung der Würde und Selbstbestimmung eines jeden Menschen über Körper und Geist ignoriert. Dass die Problematik Zwangsverheiratung in diese Rubrik fällt und dass im 21. Jahrhundert die Rechtsgemeinschaft allerorts und konkret hier im Lande nicht hinnehmen darf, wenn Menschen – sei es vor ihrer Volljährigkeit oder danach – gezwungen werden, mit einem Partner die Ehe einzugehen mit allen hieraus resultierenden sachlichen und rechtlichen Konsequenzen bis in den Intimbereich hinein, ist völlig unstrittig. Wir begrüßen deshalb diesen Antrag.

Wir sind allerdings der Auffassung, dass der Antrag eine gewisse Begleitung in der analytischen Tätigkeit braucht, bezogen auf die Situation im Freistaat Sachsen. Ich möchte kurz den Änderungsantrag streifen. Meine Kollegin Frau Dr. Ernst wird dazu noch Näheres sagen. Wir haben nach unserer Kenntnis – vielleicht kann Herr Staatsminister der Justiz oder derjenige, der für die Staatsregierung spricht, Näheres dazu sagen – keine verlässlichen Zahlen darüber, die Aussagen zur Problematik der Zwangsverheiratungen und Kinderehen und Ähnliches mehr in Familienstrukturen und bei Migrantinnen und Migranten in Sachsen machen. Die Praktiker, die auf diesem Gebiet auftreten, zum Beispiel Ausländeranwälte, würden eher sagen: Marginal, eher wenig bekannt. Dies hängt gegebenenfalls mit einer großen Dunkelziffer zusammen. Das will ich durchaus einräumen.

Weil es so ist, erbitten wir mit unserem Änderungsantrag, dass die Staatsregierung bis zum Ende des I. Quartals des nächsten Jahres möglichst unter Einbeziehung von Experten, Migrantenvertretern und Organisationen einen Bericht vorlegt, der das Ausmaß und die Auswirkungen von Zwangsverheiratungen hier in Sachsen einschätzt. Dies kann nur von Nutzen für das Anliegen des Antrages sein, weil man dann unter Umständen nachfassen und spezifizieren kann. Anderenorts ist man mit der Analyse aus gutem Grund und aus Zwängen heraus weiter. Der Berliner Senat hat 2003 eine Umfrage bei 50 Einrichtungen

und Projekten aus Jugendmigranten und Anti-GewaltProjekten durchgeführt. Dabei kam heraus, dass es 2002 in 220 Fällen bekannte Konstellationen von drohender Zwangsverheiratung in Berlin gab. Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist vor allem deshalb schwierig einzuschätzen, weil es fließende Übergänge zwischen den so genannten arrangierten Ehen und Zwangsverheiratungen gibt. Die arrangierten Ehen, die im Prinzip noch unter der Schwelle von Nötigung bleiben, spielen im Hintergrund durchaus in die gleiche Richtung. Deshalb ist es notwendig, dass die gesamte Problematik stärker analysiert wird.

Unser Antrag zielt darauf ab, die Problematik präventiv ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und dazu alle Potenziale an Förder-, Beratungs- und Betreuungsstrukturen sowie Integration zu nutzen. Wir stehen voll hinter dem Anliegen und begrüßen es. Wir haben uns erlaubt, in dem Antrag etwas weitergehende, konkretere Regelungen zu unterbreiten. Dazu einige Gedanken: Es klang vorhin bei Kollegen Bräunig an: Die Not ist teilweise bei Betroffenen groß. In der Regel betrifft es junge Frauen und Mädchen. Das Problem ist, dass die tatsächlichen rechtlichen Regelungen zu den Eheanfechtungsfristen, wie wir sie derzeit in Form des Aufenthaltsrechts und auf dem Gebiet des BGB haben zur Aufhebung der Ehe, für eine Öffnung der Opfer kontraproduktiv sind.

Wenn ich zum Beispiel als Opfer einer solchen Zwangsverheiratung im Freistaat Sachsen im ersten Jahr der Ehe durch Anzeige die Sache öffentlich mache, dann verliere ich wegen der Zwei-Jahres-Frist, die ich mindestens brauche gemäß § 37 Aufenthaltsgesetz – eine Ehe in Deutschland geführt zu haben, und zwar in ehelicher Gemeinschaft – den Anspruch auf den eigenständigen Aufenthaltsstatus. In der Regel wird das Opfer gezwungen, effektiv zwei bzw. drei Jahre durchzuhalten, denn ich muss mindestens zwei Jahre in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, das heißt zwei Jahre plus Trennungsjahr, bevor ich es überhaupt zur Anzeige bringen kann. Dann kann ich aus § 37 Aufenthaltsgesetz darauf hoffen, wenn die Ehe aufgehoben wird, dass ich mein eigenständiges Aufenthaltsrecht als betroffene Frau bekomme. Das ist natürlich ein Anachronismus. Man muss entsprechend für solche Fälle eine spezielle Regelung auch im Aufenthaltsgesetz vorsehen, die die Opfer hier schützt.

Ähnlich ist es im zivilrechtlichen Bereich. Wir haben in der speziellen Vorschrift zur Aufhebung der Ehe nach § 1317 BGB eine Anfechtungsfrist von einem Jahr. Ich muss innerhalb eines Jahres nach der Verheiratung die Sache angefochten haben. Ansonsten geht es nicht mehr. Auch hier wirkt diese Anfechtungsfrist kontraproduktiv, sodass wir meinen, hier muss die Frist verlängert werden. Dann besteht die Möglichkeit – deshalb die drei Jahre –, ohne Kollision mit sonstigen Interessen und Rechten von jungen Frauen diese Aufhebungsanträge zu stellen. Hier tritt anstelle der Scheidung die Aufhebung.

Ich möchte es nur anreißen, Frau Dr. Ernst wird es vertiefen: Wir wollen ein eigenständiges Recht auf Wiederkehr

nach § 37 für die jungen Frauen, die in das Ausland verbracht worden sind, um die Ehe zu schließen. Diese Frauen sind dann eine längere Zeit im Ausland und haben praktisch keine Möglichkeit, innerhalb der in den jetzigen Rechtsvorschriften vorgesehenen Fristen in Deutschland Rechtsschritte einzulegen. Generell wird hier nicht vordergründig und nur im restriktiven Bereich die Lösung zu suchen sein, vielmehr in der Aufklärung, vielmehr in der Integration, vielmehr in der Tatsache, in die Familienstrukturen, Migrantinnen und Migranten über den Weg der Integration weiter voranzukommen. Wir bitten darum, dass neben dem Antrag, der durchaus unsere Zustimmung findet, auch die Punkte berücksichtigt werden, die in dem Änderungsantrag vorgeschlagen worden sind.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Frau Schüßler spricht für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie man einen Antrag zu den Freiheitsrechten von Frauen und zu Zwangsverheiratungen formulieren kann, ohne eindeutig darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem betroffenen Personenkreis überwiegend um muslimische Ausländerinnen handelt. Das ist durchaus wichtig, denn es zeigt sich an solchen Anträgen, dass die von den etablierten Parteien verursachte multikulturelle Gesellschaft

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Das ist Quatsch, was Sie erzählen!)

eben doch das ist, was wir Nationalen immer schon gesagt haben, nämlich eine multikriminelle Gesellschaft. Es zeigt sich ebenso, dass sich Ausländergewalt nicht nur gegen die Gastgebervölker richtet, wie man gerade in Frankreich sehen kann, sondern auch nach innen.

Kinderschändungen per Zwangsehe, Verschleppungen von Kindern, Tötungen von Frauen im Namen einer vermeintlichen Familienehre, Menschenhandel – das sind die Früchte der Multikultipolitik.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Das ist Quatsch, was Sie erzählen!)

Beispielhaft hierfür steht unter anderem der Tod der Türkin Hatun Sürücü, die am 7. Februar 2005 in Berlin vom eigenen Bruder auf offener Straße erschossen wurde, weil dieser die Familienehre durch den Lebenswandel der Schwester verletzt sah. Hatun Sürücü wurde mit 16 Jahren von ihren Eltern an einen Cousin in Istanbul verheiratet. Wie in vielen anderen Fällen wurde das Mädchen in den Schulferien in die Türkei geschickt. Zuvor hatten sich die Familien bereits geeinigt.

Hierzu muss angemerkt werden, dass im Islam die Ehe kein Sakrament ist, sondern ein Vertrag zwischen zwei Familien.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber die Auflösung!)

Manchmal wird dieser Vertrag gar nicht vor dem Standesbeamten, sondern allein vor Zeugen der Familie geschlossen. Das ist die so genannte Imamehe, die erst später, wenn die Partner volljährig sind, staatlich legitimiert wird. Hunderte von jungen türkischen Mädchen verschwinden auf diese Weise aus Deutschland jeden Sommer auf Nimmerwiedersehen in die Türkei.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie wollen doch, dass sie rausgeschmissen werden!)

Herr Porsch!

– Moment, dazu komme ich noch.

Und viele tausend Importbräute kommen so in die BRD. Um das richtig bewerten zu können, sollten sich die Verfechter der Verausländerung einmal vor Augen führen, welchen Stellenwert die Frau im Islam hat.

Von den über drei Millionen Moslems in Deutschland sind zwei Drittel, wie Hatun Sürücü und ihre Mutter, Türken. Die Frau ist nach den Hadithen, das sind die dem Propheten zugeschriebenen Worte und Taten, eine Gefährdung. Sie stellt eine Versuchung für die Männer dar. Zitat: „Freundschaft zwischen Mann und Frau ist im Islam verboten.“ Das steht in einer Anweisung für Moslems in Deutschland.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Was hat denn das damit zu tun? – Uwe Leichsenring, NPD: Das ist genau das Thema! – Weitere Zurufe von der NPD)

Niemand sage jetzt, dass es sich hier um einen Minderheitenislam handelt.

Die Exmuslimin Ayaan Hirsi Ali schrieb in ihrem Buch „Ich klage an“: „Ich bestreite die These, wonach die Unterdrückung der Frau im Islam auf einer falschen oder traditionellen Interpretation des Korans beruht. Einen liberalen europäischen Islam, von dem in Westeuropa neuerdings oft die Rede ist als Alternative zum Kampf der Kulturen, einen solchen ‚Islam light’ gibt es nicht. Das ist der Traum der Ideologen des Multikulturalismus.“

(Beifall bei der NPD – Dr. Johannes Müller, NPD: Das ist ein Zitat. Sie sollten lesen!)

Das sagt eine Türkin.