Meine Damen und Herren! Wird noch weiter das Wort gewünscht? – Bitte, die Staatsregierung, Herr Ministerpräsident.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da mir hier gedankt worden ist, möchte ich mich meinerseits bedanken, dass ich lobend erwähnt worden bin. Es ist aber eine Institution gar nicht erwähnt worden, die die Verhandlungen geführt und letztlich das Ergebnis erzielt hat: Das ist die Geschäftsführung des Flughafens, denn der Flughafen verfügt über eigenen Grund und Boden. Eine Bemerkung zu Herrn Morlok: Der Flughafen liegt nicht auf Leipziger Flur. Es gibt überhaupt kein Leipziger Planungsrecht. Planungsrecht hat, wenn überhaupt, die Gemeinde Schkeuditz im Kreis Delitzsch.
Es ist sicherlich richtig, dass die Kontakte zu den Regierungsstellen in Berlin und Dresden dazu beigetragen haben, dass DHL gekommen ist, und die Tatsache, dass DHL eine Tochter der Post ist, die wiederum im Augen
Der eigentliche Grund, warum DHL kommt, ist in der Diskussion nur teilweise zum Ausdruck gekommen: Das ist die Zentralität dieses Landes, nämlich Sachsen in der Mitte Europas. DHL will zu uns kommen, weil man davon ausgeht, dass sich im Gegensatz zu der gegenwärtigen Situation in den nächsten 20 bis 30 Jahren Frachtaufkommen stärker in Osteuropa herausbilden wird, so dass dann Leipzig nicht nur geografisch, sondern auch wirtschaftsgeografisch in der Mitte Europas liegt. Das ist unsere Chance, nämlich unserer geografischen Lage. Diese müssen wir konsequent nutzen.
Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass sehr frühzeitig Pläne in Schkeuditz vorhanden waren, dort einen internationalen Flughafen zu bauen. Diese Entscheidungen sind in den Jahren 1991 und 1992 getroffen worden, als in umfangreichem Maße dort Bodenkäufe getätigt wurden, die die jetzigen Planungen ermöglichen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die beiden früheren Wirtschaftsminister – Kollegen Schommer und Kollegen Gillo – nennen, die als Aufsichtsratsvorsitzende diese Entscheidungen mitgeprägt haben.
Das ist unsere langfristige Strategie. Das ist auch die einzige Chance, Wirtschaftsansiedlungen dieser Art zu bekommen. Wer erst wach wird, wenn der Investor da ist, der kann nicht gewinnen. Deswegen muss man eine Vision von diesem Land haben, was man aus diesem Land an Standortqualität herausholen kann. Dann hat man die Chance, zu gewinnen. Das ist in diesem Fall mustergültig gelungen.
Es war von Anfang an, Herr Lichdi, unsere Absicht, dort einen Flughafen mit einem uneingeschränkten 24-Stunden-Betrieb zu haben, denn das ist die einzige Chance in Deutschland, überhaupt noch als Standort infrage zu kommen, weil mittlerweile an allen anderen Standorten die Siedlungsentwicklung so weit fortgeschritten ist, dass sie den Nachtbetrieb nicht mehr verantworten können. In Ostdeutschland und gerade am Standort Schkeuditz hatten wir die einmalige Möglichkeit, durch eine Drehung der Start- und Landebahn im Wesentlichen den Anflug über dünn besiedeltes Gebiet, zumindest für deutsche Verhältnisse, zu organisieren und in der Konsequenz auch Bauverbote zu erteilen, damit nicht dieser Korridor zugebaut wird, wie zum Beispiel in Stuttgart, in Düsseldorf und an anderen Standorten. Das war die Chance und diese haben wir konsequent mit unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt genutzt, das Ähnliches auf seiner Seite mit Einflugschneisen getan hat.
Ich will hier auch noch einmal deutlich sagen: Wenn wir nicht in der Lage sind, einen 24-Stunden-Betrieb zu garantieren, und zwar über 30 Jahre, kommt DHL nicht. Deshalb, Herr Lichdi, macht es auch keinen Sinn zu
sagen, wir sind für die Ansiedlung von DHL, wenn man nicht bereit ist, diese Konsequenz zu akzeptieren.
Die GRÜNEN in Sachsen müssen sich die Frage stellen lassen, was denn im Augenblick mehr bedroht ist: ob unser Hauptproblem die Schaffung von Arbeitsplätzen ist oder ob es darum geht, auch hier in Sachsen Standards durchzusetzen, die nirgendwo außerhalb Deutschlands akzeptiert werden.
Nein, ich akzeptiere keine Zwischenfrage. Die Alternative, Herr Lichdi, heißt ja nicht Brüssel. Das ist jedem klar, der einmal in Brüssel gewesen ist und sich den Flughafen angesehen hat. Ich habe mir die Mühe gemacht, das zu tun. Ich habe auch einmal einen Nachtbetrieb in Brüssel selbst erlebt. Brüssel kommt dafür nicht infrage, denn Sie können nicht in einer Metropolenregion, vollbesiedelt, ein solches Drehkreuz organisieren. Sie können sie aber sehr wohl in Vatry machen. Vatry war der eigentliche Konkurrent. Der französische Staat ist im Gegensatz zum deutschen Staat sofort bereit gewesen,
erstens, den 24-Stunden-Betrieb zu garantieren, und zweitens, alle möglichen Arten von Subventionen, ob nun EU-gerecht oder nicht, zu gewähren.
Wir haben gegen den französischen Staat konkurriert und das war unser Problem. Deswegen bin ich der Bundesregierung sehr dankbar, dass sie uns erklärt hat, dass sie nicht beabsichtigt, schärfere Standards für Deutschland, insbesondere für Leipzig/Halle, zu setzen, als im europäischen Schnitt ortsüblich. Das ist genau die Frage, die uns auch DHL gestellt hat: Wird denn in Deutschland in den nächsten Jahren eine Politik betrieben, die den Luftverkehr aus Deutschland hinaustreibt, so wie es die GRÜNEN wollen?
Ja natürlich, Herr Lichdi, die Alternativen sind doch um uns herum da. Die Franzosen warten doch nur darauf, solche Investitionen zu bekommen. Durch die Tatsache, dass es bei uns möglich gewesen ist, unter den spezifisch ostdeutschen Bedingungen, weil es nämlich hier eine Bevölkerung gibt, die den Luftverkehr akzeptiert und auch als notwendig einschätzt, und eine politische Basis, die weit über die bisher regierungstragende CDU hinaus diese Politik für richtig hält, war eine solche Ansiedlung auch in Deutschland möglich. In keinem anderen deutschen Land wäre das möglich gewesen.
Die Konsequenz wäre – ich will es noch einmal sagen – nicht Brüssel, sondern Frankreich gewesen, Vatry. Das ist die Diskussion, die wir bei der Entscheidung über die
Wirtschaftspolitik dieses Landes zu führen haben. Wir können uns nicht an überkommenen westdeutschen Vorstellungen orientieren, wie Sie das getan haben.
Wir müssen uns an denjenigen orientieren – und da haben wir auch die Unterstützung der Bundesregierung –, die unsere Wettbewerber im regionalen Wettstreit in Europa sind. Das ist nicht Westdeutschland, sondern das ist ganz Europa. Standorte in Westeuropa genau so wie in Osteuropa.
Wird weiter das Wort von den Fraktionen gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, frage ich, ob das Schlusswort gewünscht wird. – Herr Abg. Albrecht, bitte.
Frau Präsidentin, es regt sich Widerstand, wenn ich ein Schlusswort spreche. Dann rede ich nur zum Antrag.
Es wird kein Schlusswort weiter gewünscht. Dann kommen wir zur Abstimmung. Mir liegt zum Antrag ein Änderungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 4/0190 vor, Anfügen einer Nr. 3. Ich bitte, diesen jetzt einzubringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD und die geradezu enthusiastischen Redebeiträge, zuletzt eben von Prof. Milbradt, rufen in ihrer unkritischen Zustimmung zur DHL-Ansiedlung die Erinnerung an die legendäre Satire „Die Kuh im Propeller“ wach.
Ausgerüstet mit dem agitatorischen Fingerspitzengefühl des Wächters der Fliegerschule Grigori Kosonossow
Da es aber diesmal eben nicht nur um Kühe und Pferde geht, sondern auch um Menschen, gucken nicht nur einige Bauern finster, sondern viele tausend Einwohner,
deren Nachtruhe künftig empfindlich gestört wird. So empfindlich, dass die Bevölkerung ganzer Orte, wie zum Beispiel Kursdorf, die Umsiedlung erwägt.