Protocol of the Session on September 7, 2005

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie geben denen das Podium, obwohl wir eigentlich wissen, dass es wichtig ist, demokratische Prinzipien in diesem Land zu vertiefen und zu stabilisieren. Das ist das Ziel, das uns auch mit den Medienvertretern und allen anderen Teilen der Bevölkerung verbinden sollte. Dem sind wir mit der heutigen Debatte nicht gerecht geworden. Ich verstehe, dass Sie wütend waren, als die Würde von Herrn Kajo Schommer angegriffen wurde – das empfinde ich auch so –, ihn im Schlafanzug abzulichten. Ich kann das nachvoll

ziehen. Aber das ist kein Grund, die parlamentarische Rolle zu verfehlen.

(Zurufe von der CDU)

Die parlamentarische Rolle gebietet es uns eigentlich – Sie haben von rechtsstaatlicher Tradition gesprochen, Herr Mackenroth –, das auch zu vertiefen. In Sachsen selbst ist die rechtsstaatliche Tradition, von der Sie gesprochen haben, noch in der Aufbauphase. Wenn das nicht so wäre, hätten wir INES nicht nötig. Wir haben INES nötig und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt INES. Wir können verstehen, was sie bewogen hat, bei der Staatsanwaltschaft Lücken schließen zu wollen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit wird sachlich diskutiert werden, aber die Rolle des Parlaments, die wir hätten in dieser Frage einnehmen können, ist auf der einen Seite durch die aggressive Art und Weise der PDS – Linkspartei, Entschuldigung – und auf der anderen Seite durch Ihr Krisenmanagement, das ich als schlecht bezeichne, sehr infrage gestellt worden. Ich bedauere das zutiefst. Wir haben die Debatte verfehlt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Es war schön. Das ist Grün!)

Es gibt noch weiteren Redebedarf. Für die CDU-Fraktion Herr Dr. Hähle, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nicht verstehen, was uns die Abg. Hermenau vorwirft. Wirft sie uns vor, dass wir, noch bevor die PDS einen Antrag auf eine Sondersitzung gestellt hat, einen Antrag in den Landtag eingebracht hatten, der den Justizminister auffordert, dem Landtag zu berichten, was hier gehauen und gestochen ist? Wir waren der Meinung, es ist wichtig, der Regierung die Gelegenheit zu geben, öffentlich zu erklären, was wahr und was falsch ist. Falsch ist nun einmal, dass es um eine Einschüchterung ging. Falsch ist auch, dass es darum ging, womöglich die Behörde INES abzuschaffen. sondern es geht darum, INES den Rücken zu stärken.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das ist abenteuerlich!)

Nun will ich mal sagen, ich bin regelrecht stolz auf meine Pressemittelung vom Mai,

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS: Oh!)

denn ich habe damit eine Debatte in Gang gesetzt, die höchst notwendig zu sein scheint. Wo kämen wir denn hin, wenn im Freistaat Sachsen einfach hingenommen würde, dass jemand angezeigt wird, die Staatsanwaltschaft von Amts wegen diese Sache untersuchen muss, es vielleicht auch bei jedem einfachen Bürger möglich ist, dass man eine Hausdurchsuchung macht und gleichzeitig der Fotoreporter erscheint und die Angelegenheit ablichtet und das am nächsten Tag alles in der Zeitung steht?

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Wissen Sie, wenn das eine kleine Gemeinde ist, Sie seit 30 Jahren dort wohnen und so etwas in der „Morgenpost" steht, dann können Sie wegziehen. Sie sind vorverurteilt und können nie wieder alles korrigieren, was dort behauptet worden ist.

(Uwe Leichsenring, NPD: Es schadet nicht! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Herr Hähle, ich ziehe nicht weg! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Deshalb sage ich, man muss den Anfängen wehren.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe nie davon gesprochen, dass es ein Ansehen der Person geben sollte, sondern man muss ohne Ansehen der Person aufklären.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Respekt vor der CDU-Spitze! – Zurufe von der CDU)

Aber es muss mit rechtsstaatlichen Mitteln einhergehen und es darf zu keiner Vorverurteilung kommen. Deshalb fand ich die heutige Debatte sehr hilfreich und nützlich. Wer nun gewonnen hat oder nicht, das überlassen wir den Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat, dieses Landes, und nicht einer Expertenkommission, die – wie bei dem Duell Merkel/Schröder – vielleicht schon von vornherein weiß, wer der Bessere gewesen ist. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Am Ende entscheidet...!)

Ich frage noch einmal, ob es Redebedarf gibt. – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann erhalten die Fraktionen, die die Anträge gestellt haben, die Möglichkeit für das Schlusswort. Der Linksfraktion.PDS und den Fraktionen der CDU und der SPD stehen jeweils 5 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Herr Abg. Bartl, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Über die Sinnhaftigkeit von Sondersitzungen des Landtages kann man trefflich streiten. Meine erste Sondersitzung, die ich im Sommer 1991 im Sächsischen Landtag erlebt habe, als ich aus dem Urlaub geholt wurde, befasste sich mit der Einführung des Sächsischen Jagdgesetzes.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ein Antrag der CDU-Fraktion!)

Ja, ein Antrag der CDU-Fraktion. Er wurde eigens deshalb gemacht, weil schnell noch die Jagdpacht eingeführt werden sollte, und das deshalb, weil der damalige Verteidigungsminister Rühe in Sachsen Urlaub machen und hier zur Jagd gehen wollte. Deshalb musste das Gesetz noch verabschiedet werden. Deshalb wurde die damalige Sondersitzung des Landtages einberufen. – Herr Gerstenberg etc., alles Zeugen in Sachen Wahrhaftigkeit. Das zum Ersten. Zweitens. Alle können darüber urteilen und werten, was in Wahlzeiten sinnhaft ist. Ich stelle nur fest:

Niemand hat mit dem Thema und mit der Sitzung so viel Wahlpolitik gemacht wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU, von der SPD, von den GRÜNEN und von der FDP.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Zuruf)

Von Ihnen rede ich nicht. Das ist doch lustig, und wenn wir helfen können, machen wir es doch. Deshalb haben wir die Sitzung anberaumt, damit Sie Wahlkampf machen können – gegen uns. So wie Sie zum Beispiel Wahlkampf machen mit dem Bewertungsausschuss, zu dem Sie sogar noch Menschen mit Krücken ranfahren, damit diese noch rechtzeitig in Sachen Porsch abstimmen können, um das irgendwie auf die Agenda zu bringen.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Das mit den Nazis nicht vergessen! – Zuruf von der CDU)

Das darf ich schon sagen, wer wo mit Krücken ankommt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Er ist vor dem Haus gesehen worden! – Zuruf der Staatsministerin Helma Orosz – Zurufe von der CDU)

Nein, unsozial ist es, aus diesem Grunde jemanden aus dem Krankenstand zu holen, Frau Sozialministerin. Das ist unsozial.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Staatsministerin Helma Orosz schüttelt den Kopf.)

Drittens. Es unterliegt sehr wohl der Wertung der Öffentlichkeit. Deshalb wollten wir die Öffentlichkeit. Deshalb wollten wir eben nicht den Antrag von CDU und SPD in einer geschlossenen Ausschusssitzung behandeln. Es geht um die Pressefreiheit. Es geht um ein Grundrecht. Dann möchte ich schon sehr wohl wissen, unter welchen Voraussetzungen letztes Endes in diesem Landtag das Kontrollrecht des Parlamentes in einer derartigen Situation – wie eben gesagt worden ist, die die Ausstrahlungswirkung des Falls anbetrifft – überhaupt noch wirken darf.

(Dr. Gisela Schwarz, SPD, steht am Mikrofon.)

Herr Bartl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Momentan nicht.

(Widerspruch bei der SPD)

Sofort! – Das Problem ist – –

(Zurufe von der SPD)

Darf ich bitte den Satz zu Ende bringen?

(Zurufe von der SPD und der CDU)

Dann gestatte ich erst die Zwischenfrage, und danach mache ich weiter.

Gut. – Frau Abg. Dr. Schwarz.

Herr Kollege Bartl, darf ich Sie darum bitten nachzudenken, ob Sie sich dafür entschuldigen, was Sie eben gesagt haben?

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich denke darüber nach. Soweit Sie sich davon selbst betroffen fühlen, habe ich kein Problem zu sagen: Ich entschuldige mich. Ich denke nicht darüber nach und denke nicht daran mich zu entschuldigen, dass ich das Procedere, das in dem Fall angewandt wurde, und das Ziel des Procedere, in irgendeiner Form für infam halte. Ich halte es für infam, was Sie gemacht haben – nur um zu erreichen, dass die Beschlussempfehlung des Bewertungsausschusses noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl auf die Tagesordnung der Sitzung im September kommt.

(Protest bei der CDU)

Das war Ihr gesamtes Ziel. So viel zum Missbrauch des Wahlkampfes.

(Rita Henke, CDU: Frau Präsidentin, Sie müssen eingreifen!)

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