Wir sind der Auffassung, dass diese Kommission, die uns alle hier angeht, im weitestmöglichen Konsens zustande kommen sollte. Ich halte überhaupt nichts davon, wenn eine oder zwei Fraktionen bestimmen oder eine Person entscheidet, wer Kommissionsmitglied wird. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt, der dem Parlament über das Präsidium ein Mitspracherecht gibt, und zwar mit einer Zweidrittelmehrheit. Wenn wir die Personen selbst ausgesucht haben, werden wir auch mit den Ergebnissen besser umgehen können. Dann wäre es gut vorstellbar, dass die Ergebnisse zügig in Gesetzesform gegossen werden. Das ist jedenfalls unser Ansatz.
Herr Dr. Hahn, haben Sie gelesen, dass in der zweiten Neufassung steht, den Landtagspräsidenten zu ersuchen, die Kommission im Benehmen mit dem Präsidium einzurichten?
Kollege Dulig, wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie diese Formulierung eingefügt haben; denn es wäre für Sie wieder schwierig gewesen, die Ablehnung des PDS-Antrags zu begründen. Deshalb haben Sie die zweite Neufassung nachgeschoben. Sie wissen aber so gut wie ich, was „Benehmen“ heißt: Der Präsident teilt dem Präsidium mit, und das war es. Wenn Sie wenigstens „Einvernehmen“ geschrieben hätten, dann würde im Präsidium immer noch mit Mehrheit entschieden. Aber Sie haben nicht einmal „Einvernehmen“ geschrieben.
Sie haben „Benehmen“ geschrieben. Im Präsidium werden Wahlen für Gremien und sonstige Abstimmungen mit Mehrheit vorgenommen, selbstverständlich.
Herr Dulig, dann sagen Sie, dass Sie die Experten allein benennen wollen. Das wäre eine klare Aussage. Wir wollen den Konsens!
Deshalb bitte ich noch einmal dringend darum, dem Änderungsantrag, den ich dann noch einbringen werde, zuzustimmen. Er bietet eine Lösung, mit der, so sind wir überzeugt, alle Fraktionen im Landtag leben können. Es ist im Übrigen der Arbeit der Expertenkommission zuträglich, wenn ihre Mitglieder von einer breiten Parlamentsmehrheit getragen werden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsparteien haben einen Antrag auf Einsetzung einer Sachverständigenkommission zur Neuregelung des Abgeordnetengesetzes eingebracht. Gestern haben wir an gleicher Stelle über vier Änderungsgesetzentwürfe debattiert; die drei von PDS, FDP und NPD wurden abgelehnt, der Koalitionsentwurf wurde angenommen. Es ist also damit zu rechnen, dass die beantragte Expertenkommission eingesetzt wird. Wir als NPD-Fraktion stehen weiterhin zu dem von uns favorisierten Indexmodell. Aber das muss nicht unbedingt ein Widerspruch sein. Das, was gestern von der Koalition eingebracht und beschlossen wurde, ist zumindest im Moment nur eine Reparatur- und Aktualisierungsnovelle des bestehenden Gesetzes. Ich vermute, dass das vom Landtag in Nordrhein-Westfalen beschlossene Abgeordnetengesetz, das im April dieses Jahres in Kraft getreten ist, das große Vorbild für die Expertenkommission sein wird. Ich muss gestehen, das wäre sicherlich nicht die schlechteste Lösung; denn das NRW-Abgeordnetengesetz ist das erste in Deutschland, das mit dem Privilegienwildwuchs radikal aufräumt und die Abgeordneten mit normalen Bürgern steuerlich gleichstellt. Nach dem NRW-Modell werden alle Diäten komplett versteuert. Alle steuerfreien Pauschalen wurden gestrichen. Auch die Altersversorgung ist klar geregelt worden: 15,79 % der Bruttoentschädigung werden in ein entsprechendes Versorgungswerk des Landtages eingezahlt. Das ist keine schlechte Lösung. Es ergibt sich auch kein Widerspruch zu dem von uns favorisierten Indexmodell. Ich erinnere an § 15 des NRW-Gesetzes, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Möglichkeit der Indexregelung besteht. Ich zitiere: „Der Präsident erstattet dem Landtag jährlich bis zum 30. September einen Bericht über die Angemessenheit der Entschädigung und legt zugleich einen Vorschlag
zur Anpassung der Abgeordnetenbezüge vor. Grundlage des Vorschlages sind die vom Präsidenten des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik zu übermittelnden Feststellungen über die allgemeine Lohn- und Gehaltsentwicklung und die Veränderung der Lebenshaltungskosten und Einzelhandelspreise im vorausgegangenen Jahr. Der Landtag berät und beschließt unter Berücksichtigung des Vorschlages des Präsidenten/der Präsidentin des Landtages frühestens mit Wirkung zum 1. Januar des darauf folgenden Jahres.“
Ich denke, so weit weg ist das von dem gestern abgelehnten NPD-Gesetzentwurf nicht. Aus diesem Grunde könnte das Ganze in die richtige Richtung gehen.
Wenn wir wirklich so viel politisches Rückgrat als Fraktionen gehabt hätten, hätten wir die Festlegung eines vernünftigen Abgeordnetengesetzes vorgenommen und keine Expertenkommission gebraucht, sondern man hätte in einem vernünftigen Dialog – ich betone: vernünftigen Dialog –, und zwar über alle Parteigrenzen hinweg, auch eine eigene Lösung gefunden. Wenn man zum Beispiel das NRW-Modell und die einzelnen Vorschläge, die ja teilweise recht innovativ waren, zugrunde gelegt hätte, wäre das auch ohne die Experten denkbar gewesen. Deswegen werden wir uns als NPD-Fraktion bei dieser Abstimmung enthalten. Ansonsten schauen wir einmal, wie die anderen entscheiden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Inzwischen komme ich mir schon ein bisschen wie im Kaspertheater vor. Wissen Sie, liebe Kollegen von der CDU und der SPD, was Sie sind? – Zeitdiebe! Schlichtweg Zeitdiebe sind Sie! Wir haben gestern die Diskussion lange genug gehört und eine sehr emotionale Debatte zu dem Gesamtthema Altersvorsorge und Diäten geführt. Da gehörte genau dieses Thema dazu. Jetzt zwingen Sie uns, all das zu wiederholen, was wir schon gestern hatten. Ich glaube, dass kein einziger Mensch in diesem Land dafür Verständnis hat bei all den ideologischen Schranken, die Sie jetzt gleich wieder erzählen werden.
Die PDS hat gestern einen Vorschlag vorgelegt, der fast identisch ist mit dem, was Sie hier vorschlagen. Sie haben vorgeschlagen, eine Diätenkommission einzusetzen. Warum haben wir nicht gestern darüber gesprochen? Warum haben wir dem nicht zugestimmt? Jetzt führen wir die Diskussion erneut. Das empfinde ich als Zeitraub. Das ist keine effiziente und fleißige Arbeit von Abgeordneten. Das ist Verschwendung, meine Damen und Herren!
Ein paar Worte muss ich dazu sagen, da ich nun hier stehe. Ich will mich auch nicht völlig wiederholen zu dem, was gestern gewesen ist. Sie wollen also wieder einmal eine Kommission schaffen. Mein Vertrauen in diese Kommission ist schon mächtig erschüttert worden, wenn ich die Erfahrungen auf Bundesebene sehe. Ich
halte das für eine Verzögerungstaktik. Wir haben mit unserem Gesetzesentwurf, den ich gestern schon begründet habe, bereits im November eine Reform angemahnt. Ich habe damals gesagt, ich lade Sie ein, wir wollen über einen Konsens die Abgeordnetenversorgung neu regeln. Es hätte im November und Dezember ohne weiteres die Möglichkeit gegeben – das hätte auch unsere Zustimmung erfahren –, eine Kommission einzusetzen. Warum das jetzt erst gemacht wird, nachdem das Parlament gestern nicht den Mut hatte, sich für eine wirkliche Reform auszusprechen, weiß ich nicht. Für mich ist das Verzögerungstaktik.
Ich kann mir vorstellen, in welche Richtung das gehen wird. Das Parlament hat elf Jahre gebraucht, um die Altersversorgungsansprüche an die jetzige Legislaturperiode anzupassen. Elf Jahre haben Sie benötigt, um das Selbstverständliche zu tun, nämlich dass der Altersversorgungsanspruch nicht erst nach acht, sondern nach zehn Jahren besteht. Wir haben in diesem Parlament eineinhalb Jahre gebraucht, um das, was seit 01.01.2004 für jeden normalen Bürger nicht mehr existent ist, auch für uns zu machen, nämlich das Sterbegeld abzuschaffen. Wir haben sechs Monate gebraucht, um über unsere Vorschläge gestern zu sprechen. Ich habe wenig Hoffnung, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Union – Herr Schiemann, bitte hören Sie zu –, dass es jetzt entscheidend schneller geht, und ich glaube ganz einfach, dass das ein ganz interessantes Instrument ist, um eine wirkliche Reform, was die Abgeordnetenversorgung betrifft, wieder auf die lange Bank zu schieben.
Gestern wurde hier laut gekreischt und Sie haben sich selbst über Ihren ganz großen Schritt beklatscht, indem Sie schlichtweg nur die Selbstverständlichkeiten geregelt haben, was sowieso ungehörig war, und zwar seit elf Jahren ungehörig, um Privilegien der Abgeordneten herauszunehmen. Sie haben geklatscht und gesagt, das ist der große Wurf. Es war kein großer Wurf. Der große Wurf kommt erst noch. Wir brauchen ihn dringend und nicht erst in ein paar Jahren, um das, was wir als Politiker insgesamt – das betrifft mich auch – an Vertrauen in der Bevölkerung verloren haben, zurückzugewinnen und das Ansehen der Politik insgesamt zu verbessern.
Ich möchte Sie davor warnen, jetzt wieder lange zu warten und die Kommission erst langsam wieder in Tritt kommen zu lassen. Ich möchte Sie einladen, das möglichst schnell zu machen.
Wir sind also – das habe ich gestern auch festgestellt – nicht in der Lage, uns selbst Gedanken über die Abgeordnetenversorgung zu machen. Wir sind als Parlament selbst nicht in der Lage – wir sind aber dafür von den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land gewählt worden –, selbst den Kopf anzustrengen, was vielleicht vernünftig auch für die Rolle der Parlamentarier in diesem Land ist.
Ich gebe es offen zu, Herr Dr. Hähle, wenn uns selbst keine Lösung mehr einfällt, wenn uns die Fähigkeit – das haben wir gestern bewiesen, und ich glaube, es war nicht die FDP – zum Führen einer rationalen, emotionsfreien, ehrlichen und vor allem neidlosen Debatte fehlt und wenn wir offensichtlich auch das Gespür für das, was die Bevölkerung bewegt, verloren haben, ist es folgerichtig, dass wir uns Rat von außen holen müssen.
Leider müssen wir uns wieder einmal Experten holen, weil die Politik nicht in der Lage ist, Probleme selbst zu lösen. Wenn das so ist, werden wir leider der Einsetzung dieser Kommission zustimmen. Vielleicht schafft es die Kommission, wenn wir selbst nicht dazu in der Lage sind, vernünftige Debatten zu führen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Herr Kollege Dulig so in die Historie ausgreifend und doch auch wirklich sinnreich den Antrag begründet hat, haben wir jetzt wieder Herrn Zastrow hören müssen, der im Grunde eigentlich nichts beigetragen hat, sondern nur sein Modell von gestern wieder hochgehoben hat, ein Modell, das völlig unzureichend ist und in dem Grundprobleme, nämlich die beamtenähnlichen Versorgungen abzuschneiden, die Aufwandsentschädigung und die Transparenz zu klären, mit keinem Wort bearbeitet waren. Wenn Sie, Herr Zastrow, sich hier hinstellen und sagen, dieses Parlament ist dazu nicht willens und nicht in der Lage, nenne ich das wirklich reinen Populismus und Aktionismus. Das Haus hat Ihnen gestern schon die Quittung dafür gegeben. Unsere Fraktion bedauert sehr, dass sich alle anderen Fraktionen gestern den Wettlauf der Gesetzentwürfe geliefert haben. Sie voran, Herr Zastrow! Sie haben Aktionismus demonstriert, aber die Sache nicht vorangebracht.
Wir treten seit langem für das Modell aus NordrheinWestfalen ein. Die Vorschläge, die wir Ihnen dazu gemacht haben, liegen Ihnen seit längerem vor. Wir haben eben bewusst keinen Gesetzentwurf, der Halbheiten regelt, eingebracht, sondern wir haben Sie eingeladen, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, um das voranzubringen. Unsere Forderungen: Erstens, Abschaffung der beamtenähnlichen Sonderversorgungssysteme, zweitens, Abschaffung der steuerfreien Aufwandspauschale, drittens, eine einheitliche Entschädigung, die zu versteuern ist und aus der alle Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen sind, und viertens, ganz wichtig, Transparenz aller Einkünfte.
Noch ein Wort zur NPD: Ich habe mit gewissem Erstaunen gehört, dass Sie jetzt auch für das NRW-Modell eintreten und meinen, da auch in Ihrem Gesetzentwurf Ansatzpunkte zu haben. Dem ist natürlich mitnichten so. Sie haben hier dieses Indexmodell eingeführt, aber auch die beamtenähnlichen Versorgungssysteme überhaupt nicht angetastet. Wahrscheinlich haben Sie es gar nicht verstanden, wie es funktioniert.
Also nehmen Sie bitte Ihren populistischen Gesetzentwurf jetzt nicht in Vermischung und in Haftung mit dem NRW-Modell.
Die Koalition weiß, dass ihr Gesetz, das sie morgen verabschieden wird, nicht ausreicht. Deswegen setzt sie jetzt
auch eine Sachverständigenkommission ein. Der Kollege Hahn ärgert sich ein Stück weit zu Recht. Das muss ich zugeben. Dennoch begrüßen wir, dass die Koalition sich zu diesem Schritt entschlossen hat, und hoffen, dass die Kommission auch gute Vorschläge machen wird. Unser Ziel ist jetzt schon klar: Wir hoffen, dass das Ergebnis dieser Kommission mehr oder weniger das NRW-Modell sein wird.
Ich habe mich eigentlich gefreut, als ich zuerst „März 06“ gelesen habe. Heute haben Sie ganz schön nachgelegt. Jetzt ist es der Herbst 06. Wir hatten im März dieses Jahres eine Anhörung. Es ist wirklich lange darüber diskutiert worden. Ich bin eigentlich etwas unglücklich, dass das ein Jahr hinausgeschoben wird. Meines Erachtens hätte der März völlig ausgereicht.
In Punkt 1 wollen wir einen Vertreter des Bundes der Steuerzahler mit einbinden. Das haben Sie nicht vorgesehen. Wir denken, dass dies der Akzeptanz in der Öffentlichkeit gut tun würde. Ich betone ausdrücklich, dass die Rolle, die der Bund der Steuerzahler sowohl bei der Anhörung als auch in Nordrhein-Westfalen gespielt hat, eine sehr positive war, Herr Hähle. Vielleicht können Sie das aufnehmen. Im Übrigen war der Bund der Steuerzahler auch Mitte der neunziger Jahre in der Kommission vertreten. Von daher ist das keine Neuerung.
In unserem Punkt 2 beantragen wir, dass die Ergebnisse anderer Kommissionen, die praktisch in jedem Bundesland ungefähr aller fünf Jahre eingesetzt werden, berücksichtigt werden. Ich denke, das würde der Schnelligkeit der Arbeit dienen. Wir begrüßen den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, der eine Zweidrittelmehrheit des Präsidiums für die Berufung der Sachverständigenkommission vorsieht. Herr Kollege Hahn hat Recht, wenn er sagt, dass Benehmen etwas ganz anderes ist als Einvernehmen. Benehmen heißt tatsächlich, dass man sich daran zu halten hat.