Protocol of the Session on June 23, 2005

(Beifall bei der PDS und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Meine Damen und Herren, wenn es tatsächlich um die Gleichstellung aller Lebensweisen gehen soll, dann darf es dabei natürlich nicht bleiben. Was wir zum Beispiel noch brauchen, ist eine Anpassung des Landesrechts an das Bundesrecht. Es gibt andere Länder, in denen Homopaaren auch die gleichen Rechte wie Heteropaaren zugute kommen, wenn sie verheiratet sind. Im PDS-mitregierten Berlin – Mecklenburg-Vorpommern wird folgen – wäre zum Beispiel das Beamtenrecht zu nennen: bei der Gewährung von Beihilfen, bei Trennungsgeldern, bei Sonderurlaub. Diese Vorteile kommen in Berlin Homoehen auch zugute; in Sachsen kommen ihnen nur Pflichten und Nachteile „zugute“. Das muss dringend geändert werden, wenn Sachsen die rote Laterne in der Gleichstellungspolitik von Lesben und Schwulen abgeben will, und ich finde, es ist auch höchste Zeit, dass Sachsen hier die rote Laterne abgibt.

Meine Damen und Herren von der GRÜNEN-Fraktion, verehrter Herr Kollege Lichdi: Bei aller Einigkeit, die wir in dieser Frage haben, wenn es um die Bewertung der

provinziellen Sexual- und Familienpolitik der CDU geht; ich denke, Grund, sich selber zu beweihräuchern, haben Sie allerdings auch nicht vor dem Hintergrund, dass sieben Jahre Rot-Grün im Bund, was Gleichstellungspolitik anbelangt, auch wirklich eine einzige Enttäuschung waren. Fangen wir bei der Homoehe an: Sie selber haben gegen das Abstandsgebot gesprochen – ja, wenn dieses Abstandsgebot nicht besteht, warum haben Sie dann nicht wenigstens den Versuch unternommen, die Heteroehe auch für Homopaare zu öffnen? Das wäre das Einfachste gewesen, dann könnten wir uns diesen Trouble sparen, dann könnten wir uns jetzt ersparen, jedes Bundes- und Landesrecht anpassen zu müssen. Das geht sogar bis hin zum Milch- und Margarinegesetz, selbst dort wird zwischen verheiratet und unverheiratet unterschieden – so ein Blödsinn! Meine Damen und Herren, wer die Gleichstellung aller Lebensweisen will, der muss sich auch zum Abbau von Eheprivilegien bekennen. Es kann nicht darum gehen, immer wieder neue Institute für neue Gruppen zu schaffen. Fragen Sie doch mal bei den Lesben- und Schwulenvereinen nach, die raten von einer Homoehe ab, weil es letztendlich eine lahme Ente ist. Wer Gleichstellung haben will, der braucht ein individualisiertes Sozial- und Steuerrecht. Sie haben es bislang nicht geschafft, sich an das Ehegattensplitting heranzuwagen – auch das ist längst überfällig und das haben Sie sich in den letzten sieben Jahren nicht getraut. Sie haben aber den zweifelhaften Mut besessen, Althergebrachtes wieder zu beleben. Beispielsweise die Bedarfsgemeinschaft, sie ist das glatte Gegenteil einer modernen Familienpolitik, sondern eine Wiederbelebung familiärer Abhängigkeiten, und deshalb gehört sie auch abgeschafft! Das letzte Beispiel ist das Antidiskriminierungsgesetz: Es hat sieben Jahre gedauert, bis Sie es jetzt kurz vor der Bundestagswahl wieder eingebracht haben. Ich glaube, wir müssen uns nicht darin bestätigen, dass das wohl nichts mehr bringen wird. Meine Damen und Herren! Wer das viel beschworene weltoffene Sachsen will, der muss sich zur Gleichstellung aller Lebensweisen bekennen und der muss sich auch von der verklemmten Sexual- und Familienpolitik der CDU der letzten Legislaturperiode verabschieden. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Wird von der SPD das Wort gewünscht? – Herr Brangs, bitte.

(Zurufe – Unruhe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit die Irritationen auch direkt ausgeräumt werden: Wir befinden uns in einer Koalition, und in einer Koalition gibt es Arbeitsteilung. Wie an anderer Stelle auch schon ein Redner der CDU die Position der Koalition vorgetragen hat, wird jetzt ein SPD-Redner ebenfalls die Position der Koalition vortragen.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD, und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, dass mit dem ersten Teil des Lebenspartnerschaftsgesetzes der rot-grünen Bundesregierung die Grundlage dafür gelegt worden ist, dass Diskriminierung von Menschen mit gleichgeschlechtlicher Identität abgebaut wird. Diese gesetzliche Regelungsbefugnis, die wir bei einem Bundesgesetz hatten, hat dazu geführt, dass die konservative Mehrheit des Bundesrates vermuten ließ, dass wir keine Regelung bekommen werden, die auf der Bundesratsmehrheit fußt. Insofern haben wir uns dann entschieden, das Ganze den Ländern zu überlassen.

Bereits im Koalitionsvertrag war es dann so, dass die SPD darauf gedrungen hat, dass es im Zuge des gemeinsamen Gestaltungswillens auch zu einer diskriminierungsfreien Vereinfachung der Verwaltungsvorschrift bei der Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Sachsen kommen soll.

Diese Initiative hat nun dazu geführt, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen werden, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften vor dem Standesamt geschlossen werden können. Hierbei ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass wir in den Änderungsanträgen zu den vorliegenden Gesetzentwürfen keine Aussage über die Gebührenhöhe treffen werden.

(Beifall des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Zuruf von der PDS: Aha!)

Damit wird die bisher praktizierte diskriminierende Behandlung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften beendet und somit ein wichtiger Beitrag zum Respekt vor anderen Lebensformen, zum Verständnis für die Vielfalt sexueller Orientierung wie auch zur Förderung stabiler persönlicher Beziehungen bei Menschen, die mit Rechten und Pflichten füreinander einstehen, geschaffen.

Ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade die Geschichte zeigt, wie Menschen mit gleichgeschlechtlicher Sexualität durch die Jahrhunderte von Staat und Gesellschaft verfolgt oder auch umgebracht und bestraft wurden. Der römische Kaiser Justinian hat Homosexuelle für Naturkatastrophen verantwortlich gemacht und ließ sie auf bestialische Weise hinrichten. Auch während der Nazidiktatur kamen Homosexuelle ins KZ und wurden umgebracht.

Auch in der Bundesrepublik hat es viele Jahre gebraucht, bis die Diskriminierung auf der Grundlage des § 175 Strafgesetzbuch beendet worden ist. Anfang der siebziger Jahre hat die sozialliberale Koalition genau diese rechtliche Verfolgung beendet.

Noch einmal der Hinweis: Gleichgeschlechtliche Sexualität ist weder Krankheit oder schlechtes Benehmen noch widernatürlich oder Ausdruck krimineller Gesinnung oder kriminellen Verhaltens. Sie ist vielmehr eine Form sexueller Orientierung neben der heterosexuellen Identität. Ich bin insofern fest davon überzeugt, dass wir – unter Beachtung der Vorgaben unserer Verfassung – genau mit dem jetzt vorliegenden Entwurf dazu beitragen, gesellschaftliche Diskriminierung auszuschließen und auszuräumen.

Ich bin mir aber auch sicher, dass insoweit nur ein Teilerfolg zu verzeichnen ist. Wir benötigen weitere Schritte, um Diskriminierung in Gänze abzuschaffen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat innerhalb der Koalition den Weg geebnet, um auch in Sachsen den Lesben und Schwulen zu ermöglichen, ihre Lebenspartnerschaft standesamtlich beglaubigen zu lassen. Das Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 – ich sagte es bereits – war ein erster Schritt zu mehr Gleichberechtigung und hat die Akzeptanz von Lesben und Schwulen in unserer Gesellschaft bereits spürbar verstärkt. Rechtlich sind aber noch weitere wichtige Verbesserungen nötig; denn die eingetragene Lebenspartnerschaft ist nur hinsichtlich der Pflichten, aber noch nicht in vollem Umfang hinsichtlich des Rechts der traditionellen Ehe gleichgestellt. Unser langfristiges Ziel in einer modernen und weltoffenen Gesellschaft muss es demnach sein, die völlige Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe zu erreichen. Das Recht auf Familiengründung muss daher nach unserer Auffassung in Deutschland für alle Lebenspartnerschaften gelten. Aus unserer Sicht ist dies auch ein Beitrag zu mehr Toleranz und Weltoffenheit.

Die bereits erreichte Gleichberechtigung muss aber auch in anderen Bereichen weiterentwickelt werden. Ansatzpunkte der Benachteiligung von Lebenspartnerschaften sind vor allem noch im Adoptionsrecht, im Steuerrecht und im Erbrecht vorhanden.

Eine Anmerkung zum Schluss: Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen und vor allem mit dem Hinweis darauf, wie die Koalition im weiteren Verfahren damit umgehen wird, Aufklärung leisten konnte. Insofern muss ich annehmen, dass der eigentliche Inhalt der Aktuellen Debatte damit beendet ist.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU, der PDS und den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die herzerweichende Litanei von der angeblichen Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften musste ja eines Tages im Rahmen einer Aktuellen Debatte auch in diesem Hause angestimmt werden. Da in einigen Tagen wieder der große Berliner Christopher Street Day stattfindet und in einigen Wochen die Bundestagswahl, ist völlig klar, dass die GRÜNEN ihre Stammklientel in der bundesrepublikanischen Endzeitrepublik wieder einmal mit einem Thema bedienen müssen. In der Verhätschelung von Randgruppen haben die GRÜNEN ja mittlerweile ihren einzigen bedauerlichen Daseinsgrund gefunden.

Zum letzten Christopher Street Day hieß es von den Veranstaltern – ganz im Sinne der GRÜNEN –: „Wieder wollen wir in Berlin mit einer großen multikulturellen Demonstration für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, intersexuellen, transgenden und transsexuellen Minderheiten demonstrieren.“

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Hier ist alles zu einem bunten Strauß zusammengebunden, was linkslibertäre Herzen höher schlagen lässt: von homosexuell bis multisexuell, von homokulturell bis multikulturell. Hauptsache man verletzt damit das Anstands- und Identitätsgefühl der Mehrheitsbevölkerung.

(Lachen bei der PDS und den GRÜNEN – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Um Gottes willen!)

Auch daraus spricht die Kultur- und Volksverachtung der linken Minderheitenapostel.

Zur sozialethischen Verwirrung und Verwahrlosung tragen mittlerweile aber nicht nur die GRÜNEN bei, da sich längst ein großes Regenbogenkartell der Altparteien herausgebildet hat. Nach der Bundestagswahl wird lediglich die rot-grüne Homo-Lobby um Klaus Wowereit und Volker Beck das rosarote Zepter an die schwarzgelbe Fraktion von Ole von Beust und Guido Westerwelle abgeben.

(Beifall bei der NPD)

Die Gleichstellungspolitik für Homosexuelle wird nach der Bundestagswahl wohl lediglich etwas anständiger verpackt und zurückhaltender verkauft werden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sie wollen wohl den rosa Winkel wieder einführen?)

Worum geht es aber bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensformen und einem daraus abzuleitenden Antidiskriminierungsgesetz? Wie ähnliche Gesetze etwa gegen Ausländerbenachteiligung andernorts erwiesen haben, schlagen solche Initiativen gegen die so genannte Diskriminierung von Minderheiten sehr schnell in die Diskriminierung der Mehrheit um. Mit ihrer Forderung „Gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Partnerschaften“ tun die Landtagsgrünen so, als gäbe es noch gar kein Lebenspartnerschaftsgesetz. Oder wollen die sächsischen GRÜNEN noch weitergehende Rechte für Homosexuelle einfordern, etwa bei der Stiefkindadoption, im Steuerrecht oder bei der Hinterbliebenenversorgung?

(Vereinzelt Beifall bei der PDS – Antje Hermenau, GRÜNE: Genau das! – Uwe Leichsenring, NPD: Furchtbar!)

Schön, dass Sie es noch einmal feststellen!

Dabei kommt schon das von Rot-Grün verabschiedete Lebenspartnerschaftsgesetz einem Angriff auf die Familie gleich, obwohl die Familie und nicht eine beliebige sexuelle Spaßgemeinschaft in Artikel 6 des Grundgesetzes unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Dass Sie keinen Spaß am Sex haben, sieht man Ihnen an! – Heiterkeit)

Herr Porsch, manchmal habe ich den Eindruck, ich nehme Sie und Ihresgleichen noch zu ernst. Vielleicht

schaue ich deswegen manchmal so grimmig drein. Ich sollte Sie überhaupt nicht mehr ernst nehmen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das wäre auch besser!)

Das bestehende Lebenspartnerschaftsgesetz der rot-grünen Bundesregierung bedeutet die Gleichstellung der produktiven Lebensgemeinschaft aus Mann, Frau und Kindern mit der unproduktiven, weil kinderlosen Lebenspartnerschaft der Homosexuellen.

(Lachen bei der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Als Ausreißer aus der Natur sind gleichgeschlechtliche Beziehungen zu akzeptieren. Ihre Förderung durch eine werteverneinende liberalistische Gesellschaft dagegen ist unsittlich, ungerecht und verantwortungslos, weil homosexuelle Partnerschaften biologisch nichts zum Fortbestand der Gemeinschaft beitragen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Frau Lay darf sich wieder setzen.

(Unruhe – Caren Lay, PDS: Feigling!)

Das hat nichts mit Feigheit zu tun; ich muss mit meiner Redezeit sparsam umgehen, Frau Lay.

Als Panne der Humanevolution gab es immer Menschen homosexueller Ausrichtung. In der Abgeschiedenheit ihrer Privatwände sollen sie – –

(Fortgesetzte Unruhe bei der PDS, der SPD und den GRÜNEN – Stefan Brangs, SPD: Michael Kühnen!)