Nach diesem Satz, ja. Ich hoffe nicht, dass im Landtag auch nur ein Einziger ist, schon gar kein Abgeordneter, der dieses Zusammenspiel zwischen Chaoten, die die Drohkulisse aufbauen, und dem Verbieten der Demonstration aufgrund genau dieser Drohkulisse verhältnismäßig findet.
Sie haben uns gerade virtuell auf eine rechte Demonstration gebeten. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie sich mit den Zielen, Anliegen und der Durchführungsweise der Demonstration des Herrn Worch, bekanntermaßen unterstützt von Herrn Heise, solidarisieren?
Nein, Herr Lichdi, das kann ich dementieren. Ich bin noch nie auf einer Demonstration von Herrn Worch gewesen, bin auch nicht gesehen worden.
Nein, ich bin auch noch nicht da gewesen. Ich mag diesen Mann nicht sonderlich. Ich habe mit dem nichts zu tun, aber das ist eine Privatsache. Im Übrigen darf ich Ihnen sagen, dass der NPD-Kreisverband Leipzig sich schon vor zwei Jahren gegenüber der „LVZ“ und auch dem Ordnungsamt – Sie können das gern nachprüfen – ausdrücklich von diesen Worch-Demonstrationen distanziert hat.
Es geht mit den Unverhältnismäßigkeiten weiter, noch bevor unsere heutige Demonstration überhaupt angefangen hat. Der Polizei sind natürlich die Drahtzieher, Organisatoren und Rädelsführer dieser Antifa-Banden genau bekannt. Natürlich! Und es wäre ein Leichtes, den Gewaltaktionen vorzubeugen, indem man diese betreffenden Personen, die der Polizei sehr wohl bekannt sind, in Sicherungsgewahrsam genommen hätte. Aber das geschieht nicht, man braucht sie ja noch.
Aber es wird von der Polizei nichts unternommen, vielleicht darf sie es nicht. Es wird in aller Ruhe abgewartet, bis sich das gewalttätige Potenzial aufbaut. Das ist wieder eine eindeutige Unverhältnismäßigkeit, meine Damen und Herren; denn es ist wohl keine Frage, dass eine Vorbeugehaft gegen ein paar Rädelsführer verhältnismäßiger wäre als 30 oder 60 verletzte Polizisten.
Unsere heutige Demonstration, meine Damen und Herren, hat immer noch nicht angefangen, und wir haben schon eine ganze Reihe von Unverhältnismäßigkeiten erlebt.
Jetzt, werte Demonstrationsteilnehmer, könnte es eigentlich losgehen, aber in der Regel kommt nur ein Teil von uns Demonstranten an, denn ein anderer Teil bleibt in irgendwelchen sich ewig hinziehenden Polizeikontrollen hängen. Ein weiterer kommt auch zu spät. Da werden die Fahrzeuge von linken Chaoten „entglast“ oder „tiefer gelegt“; so heißt das im Antifa-Jargon. Auch hier muss man krasse Unverhältnismäßigkeiten feststellen, denn wir Demonstranten von heute werden bis auf die Unterhosen kontrolliert, während zur selben Zeit die Gegendemonstranten Zeit haben, Barrikaden zu errichten, anzuzünden und Steine für den bevorstehenden Kampf zu sammeln.
Jetzt hat sich der Demonstrationszug formiert, meine Damen und Herren, und setzt sich in Bewegung. Wir gehen im Schritttempo voran. Wir marschieren nicht, wie immer gern in den Zeitungen geschrieben wird, sondern wir gehen ganz normal. Plötzlich stoßen wir
auf eine unter den Augen der Polizei vorbereitete Straßenblockade. Auch hier ist wieder keine Verhältnismäßigkeit, Herr Lichdi, denn die Polizei schaut in der Regel seelenruhig zu, während sich die Blockierer aufbauen.
Täuschen mich denn meine Wahrnehmungen, die ich unter anderem hier am 13. Februar in Dresden sammeln musste, als Ihre Partei die Demonstration durchgeführt hat, als Sie dort mit gesenkten Fahnen in Marschformation in Dreier- und Viererreihen wohl aufgebaut mit dem Wagen, der dann den Lärm gemacht hat, hier durch die Stadt marschiert sind? Ich denke schon, dass wir hier von einer Marschformation sprechen müssten, oder Sie müssten mir den Begriff „Marschieren“ in Ihrer Diktion erklären.
Herr Lichdi, Marschieren ist in meinen Augen – ich habe ja auch einmal gedient und ich weiß nicht, ob Sie auch gedient haben;
aber jeder weiß, was unter Marschieren verstanden wird – das Voranschreiten im Gleichschritt. Das habe ich noch nirgendwo auf einer Demonstration, wo ich war, gesehen. Deswegen kann ich Ihre Ausführungen nicht sonderlich gut nachvollziehen.
Aber, meine Damen und Herren, wir sind also jetzt auf die Straßenblockade gestoßen. Was dann passiert ist, erzähle ich Ihnen in meiner zweiten Rede, weil meine Redezeit zu Ende ist. Aber ich denke, Sie waren zum Teil dabei und können dann auch noch von Ihren Erlebnissen berichten, die aber komischerweise manchmal sehr different voneinander sind, obwohl angeblich alle am selben Ort waren. Wir werden sehen.
Herr Leichsenring, gestatten Sie mir, dass ich Ihnen noch eine Antwort auf Ihr Angebot gebe. Sie hatten mich eingeladen, an einer virtuellen Demonstration teilzunehmen. Ich lehne dankend ab.
(Karl Nolle, SPD: Er hat gar nicht mitbekommen, dass gar keiner mitgegangen ist! – Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von der PDS)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meinem Vorredner muss ich sagen: Ich bin nun immer noch am Nachdenken und versuche mich auf dieser virtuellen rechten oder NPD-Demonstration zu orientieren, wie da die Kinder barfuß Händchen haltend friedlich dastehen und warten, dass sie loslaufen dürfen. Ich hatte das immer anders in Erinnerung, wenn da die johlenden Fleischmützen mit ihren Springerstiefeln Fähnchen schwenkend irgendwelche martialischen Schreie ausstoßen. Herr Leichsenring, wenn Sie auf Ihrer virtuellen Demonstration dahinschreiten, muss ich Sie
(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Uwe Leichsenring, NPD: Da müssen Sie da drüben nachfragen! – Beifall bei der NPD)
Nein, in der Tat ist der Anlass, über den wir hier sprechen, eindeutig gesetzt worden. Herr Worch hat übrigens auch für die nächsten Jahre fröhlich angemeldet, beabsichtigt, Leipzig des Öfteren mit seinen Kameraden auf der großen Deutschland-Krawalltour am 1. Mai und am 3. Oktober heimzusuchen. Einmal sehen, was noch alles in Leipzig geboten wird! Ich hoffe, nicht mehr viel.
Gleichzeitig finden sich dann aber auch immer wieder aus anderen Städten Autonome, die ihrer antifaschistischen Aufwallung mehr oder minder gewalttätig Lauf lassen wollen. Beides stellt sich letztlich als Missbrauch des Demonstrationsrechtes dar,
als Form einer Freiheit, für die Meinungsäußerung und ein Meinungsstreit in der Demokratie fundamental sind. Leider – auch das ist Realität – muss die Polizei dann versuchen, das, was man öffentliche Ordnung und Sicherheit nennt, aufrechtzuerhalten. Dass das nicht leicht ist, hat Leipzig am 1. Mai gezeigt.
Es gab dort verschiedene Demonstrationen und verschiedene Schauplätze. Denken wir an den Bahnhof, den Augustusplatz, die Liebknechtstraße am Volkshaus. Es gab dort verschiedene Vorgänge und es wird Aufgabe der Staatsanwaltschaften sein, hier möglicherweise noch aufzuklären, welche Vorgänge in welcher Weise stattgefunden haben. Mit gegenseitigen Beschimpfungen oder Verdächtigungen selber werden wir Aufklärung nicht erreichen, aber Aufklärung ist notwendig.
Herr Kollege Seidel, ich bin nicht der Auffassung, dass es grundsätzlich unanständig ist, wenn man nachfragt, ob sich die Polizei überall und zu allen Zeitpunkten am 1. Mai korrekt verhalten hat. Diese Frage ist keine Majestätsbeleidigung. Die Polizei ist nicht sakrosankt in dieser Beziehung.
Einige Punkte gibt es, die möglicherweise kritikwürdig sind. Es ist angesprochen worden, dass Beamte, die dort im Einsatz sind, nicht reagieren, wenn sie von den Bürgern angesprochen werden, also anscheinend grundsätzlich nicht darauf eingehen, was Bürger ihnen sagen, und auch Einsatzleiter nicht schnell genug in kritischen Situationen greifbar sind. Das ist ein Problem, das möglicherweise innerhalb der Polizei geklärt werden muss. Es gibt dort verschiedene Leitungen, offensichtlich auf der einen Seite die Polizei aus den verschiedenen Bundesländern und die Einsatzleitung der sächsischen Polizei, gleichzeitig parallel auch der als „Bahnpolizei“ agierende
Bundesgrenzschutz, wie auf der einen Seite des Hauptbahnhofes gezeigt; auch dort möglicherweise eine Ursache für Abstimmungsprobleme.
Schließlich ein dritter Problemkreis, der sich aus unserer Sicht bereits jetzt ausmachen lässt, das ist schlicht und ergreifend das Versammlungsrecht und die Routen, die dort zugelassen werden, teilweise von der Versammlungsbehörde und teilweise auch durch die Gerichte. Das war nicht glücklich.
Meine Damen und Herren! Wer zwei solche Versammlungen hat, muss dafür sorgen, dass sie sich nicht in die Quere kommen und mit Sicherheit nicht so nahe aufeinander treffen können, wie das am 1. Mai in Leipzig geschehen ist. Da muss man eben diese beiden Demonstrationen weiter voneinander entfernt halten als eben nur den einen berühmten Steinwurf.