Im Finanzausschuss musste ich feststellen, dass wir in den nächsten Jahren sehr viele Personen entlassen werden – ob sinnvoll oder nicht sinnvoll, wir tun es einfach –, ich aber eine spürbare Reduzierung der Personalkosten trotzdem nicht erkennen kann. Die Spirale dreht sich immer weiter.
Meine Damen und Herren! Wir müssen auch dort mutig gegensteuern. Dazu gehört für mich ganz klar, dass wir aus dem Flächentarifvertrag aussteigen. Ich kann Sie, Herr Milbradt, nur bitten: Haben Sie den Mut, nehmen Sie Ihren Juniorpartner mit, um eine andere Position gegenüber der Bundes-SPD zu vertreten! Wenn wir diesen Schritt nicht gehen, werden wir immer wieder schmerzliche Entlassungen vornehmen müssen, ohne dass es uns am Ende wirklich weiterhilft. Die Standards werden gesenkt, der Dienstleistungscharakter wird immer weiter zurückgeschraubt, aber die Kosten werden trotzdem in
die Höhe gehen. Wir müssen einen tiefen Schnitt machen. Dazu gehört der Austritt aus dem Flächentarifvertrag, meine Damen und Herren.
Sie haben es vorhin gesagt und auch unser Bundespräsident sagte es: Vorfahrt für Arbeit! Das ist völlig richtig. Ich befürchte aber, wenn wir darauf warten, dass sich irgendjemand in Berlin oder in Brüssel für bessere Rahmenbedingungen für die Unternehmen und für Arbeit in diesem Land etwas einfallen lässt, dann können wir lange hoffen und ewig warten. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Vorfahrt für Arbeit brauchen, aber auch den rechtlichen Rahmen, um sprichwörtlich die Straßenverkehrsordnung in Sachsen dafür selbst festzulegen. Herr Milbradt, wir werden Sie unterstützen, wenn Sie um Sonderregelungen, um Experimentierklauseln und um mehr Spielräume für die sächsische Landespolitik kämpfen. Das ist das, was Sachsen braucht. Wenn Sie Mut zum Unterschied gegenüber den anderen ostdeutschen Ländern propagieren, dann haben Sie die FDP mit im Boot, meine Damen und Herren.
Man könnte natürlich auch mit ein paar kleineren Dingen anfangen. Ich habe dazu letztens mit einer Kleinen Anfrage nachgefragt und war über die Antwort ziemlich schockiert. Es geht um die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer. Seit August 2002 gibt es die Möglichkeit, dass Rückstände aus der Kfz-Steuer vermieden werden, indem durch die Behörden nur noch solche Autos zugelassen bleiben, für die die Steuern bezahlt sind. Die rückständige Kfz-Steuer ist im Freistaat Sachsen ein großes Thema. Gerade in Sachsen gibt es eine große Anzahl säumiger Zahler. Es sind exakt 36 Millionen Euro, die uns fehlen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich bin ein wenig enttäuscht darüber, dass diese vom Bundesgesetzgeber geschaffene gute Möglichkeit im Freistaat Sachsen noch nicht genutzt wird. Ich hätte gern, dass wir in Zukunft den säumigen Zahlern mit Entschiedenheit entgegentreten und dieses Geld nachdrücklich einkassieren. Wir brauchen dieses Geld. Jetzt werden Sie wahrscheinlich sagen: Ach, 36 Millionen Euro sind im Vergleich zum Gesamthaushalt nur Peanuts. Das stimmt natürlich. Sie wissen aber auch, dass dieser Betrag die gleiche Höhe wie der geplante Mittelstandsfonds, den die Staatsregierung aufgelegt, hat. Daran erkennen Sie die Dimension, wie wichtig dieses Geld ist und wie sehr wir es im aktuellen Geschäft brauchen könnten. Apropos Wachstumsfonds. Sie haben ihn aufgelegt. Die Finanzierung ist – soweit ich das mitbekommen habe – auch aufgrund des benötigten privaten Kapitals noch unklar. Es wurde immer gesagt, dass für die Mittelstandsförderung nicht mehr Geld vorhanden sei. Ich behaupte, dass wir dafür Geld haben. Wenn ich in den Haushaltsplan schaue, dann sehe ich, dass der Freistaat Sachsen überlegt, 145 Millionen Euro – vielleicht geht es ein wenig billiger – für das Behördenzentrum in Paunsdorf auszugeben. Allein der Gedanke ist mir völlig
fremd. Wir alle wissen – die Leipziger werden mir Recht geben –, dass es in Leipzig einen Büroleerstand zwischen 10 und 20 % und im Stadtzentrum hervorragend geeignete Büroräume zur Miete gibt. Diese sind sicherlich besser gelegen als das jetzige Behördenzentrum in Paunsdorf. Wir alle wissen, dass eine Großliegenschaft, die man in das eigene Immobilien-Portfolio aufnimmt, zu großen Problemen führen kann. Alle Unternehmen, die im Freistaat Sachsen mit Großliegenschaften zu tun haben, können Ihnen dazu einen Erfahrungsbericht geben, aus dem hervorgeht, wie schwer es ist, solche Großliegenschaften am Ende zu vermarkten und auf Dauer wirtschaftlich zu betreiben. Ein Immobilienkauf in dieser Größenordnung kann für den Freistaat Sachsen nicht infrage kommen. Ich würde Ihnen empfehlen, diese 145 Millionen Euro für unsere sächsische Wirtschaft auszugeben.
Herr Milbradt, Sie haben vorhin selbst gesagt, dass die GA-Förderung eine Säule Ihrer Politik sei. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die GA-Förderung aufgrund unserer Abhängigkeit vom Bund in diesem Jahr massiv, genauer gesagt um 80 Millionen Euro, einbricht. Wir schlagen Ihnen vor, auf den Kauf von Paunsdorf zu verzichten und Herrn Barth nicht noch ein weiteres Geschenk zu machen, denn er hat genug bekommen. Er wird sicherlich auch zufrieden sein. Wir sollten damit jetzt aufhören und endlich, was Herrn Barth betrifft, die Rute herausholen und nicht noch weitere Geschenke machen. Wir schlagen vor, aus diesem Grundstock die 80 Millionen Euro zu nehmen, in die Mittelstandsförderung zu stecken und die Verluste, die wir als GA-Förderung des Bundes haben, damit auszugleichen.
Des Weiteren schlagen wir Ihnen vor, einen Technologiefonds aufzulegen. Es wurde bereits gesagt, dass wir bei uns viele tüchtige Leute haben, viele Erfinder, Leute mit Unternehmergeist. Wir als Freistaat Sachsen sollten alles tun, um diesen Menschen auf den Weg zu helfen und dafür zu sorgen, dass in Sachsen nicht nur erfunden wird, dass in Sachsen nicht nur Patente angemeldet werden, sondern dass diese Patente in Sachsen in praktischer Arbeit in Produkte umgesetzt werden können. Dafür, meine Damen und Herren, schlagen wir Ihnen vor, einen Technologiefonds aufzulegen.
Lassen Sie mich noch zum Schluss etwas zu den Haushaltsberatungen an sich sagen. Sie wurden vorhin bereits angesprochen, das war mir neu, deswegen fand ich das ganz interessant.
Sie wissen, dass die FDP einen Fehler im Polizeikapitel aufgedeckt hat. Offensichtlich hat das Innenministerium diesbezüglich einmal nicht ganz so exakt gearbeitet, ähnlich wie beim SEK-Einsatz. Der Vergleich hinkt zwar, aber ich sage es trotzdem. Auf jeden Fall haben wir den Fehler aufgedeckt, dass, Herr de Maizière, die Polizeireform im Haushalt nicht abgebildet war. Das hätte im Übrigen durchaus schlimme Konsequenzen haben können. Man hätte als Partei in diesem Haus sagen können: Wir ziehen vor das Verfassungsgericht. Wir hätten auch versuchen können, den Haushaltsbeschluss zu blockieren.
Ich kann Ihnen sagen, dass ich auf diesen Ausschuss ein wenig stolz bin, auf alle Fraktionen, weil es uns gemeinsam gelungen ist, das zu vermeiden. Es ist ein Fehler passiert; deshalb geht die Welt nicht unter, Herr de Maizière, und gemeinsam haben alle Parteien darum gerungen, eine Lösung zu finden. Ich glaube, die Art und Weise des Findens einer Lösung, dass niemand auf Krawall gemacht hat, sondern dass wir versucht haben, eine gemeinsame Vorlage zu erarbeiten, die beschlussfähig ist, damit der Haushalt in dieser Woche verabschiedet werden kann, ist ein positives Zeichen. Das kann aus meiner Sicht ein Vorbild für die künftige Arbeit dieses Hauses sein; denn uns sollte klar sein, dass wir in diesem Haus keinen Wahlkampf brauchen, höchstens ein bisschen, denn in diesem Haus geht es in erster Linie um das Land und erst danach um die Partei. Das ist entscheidend.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Haushalt beschreibt um vieles klarer die politische Linie einer Partei, als das vielleicht tausendfach weich formulierte Programme von Parteitagen oder leidenschaftliche Reden im Parlament tun, die aber keine Auswirkungen haben. Haushalt ist verbindlich. Das, was finanziert wird, passiert auch. Insofern sind die Haushaltsberatungen natürlich ein hoch politischer Vorgang. Mir ist aufgefallen – das möchte ich zu dem Lernprozess, dem wir alle unterliegen, beisteuern –, dass es einen hohen Gewohnheitsgrad beim Ablauf der Haushaltsberatungen gibt. Es wirkt ein bisschen absolutistisch, modern und aufgeklärt zwar, aber dennoch absolutistisch, wenn die Parlamentarier auf das andere Elbufer zum Finanzminister gehen müssen, um dort die Haushaltsberatungen durchzuführen. Es wäre wohl angemessen, wenn die Haushaltsberatungen im Parlament stattfänden und sich das Ministerium hierher bemühte, um seinen Haushaltsentwurf zu verteidigen. Darüber können wir einmal in Ruhe diskutieren, wir haben zwei Jahre Zeit dazu. Nur am Catering kann es nicht gelegen haben. Es gab zwar tolle Brötchen und auch Kuchen am Nachmittag, aber das allein ist noch kein Grund, es so zu machen.
Ich möchte begründen, weshalb ich das so sehe. Parlament hat einmal so angefangen, dass sich die Stände echauffierten, weil die Könige das Geld eingesammelt und für ihre Repräsentation verwendet haben. Die Stände haben sich versammelt und wollten über das Geld entscheiden. Parlamente haben mit Haushaltsdebatten begonnen. Ich bin der Meinung, dass wir die Debatten in das Parlament zurückholen sollten, auch die des Haushaltsausschusses.
Wenn man sich anschaut, was es an Auffälligkeiten im Haushalt gibt – einige Sachen haben wir bereits in der 1. Lesung besprochen –, so finde ich das Prinzip richtig,
dass man Reste, die beim Haushaltsvollzug entstehen, in Investitionen steckt. Es gibt natürlich harten Streit darüber – darauf komme ich gleich –, für welche Investitionen das Geld ausgegeben wird. Sie würden die Investitionen nicht für Straßenbau verwenden, wir würden sie in die Forschung stecken. Das kann man noch ausdiskutieren, aber prinzipiell ist darauf zu achten, Investitionen zu stärken, was wir unterstützen.
Beim Personalabbau allerdings bekommt man leicht den Eindruck, dass Sie den Weg des geringsten Widerstandes gegangen sind. Sie wollen bis 2010 – im Zeitraum von fünf Jahren – von über 92 000 Stellen auf 80 000 Stellen herunterkommen. Wenn man sich den Stellenabbaubericht anschaut, sieht man, dass die Aufteilung dieser Gesamtabbaubeträge noch nicht auf Einzelressorts erfolgt ist. Das heißt, Sie wissen noch gar nicht, in welchen Ministerien und Bereichen sowie nachgeordneten Behörden Sie das Personal einsparen wollen. Die Einzigen, die im Haushalt 2005/2006 in absoluten Zahlen erscheinen, sind Lehrer und Polizisten. Es sind sehr hohe Zahlen. Sie werden sicherlich auch in den Folgejahren enthalten sein.
2 000 Stellen sind nach meiner Information noch gar nicht berücksichtigt. Das heißt, beim Personalabbau sind die Geschwindigkeit unserer demografischen Entwicklung und das ehrgeizige Ziel, den Haushalt in einigen Jahren auszubalancieren, nicht angemessen. Die Geschwindigkeit im Personalabbau ist deutlich zu gering.
Vergleichen wir uns mit anderen Bundesländern – denn es ist ja immer etwas Hehres, den sächsischen Haushalt zu betrachten und zu vergleichen –, sieht man, dass die Personalausgaben im Vergleich mit anderen ostdeutschen Ländern am geringsten sind, aber nur knapp. Steuereinnahmen sind im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern am höchsten, aber auch nur knapp. Es ist noch kein wesentlicher Unterschied zu sehen. Nur beim Schuldenstand – das ist wichtig – ist Sachsen eindeutig um Klassen besser. Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern oder auch Brandenburg sind doppelt so hoch, Berlin ist pro Kopf sogar viermal so hoch verschuldet wie Sachsen. Das ist eine wirkliche Leistung. Ich bin mir nicht zu schade dazu, das in diesem Parlament öffentlich zu sagen.
Worin besteht jetzt der nächste Schritt? Wir GRÜNEN haben bei unseren Anträgen darauf geachtet, dass wir unsere Vorschläge auch gegenfinanzieren, denn wir wollen ausgeglichene Haushaltsberatungen. Es ist uns sogar gelungen – darüber kann man streiten –, einige 100 000 Euro unter dem Entwurf zu liegen, was alle möglichen Thesen von grüner Verschwendungssucht beendet.
Wir haben bei allen Änderungsanträgen darauf geachtet, keinen Mehraufwand in der Verwaltung zu erzeugen. Ich halte es für einen wichtigen Punkt, wenn man sich darauf verständigt hat, dass man mit dem vorhandenen Verwaltungspersonal, das eigentlich überdimensioniert ist, keine neuen Verwaltungsaufgaben kreieren kann. Man kann höchstens Personal umsetzen.
Die Leitlinien unserer Beratungen sind ebenfalls wichtig: Wir versuchen so schnell wie möglich auf die Verände
rung durch Demografie zu reagieren, wir versuchen so schnell wie möglich alles anzupassen. Ich glaube, dass uns in Sachsen dabei die Zeit davonläuft. Wir haben natürlich die Ökologie als Maßstab für Modernität. Sie ist keine Bremse, sondern eigentlich ein Modernisierungsfaktor. Wir werden darüber noch verhandeln.
Wir wünschen uns handlungsfähige Bürger. Handlungsfähige Bürger brauchen natürlich ein Minimum an eigener Entscheidungsmöglichkeit. Das muss man in der Politik erzeugen und zulassen. Darum bemühen wir uns.
Des Weiteren wollen wir einen seriösen Verwaltungsabbau. So haben Sie, Herr Ministerpräsident, in Ihrer Rede davon gesprochen, dass man Spielräume eröffnen müsse; Öffnungs- und Experimentierklauseln würden gebraucht. Diesen Mut hätte ich mir bei Soziales und Bildung gewünscht, aber Sie haben es nur auf „Straße“ kapriziert. Sie waren nur bei Straßenbau. Das ist ein Irrweg. Der Ausbau der Forschungs- und Verkehrsinfrastruktur, wie Sie es ansagten, hat sich bei Ihnen nur auf Verkehr bezogen, nicht auf Forschung. Das ist demografisch falsch. Sie werden zunehmend ältere Leute haben, die sich wünschen, ab und zu auch einmal mit Zug und Bahn zu fahren und nicht immer nur selbst am Steuer zu sitzen. Es ist ökologisch falsch, denn alle tragen die Kosten. Es ist finanzpolitisch falsch, denn wir brauchen in diesem Land einen Substanzaufbau, um weitere Wirtschaftskraft zu erhalten und damit mehr eigene Steuern eintreiben zu können. Substanzaufbau findet zurzeit vor allem in Forschung und Entwicklung statt; denn das ist ganz wesentlich, um die Mittelständler auszurüsten, damit sie weltmarktfähig weiter wachsen können. Die Exportquoten sind gestiegen. Sie müssen noch weiter steigen. Sie haben aber gerade bei Forschung und Entwicklung die Mittel gekürzt und hinsichtlich Straßenbaus stabilisiert. Wir drehen das Verhältnis wieder um und sagen: Raus aus den Straßeninvestitionen und rein in die Forschung!
Ich will das, was ich hier sage, einmal mit Autoritätsbeweisen abpuffern, damit Sie nicht denken: Typisch GRÜNE, sie wollen nur die Straße nicht bauen! Ich ziehe einmal den Gesprächskreis Ost mit Klaus von Dohnanyi und Edgar Most zu Rate und zitiere, weil es vielleicht am einfachsten ist: „Es ist eine entscheidende Kurskorrektur erforderlich, von der sehr starken Förderung der Verkehrsinfrastruktur hin zu einer Unternehmensförderung mit Schwerpunkt auf die kleinen und mittleren Unternehmen und der Industrie sowie hin zu einer sie begleitenden umfassenden Forschungslandschaft mit entsprechenden Ausbildungseinrichtungen. Das ist das unerlässliche Fundament für eine sich selbst tragende wirtschaftliche Entwicklung.“
Des Weiteren wird festgestellt: „Die Infrastruktur im Osten ist bereits wettbewerbsfähig.“ – Also lautet die Frage, ob es nicht verpufftes Geld ist, wenn Sie sich weiter auf Straßenbau konzentrieren und dabei so wichtige Felder wie Forschung und Entwicklung – ich will nicht sagen – brach liegen lassen, sondern nach meinem Verständnis vernachlässigen.
Wenn man sich ansieht, was eine Unternehmensentscheidung für den Standort ist, so macht es nur 9 % aus, ob es wirklich auch die beste Straße ist, die zu diesem Standort führt. Ganz andere Faktoren beeinflussen eine Standortentscheidung viel mehr, zum Beispiel die Frage
Diese Kurskorrektur halten wir für eine der wesentlichsten überhaupt. Ich habe das auch begründet. Wenn man sich vor Augen führt, dass der Anteil der an Forschung und Entwicklung beschäftigten Mitarbeiter in den neuen Ländern deutlich unterproportional und völlig unzureichend ist, wird unsere Zukunft doch nicht darin bestehen, dass die Sachsen an der Autobahn in der Frittenbude Fritten verkaufen, sondern eigentlich soll die Zukunft Sachsens darin bestehen, dass wir Produkte erfinden, die weltweit exportfähig sind.
Wir haben Ihnen deshalb vorgeschlagen, einen Anteil der EFRE-Mittel, die für Straßenbau vonseiten der Europäischen Union zur Verfügung stehen, gezielt in die Forschung zu stecken. Das ist technisch möglich. Man müsste dann eben in Brüssel antichambrieren und darum kämpfen. Aber da haben Sie ja andere Pläne. Wenn man aber wirklich weniger Subventionsabhängigkeiten in den nächsten Jahren will – ich halte das für ein erstrebenswertes Ziel –, dann müssen wir uns überlegen, ob Sie nicht an einer falschen Stelle kämpfen. Sie haben sich heute verdient gemacht und den Kollegen Lichdi bereits ins Protokoll eingeführt, bevor er selbst ein Wort gesagt hat.
Die Feinstaubdebatte ist ja wieder nur symptomatisch. Seit 1999 ist das geltendes Recht. Wer es wissen wollte, kann es seit sechs Jahren wissen. Aber das haben Sie nicht gesagt, sondern Sie haben gesagt: Die EU drückt uns hier Normen auf, die wir nicht ertragen können, mit denen wir nicht umgehen können. Sie haben als Ministerpräsident dieses Landes das Thema Feinstaub zu einem Autothema gemacht. Ich sage Ihnen, wir machen das Thema Feinstaub zu einem Gesundheitsthema. Das betrifft die Bevölkerung, und zwar wesentlich. Deswegen hat es auch eine heftige Debatte in diesem Land gegeben, die nicht zu Unrecht war.
Sie haben den im Wahlkampf oft gebrauchten Slogan von verschiedenen Oppositionsparteien, dass die Sachsen gestalten wollen und nicht mehr nur verwalten, aufgebracht. Nun ist die Frage, wie man das hinbekommt. Da gibt es mehrere Blickwinkel. Zu dem Blickwinkel, den Sie immer vertreten, Herr Milbradt – das ist Ihnen sicher persönlich zu Eigen, aber auch der Mehrheit der Mitglieder Ihrer Fraktion –, ist zu sagen: Ich sage von oben, wie es geht, und so wird es gemacht. Ich glaube nicht, dass die Bevölkerung in Sachsen es auf Dauer ertragen wird. Hier gibt es viele Bürger, die wollen gerne selbständig handeln, die wollen handlungsfähig sein. Sie brauchen Beratung und Unterstützung und vor allem Unterstützung aus der Politik. Sie brauchen keine Hilfe, die sie zu Tode subventioniert, aber sie brauchen Beratung und Unterstützung.
Dazu gehört ein ganz hervorragendes Bildungsniveau in der Bevölkerung. Das ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir handlungsfähige Bürger haben, die bei einem Rückgang der Verwaltung trotzdem ihr Leben
hier ordentlich in die Hand nehmen können. Da kann man nicht die Bibliotheken zusammenkürzen, diese drei Beratungsstellen für die Bibliotheken. Das ist völlig verkehrt. Wir haben ein Effizienzgutachten Ende der neunziger Jahre bekommen. Das ist eine der effizientesten Verwaltungsstrukturen, die wir in Sachsen haben. Da wird gekürzt und stattdessen werden hochgradig ineffiziente Verwaltungsstrukturen geschont. Ich finde, dass überhaupt kein Plan erkennbar ist, wo der Verwaltungsabbau stattfinden soll. Hohe Verwaltungseffizienz ist außerordentlich wichtig; ein breites, hohes Bildungsniveau in Sachsen ebenfalls. Diese Bibliotheksstellen zu kürzen ist einfach nur absurd.
Wenn ich sage: Natürlich brauchen mündige Bürger auch Beratung, damit sie in der Lage sind, handlungsfähig zu sein, ihr Leben in die Hand zu nehmen, dann sind wir bei Sozialstationen, bei denen es darum geht, Menschen zu beraten, die ältere Menschen zu Hause pflegen. Dann sind wir bei Schwangerenkonfliktberatungen – ein ganz wesentlicher Punkt –, man möchte die Mütter ja vielleicht ermutigen, das Kind zu bekommen, aber auch das will getan sein.
Da sind wir natürlich auch bei der Frage von Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Jetzt wird es spannend. Sie haben das betont. Sie haben betont, wie wesentlich es gerade auch für Akademikerinnen ist, dass sie Beruf und Familie vereinbaren können, damit beides möglich ist. In der Haushaltsberatung haben wir einen entsprechenden Vorschlag gemacht, das so genannte Wiedereinstiegsprogramm, das Akademikerinnen die Möglichkeit geben soll, nach der Babypause wieder in die akademische Laufbahn einzusteigen. Es war nicht möglich, das umzusetzen. An der Summe hat es nicht gelegen, das wissen Sie so gut wie ich. Wenn Sie es ernst meinen und sagen, Sie wollen die Frauen, die Akademikerinnen einbeziehen, dann müssen Sie auch entsprechende Schritte tun. Nur für gute Worte werden die Frauen nicht alles übernehmen, was der Staat inzwischen mehr und mehr ins Private auslagert. Das halte ich für falsch. Diese Denkhaltung müssen Sie ablegen. Es funktioniert nicht, eine Scheinsicherheit zu schaffen und den Frauen in diesem Lande sozusagen das persönliche Glück anzubieten, aber nicht darauf zu achten, welche Handlungsoptionen sie haben, wenn das persönliche Glück einmal nicht funktioniert. Das hat sehr viel mit Kindererziehung und Kinderbetreuung zu tun. Das Kind ist meistens 18 Jahre an die Frau gebunden und nicht an den Mann. Wenn Sie solche Fragen nicht beantworten, dann können Sie auch nicht erwarten, dass es funktioniert.
Jetzt sind wir noch einmal bei dem Thema Bildung. Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie man etwas mehr Lehrerstellen erhalten könnte, als jetzt vorgesehen sind. Das würde bedeuten, dass man die Angestellten im öffentlichen Dienst der Verwaltung auch in der Stundenzahl absenkt. Der Rahmentarifvertrag lässt das zu. Warum gilt das Recht, das den Lehrern angedroht wird, nicht auch für Angestellte im öffentlichen Dienst? Die