Protocol of the Session on April 19, 2005

Da wundere ich mich überhaupt nicht. Aber diese Abstimmungsniederlage, die wir wahrscheinlich gleich erleiden werden, ist nicht sonderlich schmerzlich, denn wir haben ja gehört, dieser Untersuchungsausschuss wird kommen.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, PDS)

Herr Dr. Hahn, was überflüssig ist und was nicht, da weiß ich nicht, ob Sie das allein entscheiden. Wir haben diese Problematik erkannt, da haben Sie noch tief und fest geschlafen. Da haben Sie sich vielleicht geärgert. Das mag sein. Das ist aber nicht mehr zu ändern.

Wichtig ist auf alle Fälle, dass dieser Untersuchungsausschuss kommt. Es sind noch so viele Dinge ungeklärt, zum Beispiel – was auch im Landespressespiegel abgedruckt war, wie Ihnen bekannt sein dürfte –, dass der

ehemalige Ministerpräsident Biedenkopf unter anderem mit der Aussage zitiert wird, dass er mehrfach seinen Nachfolger Milbradt über die Sachsen LB und auf die Fragwürdigkeit der nachträglich vom Oberlandesgericht Dresden für rechtswidrig erklärten Kapitalerhöhungen bei der MDL hingewiesen hat. Es gibt noch mehr Ungereimtheiten, die ich jetzt aufgrund der Begrenztheit der Redezeit nicht mehr anführen kann. Auf alle Fälle ist festzustellen: Weitere Bauernopfer werden Ihnen, meine Damen und Herren von der Sächsischen Staatsregierung, auch keine Entlastung mehr bringen. Ich hoffe nun wirklich, dass es endgültig zu einer Aufklärung um diese ganze Sache kommt.

Aber dieses Rumgeeiere von der PDS ist wirklich interessant und macht Spaß. Als Politik kann man das nicht mehr bezeichnen. Das ist für mich nicht Politik. Sie gehören nicht in die Kategorie Politiker, sondern Sie sind Patient und ein Fall für Dr. Müller.

(Beifall bei der NPD – Zuruf von der PDS: Unverschämtheit! – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Sächsische Landtag hat gemäß Artikel 54 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes das Recht und bei Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Der vorliegende Antrag, Drucksache 4/1266, wurde von der Fraktion der NPD gestellt. Eine Pflicht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist damit nicht gegeben. Der Landtag muss einen förmlichen Beschluss über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fassen. Wir kommen deshalb zur Abstimmung.

(Uwe Leichsenring, NPD, meldet Redebedarf an.)

Herr Präsident! Ihre Schriftführer gucken zwar, aber informieren Sie nicht, wenn es Wortmeldungen gibt. Ich möchte für meine Fraktion namentliche Abstimmung beantragen.

(Lachen bei der CDU – Uwe Leichsenring, NPD: Dickschen Sie doch nicht gleich! – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Herzlichen Dank, dann kann ich beweisen, dass ich nicht mit der NPD gestimmt habe! – Uwe Leichsenring, NPD: Das scheint Ihnen wichtig zu sein, Herr Porsch! – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das ist mir wichtig! – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Wir beginnen mit der Abstimmung.

Wir beginnen mit dem Buchstaben A.

(Namentliche Abstimmung – siehe Anlage)

Ich bitte um ein klein wenig Geduld, bis das Abstimmungsergebnis festgestellt ist.

(Kurze Unterbrechung)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich Ihnen das Ergebnis bekannt gebe, bitte ich bei zukünftigen Abstimmungen, dass die Abgeordneten sich deutlich äußern. Es hat einige Differenzen gegeben. Eine Frage war zum Beispiel, ob sich der Abg. Grapatin geäußert

hat. Das hat hier vorn niemand gehört. – Gut, dann ändert sich das Ergebnis noch einmal um eine Stimme. Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Für den Antrag haben elf Abgeordnete gestimmt, gegen den Antrag 103 Abgeordnete. Damit hat der Landtag dem Einsatz des Untersuchungsausschusses nicht zugestimmt und dieser Untersuchungsausschuss ist auch nicht eingesetzt. Der Tagesordnungspunkt ist beendet. Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Haushalte 2005 und 2006 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz 2005 und 2006)

Drucksache 4/0609, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/1251, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zu einer allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die Fraktion der CDU, es folgen PDS, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Die Debatte ist eröffnet. Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Albrecht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Auftakt der Haushaltsdebatte eine Rechtsbereinigung durchzuführen, die technisch Haushaltsbegleitgesetz genannt wird, ist auch im Freistaat mittlerweile zu einer Tradition geworden.

Ich erinnere mich an heftige Diskussionen, die in diesem Haus anlässlich solcher Gesetze stattgefunden haben. Rein gesetzestechnisch ist ja auch das FAG eine Art Haushaltsbegleitgesetz. Denn damit werden die Ausgabenpositionen des Kapitels 15 30 festgelegt. Diese Hausaufgabe haben wir bereits vor einigen Wochen erledigt und unsere Kommunen haben damit Planungssicherheit.

Fragt man nun im Lande herum, was es mit dem aktuellen Haushaltsbegleitgesetz auf sich hat, so wird man etwas enttäuscht Achselzucken, betretenes Schweigen, fragende Gesichter erleben. Aufregende Schlagzeilen habe ich zumindest keine gelesen. Kann man es also sein lassen und unter der Überschrift Gesetzestechnik, Juristenkram oder was auch immer zusammenfassen? – Ich denke nicht, meine Damen und Herren. Denn das diesjährige Haushaltsbegleitgesetz hat zwei ganz zentrale Botschaften.

Erstens. Die Strukturreformen in der Verwaltung – hier der Forstverwaltung – werden Schritt für Schritt umgesetzt und den neuen Erfordernissen angepasst. Res publica semper reformanda – so könnte man in Abwandlung eines bekannten Zitates dazu sagen.

Zweitens. Es ist Schluss mit dem Verschieben von Personallasten auf künftige Generationen. Mit dem neu eingerichteten Pensionsfonds werden erstmalig sämtliche Pensionsaufwendungen für eingestellte Beamte im Zeitpunkt ihres aktiven Dienstes bezahlt.

Neben diesen Kernbotschaften gibt es auch zusätzliche positive Veränderungen im Bereich der kommunalen Investitionspauschale und der Landespauschale zur Deckung der Betriebskosten in Kindertageseinrichtungen.

Ein Staatsschiff zu steuern, meine Damen und Herren, ist gewiss etwas anderes, als ein wendiges Segelboot zu lenken, das sich mit wenigen Handgriffen den entsprechenden Windverhältnissen anpassen lässt und dabei noch spektakuläre Fernsehbilder liefert. Ein Staatsschiff ist eher mit einem Tanker vergleichbar, der auch bei Wind und Wetter unterwegs sein muss und sich frühzeitig auf Kursänderungen einzustellen hat. Dass er dabei handlungsfähig bleiben soll, ist notwendig und auch für jeden einsichtig. Der Staatstanker Sachsen wird durch seine weitsichtigen Kapitäne, wie wir meinen, erfolgreich gesteuert.

(Dr. André Hahn, PDS: Weitsichtig?!)

Das gilt, allen Unkenrufen zum Trotz, auch für die Verwaltungsreform.

Ich erinnere an die Einführung der Zweistufigkeit der Bau- und Liegenschaftsverwaltung im Geschäftsbereich des SMF vor einigen Jahren. Ich denke an die Eingliederung der Gewerbeaufsichtsämter und der Staatlichen Umweltfachämter zum 1. Januar 2005 in die Regierungspräsidien. Ich denke an die kurz vor dem Abschluss stehende Polizeistrukturreform, auf die wir mit Sicherheit im Laufe der Haushaltsdebatte noch zu sprechen kommen werden. Ich denke aber auch an die seit Jahren stattfindende schmerzliche und doch unvermeidliche Straffung des Schulnetzes.

Meine Damen und Herren! Verwaltungsreform lässt sich eben nicht auf die Frage reduzieren: Brauchen wir Regierungspräsidien oder nicht? Sie fand in den letzten Jahren kontinuierlich statt. Sie wird ein Schwerpunkt der laufenden Wahlperiode sein. Ein Baustein hierfür ist die Gründung des Staatsbetriebes Sachsenforst, in den die gesamte Forstverwaltung überführt wird.

Neben größerer Flexibilität versprechen wir uns davon mittelfristig eine Zuschusssenkung von 10 Millionen Euro jährlich. Auch dies ist ein Beitrag zur notwendigen Haushaltskonsolidierung. Sachsen ist und bleibt handlungsfähig und packt die notwendigen Dinge im Land an, auch und gerade, wenn sie unbequem sind. Das ist die Botschaft des Haushaltsbegleitgesetzes.

Dass der Begriff Nachhaltigkeit oder der Bewahrung der Schöpfung nicht nur für Natur und Umwelt, sondern auch für unsere materiellen Lebensgrundlagen gilt, ist eine Erkenntnis, die sich mehr und mehr durchsetzt. Immer mehr Menschen erkennen, dass die Politik der ungedeckten Schecks nicht nur verantwortungslos ist, sondern eine Sünde an künftigen Generationen.

Alle noch so schönen Theorien von antizyklischem Verhalten und sonstige philosophische Ergüsse sind durch die Praxis der Politik widerlegt worden. Es gab immer genug Ausreden, um von notwendigem solidem Wirtschaften abzusehen. Die Zeche bezahlen wir schon heute mit Unsummen von Zinsausgaben, maroden Sozialsystemen, steigenden Steuern sowie Abgaben, und das bei einer stagnierenden Wirtschaft.

Markenzeichen sächsischer Finanzpolitik war und bleibt daher das Motto „Rückführung der Neuverschuldung bei möglichst hoher Investitionsquote“. Ich bin froh und dankbar, dass diese auch bei dem vorliegenden Doppelhaushalt erreicht wird. Sachsen hat neben Bayern als einziges Land die Chance, tatsächlich in absehbarer Zeit die Neuverschuldung auf null zu senken. Die klare politische Botschaft lautet auch hier: Wo ein Wille ist, ist auch eine Lösung machbar.

Die Schuldenfalle, in die viele unserer Nachbarländer bereits getappt sind, ist nichts anderes als der fehlende politische Wille – unabhängig von der jeweiligen politischen Führung –, der Bevölkerung unbequeme Wahrheiten auch wirklich zu sagen. Dies wird sich bitterböse rächen. Leicht abgewandelt passt dazu ein Zitat von Henry Ford: Ruhm verdampft, Beliebtheit schwindet, Reichtum macht sich davon, nur eins bleibt: Schulden.

Unsere Leitlinie heißt dagegen: Wir haben die Welt von unseren Kindern und Enkeln geborgt. Damit verbietet es sich, heute auf Kosten anderer zu leben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Zwischenfrage, Herr Kollege!

Genau dieses Nein zum Leben auf Kosten anderer ist Kern von Artikel 1 des Haushaltsbegleitgesetzes, des neuen Finanzierungsfondsgesetzes, mit dem erstmalig sämtliche Pensionsaufwendungen für neu eingestellte Beamte während ihrer laufenden Dienstzeit vollständig bezahlt werden. Bislang ist es üblich, die Beamtenpensionen aus dem laufenden Haushalt zu bezahlen – ein Sprengsatz für viele Haushalte in Bund und Ländern, der vergleichbar ist mit den Schwierigkeiten der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Unterschied besteht nur darin, dass Löcher in der Rentenversicherung überwiegend vom Beitragszahler gestopft werden, während für Beamtenpensionen alle Steuerpflichtigen herangezogen werden.

Meine Damen und Herren! An diesem Beispiel wird deutlich: Sünden der Vergangenheit holen uns unbarmherzig ein. Die expansive Personalpolitik in Deutschland seit den siebziger Jahren führt eben zu dramatisch steigenden Pensionslasten, für die keine Vorsorge getroffen wurde. Jedes Unternehmen, jede Firma würde ein solches Verhalten von seinem Wirtschaftsprüfer vorgehalten bekommen, nur bei Vater Staat gehen die Uhren bisher anders. Kein Wunder, dass das Vertrauen in politische Institutionen angesichts solcher Handlungen sinkt!

In verschiedenen Bundesländern wurden ganze Verwaltungszweige eines kurzfristigen finanziellen Vorteils wegen gezielt vom Angestellten- in das Beamtenverhältnis überführt. Die eingesparten Sozialversicherungsbeiträge wurden in konsumtive Ausgaben gesteckt. Heute wissen diese Länder nicht mehr, wie sie ihre Haushalte schließen sollen.

Einstellige Investitionsquoten und das drastische Zusammenstreichen freiwilliger Aufgaben sind die Anfänge der unvermeidlichen Folgeerscheinungen. Das alles war im Prinzip absehbar und darf eigentlich niemanden überraschen.

Der Freistaat Sachsen geht auch hier bewusst einen anderen Weg. Nur ein knappes Drittel der Landesbediensteten steht im Beamtenverhältnis und übt klassische verwaltliche Tätigkeiten aus. Der überwiegende Teil – und das sind insbesondere die Lehrer – sind bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern keine Beamten, sondern Angestellte. Finanzpolitisch heißt das, der Staat bezahlt Sozialversicherungsbeiträge wie jeder private Arbeitgeber auch. Pensionslasten, die später die Allgemeinheit zu tragen hat, fallen nicht mehr an.