Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Pünktlich zu Beginn des Europäischen Jahres der Kreativität und Innovation liegt erstmals in Sachsen ein Kulturwirtschaftsbericht vor.
Herr Külow, Sie sagten, wir seien die Vorletzten. Ich würde es so ausdrücken: Wir waren nicht die Ersten, und wir sind auch nicht die Letzten. Es liegt nun etwas vor. Dank des SMWA und des SMWK sowie aufgrund der guten Zusammenarbeit dieser beiden Ministerien kann sich dieser Bericht von der Qualität her sehen lassen. Sachsen ist eine traditionelle Kulturregion. Somit ist auch die Kultur- und Kreativwirtschaft stark vertreten. Eine Datengrundlage, die alle Teilmärkte dieses Wirtschaftsbereichs umfasst, fehlte bislang. Der vorliegende Bericht schließt diese Lücke, indem er die verfügbaren Daten auf vergleichbarer Basis zusammenführt. Damit wird die Kultur- und Kreativitätswirtschaft in Sachsen als eigenständiger Wirtschaftszweig begriffen und gestärkt.
Die Zahlen, die der sächsische Bericht liefert, sprechen für sich. Bezogen auf den Anteil des Umsatzes der Kultur- und Kreativwirtschaft an der Gesamtwirtschaft nimmt Sachsen im Ländervergleich im Jahre 2006 immerhin einen stolzen vierten Platz ein. Oder anders formuliert: Zwischen 2000 und 2006 wuchs die Zahl der Unternehmen in der Kultur- und Kreativwirtschaft um 17 %, und das trotz der Entwicklungen, Herr Dr. Külow, die Sie gerade dargestellt haben. Insbesondere Kleinstunternehmen drängen weiter auf den Markt. Die sächsische Kreativbranche ist nicht nur ein großer Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein sich ständig entwickelnder Markt.
Sehr geehrte Damen und Herren! So können wir aus dem Kulturwirtschaftsbericht erfahren, dass der Anteil des Kunstmarktes an der Kulturwirtschaft 7 % beträgt. Wir wissen, dass die Bildende Kunst traditionell ihre Wurzeln in Dresden hat und sich in Leipzig die Neue Leipziger Schule entwickelte, die maßgeblich zur internationalen Bekanntheit Sachsens auf diesem Gebiet beitrug. In Dresden gibt es die meisten Betriebe der Software- und Computerspieleindustrie – das sagten schon meine Vorredner –, aber auch das Erzgebirge kann man erwähnen. Es belegt den zweiten Platz im sächsischen Pressemarkt und weist einen starken zusätzlichen Teilmarkt des Kunsthandwerks auf.
Der Buchmarkt hat seine Tradition in Leipzig, nicht zuletzt durch die Leipziger Buchmesse. Hoffen wir, dass hier die Entwicklungen wieder in die positive Richtung gehen. Demzufolge gibt es auch in Leipzig die meisten Verlage.
Der Kulturwirtschaftsbericht gibt ebenfalls einen Einblick in die Bedeutung, die die öffentliche Kulturförderung für die Entstehung und Entwicklung eines privatwirtschaftlichen Marktes hat. Ein Beispiel dafür ist das Kulturraumgesetz. Das Kulturraumgesetz sichert nicht nur Kultur in der Fläche, sondern schafft gleichzeitig die Voraussetzungen für die Entwicklung von Akteuren im privatwirtschaftlichen Sektor.
Kurzum: Die Wechselwirkungen zwischen dem Raum der öffentlichen Kulturförderung, der Kreativwirtschaft und dem gemeinnützigen Kulturbereich sind äußerst vielseitig. Die Frage ist nun: Was nützt ein Kulturwirtschaftsbericht, und was folgt daraus? Meine Vorredner haben gesagt, dass sie das in einem zweiten Beitrag darstellen wollen, ich möchte das gleich an dieser Stelle tun.
Ich denke, es ist ein großes Verdienst des Kulturwirtschaftsberichtes, dass wir uns der Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen überhaupt erst einmal bewusst werden. Mir selbst war nicht klar, dass gerade in diesem Bereich sehr viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte tätig sind, dass wir dieses Bewusstsein mit quantitativen Zahlen belegen und untersetzen können und dass wir damit das Thema Kultur- und Kreativwirtschaft als einen ernst zu nehmenden Wirtschaftszweig in die öffentliche Diskussion tragen – Herr Dr. Gerstenberg hat dies auch schon erwähnt. Genau das ist der Sinn und Zweck dieses Berichts, das in die öffentliche Wahrnehmung zu transportieren.
Der Kulturwirtschaftsbericht liefert einen ersten quantitativen Einblick in die Struktur einzelner Branchen, und dies muss auch qualitativ fortgeschrieben werden. Die Handlungsempfehlungen können hierbei nur erste Ansatzpunkte bieten. Wenn man sich die Handlungsempfehlungen ansieht, dann tauchen quer durch alle Teilmärkte drei Begriffe auf: Vernetzung, Kooperation und Information.
So scheint die Kreativwirtschaft, insbesondere wenn es sich um Kleinstunternehmen und um Freischaffende handelt, wenig Kenntnis von den weitgefächerten Fördermöglichkeiten zu haben. Auf der Seite der Förderer gibt es häufig eine unzureichende Sensibilität für die Besonderheiten der Branche. Genau hier kann der Kulturwirtschaftsbericht einen Beitrag zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses leisten.
Der Forschungsbericht der Bundesregierung kommt in seiner Analyse der Rahmenbedingungen zu dem Ergebnis, dass eine stärkere Vernetzung notwendig ist. Mit Vernetzung ist hierbei sowohl die informelle Anbindung an die Verwaltungen gemeint als auch eine Vernetzung der Teilmärkte untereinander und mit anderen Teilmärkten.
Ich komme gleich zum Ende. – Ob hierfür die vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon öfter geforderte zentrale sächsische Anlaufstelle notwendig ist, müssen wir klären. Wenn ja: Wie sollte diese aussehen? Wie soll die kommunale Verankerung sinnvoll geschehen? Welche Hemmnisse gibt es, sich an bestimmten Fördermittelprogrammen zu beteiligen?
Das alles sind Fragen, deren Beantwortung wir in den nächsten Monaten vornehmen sollten. Zur Beantwortung dieser Fragen bedarf es des Gesprächs mit den Akteuren der einzelnen Teilbranchen und der Abstimmung zwischen den Ministerien.
Ja, das ist mein letzter Satz. – Dieser zweite qualitative Schritt muss sich dem ersten Schritt, nämlich der quantitativen Analyse, anschließen. Darauf sollten wir unsere Kräfte konzentrieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kultur und Wirtschaft schienen lange Zeit Bereiche zu sein, wie sie kaum gegensätzlicher hätten sein können. Schnittmengen gab es lediglich dort, wo Unternehmer in Konkurrenz oder als Ergänzung zum Staat als Mäzenaten auftraten, Maler, Architekten, Bildhauer, Musiker und Autoren förderten und diese repräsentativen Werke schaffen ließen.
Dass Kultur, Kreativität und Wirtschaft eng miteinander verflochten sein können, weist der nun von der Staatsregierung Mitte März vorgestellte Erste Sächsische Kulturwirtschaftsbericht 2008 nach. Neu ist dies allerdings nicht, und nicht zu Unrecht wurde darauf hingewiesen,
Wir haben die mit Stolz vermeldeten Zahlen vernommen, dass circa 31 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der sogenannten Kreativwirtschaft arbeiten, also mehr als in der Bekleidungs- und Chemieindustrie und selbst in der Autoindustrie, dass die Umsätze seit dem Jahr 2000 ständig wuchsen und dergleichen Erfolgsmeldungen mehr.
So schön, wie das ist, meine Damen und Herren, so ersetzen diese kulturellen und kreativen Arbeitsplätze dennoch nicht den produzierenden Sektor, zum Beispiel den sächsischen Maschinenbau oder die hiesige Automobilindustrie und schon gar nicht die Landwirtschaft.
Dennoch lohnt es sich, über Fördermöglichkeiten auch in diesem Sektor nachzudenken, zumal das im Kulturwirtschaftsbericht gezeichnete Bild auch Schattenrisse hat, die von der Regierung nicht angesprochen worden sind. So ist es eben kein Fortschritt, wenn sich die Zahl der Arbeitsplätze mit abhängigen Beschäftigten zugunsten einer wachsenden Zahl sogenannter Selbstständiger verringert. Denn gerade im Berufsfeld der Autoren, Verleger, Maler, Filmemacher, Journalisten, Musiker usw. ist dem Bericht nicht nur zu entnehmen, dass Unternehmen wie auch Angestellte unterdurchschnittlich verdienen, gerade dort ist Selbstausbeutung durch lange Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung festzustellen. Das Einzelkämpferschicksal geht für viele sogenannte Freiberufler an die Grenze des Existenzminimums. Manchmal bedeutet das beim Wettlauf an die Fördertöpfe von Kommunen, Land und anderen Institutionen die Aufgabe des eigenen Profils.
Das alles ist nicht neu. Es ist leider seit Jahrhunderten das Schicksal von Künstlern, dass sie von der Gesellschaft als unangepasste Individualisten wahrgenommen werden, ihre Leistungen oft nicht messbar waren, den Verständnishorizont der Menschen sprengten und dadurch kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten, auch wenn nicht alle das Schicksal eines Johann Sebastian Bach oder van Gogh teilen.
Die Zeit, um über eine aktive finanzielle Förderung oder eine Verankerung von Ansprechpartnern in den Behörden und damit neue Stellen zu reden, ist natürlich gegenwärtig denkbar ungünstig. Vielleicht sind dafür auch die Interessen, die Arbeitsbereiche und die Bedürfnisse der verschiedenen Kreativen zu unterschiedlich.
Alle anderen Berufsgruppen – von Bankern bis zu Autobauern – überschlagen sich im Ruf nach Staatshilfen. Diesen Menschen und Branchen muss natürlich der Staat zunächst unter die Arme greifen; denn es ist für den Freistaat Sachsen unverzichtbar, die verbliebenen Industriekapazitäten und Arbeitsplätze zu sichern.
Dennoch sollte schon jetzt begonnen werden, den Bereichen Unterstützung zu gewähren, in denen keine hohen Kosten entstehen, aber vielleicht doch wichtige Hilfestellungen gegeben werden können, zum Beispiel mit der
Bereitstellung von Ausstellungsflächen, bei der Umwandlung von Industriebrachen in unabhängige Ateliers und andere Arbeitsorte für Künstler, Musiker usw.
Vielleicht kann man auch mehr tun im Bereich der Außenwerbung der sächsischen Hochschulen, denn gerade die sächsischen Hochschulen bieten viele verschiedene Studiengänge im Bereich der Kulturwirtschaft wie kaum ein anderes Bundesland.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte um die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland hat inzwischen eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erreicht. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Kultur für unsere Gesellschaft ist das auch mehr als berechtigt.
Sowohl das öffentliche als auch das private Engagement für die sächsische Kulturlandschaft trägt zu einer einzigartigen Angebotsvielfalt in unserem Land bei. Schon lange ist Kultur nicht nur ein Imagefaktor, sondern kann als eigenständiges Wirtschaftsfeld begriffen werden. Ein eigenständiger Kulturwirtschaftsbericht für Sachsen ist dafür gerechtfertigt.
Doch wenn es um den ersten sächsischen Kulturwirtschaftsbericht geht, trifft es den Titel der heutigen Aktuellen Debatte recht gut. Wir könnten die Diskussion auch so einleiten: Schöne Worte statt klarer Taten. Oder noch besser: Kulturwirtschaftsbericht – mehr Schein als Sein.
Der Bericht ist, kurz gesagt, ein Sammelsurium umfangreicher Zahlen über Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft, Zahlen aus statistischen Erhebungen auf teurem Papier hübsch zusammengestellt. Es ist ein wahres Trauerspiel. Ein fast 80 000 Euro teurer Bericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen wurde sowohl vom Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit als auch vom Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf den Tisch gelegt. Jetzt wissen die Auftraggeber nichts damit anzufangen.
Wie eine Kleine Anfrage, Drucksache 4/15078, Frage 1, ergeben hat, sollen die rund 40 Handlungsempfehlungen, die der Bericht enthält, zunächst einmal sukzessive analysiert und geprüft werden. Das ist ein Beleg für die komplette Ahnungslosigkeit und ein Zeugnis dafür, dass Wirtschafts- und Kulturministerium im Dunkeln tappen.
Wie lange gedenken Sie zu prüfen? Es hat vielmehr den Anschein, als ob Sachsen unbedingt mit den anderen Bundesländern nachziehen will, die bereits seit Längerem Kulturwirtschaftsberichte vorlegen. Um den tatsächlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wert der Kulturbranche aufzuzeigen, bedarf es mehr als nur der Aneinanderreihung statistischer Erhebungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, interessant wären doch vielmehr Aussagen darüber, zu welchen wirtschaftlichen Effekten öffentliche Kulturausgaben in Sachsen führen bzw. wie hoch die Kulturrendite ist.
Auch die Bedeutung des Kulturtourismus für Sachsen wird unserer Meinung nach nur knapp im Exkurs angeschnitten. Zu kurz kommt der Aspekt der Kulturförderung als aktive Wirtschaftsförderung. Was Sie mit dem Bericht machen, ist, politisches Interesse vorzugaukeln, genau wie bei dem Debakel um die Finanzierung des Zweckverbandes Sächsischer Industriemuseen. Wirkliche Unterstützung bieten Sie nicht an.
Dabei gibt es einiges zu tun. Die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft haben die gleichen Probleme wie all die anderen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Sachsen. Auch sie müssen im unternehmerischen Alltag mit überbordender Bürokratie und ständig steigenden finanziellen Mehrbelastungen kämpfen. Staatlich vorgeschriebene Auflagen oder aufwendige Nachweispflichten erschweren die Arbeit und kosten Zeit – Zeit, in der ein Künstler nicht kreativ sein kann. Wer die Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützen will, der muss sich für Entlastungen starkmachen und den Bürokratieabbau vorantreiben. Dafür steht die FDP-Landtagsfraktion.
Aber es gibt auch Probleme, die die Kulturbranche direkt betreffen. So gibt es ein erhebliches Informationsdefizit bei den Kulturschaffenden und Kreativen hinsichtlich bereits bestehender Fördermöglichkeiten. Das Einzige, was das Wirtschaftsministerium dazu beizutragen hat, ist eine Internetseite. Das ist nicht ausreichend. Oder sind Sie tatsächlich der Meinung, dass ein Künstler sich bei der Sächsischen Aufbaubank über bestehende Fördermöglichkeiten aufklären lässt? Nein, der typische Künstler oder Kulturschaffende wendet sich an seinen Kulturraum, die Kulturstiftung oder an einen der zahlreichen, engagierten Vereine bzw. Stiftungen.
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag fordert daher, die bereits bestehenden Förderinstrumente besser zwischen der Kultur- und Wirtschaftsförderung abzustimmen. Wer die Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützen will, muss auch Taten folgen lassen.