Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin und Kollegen der FDP-Fraktion, wenn Sie Ihrer Absicht, künftig Koalitionspartner der CDU sein zu wollen, eine gewisse Glaubwürdigkeit verleihen möchten, dann sollten Sie sich abgewöhnen, gleichzeitig aufs Gas und auf die Bremse zu treten.
Der in Rede stehende Gesetzentwurf ist wieder einmal eines der typischen Beispiele des irrationalen Verhaltens der FDP.
Herr Herbst hat es eben gesagt: Ziel des Gesetzentwurfes ist die Streichung des Termins 31.12.2014 aus § 4 Abs. 6 des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes für die vollständige Umstellung von analoger zu digitaler Hörfunkübertragung. Die FDP muss sich – trotz aller Beteuerungen –
fragen lassen, ob sie den technischen Fortschritt bekämpfen und Deutschland im internationalen Vergleich abhängen will, indem Rundfunkübertragungsstandards in Zeiten knapper Frequenzen konserviert und Innovationen der Endgeräteindustrie ausgebremst werden. Das ist ein Armutszeugnis für die sogenannte Wirtschaftspartei FDP.
Meine Damen und Herren! Mit dieser Maxime hätte sich die FDP womöglich vor Jahrzehnten auch gegen die Einführung des Farbfernsehens, des Internets, der Video-, PC-, CD- und DVD-Technik oder des Handys gestellt.
Zur Begründung Ihrer neuerlichen Populismusattacke führt die FDP-Fraktion an, dass mit der Digitalisierung des UKW-Hörfunks mehrere Millionen analoger Radios unbrauchbar würden, – –
was nicht nur den Bürger belaste, sondern auch den Rundfunkanbietern aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten sei. – Nun gestatte ich die Zwischenfrage.
Wenn Sie der Auffassung sind, dass der Staat technologische Meilensteine vorschreiben soll, sind Sie dann analog – im Bereich der Verlagshäuser und Zeitungen – auch der Meinung, dass wir als Staat vorschreiben müssten, auf welcher Art von Druckmaschinen oder auf welcher Art von Papier Zeitungen und Magazine gedruckt werden sollen?
Wenn Sie mal in die Verlegenheit kommen sollten, an einer Regierung beteiligt zu sein, dann müssen Sie sich angewöhnen, dass Sie auch der Bevölkerung Ziele vorgeben und eine Wegbegleitung in Gang setzen sollten. Jetzt können Sie immer noch sagen: Ich höre auf das Volk und rede ihm nach dem Maul. Dann müssen Sie sagen: Wir wollen etwas erreichen, dafür stellen wir auch bestimmte politische Ziele vor und werben für diese Ziele.
Ich bin mit meiner Rede ohnehin gleich am Ende. Wegen der fortgeschrittenen Zeit und der noch sehr umfangreichen Tagesordnung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, will ich dazu nur so viel sagen: Die Bürgerinnen und Bürger können beruhigt sein, die Koalition lässt die UKW-Rundfunkteilnehmer nicht im Regen stehen. Sie stellt sich aber dem technischen Fortschritt auch nicht in den Weg. Den analogen UKW-Rundfunk wird es voraus
sichtlich noch 2020 oder 2025 geben, zumindest parallel zur digitalen Verbreitung. An eine Abwrackprämie für das Küchendampfradio ist nicht gedacht.
Was sonst noch zur Begründung und zur Ablehnung des Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion zu sagen wäre, gebe ich hiermit zu Protokoll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Deutschland gibt es circa 300 Millionen UKW-Radios. Auf Sachsen heruntergerechnet, sind das circa 15 Millionen UKW-Radios. Sicherlich kann man sagen, dass wir mit Ende des Jahres 2014 einen Umstieg von UKW auf Digitalrundfunk vornehmen wollen. Herr Hähle, wenn man das machen will, kann man aber nicht sagen, man will weiterhin parallel UKW betreiben; denn Sie müssen sagen, in welchen Frequenzbereichen Sie das machen wollen. Ist es nicht sinnvoller, von einem Tag zum anderen – zum Beispiel in Sachsen – von UKW auf Digitalrundfunk umzusteigen? In Berlin wurde so etwas im Fernsehbereich gemacht. Die analogen Frequenzen wurden von einem Tag zum anderen abgeschaltet und dann wurde alles auf DVB-T ausgestrahlt.
Sicherlich haben wir ein Problem. Wenn Sachsen das zum 1. Januar 2015 machen würde, könnte es sein, dass wir in Sachsen-Anhalt oder in Thüringen mit den hiesigen Empfangsgeräten keinen Rundfunk mehr empfangen. Wir hätten das gleiche Problem in Polen, in Tschechien und vielleicht auch in Frankreich. Das macht deutlich, dass wir einen Umstiegstermin für den digitalen Rundfunk in Deutschland brauchen. Diesbezüglich ist die Staatsregierung gefordert, einen solchen Umstiegstermin zu finden.
Wir müssen noch ein Stück weiter denken. Alle brauchen dann neue Empfangsgeräte. Jeder mag nachschauen, wer nicht alles im Wohnzimmer oder im Arbeitszimmer ein Empfangsgerät hat. Wir brauchen die Sicherheit, wann der Umstieg ist. Dann wissen wir auch, wie viele Geräte produziert werden müssen. Wenn die Industrie weiß, wie viele Geräte zu produzieren sind, wird sie sehr schnell viele preiswerte Geräte produzieren können. Das wäre letztlich auch eine Wirtschaftsförderung, die Sie in Deutschland vorantreiben könnten.
Den, der darauf verweist, dass es Leute gibt, die nicht das Geld haben, sich diese Geräte zu kaufen, verweise ich auf Amerika. Die dortige Regierung hat unter Obama ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt, sodass sich auch diejenigen, die kein Geld haben, ein entsprechendes Empfangsgerät leisten können.
Vorzuwerfen ist der FDP, dass die Gesetzesüberschrift täuscht. Es ist kein Gesetz zum Übergang vom analogen zum digitalen Hörfunk, sondern es ist ein Gesetz, beim analogen Rundfunk zu bleiben. Andererseits kann man auch sagen, dass es ein Neustart ist, um deutschlandweit, europaweit einen einheitlichen Umstieg auf den Digitalrundfunk zu schaffen. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. – Das wird nicht gewünscht. Dann frage ich die NPD-Fraktion. – Auch nicht. Dann bitte für die GRÜNEN Herr Dr. Gerstenberg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist ein typisches Beispiel für die Politik, die die FDP-Fraktion in diesem Landtag betreibt.
Dieser Gesetzentwurf ist eine Mischung aus Populismus und Lobbyismus. Er greift lobbyistisch die Forderung privater Rundfunkveranstalter auf und malt populistisch das Bild wertlos werdender UKW-Rundfunkempfänger an die Wand,
jedoch ohne sich mit den Folgen, mit den Konsequenzen oder mit anderen möglichen Lösungsansätzen auseinanderzusetzen.
Die FDP fordert, die Stichtagsregelung für den Umstieg von analoger zu digitaler Übertragungstechnik, die im Sächsischen Privatrundfunkgesetz auf den 31.12.2014 festgelegt ist, zu streichen. Ins Feld führt sie dabei, dass dies weder Veranstaltern noch Radiobesitzern zuzumuten sei. Die FDP-Fraktion führt aber nicht aus, wie sonst ein Übergang zur digitalen Technik ermöglicht werden könnte.
Auch die FDP-Fraktion, die sich gern als fortschrittlich und technikbegeistert gibt, wird möglicherweise wissen, dass die digitale Übertragungstechnik viele Chancen bietet und dass dem digitalen Rundfunk die Zukunft gehört.
Für den Hörfunk gilt das ganz besonders. Hörfunkangebote als mobiles und problemlos zu empfangendes Informationsmedium stehen in Konkurrenz zum Internet. Neue digitale Technologien können dazu dienen, sich stärker zu
positionieren. So ist es möglich, im Rahmen der Digitalisierung einen Dienstleistungsmehrwert zu erzeugen und über den reinen Audiotransfer noch weitere Informationskanäle zu nutzen. Rundfunk ist von herausragender Bedeutung in der Wissens- und Informationsgesellschaft. Die Programmvielfalt ist dabei unerlässlich. Gerade hierbei kann die Digitalisierung von Nutzen sein, weil sie es erlaubt, auf dem zur Verfügung stehenden Frequenzspektrum mehr Dienstleistung und eine größere Anzahl von Programmen anzubieten.
Deshalb gilt es – im Gegensatz zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion –, die Hemmnisse zu beseitigen, die dem digitalen Hörfunk im Wege stehen und seine Akzeptanz schwächen. Im Gegensatz zur FDP-Fraktion interessieren uns GRÜNE nicht so sehr die privaten Rundfunkveranstalter, sondern eher die Radiobesitzer.
Kollege Herbst, wenn ich mich an Ihre Ausführungen im Ausschuss erinnere, dann mache ich mir keine Sorgen um diejenigen mit Autoradio, die angeblich plötzlich von Verkehrsinformationen abgeschnitten sind.
Auch wenn es Ihnen in der FDP-Fraktion mit Ihrem autozentriertem Denken schwerfällt und Sie es vielleicht nicht glauben mögen: Zum Radiohören gehören zwei Ohren und nicht unbedingt vier Räder.