Protocol of the Session on March 19, 2009

Sie suggerieren den Beschäftigten bei Qimonda, wenn Sie eine Sondersitzung des Landtages durchführen, werde dieses Unternehmen gerettet. Das ist nicht in Ordnung, und Sie sollten darüber nachdenken, ob Sie mit dem Mittel einer Sondersitzung genau das erzeugen wollen. Ich glaube nicht, dass so etwas sinnvoll ist und dazu beiträgt, dass Politik verstanden wird und Unterstützung findet.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Der zweite und dritte Teil ist genauso wichtig. In der Tat ist es so – dabei ist die Besonderheit herauszustellen –: Die FDP hat versucht, es mit dem Mittelstand zu begründen – was natürlich keine Wahlkampfrede war, selbstverständlich nicht. Niemand hält hier Wahlkampfreden, das ist klar, vor allem die FDP nicht.

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Sie haben das mit dem Thema Mittelstand versucht zu begründen, aber Sie haben es, glaube ich, immer noch nicht verstanden. Deshalb will ich es noch einmal sagen: Wir haben hier eine Besonderheit. Sie liegt darin, dass es europaweit keinen Konkurrenten gibt. Das heißt, es gibt einen Anbieter, dieser sitzt in Sachsen; und es geht um die Zukunft des Standortes in Sachsen, es geht aber auch um die Zukunft des gesamten Bereiches in Europa, und man muss erkennen, dass hier andere Maßstäbe angelegt werden müssen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn Sie sagen, es gehe darum, dem Mittelständler zu erklären, warum für den Mittelstand wenig fließt, für

Qimonda jedoch etwas fließen soll, dann müssten Sie mir einmal den Mittelständler nennen, der nichts bekommen hat, nachdem er auf der Basis unserer vielfältigen Förderrichtlinie einen Antrag gestellt hat und das Geld nicht abgeflossen ist, und welchen Grund es dafür gab. Das würde mich einmal interessieren.

Die pauschale Behauptung, der Mittelstand bekomme nichts und die Großen bekämen es hinterhergeworfen, ist einfach falsch. Die Dimension, mit der Sie das beschreiben, ist auch falsch.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn wir dieses Thema heute hier diskutieren, ist natürlich klar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter draußen vor der Tür und ihre Familien darauf warten, dass es ein Signal aus dem Sächsischen Landtag gibt. Dieses Signal – –

(Tino Günther, FDP, steht am Mikrofon.)

Herr Günther wartet auch auf ein Signal.

Eine Sekunde, bitte; diesen Satz möchte ich noch zu Ende führen. – Dieses Signal gibt es schon längst; denn vor über zwei Monaten haben bereits der Wirtschafts- und Arbeitsminister und die SPDFraktion ganz klar gesagt, was wir wollen. Das heißt, seit zwei Monaten ist klar,

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

dass sich der Wirtschaftsminister und der Ministerpräsident darum bemühen, eine Lösung zu finden. Deshalb ist die heutige Debatte nicht zielführend.

Herr Günther, bitte.

Herr Kollege Brangs, Sie haben soeben erwähnt, dass der Mittelstand auch gefördert wird. Darum geht es aber nicht. Meine Frage an Sie lautet: An welchem mittelständischen Betrieb, an welchem Handwerksbetrieb, dem es schlecht geht, hat sich der Freistaat Sachsen beteiligt?

Das ist nicht die Frage, die Sie stellen müssen.

(Ah-Rufe bei der FDP – Heiterkeit)

Nein, das ist nicht die Frage, die Sie stellen müssen. Sie müssen die Frage stellen: Ist es vertretbar, dass es bei der Größenordnung dieses Unternehmens, mit seiner Einzigartigkeit

(Zurufe von der FDP)

Moment mal, bitte –, des systemischen Ansatzes dieser Produktion gerechtfertigt ist, dass der Staat – weil es sich um Mittelständler handelt, die davon partizipieren – handeln muss oder nicht? Das ist die Frage. Parallel handeln wir ohnehin im Mittelstand. Das tun wir ohnehin.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Günther?

Später noch einmal, Herr Kollege. Lassen Sie mich zunächst fortfahren.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Worum geht es? Es geht darum, dass wir bei der Frage, wie wir jetzt weiter verfahren werden – das kann man durchaus ansprechen –, unterschiedliche Positionen haben. Ich denke, dass das in der Politik legitim ist. Wir haben einen Änderungsantrag zu unserem Antrag formuliert, in dem wir aus Sicht der SPD die Notwendigkeit sehen, als Übergangslösung – wohlgemerkt: als Übergangslösung – aufgrund der besonderen Bedeutung auch über staatliche Beteiligung nachzudenken.

Gleichzeitig haben wir gesagt, dass das nur geht, wenn ein schlüssiges und zukunftsfähiges Konzept vorliegt und wenn ein Businessplan eine Gesamtfinanzierung ermöglicht. Eines darf nicht sein: Wir dürfen nicht so tun, als könne der Staat einspringen, wenn es keinen Investor gibt. Wenn es keinen Investor gibt, können wir als Staat nicht handeln. Das ist doch ganz klar.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Aber gerade, weil es auch darum geht, den strategischen und unmittelbaren Vorteil des Standortes zu sichern, hätten wir uns das vorstellen können. Damit würden wir ein Signal hinsichtlich eines privaten Investors setzen und sagen: Wenn du mit deinem Geld kommst und hier investierst, ist der Freistaat auch unter besonderen Bedingungen bereit, seinen Anteil zu leisten. Das hätte sich die SPD-Fraktion gewünscht. Aber ich denke, das ist kein Geheimnis.

Natürlich müssen wir uns die Situation nicht nur bei Qimonda genauer ansehen und darüber nachdenken, welche Lösungen wir dafür haben; sondern wir müssen auch Konzepte für die vielen Firmen entwickeln, die im Umfeld von Qimonda ansässig sind. Natürlich brauchen wir Unterstützung für die Zulieferunternehmen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir diese mit den vorhandenen Programmen des Wirtschaftsministeriums finanziell unterstützen können. Das ist ganz klar. Im Kern geht es zunächst um 3 000 Beschäftigte bei Qimonda, aber im Gesamtbereich geht es um – die Zahlen sind unterschiedlich – circa 20 000 bis 30 000, die mit dranhängen. Also muss man sich auch darüber Gedanken machen. Ich denke, dass es klar ist, warum mein Kollege Dulig in diesem Zusammenhang von Transfergesellschaften gesprochen hat bzw. ihm unterstellt wird, dass er das gesagt hat.

Transfergesellschaften sind notwendig, weil wir hoch qualifiziertes Personal in diesem Bereich haben. Gerade dieses hoch qualifizierte Personal wollen wir in Sachsen halten. Das muss doch unser aller Interesse sein!

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Deshalb macht es Sinn, über Transfergesellschaften nachzudenken.

Vieles ist über die Zukunft von Silicon Saxony gesagt worden. Dem möchte ich nichts mehr hinzufügen. Wichtig ist noch einmal: Wir haben hier unter anderem einen Vorwurf an Wirtschaftsminister Jurk vernommen. Kollegin Hermenau hat gesagt, er oder ein Beauftragter müsse nach China reisen. Darauf sage ich Ihnen ganz ehrlich: Sie haben wirklich nicht verstanden, welche Aufgabe ein Insolvenzverwalter hat.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Wenn wir einen Insolvenzverwalter haben, dessen Job es ist, jemanden zu finden, der hier investiert, und der über 100 Firmen angeschrieben und den engen Kontakt zum Wirtschaftsministerium hat, dann können Sie doch nicht ernsthaft fordern, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit, bei der eine kleine Chance besteht, dass jemand kommt, sich der Wirtschaftsminister ins Flugzeug setzen und dorthin fliegen solle. Das ist die Aufgabe von Jaffé, und das tut er meiner Meinung nach auch.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Darum geht es doch nicht!)

Sie können doch nicht ernsthaft vorwerfen, dass der Wirtschaftsminister nicht nach China gereist ist. Der Insolvenzverwalter wird nächste Woche da sein und er wird die Gespräche führen. Ich gehe davon aus, dass es über all das mit dem Wirtschaftsminister ein Einvernehmen gibt.

(Staatsminister Thomas Jurk: Natürlich!)

Ich höre gerade „natürlich“. Davon bin ich auch ausgegangen. Wenn sich diese ersten Gespräche verdichten und es eine Chance gibt, dass der Investor hierher kommt, dann wird der Wirtschaftsminister nach China reisen. Daran kann es doch nicht liegen. Aber man muss doch erst einmal sehen, wer hier welchen Job hat.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Zais?

Bitte schön.

Persönlich an Sie, Herr Brangs: Mit welcher Botschaft wird der Insolvenzverwalter nächste Woche nach China fahren? Er hat einen Brief an die Staatsregierung geschrieben. Was würden Sie denn sagen?

Er reist mit der Botschaft nach China, dass es sich lohnt, in Sachsen zu investieren, weil wir einen der wichtigsten Standortvorteile haben, nämlich gut ausgebildetes Personal,

(Beifall bei der SPD und der CDU)

und weil wir hier in Sachsen die Chance haben, im europäischen Wettbewerb zu bestehen. Das ist die Botschaft.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Zum Schluss noch ein Punkt, den ich meinem Kollegen Flath nicht ersparen kann. Sie haben davon gesprochen, man müsse abwägen und einen kühlen Kopf bewahren. Sie sagen, der Staat solle nicht als Unternehmer auftreten. Sie wissen, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt. Es gibt auch unterschiedliche Erfahrungen, wenn etwas privatisiert wurde, weil der Staat es nicht mehr sein sollte. Man hat oft erlebt, dass es dann zu einer Reprivatisierung gekommen ist, da die Aufgabe durch Private nicht gut erledigt worden ist. Diese Fälle kennen Sie.