Protocol of the Session on March 19, 2009

Deshalb erwarte ich vom Bund, besonders von Wirtschaftsminister zu Guttenberg, mehr als salbungsvolle

Worte und schöne Bilder auf dem Times Square in New York.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Ich erwarte von ihm, dass sich der Bund um das systemrelevante Unternehmen Qimonda kümmert und bereit ist, seinen Teil zur Lösung beizutragen. Und da wir gerade bei der CSU sind: Es ist schön, dass wir aus Sachsen heraus gemeinsam die Münchener Staatskanzlei ins Bild gesetzt haben, wer und was Qimonda ist. Der Firmensitz ist in München. In Bayern gibt es auch QimondaArbeitsplätze. Also ist Herr Seehofer gehalten, sich einzubringen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Linksfraktion)

Wir Sachsen werden uns schwer damit tun, diese Herkulesaufgabe Qimonda allein zu stemmen. Wir alle haben vom Insolvenzverwalter erfahren, dass es trotz der weltweiten Rezession, die die Lage für Unternehmensverkäufe besonders schwierig macht, einen Interessenten für Qimonda gibt.

Das Interesse der Firma Inspur aus China an einer Zusammenarbeit soll groß sein, sagt der Insolvenzverwalter. Inspur kann sich bei wechselseitigen Beteiligungsverhältnissen vorstellen, sich an einer sogenannten „Q-NewCo“, also Qimonda New Company, zu beteiligen und gleichzeitig eine neue Fabrik in der Provinz Shandong zu errichten.

Wir brauchen einen tragfähigen und von einem Wirtschaftsprüfer geprüften Businessplan für diese „Q-NewCo“. Gestern Abend ist uns mitgeteilt worden, dass die Prüfungen dazu alsbald beginnen werden. Die Gesamtfinanzierung der „Q-NewCo“ muss sichergestellt und durch Verträge oder „Letters of Intent“ belastbar belegt sein. Hierin sehe ich das Hauptproblem.

Die Verhandlungen mit dem chinesischen Partner werden in der kommenden Woche beginnen können. Das heißt ganz klar: Außer einer Mitteilung gegenüber dem dpaBüro in Schanghai haben wir keine verlässliche Information. Auch der Insolvenzverwalter konnte uns dazu nur wenig mitteilen.

Lassen Sie mich kurz beim Insolvenzverwalter bleiben. Michael Jaffé hat die Schwierigkeiten rund um die Sicherung der Zukunft von Qimonda erkannt. Trotzdem ist das deutsche Recht ganz klar: Dr. Jaffé ist der Herr des Verfahrens. Er trägt die Verantwortung für die Verhandlungen. Wir stehen bereit mit unserem Förderinstrumentarium. Wir stehen bereit mit unserem Engagement, schnell und unbürokratisch zu helfen, aber erst dann, wenn wir am Zug sind. Dass wir zum Zug kommen, dafür muss der Insolvenzverwalter sorgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich wollen wir wissen, wie die „Q-NewCo“ sich an AMTC beteiligt und in welchem Umfang die „Q-New Co“ sich an den anderen Forschungs- und Entwicklungsprojekten engagiert. Wir wollen eine Zwischenfinanzie

rung für die Zeit sehen, bis der Privatinvestor einsteigt. Diese Durchfinanzierung kann derzeit noch nicht vorgelegt werden.

Natürlich wollen wir das Interesse der chinesischen Investoren am Bau der sogenannten NewFab, also einer neuen Fabrik in Shandong, durch geeignete Unterlagen belegt sehen. Es muss ausgeschlossen werden, dass durch ein Zusammenwirken der übrigen Investoren mit der chinesischen Seite ein dominanter Einfluss auf die neue „Q-NewCo“ ausgeübt werden kann.

Es ist nicht wenig, was wir verlangen. Aber wir müssen dies im Interesse des sauberen Umganges mit den Steuergeldern unserer Bürger tun.

Der Freistaat Sachsen hat Ende 2008 alles getan, um das Unternehmen am Leben zu erhalten. Der Freistaat Sachsen tut alles, um mitzuhelfen, das Unternehmen aus der Insolvenz heraus wieder aktiv auf Zukunftskurs zu bringen. Dazu wird es nötig sein, in den kommenden Wochen kurzfristig auf sich verändernde Realitäten zu reagieren. Wenn wir heute eine Staatsbeteiligung beschließen, bekommen wir morgen vielleicht einen Investor, der völlig ohne Staatsbeteiligung, aber mit einem großen Darlehen einspringen will. Wir hätten uns mit einer entsprechenden Beschlussvorlage alles verbaut. Wenn wir uns mit voreiligen Beschlüssen öffentlich bekennen – auch das muss gesagt werden –, schwächen wir die Verhandlungsposition des Freistaates. Das kann doch nicht das Ziel sein!

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das Ziel kann nur sein, dass wir alles tun, um Qimonda zu retten. Welchen Weg zum Ziel wir gehen, sollten Linksfraktion und GRÜNE denen überlassen, die die Verhandlungen führen.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ob nun Darlehen, Bürgschaften oder Beteiligung – ich darf Ihnen versichern, dass diese Regierung mit dem Geld der Bürger sorgsam umgeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gilt das, was ich auch draußen zu den Demonstranten, den Beschäftigten von Qimonda, gesagt habe: Wir kämpfen weiter! Wir sollten den Mut nicht sinken lassen, auch wenn es besonders schwer ist.

Ich wünsche uns allen dafür gemeinsam viel Erfolg.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Ich erteile das Wort der Linksfraktion. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Unruhe in der Koalition und die hektische Betriebsamkeit zu Beginn dieser Sitzung zeigen mir, dass wir mit unserem Antrag absolut richtig liegen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich füge hinzu: Es ist schlechter parlamentarischer Stil, dass, wenn die Opposition eine Sondersitzung des Landtages erzwingt, die Antragsteller ihren Antrag nicht einmal hier einbringen und begründen können, bevor die Staatsregierung spricht.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Wir haben uns hier in diesem Hohen Haus bereits vor ziemlich genau drei Monaten mit Qimonda und den dort bedrohten Arbeitsplätzen

(Interner Wortwechsel zwischen Caren Lay, Linksfraktion, und Stefan Brangs, SPD)

in einer Aktuellen Debatte auf Antrag der Linksfraktion beschäftigt. Wer damals schwieg, war der Ministerpräsident, der es seinem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister überließ, das Gesicht der Staatsregierung irgendwie zu wahren.

Ich sage das ganz bewusst zu Beginn dieser Landtagssondersitzung auf Antrag der Linksfraktion und der GRÜNEN zu unserem gemeinsamen Antrag „Fortbestand des Chipherstellers Qimonda am IT-Standort Dresden sichern!“. Herr Tillich war schon in der ersten, heißen Phase des Kampfes um die Rettung des größten Dresdner Arbeitgebers und Herzstücks von Silicon Saxony nicht präsent. Genauer gesagt: Er ließ es sich unter anderem bei der Bergparade in Annaberg-Buchholz oder auch bei Würstchen und Kräuterlikör auf der Grünen Woche in Berlin gut gehen,

(Alexander Krauß, CDU: Reine Polemik!)

während sich der Wirtschaftsminister redlich um eine Lösung bemühte, wenn auch bis heute leider ohne Erfolg.

(Alexander Krauß, CDU: Wo war er am Freitag? War er nicht in Brüssel gewesen?! – Weitere Zurufe von der CDU)

„Wir haben den Durchbruch geschafft“, verkündete Wirtschaftsminister Jurk drei Tage vor Heiligabend. Er meinte damit ein Rettungspaket von Sachsen, Portugal und Infineon für Qimonda. Was da passend zu Weihnachten beschert wurde, musste mitten im Januar mit der Insolvenz von Qimonda wieder einkassiert werden.

Wenn Herr Jurk nun dieser Tage, also ein Vierteljahr später, mitteilte, der Durchbruch sei noch nicht geschafft, ist das vor dem Hintergrund des letzten Dezemberfiebers an voreiligen Erfolgsmeldungen geradezu tragikomisch. Angesichts von 3 000 akut bedrohten Arbeitsplätzen verliert sich die Restkomik aber rasch und macht einer schlichten Tragödie Platz.

Ich habe Herrn Jurk sein Engagement für Qimonda nie abgesprochen. Das habe ich auch draußen auf der Demo ausdrücklich gesagt. Leider hat sich der sozialdemokratische Wirtschaftsminister inzwischen aber offenbar von der christdemokratischen Ideologie anstecken lassen und

warnte vor einem VEB Qimonda, den es natürlich nicht geben könne.

(Zurufe von der CDU)

Das wiederum ist nun wirklich komisch, Herr Eggert; denn ich habe noch nie aus dem Munde eines SPD- oder CDU-Politikers gehört, dass sich in Wolfsburg das Zentrum des VEB VW befindet, nur weil das Land Niedersachsen seit Jahrzehnten Anteile an VW hält.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie, Herr Staatsminister Jurk, wissen sehr genau, was im Schreiben des Münchner Insolvenzverwalters Dr. Jaffé vom 9. März steht. Sie haben dazu eben gesprochen. Schließlich ist es auch der Spitze Ihres Ministeriums zugegangen. Den gewählten Abgeordneten wurde dieses Schreiben durch die Regierung einmal mehr vorenthalten. Wir als Linke haben es nur auf informellem Weg bekommen.

(Heinz Eggert, CDU: Wie immer!)

Transparenz gegenüber dem Parlament sieht mit Sicherheit anders aus!

Sie, Herr Tillich, und Sie, Herr Jurk, wissen, dass in besagtem Brief des Insolvenzverwalters eine Beteiligung Sachsens als die – ich zitiere – „einzig verbliebene Möglichkeit“ gesehen wird, „um eine Zerschlagung und Einzelverwertung der Vermögenswerte vermutlich nach Asien zu verhindern.“ Doch selbst dieser dramatische letzte Appell an die Sächsische Staatsregierung hat noch nicht zur Auflösung der Blockade zwischen CDU und SPD geführt.

Der Wirtschaftsminister sagte, er könne sich unter bestimmten Voraussetzungen eine staatliche Beteiligung vorstellen. Der Ministerpräsident, der ja aus Angst vorzugsweise nicht selbst spricht, ließ über seinen Pressesprecher mitteilen, dass das kein Thema sei.

An die Adresse von Herrn Tillich und der CDU sage ich ganz deutlich: Wir haben Ihre Belehrungen nicht nötig, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist. Das hat die Sächsische Staatsregierung mit dem Ruin und dem kostspieligen Notverkauf der sächsischen Landesbank erst vor Kurzem unfreiwillig am praktischen Beispiel bewiesen. Der dabei laut Rechnungshof unmittelbar angerichtete Schaden beträgt etwa das Doppelte der Summe, die derzeit als möglicher Anteil des Freistaates Sachsen an Qimonda in der Diskussion ist. Sie wissen alle, dass darüber hinaus durch das Landesbankfiasko auch noch ein Risiko von 2,75 Milliarden Euro auf dem Landeshaushalt lastet, ohne dass dadurch ein einziger Arbeitsplatz gesichert wurde.

Meine Damen und Herren! Bei der heute anstehenden Entscheidung geht es, wie gesagt, unmittelbar um 3 000 Arbeitsplätze, mittel- und langfristig sogar um das Schicksal Zehntausender Beschäftigter in der sächsischen Mikroelektronik und damit um das industrielle Rückgrat einer Schlüsseltechnologie. Deshalb steht auch der Nut

zen von 3 Milliarden Euro Steuergeldern auf dem Spiel, die in „Silicon Saxony“ gesteckt worden sind, weil Kurt Biedenkopf bildungspolitisch nicht so kleinkariert war wie sein offenkundig überforderter Nachnachfolger Tillich.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Bei allem Respekt vor einem Experten für Insolvenzrecht, der uns gestern in der „Sächsischen Zeitung“ ganz im Sinne der CDU unter der Überschrift „Die Sanierung von Qimonda oder Märklin ist keine Staatsaufgabe“ belehren wollte, ohne dass in dem Text Qimonda auch nur ein einziges Mal erwähnt wurde, sage ich in aller Deutlichkeit: Wir reden heute nicht über Unterwäsche, Porzellan oder Spielzeugeisenbahnen, um die es in diesem „SZ“Beitrag ging; wir reden über einen strukturbestimmenden Betrieb des technologischen Innovationspotenzials der sächsischen Wirtschaft.