Protocol of the Session on March 13, 2009

stand der damaligen Zerstörungen sind zum bekannten und wirksamen Symbol geworden. Der Stadtname Dresden steht exemplarisch für militärische Gewalt gegen Zivilisten und für die Zerstörung kultureller Werte, meine Damen und Herren.

Die Erinnerung an die Zerstörung Dresdens ist Diskursobjekt und immer wieder politisch aufgeladen. Versuche der politischen Instrumentalisierung der Ereignisse in Dresden vom 13. und 14. Februar 1945 hat es in den letzten Jahrzehnten immer wieder gegeben. Die Dresdnerinnen und Dresdner haben sich immer wieder davon abgewandt, und sie werden sich nun auch nicht den Rechtsextremisten zuwenden, die mit Unterstützung der NPD im Umfeld des 13. Februar Geschichtsrevisionismus betreiben. Es wird ihnen nicht gelingen. Für viele Dresdner ist es unerträglich, dass drei dahergelaufene junge Männer in Dresden zum wiederholten Male einen Neonaziaufmarsch mit 6 000 Teilnehmern anmelden können, in dessen Folge es zu Gegendemonstrationen kommt und über 4 000 Polizisten ihr Wochenende damit verbringen müssen, um in Dresden für Recht und Ordnung zu sorgen. Diese Entwicklung muss ein Ende haben; sie ist unsäglich. Die mindestens 25 000 Todesopfer der Luftangriffe auf Dresden vom 13. und 14. Februar 1945 haben ein würdevolles Gedenken verdient, und jedes Opfer ist eines zu viel gewesen.

Aber auch Linksextremisten, meine Damen und Herren, nutzen das Symbol Dresden für propagandistische Inszenierungen. Bei alledem spielen die Erinnerungen und Gefühle der Überlebenden der Zerstörung in der Öffentlichkeit nur insoweit eine Rolle, wie sie für Gedenkinszenierungen benötigt werden. Bereits die DDR-Propaganda gab die Erinnerung an den 13. Februar 1945 politisch strikt vor und goss sie in ritualisierte Formen. Auch Ihnen, meine Damen und Herren von Links, wird diese Art und Weise der reglementierten Kommunikation und Bevormundung nicht gelingen.

Die Dresdner Bevölkerung hat nach den Ereignissen des 13. und 14. Februar 2009 den Eindruck, dass beide Tage nur noch dazu da sind, um von dem braunen Spuk oder den linken Krawallmachern zu politischen Zwecken instrumentalisiert zu werden. Aber weder die einen noch die anderen wollten hören, was die meisten Dresdnerinnen und Dresdner wollen; denn darum geht es schließlich: Die Dresdnerinnen und Dresdner wollen in Ruhe und Würde der Opfer des Bombenangriffes auf unsere Stadt gedenken. Sie wollen mahnen, um einen Krieg, wie er 1939 von Deutschland ausgegangen ist, nie wieder entstehen zu lassen. Sie wollen sich vor allem friedlich erinnern, so wie es der Gedenkkultur unserer Stadt entspricht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Rohwer?

Herr Kollege Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwer. – Sie sprechen die ganze Zeit von rechten und linken Krawallmachern. Ich möchte Sie einmal fragen: Würden Sie die Bündnis-Demonstration „Geh Denken“ zu den linken Krawallmachern rechnen, oder würden Sie dabei doch einen Unterschied machen wollen?

Herr Kollege Lichdi, erstens können Sie das selbst einschätzen, und zweitens sage ich Ihnen, wenn Sie mich so offen fragen: Meinen Respekt für die Organisatoren der „Geh Denken“-Demo, dass diese gewaltfrei geblieben ist! Aber man muss auch sagen, dass Tausende Polizeibeamte in der Stadt Dresden sein mussten, um diese Demonstration absichern zu können, und „No pasarán“ ist eben nicht gewaltfrei geblieben, das wissen wir. Von dieser linksgerichteten Demonstration der Frau Bonk sind die gewaltbereiten Exzesse in dieser Stadt am Abend des 14. Februar 2009 ausgegangen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Lassen Sie mich meine Rede fortsetzen. Ich habe noch einen Gedanken, der mir wichtig ist. Nicht nur in Dresden, auch international wird das Symbol Dresden unablässig bekräftigt. Es ist Bezugspunkt eines aktiven Friedensengagements und nicht Bühne für politischen Extremismus.

Zum Schluss möchte ich die Gelegenheit nutzen, der Polizei zu danken. Ich denke, dies sollten alle in diesem Hohen Hause mittragen, insbesondere DIE LINKE, die diesen Antrag gestellt hat und ihn zur Abstimmung bringen möchte. Ich bin sehr gespannt, ob Sie dabei klatschen können, weil Sie uns vorhin daran erinnern wollten, dass die NPD der CDU ebenfalls Beifall geklatscht hat. Wenn Sie jetzt applaudieren können, dass wir es den 4 000 Einsatzkräften der Polizei zu verdanken haben, dass am 13. und 14. Februar 2009 Schlimmeres in Dresden verhindert worden ist und die Polizei es geschafft hat, die Lage im Griff zu behalten, schnell und konsequent Störaktionen unterbunden hat und dass es eine ausgezeichnete Leistung in einer ausgesprochen schwierigen Situation war und dies Respekt verdient, dann werde ich überrascht sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich frage nun die anderen Fraktionen, ob weiterhin Bedarf an der allgemeinen Aussprache besteht. – Jawohl; Herr Kollege Brangs von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einige Dinge, die man ansprechen muss. Da hält es mich auch nicht mehr auf dem Sitz, und ich denke, allein der langen Tradition und Geschichte meiner Partei verpflichtet, muss ich zu einigen Aspekten etwas sagen.

Zunächst einmal muss man sich nicht darüber wundern, wenn man diese Debatte führt, dass hier Ursache und

Wirkung absehbar waren. Wenn man einen Antrag in diesen Landtag einbringt, der so formuliert ist, und sich hinterher darüber beschwert, dass die Debatte so stattgefunden hat, wie sie stattgefunden hat, dann sage ich nur: Das sind die Geister, die ich rief.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Wenn man Interesse daran hat, diese Vorgänge bewerten zu wollen, dann muss man zunächst eine Auswertung haben; denn ohne eine solche Auswertung ist eine Bewertung schwer möglich.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD, und bei der CDU)

Deshalb ist natürlich der Innenausschuss der geeignete Platz, um diese Diskussion zu führen. Wenn es darüber hinaus allerdings auch Mitglieder des Landtages gibt, die ihre Glaubwürdigkeit daran festmachen, dass sie reflexartig eine Gleichsetzung zwischen unterschiedlichen Demonstranten thematisieren, nämlich denen, die angeblich die Guten sind, und denen, die die Schlechten sind, die Linken oder die Rechten, und sich dann darüber wundern, dass sie Applaus und Zustimmung von der NPD bekommen, dann ist das nichts, auf das man stolz sein sollte.

(Rita Henke, CDU: Na, na, na!)

Herr Abg. Apfel, dass Ihr sinngemäß wiedergegebenes Zitat „Die prügelnden Hilfstruppen im Auftrag von Gewerkschaften und Parteien“ ohne eine Reaktion dieses Hauses, also unwidersprochen bleibt, weil das nämlich eine klare Diktion im Geist und der Tradition von Goebbels ist, ist ein unglaublicher Vorgang.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Frau Bonk, –

(Antje Hermenau, GRÜNE: Sie hat sich schon verdrückt!)

die sich anscheinend schon verdrückt hat: Das ist der Punkt, der mich wirklich am meisten aufgeregt und im Endeffekt dazu getrieben hat, noch einmal hier zu stehen: Wenn jemand unserer Partei – mit dieser Tradition, die wir haben, mit dem Eintreten gegen das Ermächtigungsgesetz, mit einer langen Geschichte, bei der Genossinnen und Genossen mit dem Leben bezahlt haben, weil sie sich gegen Faschismus eingesetzt haben – ernsthaft absprechen will, dass wir einen Willen haben, gegen Rechtsextreme zu kämpfen, dann ist das eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der NPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Sie, Frau Bonk, hätten vielleicht eher dazu beitragen sollen, dass wir nicht zwischen denen unterteilen, die die „guten“ Demonstranten sind, bei „No pasarán“, und denjenigen, die die „schlechten“ sind, die sich vielleicht bei der „Geh Denken“ in Dresden organisiert haben; sondern Sie hätten dazu beitragen sollen, dass wir ge

meinsam mit einem breiten Bündnis bei „Geh Denken“ die Demonstration geführt hätten. Das wäre die richtige Antwort gewesen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, gibt es seitens der Fraktionen weiteren Aussprachebedarf? – Dies kann ich nicht erkennen. Oder doch, Frau Dr. Ernst? – Ich möchte Sie aber nicht animieren. Frau Dr. Ernst, Linksfraktion, bitte.

(Marko Schiemann, CDU: Es wird nicht besser! Sie wissen auch, warum!)

– Es wäre schlimm, Herr Schiemann, wenn es nicht besser wird.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Martens, ich teile Ihren Standpunkt ausdrücklich nicht, dass ausgerechnet ein solcher Antrag populistisch sei. In vielen anderen Fällen wird natürlich in Landtagen darüber diskutiert, und wir müssen dies auch tun. Man hätte natürlich eine Sondersitzung des Innenausschusses durchführen können; aber ich denke, dass diese Diskussion tatsächlich hierher gehört. Wir müssen dieses Thema hier zum Gegenstand machen, wo denn sonst? Das ist doch nicht nur ein Dresdner Thema. Es ist ein Thema in Deutschland und im Ausland geworden, deshalb müssen wir hier darüber sprechen und Ursachen benennen. Dies hat auch etwas mit dem Umgang auf diesen Demonstrationen – auch seitens der Polizei – zu tun.

Ich will gleichzeitig sagen, dass wir der SPD mitnichten absprechen – das wäre auch wirklich falsch, darin gebe ich Herrn Brangs ausdrücklich recht –, dass Sie – genauso wie unsere Partei – nicht dem Antifaschismus verbunden sind. Das wäre grober Unfug. Das widerspricht den Tatsachen. Das will ich hier noch einmal klargestellt haben. Ich will ganz ehrlich sagen: Natürlich standen beide Parteien an vorderster Front, als es um diese Demonstration und darum ging, Gedenken zu organisieren, gemeinsam mit den GRÜNEN, der SPD und dem Kulturbüro Sachsen anzustoßen.

(Beifall der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion)

Das darf man auch nicht verwässern; das ist wichtig. Das möchte ich noch einmal klarstellen, damit hier nichts Falsches übrig bleibt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Noch einmal zur Polizei. Ich möchte klarstellen, dass ich auch so begonnen habe: Ich habe nicht mit der Polizei angefangen, sondern mit der Stadtverwaltung, der Oberbürgermeisterin, dem Ordnungsamt und bin dann auf die Polizei zu sprechen gekommen. In meinem Beitrag habe ich deutlich gesagt: Sie, die Polizei, ist immer das Ende der Kette richtiger oder, wie in diesem Fall, falscher Entscheidungen. Ich denke, dass man sich in Dresden

falsch entschieden hat, dass sich die Oberbürgermeisterin nicht richtig entschieden hat und im Gegenteil dazu beigetragen hat, dass viel Konfusion im Vorfeld entstanden war und letztendlich das Lager der Demokraten gespalten wurde.

Ich sage ganz offen an die Adresse von Herrn Rohwer, der durch Peinlichkeiten weit über den Dresdner Rahmen hinaus aufgefallen ist: Jawohl, die CDU hat in Dresden versagt!

(Widerspruch bei der CDU)

Verdammt noch einmal, wir hätten sie als eine starke Kraft gegen die Nazis hier in Dresden benötigt!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Noch etwas, was Gewalt angeht.

Frau Ernst, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rohwer?

Ja, bitte.

Herr Rohwer, bitte.