Protocol of the Session on March 12, 2009

Auch in Sachsen haben wir etwas getan. Das möchte ich auch noch einmal ansprechen, weil es wichtig ist, dass man das in diesem Zusammenhang nennt. Wir haben zum Beispiel in der Koalition gemeinsam das Thema „Lernmittelfreiheit“ erörtert. Wir haben jeweils 5 Millionen Euro jährlich als Einstieg in die Lernmittelfreiheit bereitgestellt. Da kann man exakt wieder diese Sahnehäubchenpolitik betreiben und sagen: Es ist alles nichts, 5 Millionen Euro sind zu wenig, wir fordern 50 Millionen Euro. Das ist immer leicht zu sagen, wenn man das als Opposition bewertet. Wir haben gesagt, wir sehen ein Problem auf uns zukommen. Wir wollen zumindest etwas bereitstellen und abwarten, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt.

Wir haben ein kostenfreies Vorschuljahr ins Leben gerufen und entlasten Familien von diesem Beitrag. Wir stellen dafür 38 Millionen Euro aus Landesgeldern zur Verfügung. Wenn Sie jetzt genau diese Geschichte wiedererzählen, dass damit Hartz-IV-Familien nicht entlastet werden, dann sage ich Ihnen, dass die Systematik der Übernahme dieser Kosten durch die Kita natürlich dazu führt, dass wir im Landtag dieses Problem erkannt und gesagt haben, wir beschließen hier einen Antrag, in dem wir die Kommunen aufgefordert haben, dass dieses Geld von den Kommunen an die Kitas weitergereicht wird, damit Mittel in den Bildungsplan fließen können und somit von den Kitas auch Spielsachen etc. angeschafft werden können. Das wird natürlich auch allen zugute kommen.

Wir haben des Weiteren – auch das ist wichtig – gesagt, wir wollen, dass jedes Kind in einen Sportverein eintreten kann. Darüber werden wir morgen noch einmal in einer Regierungserklärung etwas hören. Wir haben gesagt, wir

übernehmen die Mitgliedsbeiträge dieser Kinder unter dem Titel: „Jedes Kind in einen Sportverein“.

Das ist natürlich alles nichts, wenn ich mir DIE LNKE anhöre. Ich denke, das ist ganz schön viel, was wir auf die Beine gestellt haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn wir nicht wollen, dass alles nur an Regelsätzen und an der Frage festgemacht werden kann, was der Staat alles finanziert, hat das etwas damit zu tun, dass wir dazu beitragen müssen, dass die Eltern dieser Kinder in die Lage versetzt werden, ein vernünftiges Einkommen zu haben, um ihren Kindern ein vernünftiges Umfeld bieten zu können. Da sind wir natürlich ganz schnell dabei, dass wir eine Brücke zum Reichtums- und Armutsbericht der Bundesregierung schlagen können, sodass wir feststellen müssen, dass das Armutsrisiko von Familien drastisch sinkt, wenn diese Familien ein höheres Einkommen haben. Dann kann ich also eins und eins zusammenzählen, Kollege Lehmann: Wir sind beim gesetzlichen Mindestlohn.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die NPDFraktion; Herr Abg. Apfel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Hartz IV ist verordnete Armut per Gesetz“, so plakatierte es DIE LINKE noch vor der letzten Landtagswahl. Nach dem 19. September war es die gleiche Linke, die sich aus den Protesten zurückzog und den Bürgern zeigte, dass sie ebenso wie die CDU und die SPD die Spielregeln dieser Demokratie auf Wahllügen aufbaut.

Meine Damen und Herren! Als Familienvater macht man sich natürlich seine Gedanken und erst recht vor diesem Hintergrund des aktuellen Urteils des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 2009. Aber was das Gericht anmahnt, ist weniger eine Verfassungsfeindlichkeit der Hartz IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche, wie wir es für notwendig erachten, vielmehr eine detaillierte normative Wertung des Kinder- und Jugendbedarfs.

Wenn DIE LINKE nun glaubt, die Leidtragenden mit dieser sozialen Kahlschlagpolitik mit ihrem Antrag vom eigentlichen Wesen ablenken zu können, hat sie sich geirrt.

Was Sie hier erneut eindrucksvoll unter Beweis stellen, ist nichts anderes als die Entzauberung Ihrer selbst. In Ihrer grenzenlosen Anbiederung gegenüber Union und SPD, im System angekommen zu sein, rückten Sie selbst von Ihrer damaligen Kernforderung – Hartz IV ist Armut per Gesetz – ab und fordern nun lediglich einen eigenständigen Hartz-IV-Regelsatz für Kinder.

Hartz IV, meine Damen und Herren, egal ob für Erwachsene oder Kinder und Jugendliche, ist und bleibt der Einstieg in ein soziales und gesellschaftliches Abseits, das die Familien teilt und gerade unter Kindern für Neid

sorgt. Insofern liegt hier eine entscheidende Ursache für eine zunehmende, definitiv aber nicht zu pauschalisierende Kriminalität und Brutalität. Es ist die familien- und kinderfeindliche Politik des herrschenden Systems. Dieses wird aber nicht, wie es DIE LINKE anmahnt, von einer sogenannten Expertenkommission zu lösen sein. Denn wem, glauben Sie, werden die bestellten Experten dienen? Wenn es danach geht, wie es hier im Landtag Monat für Monat abläuft, dienen diese Runden lediglich als Schaulaufen einer demokratiefeindlichen Parteiendiktatur. Nicht umsonst sind Ihre Experten vielfach über Umwege bezahlte Systemfunktionäre oder im System eingebundene Angestellte. Man denke nur an den CDU-dominierten Landkreistag.

Nein, was das Land, die Familien und vor allem unsere Kinder brauchen, ist eine verlässliche Sozialpolitik und kein Almosenstaat, der zur Beute einer kleinen Kaste alimentierter Berufspolitiker wurde, die zudem Handlanger der globalen Bankwirtschaft sind, wie es die Realität in der Finanz- und Wirtschaftskrise offenbart. Dass ausgerechnet nun DIE LINKE wieder einmal auf unseren Weg einschwenkt, aber nicht das gleiche Ziel verfolgt, das in der Abschaffung von Hartz IV liegt, was meine Fraktion schon am 3. Dezember 2007 unter anderem mit der Drucksache 4/10573 anmahnte, verwundert durch den anstehenden Wahlkampf kaum.

Wenn das Bundessozialgericht im aktuellen Urteil weite Teile unseres Antrages bestätigte, so zum Beispiel die Verfassungsfeindlichkeit durch Aushebelung des Sozialstaatsprinzips nach Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz, und auch die Pauschalierung aufgriff, muss an dieser Stelle an die 38. Sitzung des Sozialausschusses vom 26. Mai 2008 erinnert werden. Kein anderer als Herr Pellmann führte damals aus, dass es nicht um unsere Formulierung auf Abschaffung von Hartz IV gehe, sondern „um das generelle Herangehen, die eigentliche Zielorientierung der NPD“. Daher lehnte DIE LINKE unsere Initiative auf Abschaffung von Hartz IV ab und manifestierte stattdessen dies als gesellschaftlichen Bestandteil, was sich auch im vorliegenden Antrag widerspiegelt.

Bevor sich aber SPD-Fraktion und GRÜNE die Hände reiben, sei das Abstimmungsergebnis den betroffenen Familien dieser verfassungsfeindlichen Politik, die hoffentlich diese Debatte verfolgen, mitgeteilt. Bei einer einzigen Jastimme, nämlich der NPD-Abgeordneten Gitta Schüßler, gab es 17 Gegenstimmen. Wer sich von Ihnen noch mit dem Prädikat, sozial, christlich oder familienfreundlich zu sein, schmücken möchte, ist nichts anderes als ein Wahllügner, ein Heuchler.

(Beifall bei der NPD)

Die NPD-Fraktion ist die einzige, die nicht nach Parteibuch in diesem Haus abstimmt. Vielmehr ist die Sachbezogenheit oberstes Gebot – dies erst recht, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht.

Da der Antrag zwar nicht die Abschaffung von Hartz IV bedeutet, aber zumindest ein wenig mehr Geld für unsere Kinder, werden wir ihm trotzdem zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort; Frau Abg. Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt im Sächsischen Landtag den eindeutigen Beschluss, den Regelsatz für Kinder endlich auf eine sachgerechte Grundlage zu stellen. Soweit ich mich erinnern kann, haben diesem Antrag fast alle in diesem Haus zugestimmt.

Ich halte es daher für wichtig und notwendig, und das bitte so schnell wie möglich, die vorgesehene Überprüfung der Regelsätze nach Vorliegen der Ergebnisse der Einkommens- und Verbraucherstichprobe – kurz EVS – von 2008 auf diese sachgerechte Grundlage für Hartz-IVSätze für Kinder zu stellen.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Andreas Schmalfuß, FDP)

Das ist die Meinung der FDP-Fraktion, und gerade für mich als Görlitzerin ist Kinderarmut wirklich ein wichtiges und sehr naheliegendes Thema. Sie wissen, in Görlitz ist jedes zweite Kind von Armut betroffen. Ich weiß daher, was es bedeutet.

Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren der Linken, nicht die Anzahl der gestellten Anträge im Plenum ist entscheidend, sondern die Qualität der Lösungen und der diskussionswürdigen Lösungsansätze. Da klafft bei Ihnen ein großes Loch. Es gibt viele Anträge mit immer der gleichen Forderung. Das hilft uns weder hier in der Diskussion noch den betroffenen Kindern vor Ort.

(Caren Lay, Linksfraktion: Wir bleiben dran am Thema!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Meinung der FDP-Fraktion ist klar. Wir wollen allen Kindern, vor allem Kindern in Hartz IV, eine Zukunft bieten.

(Angelika Pfeiffer, CDU: Allen Kindern war gut!)

Wir sind der festen Überzeugung, dass ein sachgerecht untersetzter Regelsatz einfach dazugehört. Investitionen in Bildung und Betreuung sind weitaus wichtiger als manche Schaufensterdiskussion, die wir hier führen. Unser Schwerpunkt ist, allen Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Herr Brangs, Sie haben gerade einen bunten Blumenstrauß an Errungenschaften aufgezählt, die Sie sich als Erfolge anrechnen, aber was Sie vergessen haben, ist der verbesserte Betreuungsschlüssel in den Kindereinrichtungen, für den auch Sie angetreten sind. Der käme tatsächlich allen Kindern zugute.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Sie mögen einwenden, dass dies alles nicht ohne die Eltern gehen wird. Da verfolgen wir als FDP-Fraktion einen völlig anderen Ansatz als die Damen und Herren von der Linksfraktion. Wir wollen, dass die Eltern immer weniger auf Hartz IV angewiesen sind und ihren Lebensunterhalt immer mehr allein verdienen können. Wir wollen, dass diese Eltern, die manchmal einfach überfordert sind, wieder in ein normales Leben kommen, und ihnen Arbeitsmöglichkeiten bieten. Das in die Tat umzusetzen ist gewiss nicht einfach. Es ist der schwierigere und politisch nicht so attraktive Weg wie der, einfach mehr Geld zu fordern. Doch wer einfach nur mehr Geld verlangt, kommt in den Verdacht, den Ärmsten einfach nur ein Schweigegeld zahlen zu wollen.

(Lachen bei der Linksfraktion und des Abg. Alexander Delle, NPD)

Der Missstand liegt nicht darin, dass der Hartz-IV-Satz zu niedrig ist, sondern dass diese Menschen überhaupt darauf angewiesen sind.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Dieses Grundproblem lösen wir nicht mit mehr Geld für Hartz-IV-Bezieher. Darüber kann auch manche gut gemeinte Absicht nicht hinwegtäuschen. Die vorgestellte Lösung der Linken ist aus unserer Sicht untauglich. Wir werden daher diesen Antrag ablehnen und verweisen einfach noch einmal auf die Beschlusslage im Sächsischen Landtag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Angelika Pfeiffer, CDU)

Die Fraktion GRÜNE erhält das Wort; Frau Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Schütz, das eine schließt das andere nicht aus.

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Wir haben immer wieder über die Anhebung der Eckregelsätze, insbesondere über die Regelsätze für Kinder, gesprochen. Das heißt noch lange nicht, dass wir uns davon verabschiedet haben, Menschen zu helfen, wieder in Arbeit zu kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Die Vorredner haben bereits gesagt, dass wir Punkt 2 Ihres Antrages inhaltlich schon beschlossen haben. Die Staatsregierung hat den Auftrag, dafür einzutreten, dass ein bedarfsgerechter Regelsatz für Kinder festgestellt und auch gezahlt wird. Was die Misere ist und Ihren Antrag auch heute provoziert hat, ist zum einen, dass alles viel zu lange dauert und dass es ein Urteil des Bundessozialge

richtes aufgrund der Höhe des Regelsatzes für Kinder von 60 oder 80 % vom Erwachsenenregelsatz gibt. Nun hat das Bundessozialgericht geurteilt, dass diese 60 oder 80 % nicht einfach ohne Bedarfsprüfung als bedarfsgerecht für Kinder angenommen werden können. Das Gericht hat nichts dazu gesagt, wie hoch der eigentliche Bedarf liegen wird.

Dass wir Ihrem Antrag trotzdem zustimmen, hängt damit zusammen, dass wir der Meinung sind, dass genug Zeit ins Land gegangen ist und der Erwachsenenregelsatz, den Sie jetzt auch für Kinder vorschlagen, für diese durchaus etwas zu hoch sein kann als immer nur zu niedrig. Man muss den Regelsatz in jedem Fall mit einer bedarfsgerechten Prüfung korrigieren. Es kann auf alle Fälle nicht schaden, ein bisschen Druck zu machen, indem man den Regelsatz jetzt anhebt.

Herr Brangs, Sie haben verschiedene Sachen in einen Topf geworfen. Dieser Antrag bezieht sich auf eine Gruppe von Menschen, und zwar auf Kinder und Erwachsene, die ALG II beziehen. Die Kindergelderhöhung kommt diesen Menschen nicht zugute und verschiedene andere Dinge, die Sie hier angeführt haben, auch nicht, so wünschenswert das ist und so sehr sich alle Leute, die Arbeit haben, darüber freuen – vom Hartz-IV-Regelsatz wird es einfach mal abgezogen.