Protocol of the Session on March 11, 2009

Was die Novelle des Beamtengesetzes wirklich taugt, hat die hochkarätige Sachverständigenanhörung am 8. Januar dieses Jahres gezeigt. Das Fazit dieser Anhörung war eindeutig und für die Einreicher eigentlich vernichtend:

Zum einen steht der vorgelegte Gesetzentwurf im hochgradigen Verdacht, einen sehr wahrscheinlich verfassungswidrigen § 19b zur Übertragung eines Amtes in leitender Funktion auf Zeit zu enthalten. Verfassungswidrig deshalb, weil das zu den Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums gehörende Lebenszeitprinzip ohne Not, das heißt ohne verfassungskonforme, geeignete und erforderliche Gründe, verletzt wird.

Kollege Bandmann, dabei ist es völlig irrelevant, ob es 19 Beschäftigte oder nur einen einzigen betrifft. Es ist wirklich ein Skandal, dass die staatstragenden Koalitionsfraktionen die sehr eindeutigen Aussagen dieser Sachverständigenanhörung zur Einschätzung des § 19b in den Wind geschlagen haben. Mein Kollege Klaus Bartl wird es nachher anhand Ihres wirklich bizarren und von schlechtem Gewissen nur so triefenden Entschließungsantrages noch vertiefen.

Aber um bereits hier eine klare Ansage zu machen: DIE LINKE besteht darauf, dass dieses Parlament ordentliche Arbeit abliefert. Die Verfassungsrichter werden hier, sollten Sie stur bleiben und unserem Änderungsantrag zur Streichung des § 19b nicht zustimmen, mit Sicherheit wieder Arbeit bekommen. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass Ihr läppischer Entschließungsantrag die Linksfraktion dazu überreden könnte, eine abstrakte Normenkontrollklage abzuwenden.

(Teilweise Beifall bei der Linksfraktion)

Ein weiteres Ergebnis der Sachverständigenanhörung war, dass es in Sachsen mit diesem Gesetz auch weiterhin ein äußerst unübersichtliches Beamtenrecht geben wird, das für Außenstehende völlig intransparent ist. So wird es im Freistaat auch weiterhin einige hundert Laufbahngruppen geben mit unterschiedlichen, überwiegend eben nicht kompatiblen Laufbahnbefähigungen, die einen Personalwechsel sehr schwierig machen und die erwünschte Mobilität der Beamten infrage stellen. Dabei wäre eine Zusammenfassung artgleicher Fachrichtungen auf etwa nur noch acht bis zehn Laufbahnen durchaus realistisch. Wie das geht, das zeigt gerade Bayern. Dort wird eine solche Dienstrechtsreform in Angriff genommen. Dort ist auch noch nicht alles per Gesetz beschlossen.

(Volker Bandmann, CDU: Das ist zu Beginn einer Legislatur in Bayern!)

Sie wissen es, Sie sind auch der oberste Rechtsgelehrte dieses Hauses. Da müssen wir immer mal zuhören.

(Lachen bei der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die CSU ist ein Glücksfall für die CDU, habe ich gehört!)

Die Linksfraktion wird heute zu diesem Gesetz einen komplexen Änderungsantrag stellen. Ich will die wesentlichen Inhalte in meiner Rede betonen. Neben der unerlässlichen Streichung dieses unsäglichen § 19b muss es natürlich eine Übergangsregelung für die Beamten – und seien es auch nur 19 – geben, die sich jetzt in diesem Status befinden. Daran haben wir gedacht. Das ist der neu

eingefügte § 171a, der sich an der Brandenburger Lösung orientiert, in der genau dieser Status auch gestrichen wurde.

Weiterhin wollen wir, dass öffentliche Ausschreibungen für Einstellungen und Beförderungen nicht nur dann erfolgen, wenn sie im dienstlichen Interesse sind – so steht es jetzt im Gesetz –, sondern sie sollen grundsätzlich erfolgen. Wir wollen, dass ausgeschrieben wird. Wie nötig das ist, zeigen die Kleinen Anfragen meines Kollegen Heiko Hilker. Dort steht in der Antwort der Staatsregierung zu lesen, wie selten beispielsweise Abteilungsleiter- bzw. Referatsleiterstellen in den sächsischen Staatsministerien ausgeschrieben werden. Ob in diesen Fällen eine Bestenauslese im Maßstab von Artikel 91 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung tatsächlich stattgefunden hat, ist schlicht nicht nachvollziehbar.

Schließlich wollen wir den vergangenheitsbezogenen § 6 Abs. 3 streichen, nach welchem die persönliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis diejenigen nicht besitzen sollen, die in der DDR bestimmte Ämter oder Führungspositionen innegehabt haben. Ich darf daran erinnern, dass es eine einschlägige Rechtsprechung gibt. Bereits am 20. Februar 1997 hat das Sächsische Verfassungsgericht hervorgehoben, dass sich dieser Paragraf nur bei verfassungskonformer Auslegung halten lässt, indem eben nicht nur auf die Vergangenheit des Bewerbers abgestellt wird, sondern auch dessen Entwicklung nach dem Beitritt gebührend zu würdigen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 8. Juli 1997 diese Position bekräftigt. Es spricht davon, dass bei der verfassungsrechtlich gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Mitarbeiters nicht darauf abgestellt werden darf, dass einer von ihm innegehabten Position das Gewicht einer gesetzlichen Vermutung beigemessen wird, die einen Eignungsmangel begründet, wenn sie nicht widerlegt wird. – So das Bundesverfassungsgericht.

Vor diesem eindeutigen rechtlichen Hintergrund sollte nicht zuletzt die vom Generalsekretär der CDU in Sachsen, Michael Kretschmer, angestoßene Debatte zur „kollektiven Vergebung“ Anlass sein, uns von einer rechtlich wie politisch längst nicht mehr haltbaren Norm zu trennen. Geschähe dies, brauchte auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich keine Einzelfallprüfung mehr zu befürchten, beabsichtigte oder müsste er nicht eines allzu fernen Tages sein Amt aufgeben und sich zum Beispiel um eine gut dotierte Beschäftigung im sächsischen Beamtenverhältnis bemühen.

Abschließend: Dass es auch besser geht, zeigen die Bemühungen anderer Bundesländer. Bayern hatte ich bereits genannt. Man kann sich aber auch die Küstenländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ansehen, die sich mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, die länderübergreifende Mobilität ihrer Beamten zu gewährleisten und insbesondere familienfreundliche Regelungen in das Beamtenrecht eingeführt haben.

Vor dem Hintergrund all dieser Entwicklungen in anderen Bundesländern nimmt sich der vorgelegte Gesetzentwurf geradezu zwergenhaft aus. Ich kann Ihnen, sehr verehrte Damen und Herren, nur empfehlen, diese Missgeburt abzulehnen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die SPD-Fraktion; Herr Abg. Bräunig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich klarzustellen: Wir debattieren und beschließen heute keine Dienstrechtsreform, sondern – die Vorredner haben es schon angedeutet, und es ist auch schon viel darüber gesprochen worden – mit der Föderalismusreform hat sich auch beim sächsischen Beamtenrecht Anpassungs- und Änderungsbedarf ergeben. Wir müssen das sächsische Landesbeamtenrecht an das Beamtenstatusgesetz des Bundes anpassen. Dieses Beamtenstatusgesetz des Bundes tritt nun einmal am 1. April 2009 in Kraft. Deshalb unterliegen wir einem gewissen Zeitdruck, diese Anpassung rechtzeitig vorzunehmen.

Unser Ziel muss es daher sein, heute den vorliegenden Gesetzentwurf zu beschließen, damit er rechtzeitig verkündet werden kann und auch rechtzeitig in Kraft treten kann. Die Rechtsunsicherheit, die ansonsten sowohl auf Dienstherrenseite als auch aufseiten der Beamtinnen und Beamten eintreten würde, wäre wohl ein ziemlich schlechter Aprilscherz. Das wollen wir niemandem zumuten.

Der enge zeitliche Rahmen bedeutet natürlich auch, dass der Gesetzentwurf zunächst Prioritäten setzen muss. Da werden in erster Linie Anpassungen an neues Bundesrecht, aber auch an europarechtliche Gegebenheiten vorgenommen. Ich nenne das Stichwort Umsetzung des Bologna-Prozesses; Kollege Bandmann hat schon darauf hingewiesen. Das ist ein erster, ein wichtiger, ein notwendiger Schritt, aber es kann nur der erste Schritt sein. Weitere Schritte müssen folgen.

Der nächste Schritt, der in Angriff genommen werden muss, ist eine umfassende Dienstrechtsreform. Ich denke, wir sind uns mittlerweile auch hier im Hohen Hause einig, dass es da eine ganze Reihe von Dingen gibt, die angepackt werden können und auch angepackt werden müssen.

Ein Punkt, der gewiss einer gründlichen Überprüfung und Überarbeitung bedarf – darauf will ich jetzt noch eingehen, weil meine Vorredner dies auch getan haben –, ist § 19b des Sächsischen Beamtengesetzes. Diesbezüglich hat nicht zuletzt die Sachverständigenanhörung ergeben, dass die derzeit geltende Regelung zur Übertragung eines Amtes in leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit einer ganzen Reihe von verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Das Lebenszeitprinzip, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aus guten und wichtigen Gründen einer der Grundpfei

ler des Berufsbeamtentums. Es darf nur von ihm abgewichen werden, wenn besondere Gründe und die Natur der wahrgenommenen Aufgaben dies erforderlich machen.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Bei der rechtlichen Ausgestaltung einer solchen Abweichung müssen insbesondere Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit kritisch geprüft werden.

Es besteht mittlerweile – so habe ich das vernommen – hier im Hohen Hause und auch bei der Staatsregierung Einigkeit darüber, dass § 19b auf Dauer so nicht stehen bleiben kann.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Die Frage ist nun, wie wir weiter damit verfahren wollen. Wenn wir diese Frage beantworten, ist natürlich zu berücksichtigen, dass es eine Reihe von sächsischen Beamten gibt, die sich derzeit in einem solchen Beamtenverhältnis auf Zeit befinden.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Ich bezweifle stark, dass sich diese Beamten über die entstandene Rechtsunsicherheit gefreut hätten, wenn wir nunmehr aufgrund des zeitlichen Drucks eine überstürzte und mit heißer Nadel gestrickte Neuregelung gemacht hätten. Was diese Beamten wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Rechtssicherheit und Perspektive. Sie wollen sich nicht dazu gezwungen sehen, nach Ablauf der Amtszeit vor Gericht um die dauerhafte Übertragung eines Amtes kämpfen zu müssen, obwohl sie sich bewährt haben. Das wollen wir ihnen in der Tat nicht zumuten, das wollen wir ihnen ersparen. Deshalb haben wir diesen Entschließungsantrag vorgelegt, mit dem genau diese Ziele erreicht werden sollen.

Ich will es noch einmal sagen: Inhalt unseres Entschließungsantrages ist es, dass § 19b des Sächsischen Beamtengesetzes bis zu einer Neufassung im Rahmen einer umfassenden Dienstrechtsreform unter Beachtung der zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung verfassungskonform ausgelegt und entsprechend angewendet wird.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Dies bedeutet aus unserer Sicht insbesondere, dass Abs. 5, der die Übertragung des Amtes auf Dauer beinhaltet, verfassungskonform angewendet werden muss. Ich sage ganz deutlich, wie das gehen kann, gehen soll. Bis jetzt kann das Amt nach der ersten Amtszeit von fünf Jahren auf Dauer übertragen werden. Nach einer weiteren Amtszeit soll es auf Dauer übertragen werden. „Verfassungskonform“ heißt aus unserer Sicht mindestens, dass nach der ersten Amtszeit die Übertragung auf Dauer erfolgen soll und nach der zweiten Amtszeit das Amt auf Dauer zu übertragen ist, bei entsprechender Bewährung natürlich.

Das Ganze darf natürlich nur eine Übergangslösung sein. Letztlich muss das Ziel die zügige Neufassung von § 19b sein. Damit einhergehen muss die zeitnahe Reform des Dienstrechts. Dementsprechend spricht sich unser Ent

schließungsantrag auch dafür aus, dass die Staatsregierung zeitnah die angekündigte Dienstrechtsreform auf den Weg bringt und einen entsprechenden Gesetzentwurf ebenso zeitnah in der kommenden Legislaturperiode in den Landtag einbringt. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und insbesondere zu unserem Entschließungsantrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die NPDFraktion? – Kein Redebedarf. Für die FDP-Fraktion Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Elf Artikel und 41 Seiten umfasst der vorliegende Gesetzentwurf, und er dient nach seiner Begründung einzig und allein der Anpassung des sächsischen Beamtenrechts an das Beamtenstatusgesetz des Bundes. Allerdings werden die Möglichkeiten, welche die Föderalismusreform schon im Juli 2006 den Ländern und damit auch dem Freistaat Sachsen im Bereich des Beamtenrechts gegeben hat, völlig außer Acht gelassen. Das muss man einräumen.

Der Gesetzentwurf enthält keine Veränderungen bei Laufbahn, Besoldung, Versorgung oder anderen Bereichen, in denen die Länder jetzt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz besitzen. Statt wie so oft einen großen Wurf anzukündigen, hätten wir uns gewünscht, dass tatsächlich einmal mit einem Beamtengesetzentwurf etwas real verändert worden wäre.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Schauen Sie nach Bayern! Dort ist eine Reform des Beamtenrechts bereits jetzt beschlossene Sache. Sie werden mir nicht übel nehmen, wenn ich darauf hinweise, dass dies möglich geworden ist, nachdem die FDP dort in der Regierung ist.

Wir Liberalen haben auch hier in Sachsen konkrete Vorschläge unterbreitet, die wir umsetzen könnten. Ich denke etwa an die Ersetzung der Laufbahngruppen im einfachen, mittleren und gehobenen Dienst. Selbst Kollege Dr. Friedrich hat das angeführt. Wir haben es hier mit einem völlig unübersichtlichen Dschungel und Dickicht aus verschiedenen Laufbahnregelungen zu tun, die einer klaren Strukturierung der Beamtendienstverhältnisse entgegenstehen.

Wir hätten uns an die Abschaffung von Mindest- und Höchstaltergrenzen bei der Verbeamtung heranwagen können. Wir hätten es wagen können, auf den automatischen Aufstieg nach Lebensalter zu verzichten und ihn stattdessen an Leistungskriterien zu knüpfen. Wir hätten uns gewünscht, dass wir hier über Leistungselemente bei der Besoldung diskutieren können.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält insofern keine einzige inhaltliche Änderung. Deswegen sind wir der Auffassung, dass dieser Gesetzentwurf nicht nur weit,

weit hinter dem zurückbleibt, was möglich ist, sondern auch hinter dem, was notwendig wäre.

(Beifall bei der FDP)

Notwendig wäre zum Beispiel auch – das muss man der Ehrlichkeit halber sagen – eine Streichung des § 6 Abs. 3 des Beamtengesetzes, der – das ist hier schon gesagt worden – inzwischen verfassungsrechtlich obsolet geworden ist.