Protocol of the Session on March 11, 2009

Notwendig wäre zum Beispiel auch – das muss man der Ehrlichkeit halber sagen – eine Streichung des § 6 Abs. 3 des Beamtengesetzes, der – das ist hier schon gesagt worden – inzwischen verfassungsrechtlich obsolet geworden ist.

(Beifall des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Nicht zuletzt bereits aufgrund der Änderungen des StasiUnterlagen-Gesetzes, die eine erhebliche Einschränkung der Auskunftsmöglichkeiten vorsehen, hat auch die Rechtsprechung des sächsischen Verfassungsgerichts bereits vor mehr als zehn Jahren, nämlich 1997, festgestellt, dass aus einer Tätigkeit für das MfS nicht automatisch die Ungeeignetheit für Beamtendienstverhältnisse folgt. Das mag man politisch bedauern, an diese verfassungsrechtlichen Vorgaben muss man sich allerdings halten. Ich stelle fest, dass die Staatsregierung diese Vorgaben wieder einmal bewusst nicht zur Kenntnis nimmt, und da ist – Herr Dr. Friedrich hat es angekündigt – Ärger bereits vorprogrammiert.

Eine andere Regelung ist auch nicht dazu angetan, hier Freude aufkommen zu lassen. Das ist der § 19b. Sämtliche Sachverständigen in der Anhörung waren einhellig der Meinung, dass eine Beibehaltung dieser Regelung nicht nur riskant, sondern offen verfassungswidrig und mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht zu vereinbaren ist. Die Übertragung einer Führungsposition auf Zeit widerspricht dem Lebenszeitprinzip, einem der grundlegenden überkommenen Grundsätze des Berufsbeamtentums.

Herr Bandmann, es tröstet in der Tat wenig, wenn Sie darauf verweisen, dass diese Regelung im sächsischen Gesetz zwar nicht der verfassungswidrigen nordrheinwestfälischen Regelung entspricht, sondern der verfassungswidrigen bayerischen Regelung. Damit haben Sie nichts gewonnen.

(Beifall bei FDP, der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Stattdessen bringt die Koalition in letzter Minute einen Entschließungsantrag ein, der sich weniger durch fachliche Kompetenz auszeichnet als durch offene Ehrlichkeit. Man gesteht ein, dass man hier völlig hilflos ist und sucht stattdessen sein Heil in Regelungen wie dieser: Man möge doch bitte verfassungskonform die Regelungen überprüfen oder, besser gesagt, so auslegen.

Gesetzgeberische Verantwortung sieht anders aus. Man hätte hier eine klare Regelung treffen können: Man hätte den § 19b abschaffen können. Mit der Regelung im Entschließungsantrag – das ist ja eine Nichtregelung – werden Sie die Sache auch nicht besser machen. Sie werden verstehen, warum sich die FDP zu diesem Gesetzentwurf allenfalls enthalten kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Die Fraktion GRÜNE; Herr Abg. Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD, werden heute ein unausgegorenes Gesetz auf den Weg bringen. Den Nachbesserungsbedarf sehen Sie selbst und wollen diesen auch noch mit einem Entschließungsantrag des Landtages festgestellt wissen.

Meine Damen und Herren! Das ist wirklich gesetzgeberische Bürokratie, die Sie sich bemühen könnten abzubauen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Ziel des Gesetzes ist es nach eigenen Angaben, sogenannte technische Anpassungen vorzunehmen, damit Sie ab dem 01.04.2009 nicht im rechtsfreien Raum schweben. Dank der Linken hat dazu eine Anhörung stattgefunden. Herr Prof. Degenhart, Sachverständiger der CDU, wie so oft, hat sich dort gewunden, das – ich zitiere – „Konzept des sächsischen Gesetzgebers zunächst für die unbedingt notwendigen unmittelbaren Anpassungen an das Beamtenstatusgesetz und die Abschaffung des Beamtenrechtsrahmengesetzes durchzuführen“, dies nämlich zu vertreten.

Liebe Damen und Herren von der Koalition! Ich finde es einfach unsäglich,

(Stefan Brangs, SPD: Was?!)

dass selbst diese bloßen Anpassungsregelungen im Hinblick auf den hier schon zitierten § 19b von Herrn Prof. Degenhart als „verfassungsrechtlich auf fragilem Boden stehend“ bezeichnet werden. Das ist die höfliche Formulierung eines Sachverständigen-Professors für „total verfassungswidrig“, auch wenn er Ihnen dann mit juristischer Findigkeit den Ausweg der verfassungskonformen Auslegung, nämlich eine Kannregelung im Sinne einer gebundenen Ermessensentscheidung, eröffnet. Das ist allerdings schon sehr trickreich. Man merkt natürlich die Mühe, der Staatsregierung nicht ins Stammbuch schreiben zu wollen, dass es so nicht geht.

Aber, meine Damen und Herren, darüber hinaus: Was heißt technische Anpassung?

Zum Ersten: Die Chance der Föderalismusreform wurde nicht genutzt. Das Gesetz löst keinerlei Probleme, gestaltet nicht, um im vielzitierten Wettbewerb um die besten Köpfe mitzumischen. Herr Rottmann vom Verband der sächsischen Verwaltungsrichter hat es auf den Punkt gebracht: Gut ausgebildete junge Beamte gehen in die Wirtschaft oder zu den Freiberuflern. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, Besoldung, Versorgung und Laufbahnrecht zu regeln.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich die Lösung nicht in einem Staatsvertrag sehe, der zwar die Einheitlichkeit der Rechtsverhältnisse in den Bundesländern garantieren würde, aber – so auch Prof. Degenhart – nur die Ministerialbürokratie stärkt, sondern ich sehe den Landtag in der interessanten Pflicht, hierfür innovative Lösungen zu finden.

Die Föderalismusreform trat bereits am 01.09.2006 in Kraft. Nach einer Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag der Linksfraktion zu den Folgen der Föderalismusreform vom 29.11.2006 wird der Anpassungsbedarf des Sächsischen Beamtengesetzes für den Fall festgestellt, dass der Bund das Beamtenstatusgesetz erlässt. – Damals beabsichtigte man noch, das Laufbahnrecht zukunftsorientiert fortzuentwickeln. – Dieses Gesetz wurde dann am 19. Juni 2008 veröffentlicht. Ich frage mich: Wie viel Zeit braucht die Staatsregierung eigentlich noch?

Zum Zweiten suggerieren CDU und SPD mit der Formel „technische Anpassungen“, dass keinerlei politische Entscheidungen getroffen werden würden. Dem ist natürlich mitnichten so. Es ist eine Entscheidung, dass andere Anpassungen etwa an die des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und an die Rechtsprechung zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in den Augen der Staatsregierung und der Koalition eben nicht so wichtig sind. Auf diesbezüglichen Regelungsbedarf haben Herr Rottmann und Herr Scheller von der GdP in der Anhörung auch explizit hingewiesen.

Nichtstun, meine Damen und Herren von der Koalition, ist daher sehr wohl eine politische Entscheidung, die wir in diesem Fall aber nicht gutheißen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Drittens heißt technische Umsetzung auch längst noch nicht, dass all das geregelt wird, was zur Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses nötig wäre. Auch da greife ich beispielhaft auf Herrn Scheller von der GdP zurück, wenn er die Neufassung des § 72 anspricht, der die Fortbildung regelt. Die Staatsregierung kommt ihrer Aufgabe der politischen Steuerung gerade wieder nicht nach, da der rechtliche Rahmen für Fortbildungen nicht abgesteckt wird. Bestimmt wird die Verpflichtung zur dienstlichen und persönlich selbstbestimmten Fortbildung. Regelungen zur Kostenfrage, zum zeitlichen Umfang und zu Freistellungen fehlen.

Meine Damen und Herren! Ein Fazit: Viele Worte mit null Wirkung in der Praxis. Wir werden dem Gesetz daher nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Staatsregierung; Herr Minister Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde schon mehrfach am heutigen Tag gesagt: Mit der Föderalismusreform wurden die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern auch bezüglich des Dienstrechts der Beamten neu geregelt.

Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Kernbereich des Statusrechts mit der Verabschiedung des Beamtenstatusgesetzes Gebrauch gemacht. Auch das wurde schon gesagt: Dieses Gesetz wird am 1. April 2009 in Kraft treten. Daher ist eine technische Anpassung des Sächsischen Beamtengesetzes an das Beamtenstatusgesetz notwendig. Es sind Doppelungen zu streichen, Länderöffnungsklauseln auszufüllen. Zielsetzung muss das zeitgleiche Inkrafttreten des technisch angepassten Landesrechts mit dem Beamtenstatusgesetz des Bundes sein. Andernfalls würde zum 1. April eine erhebliche Rechtsunsicherheit für alle Beamten des Freistaates und der sächsischen Kommunen eintreten. Dies gilt es zu vermeiden.

Der Zeitraum war sehr eng. Zwischen der Verkündung des Beamtenstatusgesetzes im Juni 2008, der Einbringung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes durch die Staatsregierung in den Landtagen im Herbst 2008 und dem angestrebten Inkrafttreten liegt gerade ein Dreivierteljahr.

Ich möchte mich ausdrücklich bei den Abgeordneten des Sächsischen Landtages dafür bedanken, dass in den Ausschüssen die zügige Behandlung dieses Gesetzentwurfes erfolgte.

Obwohl zwischen der 1. und der heutigen Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes andere wichtige Themen anstanden, wurde die Behandlung dieses Gesetzentwurfes in allen damit befassten Ausschüssen einschließlich einer öffentlichen Anhörung so möglich gemacht, dass heute die 2. und gegebenenfalls die 3. Lesung stattfinden kann und damit nach einer Eilverkündung auch das Inkrafttreten zum 01.04.2009 gesichert ist.

Dem engen Zeitrahmen ist es geschuldet, dass der Gesetzentwurf der Staatsregierung auf eine rein technische Anpassung und wenige, absolut zwingende und unstrittige inhaltliche Änderungen – unter anderem zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben – beschränkt worden ist.

Damit haben wir zunächst auf die Ausnutzung der auch dem Freistaat Sachsen durch die Föderalismusreform zugewiesenen neuen Kompetenzen verzichtet. Dies betrifft das Laufbahnrecht, aber zum Beispiel auch das Nebentätigkeitsrecht. Jede inhaltliche Änderung, bei der mehr als eine rechtliche Lösungsmöglichkeit zur Verfügung steht, hätte Diskussionen über die rechtlich, praktisch oder politisch vorzuziehende Lösung ausgelöst. Dafür war schlichtweg keine Zeit da.

Diese Diskussionen werden im Rahmen einer umfassenden Dienstrechtsreform in der kommenden Legislaturperiode in der gebotenen Tiefe geführt werden. Dann können die Lösungsvorschläge auch im Zusammenhang

gesehen und in ein stimmiges Gesamtsystem angepasst werden.

Mit der pünktlichen Verabschiedung des Gesetzentwurfes kann sich Sachsen durchaus sehen lassen.

(Zuruf von der Linksfraktion: Aber wo?! – Lachen bei der Linksfraktion)

Innerhalb der gesamten Bundesrepublik, wenn Sie es genau wissen wollen.

Nicht alle Bundesländer werden die technische Anpassung ihrer Landesbeamtengesetze pünktlich schaffen. Sie müssen sich über die anfangs angesprochene Phase der Rechtsunsicherheit mit dem Hilfsmittel von Anwendungshinweisen hinüberretten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich noch den Berichterstatter, Herrn Piwarz, ob er das Wort nehmen möchte. – Er möchte nicht. Dann schlage ich Ihnen vor, dass wir artikelweise abstimmen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes und anderer Gesetze. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses, das ist Drucksache 4/14823.

Ich beginne mit der Überschrift. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer ganzen Reihe von Gegenstimmen wurde dennoch der Überschrift mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe die Inhaltsübersicht auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier zeigt sich ein gleiches Abstimmverhalten. Der Inhaltsübersicht wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe nun Artikel 1 auf: Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes. Zu Nr. 1 liegt ein Änderungsantrag der Linksfraktion mit der Drucksache 4/14959 vor. Wird eine Einbringung gewünscht? – Herr Bartl möchte den Antrag einbringen.