Protocol of the Session on December 12, 2008

Mit Geld schafft man das leider nicht.

(Weitere Zurufe von der Linksfraktion)

Das ist genau der Trugschluss, dem Sie aufliegen –

Meine Damen und Herren!

– und weshalb wir – leider Gottes – auch Ihrem Antrag nicht zustimmen können.

Herr Krauß, machen Sie bitte mal eine Pause.

Gibt es eine Frage oder?

Ich wollte einfach darum bitten: Wer eine Zwischenfrage hat, der kann gern an das Mikrofon gehen. Ansonsten sind Zwischenrufe gestattet, aber keine Debatten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Zwischenrufe von Herrn Pellmann waren aber trotzdem nett.

Gut. Ich glaube, wir müssen – leider Gottes – Ihren Antrag ablehnen, weil er nicht darauf angelegt ist, Kindern wirklich zu helfen. Sie haben auch die Systematik von Kindergeld und Hartz IV nicht erkannt. Deswegen werden wir ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in der Tat ist das Thema Kinderarmut und die Auswirkungen von Kinderarmut ein sehr wichtiges. Damit müssen wir uns beschäftigen. Damit beschäftigen sich die Parteien in unterschiedlicher Form und auf unterschiedlichen Ebenen.

Ich kann das für die Sozialdemokratie sagen. Wir haben bereits seit vielen Monaten eine Kommission, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Unter anderem ist unser Fraktionsvorsitzender Martin Dulig Mitglied dieser Kommission auf Bundesebene, die beim Parteivorstand angesiedelt ist. Genau diese Kommission hat am Montag eine Beschlussvorlage für das Präsidium der SPD eingebracht. Dort ist ein Programm zur Bekämpfung der Kinderarmut im Rahmen eines Zehnpunkteprogramms beschlossen worden.

Das, was hier von der Linksfraktion diskutiert worden ist, ist unter anderem auch ein Bestandteil dieser Diskussion innerhalb der SPD.

(Beifall des Abg. Dr. Dieter Pellmann, Linksfraktion)

Wir wissen natürlich darum, dass es diese Diskussionen wie im Bundestag auf unterschiedlichen Ebenen gibt. Es gibt ja einen ähnlichen Antrag der LINKEN im Bundestag zu diesem Thema. Andere Anträge in den Länderparlamenten sind erwähnt worden. Deshalb war es uns als sächsischer SPD wichtig, dass wir uns im vergangenen Jahr dafür eingesetzt haben, dass der Regelsatz für Kinder überprüft wird.

Es geht tatsächlich darum, dass wir überprüfen müssen, wie der tatsächliche Bedarf von Familien ist, die Kinder haben. Wir müssen natürlich auch darüber nachdenken, wenn wir auf der einen Seite über die Anhebung des Kindergeldes diskutieren. – Im Übrigen, Kollege Neubert, möchte ich Ihnen ausdrücklich einmal widersprechen. Die Botschaft, dass das Kindergeld für die Menschen im Land erhöht wird, ist nicht ein Tropfen auf den heißen Stein, sondern auch finanzpolitisch eine immense Belastung.

Ich glaube aber trotzdem, dass es richtig ist, dass die Bundesregierung gesagt hat, trotz der finanziellen Belastung ist es wichtig, dass wir jetzt das Kindergeld erhöhen. Insofern ist es kein Tropfen auf den heißen Stein, sondern eine wichtige sozialpolitische Botschaft.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Richtig ist auch, das hat mein Kollege Alexander Krauß schon angeführt: Wir haben uns bereits im Dezember 2007 auf Antrag der GRÜNEN mit diesem Thema beschäftigt. Damals war es so, dass es im Antrag der GRÜNEN unter Punkt 1 hieß – ich zitiere noch einmal –: „Die Staatsregierung wird ersucht, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Leistungen für Kinder nach dem II. und XII. Sozialgesetzbuch überprüft und angepasst werden, damit diese den tatsächlichen Bedarfen von Kindern entsprechen.“ Dann folgt der Text.

Dieser Antrag ist hier angenommen worden. Insofern ist auch klar, dass wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene dafür einsetzen werden, dass eine solche Überprüfung stattfindet – die im Übrigen gerade durch das Bundesministerium erhoben wird. Die Ergebnisse dieser Prüfung liegen noch nicht vor. Aber ich wage mal eine Prognose und sage: Alles, was man lesen kann, deutet darauf hin, dass diese Regelsätze angehoben werden, weil man in der Tat – da stimme ich denjenigen zu, die das heute auch schon in die Debatte eingebracht haben – nicht einfach sagen kann, der Regelsatz für einen Erwachsenen beträgt 208 Euro und 60 % davon bekommt ein Kind.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

(Alexander Krauß, CDU: Erwachsene 351 Euro!)

60 % davon sind für ein Kind. Dabei bleibt es aber.

Diese 60 % treffen in vielen Bereichen nicht den Kern des Problems. Wir haben Schwierigkeiten damit, dass wir immer öfter feststellen müssen, dass in den Klassen Kinder nicht mehr an bestimmten Leistungen teilnehmen – Stichworte Klassenfahrten, Schulmaterial, Bücher, zusätzliche Materialien. Insofern ist es aber auch wichtig, dass man sich dieses Themas neben dem Thema Kindergelderhöhung oder Regelsatzerhöhung annehmen muss.

Deshalb muss man sich auch mit dem Thema beschäftigen: Wie sieht es aus mit den Schulbedarfspaketen? Müssen wir ein Paket schnüren? Die SPD hat ganz klar gesagt: Das müssen wir!

Dass wir genau diese Diskussion hoffentlich zu einem guten Abschluss bringen, indem diese 100 Euro gezahlt werden, ist doch ein richtiger Weg.

Die zweite Maßnahme müsste dann noch kommen, dass wir nämlich aus sächsischer Sicht ein Vorbild bieten auch für die Bundesrepublik. Wir haben den Einstieg in die Lernmittelfreiheit geschafft. Wir haben in den Doppelhaushalt, der gestern beschlossen worden ist, 5 Millionen Euro eingestellt, um damit ein Budget an die Schulen zu geben und eben den Einstieg in die Lernmittelfreiheit zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Insofern will ich damit sagen: Wir diskutieren an unterschiedlichen Stellen das Problem. Das Problem ist erkannt. Wir sind der Auffassung, dass wir uns über den Regelsatz unterhalten müssen. Wir müssen uns aber nicht nur über den Regelsatz bei betroffenen Hartz-IV- oder ALG-II-Familien unterhalten, sondern wir müssen uns grundsätzlich und unabhängig vom Status der Eltern mit dem Thema Kinderarmut auseinandersetzen, weil es ein sehr facettenreiches Thema ist. Das hat nicht nur etwas mit dem Regelsatz zu tun, das will ich ganz deutlich sagen. Kinderarmut macht sich nicht allein über den Regelsatz von Hartz IV bemerkbar.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Deshalb abschließend: Ich glaube, der Antrag der Linken ist nicht notwendig.

(Lachen der Abg. Heike Werner, Linksfraktion)

Ich habe klar dargelegt, wie die Debatten im Moment stattfinden, in welche Richtung die Diskussionen auch aus Sicht der Sozialdemokratie geführt werden. Insofern würde ich darum bitten, dass wir an diesem Strang festhalten, die Debatten zu Ende bringen und dann über das Ergebnis sprechen, denn die Botschaften aus Sachsen sind klar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPD-Fraktion; Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion versucht heute, den Einsatz für die in der Diskussion stehende Kindergelderhöhung und damit den Kampf gegen die Kinderarmut für sich zu reklamieren.

Sie konnte zwar zum Zeitpunkt des Einreichens dieses Antrages noch nicht wissen, dass die CDU- und SPDKoalition in Bund und Ländern auch in diesem Bereich versagen und uneins sind, sodass die Kindergelderhöhung zwar den Bundestag, aber nicht den Bundesrat passierte, weshalb das Thema zwar noch aktuell ist, aber einen ungewissen Ausgang hat.

Ihr Antrag hinkt allerdings auch an einer weiteren Stelle, weshalb Sie sich den Vorwurf des Populismus gefallen lassen müssen. Sie geben vor, dass die angedachte Kindergelderhöhung im gleichen Maße den Regelsatz der Kinder erhöhen sollte. Damit, meine Damen und Herren, übernehmen Sie die Ungleichbehandlung, die Sie anderen vorwerfen. So soll das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 10 Euro, ab dem dritten Kind um 16 Euro steigen. Einerseits müsste, ginge es nach Ihrem Antrag, ein unterschiedlicher Regelsatz im SGB nach Kinderanzahl verankert werden, andererseits würde dies dazu führen, dass Kinder unterschiedlich „bewertet“ würden.

Dabei hinkt doch das System an einer ganz anderen Stelle. Das wissen Sie auch. Meine Damen und Herren, das Kindergeld benachteiligt ausgerechnet die von Armut betroffenen Menschen, Hartz-IV-Empfänger, Arbeiter mit ergänzenden Leistungen, sogenannte Aufstocker usw. Wenn das Kindergeld aufgrund § 3 Nr. 24 Einkommensteuergesetz in Verbindung mit § 6 Bundeskindergeldgesetz eine steuerfreie Einkunft darstellt und somit bei ausreichendem Lohn ein zusätzlicher Bezug ist, wird dieser gerade bei den sozial Schwachen angerechnet. Die Folge ist, wie es der Antrag schon beschreibt, dass die sozial Schwächsten von einer Kindergelderhöhung nicht einen Cent haben, ganz im Gegenteil.

Dabei soll das Kindergeld doch auch eine Anerkennung für die Erziehungsleistung darstellen. So heißt es in § 31 Satz 2 Einkommensteuergesetz, dass das Kindergeld zur Förderung der Familie dient. Bei der derzeitigen Regelung geschieht dies aber lediglich bei denjenigen, die über mehr Mittel verfügen als das Existenzminimum.

Meine Damen und Herren! Die soziale Schieflage verschärft sich von Jahr zu Jahr. Einerseits findet eine Alimentierung für Unternehmen statt, die Milliarden Euro verbrannten und anscheinend immer noch verbrennen, andererseits wird ausgerechnet bei denen jeder noch so kleine Betrag wieder eingestrichen, die am oder gar unter dem Existenzminimum leben. Dabei sind es gerade diese Familien, die das Geld nicht nur mehr als dringend benötigen, sondern zudem dieses auch unverzüglich in den Wirtschaftskreislauf zurückführen würden. Insofern ist die Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen bei den sozial Schwachen auch eine Selbstamputation des Staates in einer Zeit der wirtschaftlichen Anspannung, um es mal vorsichtig zu formulieren.

Warum Sie, meine Damen und Herren von den Linken, trotz besseren Wissens das Problem hier lediglich so halbherzig angehen, bleibt uns als NPD-Fraktion unklar. In Richtung Koalition möchte ich darauf aufmerksam machen, dass mit einer Anrechnungsfreiheit des Kindergeldes, so wie dieses für die mittleren und oberen Einkommensgruppen bei der Steuer gilt, eine nachhaltige Konsumnachfrage entstehen würde, die zudem im Gegensatz zu den Konsumgutscheinen, die im Gespräch waren, auch noch sozial gerecht, ausgeglichen und vor allem wirtschaftlich nachhaltig ist.

Entsprechend ausgerichtet ist der Änderungsantrag der NPD-Fraktion, den ich hiermit gleich eingebracht habe. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort; Frau Schütz, bitte.